Psychisch kranke Kinder und Jugendliche Anforderungen an ein vernetztes Hilfesystem

Größe: px
Ab Seite anzeigen:

Download "Psychisch kranke Kinder und Jugendliche Anforderungen an ein vernetztes Hilfesystem"

Transkript

1 Fachtagung am 18. November 2009 in Köln Landschaftsverband Rheinland Psychisch kranke Kinder und Jugendliche Anforderungen an ein vernetztes Hilfesystem

2 Impressum Herausgeber: Redaktion: Landschaftsverband Rheinland, Kennedy-Ufer 2, Köln LVR-Dezernat Klinikverbund und Heilpädagogische Hilfen Fachbereich Planung, Qualitäts- und Innovationsmanagement Gerda Schmieder Umschlaggestaltung: Angelika Hinder, LVR-Druckerei Druck: Druckhaus Süd GmbH Köln Köln, im September Auflage

3 Inhalt Begrüßung... 3 Prof. Dr. Jürgen Rolle Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse aus KIGGS und Datenerfassung in KIGGS Welle Heike Hölling Essstörungen im Jugendalter Diagnostik und Therapie...35 Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann Quo vadis, Kinder- und Jugendpsychiatrie?...42 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungskonzepte...67 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl in der Jugendhilfe Stationäre Hilfen Dr. Birgit Lambertz in der Jugendhilfe - Ambulante Versorgung Dr. Julia Plück Suchtgefährdete und suchtkranke Jugendliche im Labyrinth der Systeme...94 Prof. Dr. Michael Klein Zwei sind mehr als die Summe zweier Teile - Zur Zusammenarbeit von Kinderund Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe Dr. Ursula Kirsch Resumée Andrea Asch Referentinnen und Referenten

4 Prof. Dr. Jürgen Rolle Begrüßung Prof. Dr. Jürgen Rolle Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir stehen am Ende der 12. Wahlperiode der Landschaftsversammlung Rheinland und nicht zufällig hat sich die politische Vertretung in dieser Periode sehr intensiv mit der Versorgung psychisch kranker Kinder und Jugendlicher befasst. So müssen wir zum einen zur Kenntnis nehmen, dass die Zahl an Kindern und Jugendlichen, die von psychischen Störungen bedroht oder die bereits erkrankt sind, kontinuierlich ansteigt. Und zwar gegenläufig zur demographischen Entwicklung, die uns ja zunächst eine sinkende Zahl an Kindern beschert. Weniger Kinder also, die zunehmend durch psychische Erkrankungen bedroht sind. Spätestens durch die besorgniserregende Häufung schwerer Gewaltzwischenfälle durch junge Menschen, die in Schulen Amok laufen oder durch Jugendliche, die aus geringstem Anlass gegen ihre Mitmenschen mit extremer Gewalt reagieren ist uns die ungeheure Brisanz dieser Entwicklung bewusst geworden. Mindestens ebenso brisant sind jedoch die stillen, weniger spektakulären Auswirkungen: junge Menschen, deren schulische und berufliche Ausbildung durch psychische Erkrankung schwerwiegend gestört wird oder deren körperliche Gesundheit durch Sucht- oder Essstörungen nachhaltig bedroht wird. Daneben, und das ist ein mindestens genauso ernst zu nehmender Befund, müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die vorhandenen Hilfesysteme den aktuellen Anforderungen nicht, oder nur eingeschränkt gerecht werden können: So müssen Eltern und betroffene Kinder inzwischen z. T. erhebliche Wartezeiten in Kauf nehmen, bevor sie in einer der LVR-Kliniken Hilfe erfahren. Die durch Unterfinanzierung abgeschmolzene Personalausstattung der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen gefährdet die Leistungsfähigkeit unserer Häuser mittlerweile erheblich. Und: Immer wieder machen kleinere Zwischenfälle deutlich, dass die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Institutionen, die sich mit Minderjährigen befassen der Schule, der Jugendhilfe, der Kinder- und Jugendpsychiatrie alles andere als optimal funktioniert. Die in der Landschaftsversammlung vertretenen Fraktionen brachten mit verschiedenen Anträgen ihre Sorge zum Ausdruck, dass Ausstattung und Kapazität der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemäße Regel- und Pflichtversorgung entsprechen. Dieser Sorge hat die Landschaftsversammlung im April 2008 auch mit einer Resolution an den zuständigen Landes- 3

5 Prof. Dr. Jürgen Rolle minister Laumann Ausdruck verliehen. Anlass hierzu war, dass wir im Bereich der Krankenhausplanung und Finanzierung einen erheblichen Stillstand konstatieren mussten, der im Resultat notwendige, bereits seit längerem von uns geplante Vorhaben zur Verbesserung der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung in endlosen Warteschleifen vor sich dümpeln ließ. Wir haben uns aber nicht darauf beschränkt, mit dem Finger auf andere zu zeigen, sondern haben auch nach innen geschaut, mit der Frage: Was können wir selbst besser machen? Vor diesem Hintergrund haben wir die Verwaltung des Landschaftsverbandes Rheinland beauftragt, eine Rahmenkonzeption für die Kinder- und Jugendpsychiatrie der LVR-Kliniken zu entwickeln. Und um uns mit Blick auf diese Konzeptionserstellung klüger zu machen, um den aktuellen Diskussionstand einzufangen, haben wir die Verwaltung mit der Organisation dieser gemeinsamen Fachtagung des Gesundheits- und Landesjugendhilfeausschusses beauftragt. Neben diesen konzeptionellen Aspekten konnten in dieser Wahlperiode jedoch auch einige konkrete materielle Verbesserungen erreicht werden: der Neubau einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am LVR-Klinikum Düsseldorf die Inbetriebnahme tagesklinischer Dependancen der LVR-Klinik Viersen in Neuss und Mönchengladbach der Baubeginn einer Tagesklinik in Heinsberg und damit in einer Region, die bisher kaum über kinder- und jugendpsychiatrische Hilfen verfügte und die vorangeschrittene Bauplanung zur Erweiterung und Sanierung der KJP Bonn, deren erste Baustufe Ende 2011 abgeschlossen sein soll und eines Neubaus in Viersen Das ist schon eine Menge, reicht aber noch nicht aus. Aus Sicht des Landschaftsverbandes Rheinland müssen regionale Versorgungslücken in der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung auch zukünftig mit Hochdruck weiter geschlossen werden. Eine besondere Bedeutung kommt hier dem zeitnahen Aufbau von weiteren dezentralen Tageskliniken nebst integrierter Institutsambulanzen zu. Denn: Als niedrigschwellige, wohnortnahe Angebote erreichen Tageskliniken psychisch gefährdete und erkrankte Kinder aller Erfahrung nach früher als stationäre Angebote dies vermögen. Überdies werden Tageskliniken den Bedürfnissen vieler Minderjähriger und ihrer Eltern in besonderer Weise gerecht. Möglichkeiten zur Dezentralisierung stationärer Hilfen sollten - soweit wirtschaftlich vertretbar - ebenfalls intensiv genutzt werden. Um unerwünschte Se- 4

6 Prof. Dr. Jürgen Rolle lektionseffekte zu vermeiden, ist hier jedoch die Einbindung dezentraler stationärer Versorgungsstrukturen in die regionale Pflichtversorgung und eine ausreichende Größe der Einheiten eine zwingende Strukturvoraussetzung. Erfreulich ist und hoffnungsvoll stimmt, dass sich mittlerweile auch der Landtag in verschiedenen öffentlichen Anhörungen des Themas angenommen hat. Dies zeigt, dass wir mit unserer Problemwahrnehmung nicht alleine dastehen. Dies ist auch deshalb besonders wichtig, weil dem Land bei der Überwindung von Versorgungsmängeln eine herausragende Verantwortung zukommt. Meine Damen und Herren, Hilfen für Kinder und Jugendliche in seelischer Not bereitzustellen ist jedoch nicht nur Angelegenheit der Kinder- und Jugendpsychiatrie, sondern betrifft auch die Jugendhilfe in besonderem Maße. Die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden wichtigen Säulen ist jedoch unserer Beobachtung nach vielfach noch nicht optimal gestaltet: Deshalb haben der Gesundheitsausschuss und der Landesjugendhilfeausschuss in den Märzsitzungen des laufenden Jahres Maßnahmen zur Verbesserung der Vernetzung zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe beschlossen. Die Verwaltung wurde beauftragt, ein Konzept zur Verbesserung der Zusammenarbeit zu erarbeiten und dieses Konzept in zwei Regionen modellhaft zu erproben. Die Landschaftsversammlung bewilligte dafür in der Sitzung am Haushaltsmittel in Höhe von insgesamt ,- Euro. Ziel dieses Programms ist es, die Zusammenarbeit zwischen diesen beiden wichtigen Versorgungssäulen zu intensivieren und zu systematisieren. Ziele sind damit u. a. die Entwicklung von integrierten regionalen Hilfe-, Präventions- und Kriseninterventionskonzepten, der Aufbau regionaler Clearingstellen, die Vorbeugung von Fehlplatzierungen, die Gewährleistung von Angebotstransparenz für alle relevanten Berufsgruppen, Betroffenen und deren Angehörigen. Meine Damen und Herren, Sie haben dem Programm der heutigen Fachtagung entnommen, dass wir nicht die ganze Bandbreite möglicher Fragestellungen in der eigentlich gebotenen Tiefe aufgreifen können. So kann in diesem Rahmen etwa die Schulsituation der betroffenen Kinder und Jugendlichen und die Einbindung der Schule in das Netzwerk der Kooperation von Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe heute leider nur am Rande gestreift werden. Dies ist bedauerlich: Denn seelische Störungen äußern sich im schulischen Umfeld häufig bereits sehr früh: sei es durch 5

7 Prof. Dr. Jürgen Rolle Verhaltensstörungen, durch Rückzug, durch Leistungsabfall oder Schulverweigerung. Prävention auf. Was kann im Vorfeld getan werden, damit solche Taten verhindert werden können? Die Verbesserung der Vernetzung zwischen Schule und Kinder- und Jugendpsychiatrie stellt insofern einen wichtigen Ansatz in einer auf Früherkennung und Prävention angelegten Handlungsstrategie dar. Das Thema ist indessen so komplex und facettenreich, dass wir uns entschließen mussten, es in einer gesonderten Tagung aufzugreifen. Hierzu passt sehr gut, dass jüngst ein Projekt des LVR-Klinikums Essen mit einer erheblichen Förderung des Landes bedacht worden ist, das genau diese Vernetzung zum Gegenstand hat. Dazu meinen besonderen Glückwunsch an Herrn Prof. Dr. Hebebrand, der diesen Antrag verantwortet. Die hier gewonnenen Erfahrungen werden uns - da bin ich sicher - wesentliche Hinweise darauf geben, wie wir die Schnittstelle zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Schule weiter verbessern können. Auch die Rolle des Jugendstrafrechtes und der damit verbundenen Institutionen ist hier nicht mit einem eigenen Thema vertreten. Dies scheint in Anbetracht der bereits eingangs erwähnten zunehmenden Zahl gewaltbetonter Zwischenfälle mit seelisch gestörten Minderjährigen ein Manko. Denn: Die Lebensgeschichte der Täter wirft Fragen nach einer wirksamen Sie werden mir sicher zustimmen, dass eine zeitlich relativ eng begrenzte Tagung, die sich dem komplexen Sachverhalt der Lebenssituation von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen stellt, nicht alle Facetten in gleicher Intensität bedienen kann, auch wenn wir das natürlich bedauern. Das Stichwort Prävention bietet mir jedoch Gelegenheit noch kurz auf ein Thema einzugehen, welches zugleich Thema der beiden Hilfesysteme Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie ist. Kinder psychisch kranker Eltern sind häufig selbst von psychischer Erkrankung betroffen. Untersuchungen haben gezeigt, dass ca. 50% der stationär oder teilstationär behandelten Kinder und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie mindestens ein Elternteil mit einer diagnostizierten psychischen Störung haben. Aus den Einrichtungen der Jugendhilfe liegen Erfahrungsberichte vor, die auf eine vergleichbare Problemlage hindeuten. Da bei wiederum ca. 50% der in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelten Kinder und Jugendlichen eine Jugendhilfemaßnahme indiziert ist, - so verschie- 6

8 Prof. Dr. Jürgen Rolle dene Untersuchungen, u.a. von Beck und Warnke, die in diesem Jahr veröffentlicht wurde -, wird die Bedeutung der Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern, möglichst bereits im Vorfeld einer eigenen Erkrankung auch für die beiden Hilfesysteme deutlich. Vor diesem Hintergrund wird der Landschaftsverband Rheinland nach Beschluss in den zuständigen Gremien in 2010 an neun Modellstandorten Stellen zur Bildung von Netzwerken und Angeboten für Kinder psychisch kranke Eltern und deren Eltern fördern. Wir versprechen uns davon eine Verbesserung der Versorgung der betroffenen Kinder und deren Eltern sowie den Aufbau von vernetzten Strukturen und die Verstetigung einiger bereits vorgehaltener Angebote, die bisher regelmäßig unter einem Finanzierungsvorbehalt standen und deshalb ihre Tätigkeit teilweise nach ein paar Jahren wieder einstellen mussten. Ziel ist es, Hilfen für Kinder psychisch kranker Eltern so rechtzeitig zur Verfügung zu stellen, dass Erkrankungen der Kinder möglichst verhindert oder zumindest so früh wie möglich erkannt und behandelt werden können. Nach diesem kurzen Abriss über die Aktivitäten von Politik und Verwaltung in der abgelaufenen Wahlperiode möchte ich mich nun abschließend kurz den Inhalten der heutigen Tagung zuwenden: Wir werden uns im Schwerpunkt über die epidemiologischen Entwicklungen der Zunahme von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter insgesamt, aber auch am Beispiel einzelner Störungsbilder informieren, sowie geeignete Versorgungskonzepte und Behandlungsansätze diskutieren. Mögliche unterschiedliche Sichtweisen aus den Fachgebieten Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe im Hinblick auf die Anforderungen an eine zeitgemäße und fachlich gebotene Versorgung werden einen weiteren Schwerpunkt der Tagung bilden. Sehr geehrte Damen und Herren, ich freue mich, dass wir mit Frau Hölling vom Robert-Koch-Institut eine Referentin gewinnen konnten, die Sie an Hand der Ergebnisse des Kinder- und Jugendsurveys kompetent über die Verbreitung von psychischen Störungen und möglichen Ursachen in Deutschland informieren wird. Herr Prof. Dr. Hebebrand, Leiter der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des LVR- Klinikums Essen wird sich dann in seinem Vortrag vor allem mit der Versorgungssituation, störungsspezifischen Schwerpunkten und Behandlungsansätzen beschäftigen. Zwischen diesen beiden eher grundlegenden umfassenden Vorträgen wird 7

9 Prof. Dr. Jürgen Rolle Frau Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Aachen, über Diagnostik und Therapie von Essstörungen im Jugendalter berichten. Damit greifen wir stellvertretend eine störungsspezifische Entwicklung auf, die in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Wir haben diesen Vortrag aus zeitlichen Gründen auf den Vormittag ziehen müssen, von der Themenabfolge hätte er auch ganz gut in den Nachmittag gepasst. Herr Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl, der als Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität zu Köln hier ein Heimspiel hat, wird sich mit der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen auseinandersetzen. Damit berührt sein Thema einen zunehmend kritisch diskutierten Aspekt in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen, die in der Klage namhafter Fachleute bezüglich einer häufig nicht sachgerechten Verordnungspraxis hochpotenter Psychopharmaka Ausdruck findet. Frau Dr. Birgit Lambertz, Fachliche Direktorin der Jugendhilfe Rheinland und Frau Dr. Julia Plück, Leiterin der Sozialen Dienste des Heilpädagogisch-Psychotherapeutischen Zentrums der Kinder-, Jugend- und Behindertenhilfe Die Gute Hand in Kürten Biesfeld, werden über ihre Erfahrungen in der Arbeit mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen aus Sicht von Einrichtungen der Jugendhilfe berichten und ihre Anforderungen an die Zusammenarbeit mit der Kinderund Jugendpsychiatrie formulieren. Einen weiteren besonderen störungsspezifischen Aspekt stellt die wachsende Suchtgefährdung Minderjähriger dar. Herr Prof. Dr. Michael Klein von der Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Köln wird über suchtgefährdete und suchtkranke Jugendliche referieren, und damit über eine Gruppe von jungen Menschen, die in den letzten Jahren - nicht zuletzt durch besonders extreme Auffälligkeiten - zunehmend in den Focus der Öffentlichkeit geriet. Dabei wird er auch über die Zugänge zu den unterschiedlichen Hilfesystemen referieren. Den abschließenden Vortrag wird Frau Dr. Ursula Kirsch, Chefärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und stellvertretende Ärztliche Direktorin der der LVR- Klinik Bedburg-Hau halten. Sie wird u.a. auf die Erfordernisse einer besseren Vernetzung der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit den Institutionen der Jugendhilfe eingehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier und heute treffen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Jugendämtern, Einrichtungen der Jugendhilfe, aus den Einrichtungen der Kinder- und Jugend- 8

10 Prof. Dr. Jürgen Rolle psychiatrie, den Hochschulen, niedergelassene Kinder- und JugendpsychiaterInnen und niedergelassene Psychotherapeuten. Damit eröffnet sich auch die Möglichkeit, direkt miteinander ins Gespräch zu treten und so informelle Grundlagen für eine bessere Zusammenarbeit zu legen. Nutzen Sie diese Gelegenheit. Abschließend bedanke ich mich bei allen Beteiligten, die zur Organisation dieser Tagung beigetragen haben und wünsche Ihnen einen informativen Tag, angeregten Austausch und der Tagung insgesamt einen guten Verlauf. 9

11 Heike Hölling Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse aus KIGGS und Datenerfassung in KIGGS Welle 1 Autoren: Heike Hölling und Robert Schlack Schlüsselwörter KiGGS, Gesundheitssurvey, Kinder und Jugendliche, Risiko- und Schutzfaktoren, psychische Gesundheit, psychische Auffälligkeiten, gesundheitsbezogene Lebensqualität. Die KiGGS-Studie Ziel der KiGGS-Studie war es, in Anlehnung an das WHO-Gesundheitsmodell erstmals umfassende und bundesweit repräsentative Daten zum körperlichen, seelischen und sozialen Gesundheitszustand von Kindern und Jugendlichen im Alter von 0-17 Jahren konjunkt zu erheben. KiGGS wurde von Mai 2003 bis Mai 2006 an insgesamt 167 repräsentativ ausgewählten Orten in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Insgesamt nahmen Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis 17 Jahren an der Studie teil. Das entspricht einer Teilnahmerate von 66,6%. Die teilnehmenden Kinder und Jugendlichen wurden im Rahmen von KiGGS u. a. medizinischphysikalisch untersucht und getestet und die Eltern und die Kinder ab 11 Jahren schriftlich befragt. In zahlreichen Publikationen, Expertisen und Gesundheitsberichten wurden Ergebnisse aus KiGGS präsentiert, so z.b. in der KiGGS- Basispublikation (2007) oder in den Beiträgen zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes ( Derzeit setzt das Robert Koch-Institut KiGGS als Kohortenstudie fort [1]. Ziel der KiGGS-Kohorte ist es, die gesundheitliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen bis ins Erwachsenenalter hinein zu verfolgen und anhand von Trend- und Verlaufsanalysen die Entwicklung von Gesundheit und gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen über die Zeit einzuschätzen, Entwicklungsverläufe darzustellen und Veränderungen im Kontext sozialer Rahmenbedingungen und gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen zu interpretieren. Der längsschnittliche Beobachtungszeitraum beläuft sich vorerst auf etwa 15 Jahre. Die Datenerhebungen sollen abwechselnd über reine Befragungen bzw. kombinierte Befragungen und Untersuchungen erfolgen. Die erste Nachfolgeerhebung zur KiGGS- Basiserhebung ( KiGGS Welle 1 ) begann im Juni 2009 und endet Sie ist als reiner Befragungssurvey konzipiert, d. h. im Unterschied zur KiGGS-Basiserhebung gibt es keinen Untersuchungsteil und von Seiten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer kein Erfordernis, ein Untersu- 10

12 Heike Hölling chungszentrum aufsuchen. Jährlich werden ca telefonische Interviews durchgeführt. Dabei werden für das Alter 0-17 Jahre die Eltern befragt. Ebenso wie in der Basiserhebung werden Kinder und Jugendliche, die jetzt Jahre alt sind, auch eigenständig interviewt. Die mittlerweile volljährigen, jetzt Jahre alten KiGGS-Probanden werden mit einer neu konzipierten Befragung weiter einbezogen. Zusätzlich werden im Rahmen einer querschnittlichen Aufstockung Interviews mit Eltern einer neugezogenen Stichprobe für das Alter 0-6 Jahre durchgeführt. In KiGGS Welle 1 werden sämtliche 167 Sample Points der KiGGS-Basiserhebung erneut einbezogen. Neue Orte kommen nicht hinzu. Die Kernbefragung von KiGGS Welle 1 umfasst alle wesentlichen Eckwerte zu den inhaltlich wichtigsten Themenbereichen des gesundheitlichen Geschehens in Fortführung der Basiserhebung : die gesundheitliche Lage einschließlich Schutz- und Risikofaktoren, Lebensqualität sowie akute und chronische Krankheiten, Schmerzen, psychische Auffälligkeiten und Krankheiten, Unfälle, Inanspruchnahme stationärer und ambulanter medizinischer Leistungen, Risikoverhalten, Lebensbedingungen und Sozialstatus. Die Kernbefragung wird wie in der Basisstudie durch Zusatzerhebungen an Unterstichproben (Module) ergänzt, die vertiefende Befragungen/Tests zu den schon in die Kernbefragung einbezogenen Aspekten beinhalten. Die Module vertiefen die Schwerpunkte Psychische Gesundheit (Bella plus) sowie Motorische Leistungsfähigkeit (MoMo). Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse zum Thema Psychische Gesundheit aus der KiGGS-Basiserhebung vorgestellt. Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland Ergebnisse aus der KiGGS Basiserhebung Im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) wurde psychische Gesundheit mehrdimensional erfasst und ausgewertet. Auf der Grundlage der bundesweit repräsentativen epidemiologischen Daten des KiGGS werden nachfolgend das Auftreten von psychischen Auffälligkeiten, Essstörungen, Adipositas, ADHS sowie Gewalterfahrungen bei Kindern und Jugendlichen dargestellt und an ausgewählten Beispielen im Kontext von Risiko- und Schutzfaktoren beschrieben. Zusätzlich werden Ergebnisse zur Inanspruchnahme medizinischer / psychologischer Leistungen dargestellt. Die selbsteingeschätzte gesundheitsbezogene Lebensqualität wird als Outcome- Parameter zur Bewertung mit einbezogen. 11

13 Heike Hölling Einführung Weltweit sind unter Berücksichtigung internationaler Statistiken zur Einschätzung psychischer Gesundheit bzw. Krankheiten bis zu 20% der Kinder und Jugendlichen von Behinderungen durch psychische Gesundheitsprobleme betroffen [2]. Nach den Angaben der Europäischen Region der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind etwa zwei Millionen junger Menschen in Europa von psychischen Störungen betroffen [3]. Für Deutschland berichten Ihle et al. [4], dass die 6-Monats-Prävalenzraten psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter zwischen 15% und 22% liegen. Mit 17,2% mittlerer Prävalenz psychischer Auffälligkeiten kommen Barkmann und Schulte-Markwort [5] bei einer Metaanalyse relevanter epidemiologischer Studien zu ähnlichen Ergebnissen. Die hohe Prävalenz psychischer Auffälligkeiten bzw. Störungen belegt damit zu einem Teil die Veränderung des Krankheitsspektrums in den letzten Jahrzehnten, hin zu einer neuen Morbidität, einer Verschiebung des Krankheitsspektrums von den akuten zu den chronischen Krankheiten sowie von den somatischen zu den psychischen Störungen [6]. Im Kindes- und Jugendalter stellen psychische Probleme zum Teil schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen dar, werden sie doch häufig von Störungen der Entwicklung, der Emotionalität und des Sozialverhaltens bestimmt und beeinträchtigen die individuelle, familiäre und soziale Funktionsfähigkeit. Für die Verursachung und Entwicklung der meisten psychischen Störungen wird derzeit ein multifaktorielles Entstehungsmodell angenommen, bei dem genetische und physiologische Faktoren zusammen mit personalen und individuell-lerngeschichtlichen Aspekten sowie mit psychosozialen und anderen Umgebungsfaktoren zu Entstehung und Verlauf psychischer Störungen und Erkrankungen beitragen [7]. In diesem Zusammenhang wird in der entwicklungspsychologischen Resilienzforschung ressourcenorientiert hinterfragt, welche Einflussgrößen es betroffenen Kindern und Jugendlichen bei vorhandenen Belastungen und Risikofaktoren ermöglichen, sich dennoch gesund zu entwickeln [8]. Diesem theoretischen Ansatz folgend wird das Vorhandensein von Schutzfaktoren in Abhängigkeit zum Auftreten psychischer Auffälligkeiten näher betrachtet. Psychische Gesundheit Hinweise auf psychische Auffälligkeiten und Stärken wurden in KiGGS mit dem Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ) [9] erfasst. Insgesamt Eltern von Kindern und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren beantworteten den Fragebogen, der neben einer Stärkenskala ( Prosoziales Verhalten ) psychische Auffälligkeiten in den Bereichen emotionale Probleme, Hyperaktivität, Verhaltensprobleme und Probleme mit 12

14 Heike Hölling Gleichaltrigen erfasst. Für die Berechnung eines Gesamtwertes für psychische Auffälligkeit (Total Difficulties Score) werden nur die vier Problemskalen herangezogen. Die Einteilung erfolgte entsprechend der Ausprägung der Symptomatik in normal (unauffällig), grenzwertig oder auffällig anhand einer englischen Normstichprobe. Angaben zur Reliabilität des SDQ in der KiGGS- Stichprobe finden sich bei Hölling et al [10]. Schutzfaktoren und Risikofaktoren Schutzfaktoren als personale Ressourcen wurden im KiGGS über eine im Robert- Koch-Institut entwickelte, aus fünf Items bestehende Skala [11] erfasst. Die Items stammen aus der Selbstwirksamkeitsskala (WIRKALL) von Schwarzer & Jerusalem [12], der Optimismusskala des Berner Fragebogens zum Wohlbefinden Jugendlicher (BfW) [13] sowie der Childrens Sense of Coherence -Scale (COSC) von Kern et al. [14]. Familiäre Ressourcen wurden mit einer gekürzten Skala nach Schneewind et al. [15] ( Familiärer Zusammenhalt ), soziale Ressourcen mit der Social Support Scale von Donald & Ware [16] erfasst. Basisinformationen zu Prävalenzen, Gruppenunterschieden und internen Konsistenzen der Schutzfaktorskalen in der KiGGS-Stichprobe finden sich bei Erhart et al. [11]. Gesundheitsbezogene Lebensqualität Gesundheitsbezogene Lebensqualität wird allgemein als ein mehrdimensionales Konstrukt verstanden, welches körperliche, emotionale, mentale, soziale und verhaltensbezogene Komponenten des Wohlbefindens und der Funktionsfähigkeit aus der subjektiven Sicht der Betroffenen beinhaltet. Gesundheitsbezogene Lebensqualität beschreibt somit den subjektiv wahrgenommenen Gesundheitszustand bzw. die erlebte Gesundheit [17,18]. Die Komponenten der Lebensqualität beziehen sich dabei auf die Dimensionen anhand derer die Betroffenen ihre gesundheitliche Situation wahrnehmen und beurteilen. In der KiGGS-Studie wurde zur Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität der KINDL-R Fragebogen einbezogen, der mit 24 Likert-skalierten Items die Dimensionen Körperliches Wohlbefinden, Emotionales Wohlbefinden, Selbstwert, Wohlbefinden in der Familie, Wohlbefinden in Bezug auf Freunde und Gleichaltrige und Schulisches Wohlbefinden erfragt. Der Fragebogen kam sowohl als Selbstbeurteilungs- als auch als Fremdbeurteilungsversion (Eltern) zum Einsatz [18]. Ergebnisse Bei 14,7% der Teilnehmer und damit bei ca. jedem 7. Kind bzw. jedem 7. Jugendlichen im Alter von 3-17 Jahren zeigten sich im Elternurteil Merkmale psychischer Auffälligkeiten (grenzwertig 13

15 Heike Hölling und auffällig): Bei Jungen waren dies 17,8%, bei den Mädchen 11,5% [10]. Die sich im Gesamtproblemwert zeigenden Geschlechtsunterschiede sind über die Altersgruppen konsistent: Mädchen werden von den Eltern mit 5,3% seltener als auffällig eingeschätzt als Jungen (9,0%). Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem sozioökonomischem Status weisen bei der Betrachtung des Gesamtproblemwerts ein höheres Risiko für psychische Probleme und Symptome psychischer Auffälligkeiten auf (12,2%), Kinder aus einer mittleren Sozialschicht liegen hinsichtlich ihres Risikos dazwischen (6,4%). Bei der Betrachtung der Subskala Emotionale Probleme zeigen sich systematische Unterschiede zwischen den Geschlechtern: Mädchen sind mit 9,7% häufiger von emotionalen Problemen betroffen als Jungen (8,6%). Ausgeprägte Unterschiede in der emotionalen Befindlichkeit von Kindern und Jugendlichen finden sich auch bezüglich des sozioökonomischen Status: Eltern mit niedrigem sozioökonomischem Status berichten bei ihren Kindern mit 12,6% häufiger emotionale Probleme als Eltern mit höherem Sozialstatus (6,4%), allerdings verfehlt dieser Unterschied bei den 14- bis 17-Jährigen die statistische Signifikanz [10] (Abb. 1). Abb. 1 Psychische Auffälligkeit (SDQ-Gesamtproblemwert auffällig und Subskala Emotionale Probleme, Elternurteil) nach Geschlecht und Sozialstatus 3 bis 17 Jahre [19] ,2% 12,6% 10 9,0% 9,7% 8,6% 8,5% 8 % 6,4% 6,4% 6 5,3% 4 3,5% 2 0 Gesamtproblemwert Merkmale psychischer Auffälligkeiten (SDQ) Emotionale Probleme Mädchen Jungen Sozialschicht hoch Sozialschicht mittel Sozialschicht niedrig 14

16 Heike Hölling Ausgewählte Risikofaktoren Als Risikofaktoren werden ein niedriger soziökonomischer Status [20] sowie der Status der Berufstätigkeit der Mutter betrachtet. Bezüglich der Berufstätigkeit der Mutter wurde unterschieden, ob die Mutter zum Befragungszeitpunkt arbeitslos, nicht berufstätig (z.b. in Ausbildung/Studium befindlich, vorübergehende Freistellung wie Erziehungsurlaub), teilzeit- oder vollzeitbeschäftigt war. Als familiärer Risikofaktor wurde die Unterscheidung Alleinerziehung vs. vollständige Familie untersucht [21]. Neben einem niedrigen Sozialstatus erwies sich auch Alleinerziehung als ein bedeutender Risikofaktor für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. Nur gut drei Viertel der alleinerziehenden Eltern (76,1%) schätzten ihre Kinder bezüglich des SDQ- Gesamtproblemwerts als psychisch unauffällig ein. Demgegenüber waren dies bei den Eltern von Kindern aus vollständigen Familien 86,7%. Dieser Effekt ist über alle Altersgruppen stabil. Das heißt, Kinder aus vollständigen Familien weisen mit 13,3 % signifikant weniger psychische Auffälligkeiten auf als Kinder aus unvollständigen Familien mit 23,9% [21]. In der bivariaten deskriptiven Analyse erweist sich die Arbeitslosigkeit der Mutter ebenfalls als Risikofaktor für die psychische Gesundheit der Kinder: Nur 77% der Kinder arbeitsloser Mütter sind nach dem SDQ-Gesamtproblemwert im Elternurteil psychisch unauffällig. Kinder von nicht berufstätigen Müttern sind im Elternurteil zu 84,5% unauffällig, Kinder vollberufstätiger Mütter zu 86,2%, Kinder teilzeitbeschäftigter Mütter zu 87%. Dabei sind die Unterschiede zwischen der Gruppe der arbeitslosen Mütter im Vergleich zu allen anderen Gruppen ebenso signifikant wie die Unterschiede zwischen den Kindern teilzeitbeschäftigter und nicht berufstätiger Mütter [21]. Im logistischen Regressionsmodell zeigt sich ein deutlicher Effekt für kombinierte Risikolagen. Für die Kinder alleinerziehender und arbeitsloser Mütter bestand danach eine ca. 3,1-fach erhöhte Chance (OR) für psychische Auffälligkeiten (SDQ) gegenüber Kindern aus vollständigen Familien, deren Mutter nicht arbeitslos war, adjustiert für Alter, Geschlecht und Migrationsstatus. Eine ca. 2,1-fach erhöhte Chance für psychische Auffälligkeiten bestand bei Alleinerziehung ohne Arbeitslosigkeit der Mutter, eine noch etwa 1,5-fach erhöhte Chance für Kinder aus vollständigen Familien bei Arbeitslosigkeit der Mutter (Tabelle 1) [21]. 15

17 Heike Hölling OR [95% KI] Alter 0,98 [0,97-0,99] Kombinierte Risikolagen Alleinerziehung (Mutter) und Arbeitslosigkeit (Mutter) 3,12 [2,30-4,23] Alleinerziehung (Mutter), keine Arbeitslosigkeit (Mutter) 2,14 [1,82-2,50] Vollständige Familie und Arbeitslosigkeit (Mutter) 1,54 [1,23-1,92] Vollständige Familie, keine Ref.=1,00 Arbeitslosigkeit (Mutter) Geschlecht Junge 1,69 [1,52-1,88] Mädchen Ref.=1,00 Migrationsstatus Migrant 1,67 [1,42-1,96] Nicht-Migrant Ref.=1,00 Fettdruck = signifikantes Ergebnis 1 Nur für Kinder alleinerziehender Mütter Tab. 1 Ergebnisse binär-logistischer Regressionen für psychische Auffälligkeit (SDQ), 3-17 Jahre, mit den Parametern Alleinerziehung und Arbeitslosigkeit der Mutter, Alter, Geschlecht und Migrationsstatus 1 [21] Schutzfaktoren und Lebensqualität Wie gut ein Kind mit einer Gesundheitsstörung zurecht kommt, hängt nicht zuletzt von seinen Schutzfaktoren ab und äußert sich in der subjektiv wahrgenommenen Lebensqualität. Kinder und Jugendliche mit guten personalen, familiären und sozialen Schutzfaktoren zeigen deutlich seltener Merkmale psychischer Auffälligkeiten als Kinder und Jugendliche mit diesbezüglich geringen oder starken Defiziten [21]. Mit zunehmendem Alter gewinnen die personalen und sozialen Schutzfaktoren mit Bezug auf die psychische Gesundheit an Bedeutung. Obwohl Jungen insgesamt über mehr personale Ressourcen berichten als Mädchen scheinen sie, zumindest in der bivariaten deskriptiven Analyse, im Hinblick auf psychische Auffälligkeiten ein höheres Risiko zu haben als Mädchen, d. h. bei den Mädchen haben die personalen Ressourcen einen stärkeren protektiven Effekt. Bei den familiären Ressourcen zeichnet sich im Unterschied dazu deskriptiv kein Alterseffekt ab. Jedoch zeigt sich auch hier, dass diese Ressource für die Mädchen einen größeren 16

18 Heike Hölling Schutzeffekt für die psychische Gesundheit zu haben scheint als für die Jungen [11,21]. In der multivariaten Betrachtung unter Berücksichtigung der Schutzfaktorskalen erweisen sich bei statistischer Kontrolle von Geschlecht, Migrationsstatus und Alter die personalen Ressourcen als die bedeutsamsten Prädiktoren für die psychische Gesundheit. Kinder und Jugendliche mit starken Defiziten bezüglich ihrer personalen Schutzfaktoren haben eine ca. 2,7-fach erhöhte Chance, Merkmale psychischer Auffälligkeiten zu zeigen als Kinder und Jugendliche ohne Defizite, Kinder und Jugendliche mit geringen Defiziten immerhin noch eine 1,7-fach erhöhte Chance. Neben den personalen Ressourcen erweisen sich die familiären Ressourcen als zweitstärkster Prädiktor vor den sozialen Ressourcen. Kinder mit starken Defiziten im Bereich der familiären oder sozialen Ressourcen haben eine ca. 2,4-fach bzw. ca. 1,5, erhöhte Chance psychisch auffällig zu sein (Tabelle 2) [21]. OR [95% KI] Alter 0,87 [0,83-0,91] Personale Ressourcen Starke Defizite 2,72 [2,16-3,41] Geringe Defizite 1,74 [1,37-2,20] Normal Familiäre Ressourcen Ref.=1,00 Starke Defizite 2,37 [1,86-3,00] Geringe Defizite 1,10 [0,81-1,50] Normal Soziale Ressourcen Ref.=1,00 Starke Defizite 1,51 [1,15-1,97] Geringe Defizite 1,39 [1,09-1,76] Normal Geschlecht Ref.=1,00 Junge 1,69 [1,41-2,02] Mädchen Ref.=1,00 Migrationsstatus Migrant 1,60 [1,29-1,98] Nicht-Migrant Ref.=1,00 Tab. 2 Ergebnisse binär-logistischer Regressionen für psychische Auffälligkeit (SDQ) mit den Parametern personale, familiäre und soziale Ressourcen, Alter, Geschlecht und Migrationsstatus [21] 17

19 Heike Hölling Die subjektive gesundheitsbezogene Lebensqualität (hier als Gesamtwert), wurde von den Kindern und Jugendlichen mit psychischen Auffälligkeiten wesentlich geringer bewertet als von den Nichtbetroffenen (Abbildung 2). Der Unterschied war hoch signifikant [22]. Abb. 2 Psychische Auffälligkeit (SDQ) und Lebensqualität (KINDL-R) im Selbstbericht 75 72,6 73, , ,9 Mittelwert Gesamt SDQ-normal SDQ-grenzwertig SDQ-auffällig Essstörungen Zur Identifizierung von Verdachtsfällen auf Essstörungen beantworteten insgesamt Kinder und Jugendliche im Alter von Jahren den SCOFF- Fragebogen. Der SCOFF-Fragebogen ist ein Screening-Instrument zur Identifizierung von Symptomen von Essstörungen. Das Akronym SCOFF leitet sich aus den Fragen der englischen Version ab. Der Fragebogen besteht aus den nachfolgend genannten fünf Fragen: 1. Übergibst du dich, wenn du dich unangenehm voll fühlst? 2. Machst du dir Sorgen, weil du manchmal nicht mit dem Essen aufhören kannst? 3. Hast du in der letzten Zeit mehr als 6 kg in 3 Monaten abgenommen? 4. Findest du dich zu dick, während andere dich zu dünn finden? 5. Würdest du sagen, dass Essen dein Leben sehr beeinflusst? Wurden mindestens zwei der fünf Fragen positiv beantwortet, wurde eine Risikokonstellation angenommen. Eine Unterscheidung der Auffälligen nach einzelnen Essstörungsbildern wie Anorexie oder 18

20 Heike Hölling Bulimie ist alleine mit den Angaben aus dem SCOFF-Fragebogen nicht möglich. Jedoch wurden zur Erhärtung der Ergebnisse neben dem SCOFF-Fragebogen weitere Indikatoren für mögliche Essstörungen wie Body Mass Index und Angaben zum Körperselbstbild mit herangezogen [23, 24,25]. Mit insgesamt 21,9% zeigen mehr als ein Fünftel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland im Alter von Jahren Symptome einer Essstörung. Erwartungsgemäß liegt der Anteil der Mädchen mit Verdacht auf eine Essstörung mit 28,9% signifikant höher als der der Jungen. Mit 15,2% sind jedoch immerhin auch rund halb so viele Jungen bezüglich ihres Essverhaltens auffällig. Im Altersverlauf nimmt der Anteil der Auffälligen nach SCOFF bei den Mädchen um ca. 50% zu bei den Jungen hingegen um etwa ein Drittel ab (Abbildung 3) [23]. Abb. 3 Essstörungen (SCOFF) im Altersverlauf (Jungen, Mädchen) [23] % Jungen Mädchen Das Auftreten von Essstörungssymptomen ist zudem deutlich assoziiert mit einem niedrigen sozioökonomischen Status und mit einem Migrationshintergrund [23,26]. Betrachtet man die Gruppen der essstörungsauffälligen und -unauffälligen Kinder und Jugendlichen getrennt nach Merkmalen psychischer Auffälligkeit (SDQ), dann weisen die SCOFF- Auffälligen mit 24,7% (Subskala Emotionale Probleme ) grenzwertig oder auffällig einzuschätzender Jugendlicher, deutlich höhere Belastungen auf als die SCOFF-Unauffälligen mit 14,4%. Im Gesamtproblemwert liegt der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit psychischen 19

21 Heike Hölling Auffälligkeiten bei den Betroffenen beinahe doppelt so hoch wie in der diesbezüglich nicht auffälligen Vergleichsgruppe (21,8% bzw. 11,5%). Die Unterschiede sind jeweils hochsignifikant (ohne Abbildung) [23]. Körperselbstbild 15% aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland im Alter von 3-17 Jahren sind nach den Daten von KiGGS übergewichtig, 6,3% sind adipös [27]. Damit hat jedes 7. Kind ein oberhalb der Norm liegendes Körpergewicht. Auch die Körpermasse von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungssymptomen ist deutlich in Richtung Übergewicht verschoben [23]. Betrachtet man die Angaben zur Einschätzung des Körperselbstbildes in der Gruppe der SCOFF-Auffälligen, kommt man zu dem Ergebnis, dass mehr als drei Viertel der betroffenen Kinder und Jugendlichen mit Normalgewicht ihr Körperselbstbild als viel oder etwas zu dick einschätzten, während dies in der Gruppe der Unauffälligen nur 28,6% sind. Die Unterschiede sind hochsignifikant und unterstreichen die problematische Körperwahrnehmung bei Kindern und Jugendlichen mit Essstörungssymptomen (Tabelle 3) [22, 23]. Körperselbstbild bei Normalgewichtigen (>=P10 <P90) SCOFF-auffällig SCOFF-unauffällig viel/etwas zu dünn 3,20% 15,30% genau richtig 20,10% 56,10% viel/etwas zu dick 76,70% 28,60% Tab. 3 Essstörungen (SCOFF) und Körperselbstbild bei SCOFF-auffälligen und unauffälligen Kindern und Jugendlichen mit Normalgewicht [22] Schutzfaktoren und Familienstatus bei Essstörungen (nach SCOFF) Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Risikolagen für die Entwicklung von Essstörungssymptomen, wurde für eine multivariate Betrachtung eine Variable mit den Faktorstufen Personale Ressourcen, Familiärer Zusammenhalt, Soziale Unterstützung sowie Familienstatus (alleinerziehend vs. vollständige Familie) gebildet. Im logistischen Regressionsmodell zeigt sich, dass starke Defizite im Familienklima und bei der sozialen Unterstützung die Chance SCOFFauffällig zu sein um ca. 60%, Defizite in den Personalen Ressourcen um 50% erhöhen. Der Familienstatus zeigte in diesem Zusammenhang keinen Effekt (Tabelle 4)[22]. 20

22 Heike Hölling ODDS RATIO 95% Konfidenzintervall Familienstatus Alleinerziehend 1,17 n.s. Vollständige Familie Ref. (1,00) Personale Ressourcen Starke Defizite 1,49 [1,20-1,84] Geringe Defizite 1,46 [1,16-1,83] Normal (Ref. 1,00) Familiäre Zusammenhalt Starke Defizite 1,60 [1,26-2,04] Geringe Defizite 1,29 [1,03-1,61] Normal (Ref. 1,00) Soziale Unterstützung Starke Defizite 1,56 [1,24-1,95] Geringe Defizite 1,39 [1,10-1,75] Normal (Ref. 1,00) *Adjustierung für Alter, Geschlecht und Migrationsstatus Tab. 4 Essstörungen (SCOFF)- adjustierte Odds-Ratios* für Familienstatus und Schutzfaktoren Gesundheitsbezogene Lebensqualität bei Essstörungen (SCOFF) Als Hauptkomponenten der gesundheitsbezogenen Lebensqualität werden eine physisch-körperliche, eine psychischemotionale und eine soziale Dimension angenommen, entlang derer die gesundheitliche Situation beurteilt wird [17,18,36]. Zur Beschreibung der erlebten Gesundheit im Kontext des Vorhandenseins von Essstörungssymptomen wurden die Selbstangaben der Kinder und Jugendlichen herangezogen. Dabei betrug der ermittelte durchschnittliche Gesamtwert der Lebensqualität für die SCOFF-Auffälligen 67,5 Punkte im Vergleich zu 74,0 Punkten bei den Nichtauffälligen. Auch in den einzelnen Subskalen (Körper, Psyche, Selbstwert, Familie, Freunde und Schule) gaben die SCOFFauffälligen Kinder und Jugendlichen signifikant (p>0.001) mehr Einschränkungen an als die unauffällige Vergleichsgruppe (ohne Abbildung) [22, 26]. Adipositas Als Grundlage für die Beurteilung von Adipositas wurde der Body-Mass-Index (BMI, Körpergewicht in Kilogramm/ Quadrat der Körpergröße in Metern) herangezogen. Köpergewicht und -größe wurden in KiGGS in standardisierter Weise gemessen. Ein Proband wurde als adipös klassifiziert, wenn er auf Grundlage der derzeit aktuellen Referenzwerte für Deutschland von Kromeyer-Hauschild et al. [28] einen BMI oberhalb der 97. Perzentile aufwies [vgl. hierzu auch [27]. 21

23 Heike Hölling Die KiGGS-Studie zeigt, dass bei den 3- bis 17-Jährigen mehr als jedes sechste Kind (15%) in Deutschland ein über der Norm liegendes Gewicht hat [28]. Dies bedeutet einen Anstieg um 50% gegenüber den nationalen Referenzdaten von [27,28]. Bemerkenswert ist, dass jedes 16. Kind (6,3%) aus dieser Gruppe adipös ist. Im Altersgang wurde Adipositas bei den 11- bis 13- Jährigen und 14- bis 17-Jährigen mit einer Häufigkeit von 7,2% bzw. 8,5% festgestellt [27]. Der Krankheitswert der Adipositas ergibt sich zum einen aus der funktionellen und individuellen Einschränkung sowie der psychosozialen Beeinträchtigung und einer hohen Komorbidität [29]. Probanden mit Adipositas haben in der Gesamtstichprobe in sämtlichen Ressourcenbereichen (personal, familiär und sozial) signifikant niedrigere Skalenwerte als nicht adipöse. Adipöse Jungen weisen ebenfalls in allen drei Bereichen und adipöse Mädchen in den Bereichen soziale Unterstützung und familiärer Zusammenhalt signifikant geringere Schutzfaktoren auf. Bei der Betrachtung der Altersgruppen zeigen sich für adipöse Kinder im Alter von 11 bis 13 Jahren signifikant niedrigere Skalenwerte für soziale und personale Ressourcen. Soziale Unterstützung scheinen sie in dieser Altersgruppe noch zu erfahren, während dies für Jugendliche im Alter von 14 bis 17 Jahren nicht mehr zutrifft (Abb. 4)[30]. Abb. 4 Schutzfaktoren und Adipositas MW Personale Ressourcen Familiäre Ressourcen Soziale Ressourcen Keine Adipositas Adipositas 22

24 Heike Hölling Adipositas und gesundheitsbezogene Lebensqualität Auf fünf (Körper, Psyche, Selbstwert, Freunde, Schule) der insgesamt sechs Subskalen geben adipöse Kinder und Jugendliche insgesamt eine signifikant geringe Lebensqualität an. Lediglich die familiäre Lebensqualität ist unbeeinträchtigt. In der Betrachtung nach Geschlecht wird dieses Ergebnis weitgehend reproduziert, das psychische Wohlbefinden jedoch ist nur bei den adipösen Jungen alteriert, bei adipösen Mädchen hingegen nicht. Auch das Bild bei der Betrachtung der Altersgruppen unterscheidet sich nicht grundsätzlich. Anders als von den 14- bis 17-Jährigen wird das psychische Wohlbefinden von 11- bis 13- Jährigen signifikant geringer bewertet, während diese im Unterschied zu den Älteren keine signifikante Selbstwertproblematik aufweisen. Die geringere Ausprägung der Lebensqualität für Adipöse in den genannten Subskalen schlägt sich sowohl für die Gesamtstichprobe als auch für alle betrachteten Subgruppen in signifikant niedrigeren Skalenwerten des KINDL-R-Gesamtwerts nieder (Abb. 5)[30]. 90 Abb. 5 Adipositas und Lebensqualität MW Körper Psyche Selbstwert Familie Freunde Schule Total Keine Adipositas Adipositas ADHS Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität sind die Leitsymptome, die eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) charakterisieren. Neben einer vermuteten starken neurobiologischen Komponente werden Erziehungsdefizite, kindliche Lebensbedingungen und Normalitätsvorstellungen im biopsychosozialen Ätiologiemodell als ursächlich angenommen. Dies lässt die Annahme zu, dass die Störung auch im Zusammenhang mit Defiziten im Bereich der personalen, familiären und sozialen Schutzfaktoren und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität steht. ADHS beeinträchtigt Kinder und Jugendliche im gesamten Tagesverlauf. Die Betroffenen 23

25 Heike Hölling leiden vor allem unter den Folgen der Erkrankung wie Schulversagen, Probleme im Vorschulalter die Diagnose ADHS. Bei etwa 30 bis 50% der im Kindes- und in der Familie oder zu Gleichaltrigen Jugendalter Betroffenen bleiben die [vgl. 30, 31]. Zur Bestimmung der Lebenszeitprävalenz einer ADHS-Diagnose wurden die Eltern im schriftlichen Fragebogen gefragt, ob bei ihrem Kind jemals eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitäts störung festgestellt wurde. Wenn die Eltern angaben, dass dies durch einen Arzt oder Psychologen geschehen war, wurde der betroffene Proband als ADHS- ADHS-Symptome als lebenslange Störung bestehen [32]. Sowohl die Teilnehmer der Gesamtstichprobe als auch die Jungen in der nach Geschlecht stratifizierten Auswertung zeigen bei Vorliegen einer ADHS über das gesamte Spektrum der erfassten Dimensionen signifikant niedrigere Ressourcen. Bei den betroffenen Mädchen waren nur die Ausprägungen der personalen und der sozialen Fall eingestuft [vgl. dazu auch 31]. Im Ressourcenskala signifikant niedriger, Kinder- und Jugendgesundheitssurvey wobei die Effekte bezüglich sozialer Unterstützung (KiGGS) wurde mit einer Häufigkeit von 7,1% bei den 11- bis 13-Jährigen und 3,6% der 14- bis 17-Jährigen jemals die ADHS-Diagnose durch einen Arzt oder besonders stark sind. Wäh- rend ADHS-betroffene Kinder im Alter von 11 bis 13 Jahren keine reduzierten personalen Ressourcen angaben, dafür Psychologen gestellt [31]. Im Alter von aber geringere familiäre und soziale Jahren wurde damit bei jedem zehnten Jungen und jedem 43. Mädchen jemals ADHS diagnostiziert. Dabei wurde bei Jungen ADHS um den Faktor 4,3 häufiger diagnostiziert als bei Mädchen. Schutzfaktoren, waren bei den 14- bis 17-Jährigen die durchschnittlichen Ausprägungen in allen drei Ressourcenbereichen durchgängig signifikant niedriger (Abb.6) [30]. 1,8% der Betroffenen erhielten bereits Abb. 6 Schutzfaktoren und ADHS; Lebenszeitprävalenz Diagnose MW Personale Ressourcen Familiäre Ressourcen Soziale Ressourcen Keine ADHS ADHS 24

26 Heike Hölling ADHS und gesundheitsbezogene Lebensqualität Die Lebensqualität der Kinder und Jugendlichen mit ADHS ist in der Gesamtstichprobe in den Bereichen Psyche, Familie und Schule und im Gesamtwert signifikant niedriger, das körperliche Wohlbefinden, das Selbstwertgefühl und die peerbezogene Lebensqualität sind dagegen nicht eingeschränkt. Dieses Bild ändert sich auch nicht grundsätzlich bei der Stratifizierung nach Geschlecht und Altersgruppen. ADHS-betroffene Jungen geben anders als ADHS-betroffene Mädchen auch ein signifikant vermindertes körperliches Wohlbefinden im Vergleich zu den nicht betroffenen an. In der Altersgruppe der 14- bis 17-Jährigen ist das psychische Wohlbefinden ADHS- Betroffener nicht mehr signifikant niedriger, bei den 11- bis 13-Jährigen hingegen schon (Abb. 7) [30]. Abb. 7 ADHS und Lebensqualität Lebenszeitprävalenz Diagnose MW Körper Psyche Selbstwert Familie Freunde Schule Total Keine ADHS ADHS Gewalterfahrungen im subjektiven Selbstbericht Insgesamt Kinder und Jugendliche im Alter von Jahren (3.382 Jungen und Mädchen) beantworteten Fragen zu ihren Gewalterfahrungen in den letzten 12 Monaten. Davon waren Kinder im Alter von Jahren und Jugendliche im Alter von Jahren. Die 12-Monatsprävalenz von Gewalterfahrungen wurde mit den Fragen Wie oft wurdest du in den letzten 12 Monaten Opfer von Gewalt? und Wie oft warst du in den letzten 12 Monaten gewalttätig gegenüber anderen? mit den Antwortkategorien nie, einmal oder mehrmals. Ausschlaggebend war dabei, was die befragten Kinder und Jugendlichen subjektiv als Gewaltanwendung oder Gewalteinwirkung verstanden. Für die Auswertung wurden beide Fragen so zusammengefasst, dass sich zwischen ausschließlichen Gewalttätern, ausschließlichen Gewaltopfern, Kindern und 25

27 Heike Hölling Jugendlichen, die sowohl Täter als auch Opfer waren und an Gewalthandlungen Unbeteiligten unterscheiden ließ. Die Antwortkategorien einmal und mehrmals wurden zu ein- oder mehrmals zusammengefasst [33, 34]. Einstellungen zu Gewalt Einstellungen zu Gewalt wurden anhand von vorgegebenen Aussagen mit jeweils drei Fragen von Heitmeyer (2002, persönliche Mitteilung) zu instrumentellem und expressivem Gewalthandeln erfragt, die sich zu zwei Skalen zusammenfassen lassen. Wie bei Heitmeyer et al. beschrieben [35], können hinsichtlich des Gewalthandelns zwei grundlegende sozialpsychologische Dimensionen unterschieden werden: instrumentelles Gewalthandeln, das auf ein Ziel gerichtet ist, in der Regel geplant zum Einsatz gebracht wird und mit Lernerfahrungen verbunden ist und die so genannte expressive Gewalt, deren Ausübung situativ und episodenhaft erfolgt. Beim instrumentellen Gewalthandeln konnten die Jugendlichen angeben, ob sie gewalttätig werden mussten, um sich durchzusetzen, ob sie körperlichen Auseinandersetzungen grundsätzlich aus dem Weg gehen, auch wenn sie persönlich im Recht sind und ob für sie Gewaltanwendung zur Klärung von Konflikten eine völlig ungeeignete Methode ist. Die Skala ist dergestalt gepolt, dass niedrige Werte ein höheres Maß, hohe Werte ein geringeres Maß an instrumenteller Gewaltbereitschaft bedeuten. Mit Hinblick auf expressives Gewalthandeln wurden die Jugendlichen gefragt, ob es jemandem passieren kann, dass er sich eine fängt, wenn er sie persönlich beleidigt, ob sie meinen, manchmal Gewalt einsetzen zu müssen, um nicht den Kürzeren zu ziehen und ob sie bereit sind, Gewalt anzuwenden, wenn es wirklich darauf ankommt. Als Antwort konnte zwischen Trifft überhaupt nicht zu, Trifft kaum zu, Trifft eher zu, Trifft genau zu unterschieden werden. Beide Skalen weisen eine hinreichende psychometrische Qualität für Gruppenvergleiche auf [vgl. 33]. Höhere Werte auf dieser Skala bedeuten ein höheres Maß an expressiver Gewaltbereitschaft, niedrigere Werte ein geringes Ausmaß. Insgesamt hatte etwa ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland in den letzten 12 Monaten Gewalterfahrungen gemacht (Abb. 8) [33]. 26

28 Heike Hölling Abb. 8 Gewalterfahrungen im subjektiven Selbstbericht 5,7% 4,6% 14,9% 74,9% keine Gewalterfahrungen Täter Täter/Opfer Opfer Betrachtet man die Häufigkeiten nach Täter- und Opferstatus und Geschlecht getrennt, zeigt sich, dass Jungen insgesamt nahezu doppelt so häufig von Gewalt betroffen waren wie Mädchen. Sowohl unter den Tätern als auch unter den Opfern aber auch unter den Täter/Opfern sind Jungen überrepräsentiert. So war ca. jeder fünfte Junge in den letzten 12 Monaten Täter von Gewalthandlungen gewesen, bei den Mädchen hingegen nur jedes zehnte. Während sich die Opferhäufigkeiten nach Geschlecht nicht signifikant unterscheiden (vgl. Abbildung 9) fällt auf, dass der Anteil der sehr problematischen Täter/Opfer-Gruppe bei den Jungen mehr als doppelt so hoch ist. Hinsichtlich der Verteilung nach Alter gibt es keine signifikanten Unterschiede für Gewalterfahrungen zwischen Kindern (11-13 Jahre) und Jugendlichen (14-17 Jahre) (Abb. 9) [33, 34]. Jungen 7,6 % Abb. 9 Gewalterfahrungen nach Geschlecht 9,9% Mädchen 3,6% 3,9% 19,6 % 69,4 % 5,2 % 82,5% keine Gewalterfahrungen Opfer Täter Täter/Opfer 27

29 Heike Hölling Täter Kinder und Jugendliche, die in den letzten 12 Monaten Täter geworden sind, besuchen überwiegend die Hauptschule. Nahezu ein Viertel der Hauptschüler hat Tätererfahrung. Damit korrespondiert die Verteilung nach sozialer Schicht: Kinder und Jugendliche aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sind nahezu doppelt so häufig Täter geworden wie Kinder und Jugendliche aus Familien mit hohem Sozialstatus. Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund sind überzufällig häufiger unter den Tätern vertreten. Alle berichteten Unterschiede sind hochsignifikant (keine Abbildung) [33,34]. Opfer Die Opferrate ist unter den Gesamtschülern am höchsten. Es folgen absteigend die Haupt- und Realschüler, von Gymnasiasten wurde die geringste Opferhäufigkeit berichtet. Die Unterschiede nach Schulform sind hochsignifikant. Bemerkenswerterweise ergeben sich für den Opferstatus in den Verteilungen nach Geschlecht, Sozialstatus und Migrationshintergrund keine signifikanten Unterschiede mehr (keine Abbildung) [33, 34]. Täter/Opfer Kinder und Jugendliche, die der Gruppe der Täter/Opfer zuzuordnen sind, sind ebenfalls unter den Gesamtschülern am häufigsten vertreten. Die Rate ist gegenüber Gymnasiasten, die die niedrigste Rate aufweisen, ca. 2,4-fach und hochsignifikant erhöht. Kinder und Jugendliche mit Täter/Opfererfahrung sind häufiger Jungen, kommen häufiger aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sowie häufiger aus Familien mit Migrationshintergrund. Die genannten Unterschiede sind jeweils hochsignifikant (keine Abbildung) [33,34]. Inanspruchnahme psychiatrischer oder psychologischer Hilfen In KiGGS wurde die Häufigkeit der Inanspruchnahme (12-Monats-Prävalenz) verschiedener Fachärzte, Psychologen und sonstiger Heilmittelerbringer erfasst. Nachfolgend wird die Inanspruchnahme von Psychiatern und Psychologen in den einzelnen Altersbereichen dargestellt (Abb. 10 und 11). 28

30 Heike Hölling Abb. 10 Inanspruchnahme Psychiater (12-Monatsprävalenz) 1,6 1,5 1,4 1,4 1,3 1,2 1,2 1 % 0,8 0,7 0,8 0,6 0,6 0,4 0,3 0, Jahre 7-10 Jahre Jahre 14-17Jahre Jungen Mädchen Abb. 11 Inanspruchnahme Psychologe (12-Monatsprävalenz) 7 6 6,0 5,2 5 % 4 3,3 3,6 3 2,7 2,2 2 1,5 1 0, Jahre 7-10 Jahre Jahre 14-17Jahre Jungen Mädchen Allerdings weisen die KiGGS-Daten eine vergleichsweise niedrige Inanspruchnahme dieser Berufsgruppen auf. In keiner der vier Altersgruppen lag die Inanspruchnahme eines Psychiaters in der 12-Monats-Prävalenz über 2%. Die Häufigkeiten für die Inanspruchnahme eines Psychologen waren dem gegenüber 2-3 Mal höher in den jeweiligen Altersgruppen. Mit Blick auf die beschriebenen Auffälligkeitsraten erscheint daher die Inanspruchnahme als sehr gering. Beide Abbildungen zeigen einen ähnlichen Alterstrend in der generellen Inanspruchnahme von Psychiaterinnen und Psychiatern und Psychologinnen und Psychologen im 12-Monats-Rückblick, eine Zunahme der Inanspruchnahme vom 3. bis 6. Lebensjahr bis zum 11. bis 13. Lebensjahr, mit leichtem Rückgang im Jugendlichenalter. Jungen werden insgesamt häufiger vorgestellt als Mädchen. Die höheren relativen Häufigkeiten der Inanspruchnahme von Psychologen könnten sich durch Ü- 29

31 Heike Hölling berweisungseffekte erklären lassen. Betrachtet man die Inanspruchnahme eines Psychiaters/Psychologen im Zusammenhang mit psychischer Auffälligkeit (SDQ) kommt man auch bei strenger Grenzziehung (clinical range des Gesamtproblemwerts) zu dem Ergebnis, dass gerade einmal 10-14% der Betroffenen fachliche psychiatrische/psychologische Hilfe zuvorderst bei einer Psychologin oder einem Psychologen in Anspruch genommen haben (keine Abbildung). Das legt nahe, dass bei psychischen Problemen von Kindern und Jugendlichen ärztliche bzw. therapeutische Hilfe zu selten aufgesucht wird oder aber eine Unterversorgung auf diesem Gebiet vorhanden ist. Zusammenfassung und Schlussfolgerungen Nach den Ergebnissen der KiGGS-Studie liegen bei rund 15% der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren psychische Auffälligkeiten vor, bei Jungen häufiger als bei Mädchen. Ebenso sind Kinder und Jugendliche mit niedrigem Sozialstatus, mit Migrationshintergrund, nur einem erziehenden Elternteil oder arbeitsloser Mütter häufiger betroffen. Psychisch auffällige Kinder verfügen zudem über geringere personale, familiäre und soziale Ressourcen. Bezogen auf Essstörungen, eines der häufigsten chronischen Gesundheitsprobleme, wurde mit 21,9% der 11- bis 17- Jährigen mehr als jeder 5. Jugendliche aufgrund der vorhandenen Symptome einer Risikogruppe zugeordnet. Mädchen waren fast doppelt so häufig betroffen wie Jungen. Das Vorhandensein von Essstörungssymptomen ist assoziiert mit psychischen Auffälligkeiten, Übergewicht, Körperschemastörungen, niedrigem sozioökonomischen Status (SES) und Migrationshintergrund. Auch in allen Dimensionen der Lebensqualität erreichen psychisch auffällige Kinder und Jugendliche niedrigere Werte als Nichtauffällige. Zusammenhänge zwischen Essstörungssymptomen und Defiziten in den personalen, familiären und sozialen Ressourcen konnten nachgewiesen werden. 6,3% von insgesamt 1,9 Millionen übergewichtigen Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren sind adipös. Auch von Adipositas betroffene Kinder und Jugendliche haben in der Gesamtstichprobe in sämtlichen Ressourcenbereichen (personal, familiär und sozial) signifikant niedrigere Skalenwerte als nicht adipöse. Auf fünf (Körper, Psyche, Selbstwert, Freunde, Schule) der insgesamt sechs Subskalen für gesundheitsbezogene Lebensqualität geben adipöse Kinder und Jugendliche insgesamt eine signifikant geringere Lebensqualität als nicht adipöse an. Lediglich die familiäre Lebensqualität ist unbeeinträchtigt. Die geringere Ausprägung der meisten Lebensqualitätsdimensionen für Adipöse schlägt sich sowohl für die Gesamtstichprobe als auch für alle betrachteten Subgruppen (Alter, Geschlecht) in signifikant niedrigeren Skalenwerten des KINDL-R- Gesamtwerts nieder. Bezogen auf ADHS 30

32 Heike Hölling zeigten sowohl die Teilnehmer der Gesamtstichprobe als auch die Jungen in der nach Geschlecht stratifizierten Auswertung bei Vorliegen einer entsprechenden Diagnose über das gesamte Spektrum der erfassten Dimensionen signifikant niedrigere Ressourcen. Die Lebensqualität der Kinder- und Jugendlichen mit ADHS ist in der Gesamtstichprobe in den Bereichen Psyche, Familie und Schule und im Gesamtwert signifikant niedriger, körperliches Wohlbefinden, Selbstwertgefühl und peerbezogene Lebensqualität sind dagegen nicht eingeschränkt. Dieses Bild ändert sich auch nicht grundsätzlich bei der Stratifizierung nach Geschlecht und Altersgruppen. Psychische Auffälligkeiten und Störungen im Kindes- und Jugendalter mindern nicht nur das Wohlbefinden der Betroffenen, sondern wirken sich auch auf ihre Entwicklung, soziale Funktionsfähigkeit, den Bildungserfolg und die beruflichen Möglichkeiten aus. Diese Erkenntnis unterstreicht die Notwendigkeit, in stärkerem Maße die psychische Gesundheit der heranwachsenden Generation zu fördern. Um präventive Maßnahmen zur Gesunderhaltung der heranwachsenden Generation sinnvoll umzusetzen, ist es daher erforderlich, Risikogruppen rechtzeitig zu identifizieren, um frühzeitig ein problemorientiertes Handeln zu ermöglichen. Maßnahmen dazu sollten sowohl auf individueller, familiärer und sozial- /gesellschaftlicher Ebene zum Einsatz kommen. Dabei sollte eine individuelle, kindbezogene Ebene zum Ziel haben, die Stärken der Kinder zu fördern und ihre personalen, familiären und sozialen Ressourcen zu stärken. Das kann bedeuten, ihnen Unterstützung bei der Suche nach realistischen Zukunftsperspektiven zu geben, beim Aufbau und/oder der Stärkung von Mut, Selbstbewusstsein, Selbstwertgefühl und optimistischer Lebenseinstellung zu helfen und Ausgrenzungen zu vermeiden. Die Familien zu unterstützen heißt in erster Linie, die Elternkompetenz zu stärken, und den positiven Aspekt der Unterstützung durch familiennahe Einrichtungen hervorzuheben. Dies bedeutet auch, Hilfen auf Augenhöhe anzubieten und Zugangsbarrieren für schwer erreichbare oder bildungsferne Eltern abzubauen. In diesem Zusammenhang erscheint es dringend geboten, den Prozess der engeren Vernetzung familienrelevanter Einrichtungen weiter zu fördern und zu unterstützen. Auch kann eine Verbesserung der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern, Sozialarbeiterinnen und -arbeitern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Jugendamts und der Jugendhilfe, Verfahrensbeiständen und anderen mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen befassten Professionen, z.b. durch eine engere Verknüpfung von theoretischer Wissensvermittlung und Praxisbezug, einen entscheidenden Beitrag zur Erhaltung von Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Lebensfreude der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leisten. 31

33 Heike Hölling Literatur: 1. B.-M. Kurth C. Lange P. Kamtsiuris H. Hölling (2009) Gesundheitsmonitoring am Robert Koch-Institut. Sachstand und Perspektiven. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz : Springer Medizin Verlag The world health report 2001 Mental health: new understanding, new hope. World Health Organization Geneva 2001 ( 3. WHO European Region. Psychische Gesundheit. Herausforderungen annehmen, Lösungen schaffen. Bericht über die Ministerkonferenz der Europäischen Region der WHO. 2006; Ihle W. & Esser G. Epidemiologie psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter. Prävalenz, Verlauf, Komorbidität und Geschlechtsunterschiede. Psychologische Rundschau 2002; 53: Barkmann C, Schulte-Markwort M (2004) Prävalenz psychischer Auffälligkeit bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland - ein systematischer Literaturüberblick. Psychiatrische Praxis 31(6): Schlack HG. (2004) Neue Morbidität im Kindesalter. Aufgaben für die Sozialpädiatrie. Kinderärztliche Praxis;75: Möller H-J, Laux G, Deister A. (2005) Psychiatrie und Psychotherapie. Stuttgart: Thieme, 8. Masten AS (2001) Resilienz in der Entwicklung: Wunder des Alltags. In: Rösler G, v. Hagen C, Noam G (Hrsg.). Entwicklung und Risiko. Perspektiven einer klinischen Entwicklungspsychologie. Stuttgart: Kohlhammer: Goodman R (1997) The Strengths and Difficulties Questionnaire: a research note. J Child Psychol Psychiatry; 38: Hölling H, Erhart M, Ravens-Sieberer U, Schlack R (2007) Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen. Erste Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz; 50: Erhart M, Hölling H, Bettge S, Ravens-Sieberer U, Schlack R (2007) Der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Risiken und Ressourcen für die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50: Schwarzer R, Jerusalem M. (1999) Skalen zur Erfassung von Lehrer- und Schülermerkmalen. Dokumentation der psychometrischen Verfahren im Rahmen der Wissenschaftlichen Begleitung des Modellversuchs Selbst-wirksame Schulen. Institut für Psychologie. Berlin: Freie Universität Berlin. 32

34 Heike Hölling 13. Grob A, Lüthi R, Kaiser FG, Flammer A, Mackinnon A, Wearing AJ (1991) Berner Fragebogen zum Wohlbefinden Jugendlicher (BFW). Diagnostica; 37: Kern R, Rasky E, Noack RH.(1995) Indikatoren für Gesundheitsförderung in der Volksschule. Forschungsbericht 95/1. Graz: Karl-Franzens-Universität. 15. Schneewind K, Beckmann M, Hecht-Jackl A (1985) Familienklima-Skalen. Bericht. München: Institut für Psychologie Persönlichkeitspsychologie und Psychodiagnostik der Ludwig Maximilians Universität München, 16. Donald CA, Ware JE. (1984) The measurement of social support. Research in Community and Mental Health;4: Schumacher J, Klaiberg A, Brähler E (2003) Diagnostik von Lebensqualität und Wohlbefinden Eine Einführung. In: Schumacher J, Klaiberg A, Brähler E (Hrsg.) Diagnostische Verfahren zu Lebensqualität und Wohlbefinden. Hogrefe, Göttingen: Ravens-Sieberer U, Wille N, Bettge S, Erhart M (2007) Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Ergebnisse aus der BELLA-Studie im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50 (5/6): Kurth BM, Hölling H, Schlack R (2008) Wie geht es unseren Kindern? Ergebnisse aus dem bundesweit repräsentativen Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). In: Mittelmaß für Kinder. Der UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland. Hrsg. Bertram H, Verlag C.H. Beck ohg, München: Lange M, Kamtsiuris P, Lange C, Schaffrath Rosario A, Stolzenberg H, Lampert T. (2007) Messung soziodemographischer Merkmale im Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) und ihre Bedeutung am Beispiel der Einschätzung des allgemeinen Gesundheitszustands. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz; 50(5/6): Hölling H, Schlack R (2008) Psychosoziale Risiko- und Schutzfaktoren für die psychische Gesundheit im Kindes- und Jugendalter- Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Gesundheitswesen 70: Hölling H, Schlack R (2008) Psychische Gesundheit und Essstörungen im Kindes- und Jugendalter-Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Referate anlässlich der 16. Ernährungsfachtagung zum Thema: Präventive und soziale Aspekte bei der Ernährung von Kindern und Jugendlichen am in Jena; Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.v., Sektion Thüringen, Gera Hölling H, Schlack R (2007) Essstörungen im Kindes- und Jugendalter- Erste Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS). Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz : Springer Medizin Verlag

35 Heike Hölling 24. Morgan JF, Reid F, Lacey H. (1999) The SCOFF questionnaire: assessment of a new screening tool for eating disorders. BMJ; 319: Morgan JF, Reid F, Lacey JH, Luck AJ, O Brien A, Brunton J, et al (2002). Questionnaire and clinical interview for eating disorders in general practice: The SCOFF comparative study. BMJ 325: Hölling H, Schlack R (2007) Essstörungen im Jugendalter. Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundjheitssurvey (KiGGS). ErnährungsUmschau 54: Kurth B, Schaffrath Rosario A (2007) Die Verbreitung von Übergewicht, Untergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland, Ergebnisse des bundesweiten Kinder- und Jugendgesundheitssurveys. Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz : Springer Medizin Verlag Kromeyer-Hauschild K, Wabitsch M, et al. (2001) Perzentile für den Body-Mass-Index für das Kindes- und Jugendalter unter Heranziehung verschiedener deutscher Stichproben. Monatschr Kinderheilkd 149: Wabitsch M (2004) Kinder und Jugendliche mit Adipositas in Deutschland. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 47(3): Hölling, H, Schlack, R, Dippelhofer, A, Kurth, B-M (2008) Personale, familiäre und soziale Schutzfaktoren und gesundheitsbezogene Lebensqualität chronisch kranker Kinder und Jugendlicher. Bundesgesundheitsblatt 51 (6) Schlack R, Hölling H, Kurth B-M, Huss M (2007) Die Prävalenz der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland. Erste Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS).Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 50: Kordon A, Kahl KG (2004) Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung im Erwachsenenalter.Pychother Psych Med 54: Schlack R, Hölling H (2007): Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen im subjektivenselbstbericht. Erste Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesndheitssurveys (KiGGS). Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch -Gesundheitsschutz : Springer Medizin Verlag Schlack R, Hölling, H (2008) Gewalterfahrungen von Kindern und Jugendlichen - Ergebnisse der KiGGS-Studie. Kinderärztliche Praxis. Soziale Pädiatrie und Jugendmedizin 79 (4) Heitmeyer W, Collmann B, Conrads J et al. (1998) Gewalt. Schattenseiten der Individualisierung bei Jugendlichen aus unterschiedlichen Milieus, 3. Auflage Juventa, Weinheim München 36. Ware J (2003) Conceptualization and measurement of health- related quality of life: comments on an evolving field. Arch Physical Med Rehab 84: 34

36 Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann Essstörungen im Jugendalter Diagnostik und Therapie Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann Die Anorexia nervosa (AN) oder deutsch: Pubertätsmagersucht ist die häufigste chronische Erkrankung in der weiblichen Adoleszenz. Sie geht mit einem hohen Gewichtsverlust und einer hieraus resultierenden hormonellen Störung einher. Weitere bedeutsame Essstörungen der Adoleszenz sind die Bulimia nervosa, deren typisches Merkmal Heißhungeranfälle mit nachfolgenden Maßnahmen zur Gewichtsreduktion ist, als auch die Binge Eating-Störung, die durch eben solche Heißhungerattacken, aber ohne gewichtsreduzierende Maßnahmen, gekennzeichnet ist. Die Binge Eating-Störung ist häufig aber nicht immer mit Übergewicht assoziiert. Häufigkeit Die Häufigkeit der Magersucht bei 14- bis 18-Jährigen wird auf etwa 0,3 bis 1% geschätzt. Während die Prävalenz der Magersucht im Erwachsenenalter während der letzten Jahrzehnte weitgehend konstant geblieben ist, findet sich ein Anstieg in der Altersgruppe der 14- bis 18-Jährigen. Das Geschlechterverhältnis liegt bei 1-2 Jungen : Mädchen. Neben den o. g. Essstörungen, die nach den Kriterien der Klassifikationssysteme ICD-10 und DSM-IV definiert sind, haben in jüngster Zeit auch die unspezifischen Essstörungen an Bedeutung gewonnen, die sowohl in den Essstörungsambulanzen als auch in der Allgemeinbevölkerung einen hohen Prozentsatz ausmachen. Diese erfüllen nicht alle Kriterien der klassischen o.g. Erkrankungen, haben aber ebenfalls eine hohe psychische Komorbidität, d.h. sind häufig von anderen Störungen begleitet. Auch bei Kindern unter 14 Jahren ist die Magersucht nicht mehr selten. Hier verläuft die Störung oft nicht typisch, da Kinder die Erkrankung vielfach als eine fremde Kraft erleben, gegen die sie sich nicht wehren können. Nicht selten geht die Magersucht im Kindes- und Jugendalter mit schwerwiegenden körperlichen Veränderungen einher. Als Faustregel gilt, dass die körperlichen Veränderungen bei Magersucht um so gravierender sind, je jünger die Patientinnen sind und je ausgeprägter und rapider der Gewichtsverlust ist. Fast alle Betroffenen weisen einen Stillstand der pubertären Entwicklung auf. In jüngster Zeit mehren sich die Kenntnisse über hunger- und gewichtsverlustabhängige Veränderungen des Gehirns, die insbesondere die graue Substanz betreffen. Diese sind in den meisten Fällen reversibel. Voraussetzung scheint dafür aber auch eine Normalisierung des Hormonhaushaltes Kortikoidsystem) zu sein. (Sexualhormone, Akute körperliche Veränderungen betreffen den Mineral- und Wasserhaushalt 35

37 Prof. Dr. Beate Hrpertz-Dahlmann (Elektrolyte), eine Affektion der Leber, Nierenversagen, Bauchspeicheldrüsenaffektionen, Herz-Kreislauf- Komplikationen etc.. Bei ausgeprägtem Gewichtsverlust ist daher immer eine ärztliche (Mit-) Behandlung erforderlich. Bei den bereits o.g. psychischen Begleitstörungen handelt es sich in erster Linie um Angsterkrankungen (soziale Phobie und Trennungsangst), depressive Störungen und Zwangserkrankungen. Behandlung Obwohl eine stationäre multimodale Behandlung immer noch als der Goldstandard der Therapie bei Magersucht gilt, gibt es hierzu nur wenige evidenzbasierte Untersuchungen. Wenn auch adoleszente, magersüchtige Patienten äußerst selten nach 1631 BGB gegen ihren Willen stationär aufgenommen werden müssen, erleben sie mehr Zwang und äußern weniger Zustimmung als erwachsene essgestörte Patientinnen. Diese Einstellung bleibt während der ersten Wochen des stationären Aufenthaltes bei den Adoleszenten unverändert erhalten, während bei den Erwachsenen mehr Einsicht in die Problematik ihrer Erkrankung zu erzielen ist. 20 bis 30% der Adoleszenten brechen eine Behandlung gegen ärztlichen Rat ab, bei den Erwachsenen sind es 30 bis 50%. Neuere Untersuchungen zur Behandlung der Essstörungen haben gezeigt, dass die stationäre Behandlung einer ambulanten Behandlung nicht unbedingt überlegen ist. Immer wieder wird berichtet, dass anorektische Patienten die Klinik als eine Art Nest betrachten und es nicht schaffen, eine ausreichende Autonomie zu entwickeln, um ein altersentsprechendes Leben als Teenager zu führen. Aus diesem Grunde haben wir uns entschlossen, den Effekt anderer Behandlungssettings zu erproben und eine multizentrische Untersuchung zum Vergleich tagesklinischer und vollstationärer Behandlung zu initiieren. Diese wird an sechs Kliniken (Aachen, Würzburg, Freiburg, Berlin, Düren und Köln) durchgeführt. Bisher konnten ungefähr 170 Patientinnen und Patienten randomisiert und auf die beiden Behandlungsarme verteilt werden. Erste Ergebnisse werden im April 2011 vorliegen, wenn die Befunde ein Jahr nach Aufnahme in beide Behandlungssettings ausgewertet sind. Im Vergleich zu anderen internationalen Studien gibt es in dieser Untersuchung nur geringe Drop out-raten. Die Therapie der Essstörungen im Kindes- und Jugendalter ist multimodal und besteht aus mehreren Säulen (für eine Übersicht s. Tab. 1., Herpertz-Dahlmann und Hagenah, 2008). 1) Somatische Rehabilitation und Ernährungstherapie 2) Individuelle psychotherapeutische Behandlung 3) Einbeziehung der Familie 4) Behandlung der Komorbidität und ggf. medikamentöse Behandlung (in erster Linie bei Bulimia nervosa) (Herpertz-Dahlmann 2008): 36

38 Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann Zu 1) Somatische Rehabilitation und Ernährungstherapie Bei ausgeprägtem Untergewicht wird ein Essensplan erstellt, der im stationären Rahmen meist 6 Mahlzeiten umfasst. Bei problematischem Essverhalten empfiehlt sich ein sogenanntes Modellessen, bei dem die Patientin mit einem erfahrenen Betreuer die Mahlzeit einnimmt, um wieder ein normales Essverhalten zu erlernen. Die Ernährungsberatung erfolgt individuell und in der Gruppe. Viele essgestörte Patientinnen und Patienten wissen sehr gut über den Kaloriengehalt einzelner Nahrungsmittel Bescheid, jedoch nicht ausreichend über die Zusammensetzung einer gesunden Ernährung. Die Patientinnen und Patienten erhalten daher Informationen über notwendige Nahrungsbestandteile (quantitativ und qualitativ) und über die körperlichen und psychischen Folgen des Hungerzustandes. Die bisher etablierten Leitlinien (z.b. NICE, American Psychiatric Association) definieren als Zielgewicht meist das Gewicht, bei dem die Menstruation wieder einsetzt. Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie empfiehlt die 25. altersspezifische BMI-Perzentile als Zielgewicht, da die Menstruation oft erst nach einer längeren stabilen Gewichtsphase eintritt. Zu Beginn der Behandlung werden von Patientin und Therapeutin/Therapeut Gewichtsstufen im Rahmen einer Gewichtstreppe festgelegt, bei der bestimmte Gewichtsmarken mit Verstärkern verbunden sind, z.b. Wochenendbesuche zu Hause, sportliche Aktivitäten etc. Viele Studien in der letzten Zeit haben gezeigt, dass der Heilungserfolg hoch mit dem Entlassungs- BMI korreliert. Zu 2) Individuelle psychotherapeutische Behandlung Es werden unterschiedliche psychotherapeutische Ansätze wie interpersonale Therapie, kognitiv-analytische Therapie, kognitiv-behaviorale Therapie und familienorientierte Therapie empfohlen. In Aachen wird eine Kombination von kognitiv-behavioraler Psychotherapie und familienbasierten Ansätzen durchgeführt. In Anlehnung an die Ideen von Schmidt und Treasure (2006) lassen wir die Patientinnen zwei Briefe schreiben: Liebste Magersucht/Bulimie, du bist meine beste Freundin, weil sowie Böse Magersucht, du bist meine ärgste Feindin, weil. Mit Hilfe dieses Vorgehens kann die Patientin ihre Motive für die Beibehaltung der Essstörung, aber auch Argumente für eine Gesundung durchleuchten. Es ist ein wichtiges Ziel der kognitiv-behavioralen Behandlung, dass die Patientin ihre fixierten Denkschemata bezüglich Figur und Gewicht überprüft. Vielfach setzen magersüchtige Patientinnen die Wertschätzung ihrer eigenen Person mit der ihrer Figur gleich. Fast alle essgestörten Patientinnen haben ein niedriges Selbstwertgefühl, dessen Verbesserung ein elementares Ziel der psychotherapeutischen Behandlung darstellt. Auch grup- 37

39 Prof. Dr. Beate Hrpertz-Dahlmann pentherapeutische Ansätze sind hilfreich, wo sich die Teilnehmerinnen gegenseitig rückmelden können, was sie an sich und den übrigen Teilnehmerinnen der Gruppe schätzen. Zu 3) Einbeziehung der Familie An unserer Klinik werden sowohl ein gruppenpsychoedukatives Programm für die Eltern als auch familientherapeutische Sitzungen für die individuelle Familie durchgeführt (Tab. 2). In der Psychoedukation erhalten die Eltern während 5-6 Gruppensitzungen ausführliche Informationen zur Symptomatik der Essstörungen Magersucht und Bulimie. Sie werden über unser stationäres und ambulantes Behandlungskonzept informiert und erhalten eine Ernährungsberatung durch unsere Ökotrophologin. Im 4. Termin wird die Vorbereitung der Entlassung besprochen, der Umgang mit der Essstörung der Tochter zu Hause sowie die Kriterien für eine Wiederaufnahme. Viele Studien haben bisher gezeigt, dass die familienbasierte Therapie der Individualtherapie bei der adoleszenten Magersucht überlegen ist. Dabei scheint es nur eine sekundäre Rolle zu spielen, welche Form der familienorientierten Intervention angewendet wird. Zu 4) Behandlung der Komorbidität und ggf. medikamentöse Behandlung (in erster Linie bei Bulimia nervosa) (Herpertz-Dahlmann 2008): Die meisten medikamentösen Therapien haben sich bei der Magersucht als nicht hilfreich erwiesen. Dies gilt insbesondere für Antidepressiva. In der jüngsten Zeit gibt es zwei randomisierte Studien, die auf den positiven Effekt von Olanzapin hinweisen, dessen Gabe im Vergleich zu Placebo zu einer höheren Gewichtszunahme und zu einem stärkeren Rückgang von Zwangssymptomen führte. Im Gegensatz zur Anorexia nervosa weisen viele randomisierte Studien bei der Bulimie auf die Wirksamkeit von SSRI hin. Die Dosierung zur Behandlung der Bulimie muss jedoch höher sein als bei depressiven Erkrankungen und entspricht etwa der bei Zwangserkrankungen. Verlauf Eine Re-Hospitalisierung bei adoleszenten magersüchtigen Patientinn/Patienten ist häufig. Bei einem Viertel bis zur Hälfte aller adoleszenten Patientinnen / Patienten ist mehr als ein stationärer Aufenthalt zur Behandlung einer Anorexia nervosa erforderlich. Die Mortalität ist bei Jugendlichen deutlich niedriger als bei Erwachsenen. Sie lag in der Studie von Steinhausen (2002) bei einem Follow up zwischen 1 und 29 Jahren bei knapp 2%. Hingegen sind psychische Störungen im weiteren Verlauf der Essstörungen ein häufiges Phänomen. Hierzu gehören vor allem affektive und Angststörungen. In einer jüngsten Studie von Wentz et al. (2009) trat bei 25% der ehemals stationär behandelten Patientinnen und Patienten eine Arbeitslosigkeit aufgrund psychischer Störungen auf. 38

40 Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann Ein großer Teil von ihnen sucht zu spät Hilfe. Dabei weisen viele Studien darauf hin, dass die Prognose bei einem höheren Aufnahme-BMI besser ist. Zu der späten Behandlung trägt auch eine Stigmatisierung essgestörter Patienten und Patientinnen bei. So berichteten ein Drittel der von uns befragten Patientinnen, dass sie sich von Gleichaltrigen ausgeschlossen fühlen; 80% fühlen sich sogar verantwortlich für ihre Erkrankung. Auch die Eltern geben an, dass sie in einem hohen Prozentsatz für die Erkrankung der Tochter verantwortlich gemacht werden. Zusammenfassend sind dringend weitere Anstrengungen erforderlich, wirksame Behandlungsmethoden für adoleszente Essstörungen zu finden, da eine chronifizierte Essstörung die persönliche, soziale und berufliche Entwicklung der Jugendlichen erheblich beeinträchtigt. Literaturverzeichnis Hagenah U, Blume V, Flacke-Redanz M, Herpertz-Dahlmann B (2003). Psychoedukation als Gruppenangebot für Eltern essgestörter Jugendlicher. Z Kinder Jugendpsychiatr Psychother 31: Herpertz-Dahlmann B (2009). Adolescent eating disorders: definitions, symptomatology, epidemiology and comorbidity. Child Adolesc Psychiatric Clin N Am 18: Herpertz-Dahlmann B, Salbach-Andrae H (2009). Overview of treatment modalities in adolescent anorexia nervosa. Child Adolesc Psychiatric Clin N Am 18: Herpertz-Dahlmann B, Schwarte R (2009) Anorexia nervosa. In: Schneider S, Margraf J (Hrsg.): Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Band 3. Störungen im Kindes- und Jugendalter. Springer Verlag Heidelberg, , 2009 (ISBN ) Herpertz-Dahlmann B (2008) Anorexia nervosa im Kindes- und Jugendalter. In: Herpertz S, de Zwaan M, Zipfel S (Hrsg.). Handbuch Essstörungen und Adipositas. Springer-Verlag Heidelberg, (ISBN ) Herpertz-Dahlmann B, Hagenah U. Essstörungen (2008). In: Remschmidt H, Mattejat F, Warnke A (Hrsg.). Therapie psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Thieme-Verlag Stuttgart, (ISBN ) Schmidt U, Treasure J (2006) Anorexia nervosa: valued and visible. A cognitiveinterpersonal maintenance model and its implications for research and practice. Br J Clin Psychol 45: Steinhausen HC (2002) The outcome of Anorexia nervosa in the 20th century. Am J Psychiatry 159: Wentz E, Gillberg C, Anckarsäter H, Gillberg C, Rastam M (2009). Adolescent-onset anorexia nervosa: 18-year outome. Br J Psychiatry 194:

41 Prof. Dr. Beate Hrpertz-Dahlmann Tabelle 1 Diagnostische Maßnahmen Empirische Evidenz Anorexie: Ausführliche Anamnese, Gewichtsverlust, differenzialdiagnostisch Ausschluss somatischer Erkrankungen, Erfassung der Komorbidität Bulimie: Erfragen der Gewichtsphobie und der Körperschemastörung, Erfragen des Erbrechens, ggf. auch bei Eltern Anorexie Empirisch gut abgesichert: Familienbasierte Therapie bei Adoleszenten Empirisch mäßig gesichert: Kognitive Verhaltenstherapie, psychodynamische Psychotherapie, sog. Clinical Management Empirisch nicht hinreichend abgesichert, aber potenziell wirksame oder förderliche Verfahren (positive Berichte): Ernährungsberatung, atypische Neuroleptika Zweifelhafte und entbehrliche Methoden: Antidepressiva in der Akuttherapie und in der Rückfallprophylaxe Bulimie Empirisch gut abgesichert: kognitive Verhaltenstherapie, Antidepressiva in der Akuttherapie Empirisch mäßig abgesichert: Antidepressiva in der Rückfallprophylaxe, Expositions- und Reaktionsverhinderung, Interpersonelle Psychotherapie, psychoedukative Selbsthilfeprogramme, psychodynamische Psychotherapie, Ernährungsberatung Empirisch nicht hinreichend abgesichert, aber potenziell wirksam: Psychoedukative Selbsthilfeprogramme Therapieprinzipien Therapieprogramme --- Medikamentöse Therapie Psychotherapie Eltern- und familienbezogene Maßnahmen Umfeldbezogene Maßnahmen Ergänzende Maßnahmen Gewichtsnormalisierung bei der Anorexie Normalisierung des Essverhaltens bei der Bulimie Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer bei Bulimie Atypische Neuroleptika bei hochgradigem Schweregrad der Anorexie Verbesserung des gestörten Essverhaltens sowie der Gewichtsphobie und der Körperschemastörung bei Anorexie und Bulimie Verbesserung des Selbstwertgefühls und der Konfliktfähigkeit bei Anorexie und Bulimie Reduktion der Impulsivität bei der Bulimie Familienbezogene Maßnahmen haben einen hohen Stellenwert bei AN, häufig auch bei BN Beratung der Schule in Bezug auf Lernverhalten und Leistungsdruck der Patientin Ergotherapie Kunsttherapie Krankengymnastik Entspannungstherapie Musiktherapie (Herpertz-Dahlmann und Hagenah, 2008) 40

42 Prof. Dr. Beate Herpertz-Dahlmann Tabelle 2 Psychoedukationsprogramm für Eltern: Themen der einzelnen Sitzungen 1. Termin - Vorstellung der Teilnehmer und Referenten - Information zur Anorexia nervosa - Symptomatik - Medizinische Komplikationen (z. B. Osteoporose als Spätfolge) - Häufigkeit und Komorbidität - Ätiologie (Genetik, Serotoninsystem, individuelle Persönlichkeitsmerkmale, soziokulturelle Rahmenbedingungen) - Auswirkungen auf Eltern/Familie 2. Termin - Information zur Bulimia nervosa ( Teufelskreis der Bulimie, Komplikationen und Komorbidität) - Vorstellung des ambulanten und stationären Behandlungskonzepts für Essstörungen - Indikation und Ziele der stationären Behandlung - Phasenmodell der Behandlung (I): Körperliche Stabilisierung Spezifische Essstörungstherapie ( Planessen, Modellessen, Gewichtskontrollen) Psychotherapie und unterstützende Therapiebausteine 3. Termin - Ernährungsberatung durch die Ernährungswissenschaftlerin der Abteilung: Zusammensetzung einer ausgewogenen Ernährung Grundumsatz Starvationsbedingte Veränderungen Wachstumsspezifische Aspekte 4. Termin - Aufgreifen von Fragen aus Teil 2 und 3 - Phasenmodell (II): Wachstumsspezifische Aspekte - Ergotherapie - Psychosoziale Integration: Teilnahme an Aktivitäten, Essen in der Gruppe, außerhalb der Station, mit Familie auf der Station, bei Freizeitaktivitäten - Vorbereitung auf die Entlassung: zunehmende Förderung von Aktivitäten außerhalb der Station ( externer Schulbesuch, Übernachtung zu Hause, Essen mit der Familie, bei Freizeitaktivitäten) 5. Termin - Grundregeln im Umgang mit Problemen, z. B.: Körperschemastörung Gewichtsphobie Restriktives Essen - Weiterbehandlung nach stationärer Entlassung: Ambulant, Tagesklinik Eingliederungshilfen nach 35a KJHG Dauer der Nachbehandlung Wiederaufnahmekriterien - Feedback-Runde und Diskussion offener Fragen und Anregungen der Eltern (Hagenah et al. 2003) 41

43 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Quo vadis, Kinder- und Jugendpsychiatrie? Prof. Dr. Johannes Hebebrand Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeuten absolvieren eine 5- jährige Facharztweiterbildung einschließlich einer Psychotherapieausbildung. Allen gemeinsam ist, dass sie im Hinblick auf kinder- und jugendpsychiatrische Störungen einem biopsychosozialen Krankheitsmodell folgen. Das Fach steht im Rampenlicht der Öffentlichkeit, da Kinder und Jugendliche eine vulnerable Gruppe darstellen, zudem seelische Störungen, insbesondere bei Kindern, zugleich die Schuldfrage aufkommen lassen. Viele Eltern zögern eine Vorstellung ihres Kindes hinaus, da sie glauben, an der Problematik selbst schuld zu sein. Wichtig erscheint auch noch darauf hinzuweisen, dass sich das Gehirn bei Kindern und Jugendlichen noch in der Entwicklung befindet; diesem Aspekt gilt es insbesondere im Hinblick auf die psychopharmakologische Behandlung Rechnung zu tragen. Die Geburtenzahl ist in Deutschland zwischen 2000 und 2008 um ca. 10% gefallen; dieser Rückgang der Geburtenzahl wird sich in dem Fachgebiet bemerkbar machen. Aus epidemiologischen Untersuchungen ist bekannt, dass ca. 5% aller Kinder und Jugendlichen eine behandlungsbedürftige psychische Störung aufweisen; bei weiteren 10-15% sind diagnostische Maßnahmen und Beratungsangebote indiziert. Risiken für frühmanifeste psychische Störungen stellen beispielsweise ein allein erziehendes Elternteil, aktuelle Familienkonflikte und Unzufriedenheit in der Partnerschaft der Eltern dar. Wissenschaftlich ist umstritten, ob kinder- und jugendpsychiatrische Störungen in den letzten 10 Jahren zugenommen haben. Gesichert ist hingegen eine Zunahme des Inanspruchnahmeverhaltens. Weiterhin gilt jedoch, dass nur ein Teil aller Kinder mit einer Störung tatsächlich behandelt werden (ca % je nach Studie). Je schwerer die psychiatrische Symptomatik ist desto wahrscheinlicher erfolgt eine Vorstellung. Um sicherzustellen, dass mehr Kinder eine diagnostische Abklärung erfahren, sind aufsuchende Sprechstunden (z.b. an Schulen) sinnvoll. Hierdurch können auch hilfesystemferne Familien erreicht werden. Gemäß Psychotherapiebericht 2007 gibt es in Deutschland pro Minderjährige ein stationäres Bett im Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Seelische Störungen sind mittlerweile für einen nicht unerheblichen Anteil aller Krankenhaustage bei Minderjährigen verantwortlich. In Deutschland ist es in den letzten 20 Jahren zu einer deutlichen Zunahme der Bettenzahl und der tagesklinischen Plätze gekommen; weltweit besteht ein zunehmender Bedarf an kinder- und jugendpsychiatrischen Leistungen. 42

44 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Die Zahl der berufstätigen Kinder- und Jugendpsychiater hat zwischen 1993 und 2007 kontinuierlich zugenommen; im Jahre 2007 gab es insgesamt berufstätige Kinder- und Jugendpsychiater. Hiervon sind 725 Ärzte im Vertragsarztbereich bundesweit als Niedergelassene tätig. Allgemein besteht Konsens dahingehend, dass der ambulante Bereich ausgebaut werden muss. Im Hinblick auf die Zukunft des Fachgebiets ergeben sich folgende Desiderata: 1. Ausbau der ambulanten Versorgung Ganz allgemein geht es um eine Verbesserung der Inanspruchnahme, um frühzeitig psychische Störungen zu diagnostizieren und zu therapieren. Kinder aus sozial schwachen Familien sollen ebenso wie Kinder mit Migrationshintergrund besser erreicht werden. Hierzu ist die Etablierung aufsuchender Sprechstunden an - beispielsweise - Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen von Bedeutung. Gleichzeitig sind Beratung und Liaisondienste zu verbessern. Politisch sollten Anreize für Praxisgründungen in sozialen Brennpunkten ebenso wie Praxiszahlbegrenzungen in Städten mit einer hohen Dichte an niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiatern angedacht werden. Eine mittel- und langfristige Planungssicherheit für niedergelassene Fachärzte muss gewährleistet werden, hierzu gehört auch die längerfristige Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung der entsprechenden Leistungen. 2. Ausbau der interdisziplinären Zusammenarbeit Kinder und Jugendliche mit psychischen Auffälligkeiten bzw. Störungen werden bei Kinderärzten, Allgemeinmedizinern, Erziehungsberatungsstellen und anderen Institutionen vorgestellt; es gilt das Wissen um psychische Störungen in diesem Lebensalter bei diesen genannten Fachärzten bzw. Institutionen zu verbessern. Hierbei gilt es insbesondere, strukturelle Absprachen bezüglich der Kooperation und jeweiligen Verantwortlichkeiten zu treffen. In den USA haben sich innovative internetgestützte Programme bewährt, die Ärzten die Möglichkeit einer raschen kinder- und jugendpsychiatrischen Beratung ermöglichen. 3. Evidenzbasis für spezifische Behandlungen ausbauen In den letzten Jahren hat es eine deutliche Zunahme evidenzbasierter Behandlungen, Maßnahmen und Interventionen gegeben. Allerdings erwiesen sich die entsprechenden Effektstärken in vielen Fällen als gering oder nur moderat. Die Erkenntnisse betrafen häufig nur einen Entwicklungsabschnitt im Kindes- und Jugendalter, eine Generalisierbarkeit der erzielten Ergebnisse kann nicht von vornherein angenommen werden. Insofern muss in Zukunft noch mehr darauf geachtet werden, dass die Übertragbarkeit der Ergebnisse klinischer Studien in 43

45 Prof. Dr. Johannes Hebebrand die Praxis gewährleistet ist. Hinzu kommt, dass die Verfügbarkeit bzw. Erreichbarkeit spezifischer Therapien sichergestellt sein muss. 4. Ausbau der Versorgungsforschung Es gilt innovative Ansätze (z. B. aufsuchende Sprechstunden, bessere Vernetzung zwischen stationärem und ambulantem Bereich) zu evaluieren. In entsprechende Forschungsansätze sollten auch ökonomische Aspekte integriert werden. Zu prüfen wäre, inwieweit durch eine verbesserte kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung Folgekosten (z. B. Reduktion von stationären Aufnahmen und Heimunterbringungen) reduziert werden können. Solche ökonomischen Analysen erweisen sich als schwierig, da auch längerfristige Aspekte zu berücksichtigen sind (Erlangen eines Schulabschlusses, Integration in den ersten Arbeitsmarkt). Die entsprechende Forschung sollte auch komplexe Versorgungsnetzwerke evaluieren, in denen Kinder- und Jugendpsychiater, Kinderärzte, Lehrer, Jugendhilfe und andere relevante Akteure zusammenarbeiten. 5. Rekrutierung des fachlichen und wissenschaftlichen Nachwuchses In Deutschland wird es zunehmend schwieriger, Assistenzärzte für eine Tätigkeit im stationären Bereich zu gewinnen. Insofern kommt es darauf an, das Interesse von Medizinstudenten am Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie frühzeitig zu wecken. Von entscheidender Bedeutung ist hierbei die Etablierung des Fachs in der Approbationsordnung für Ärzte. Nur so wäre gewährleistet, dass jeder Student Vorlesungen und Kurse im Fachgebiet Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie besucht. Hierdurch ließe sich das Wissen um die Bedeutung psychischer Erkrankungen im Kindesund Jugendalter bei Medizinern deutlich erhöhen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte an allen medizinischen Hochschulen ein Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie e- tabliert werden. 6. Ausbau der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung zu spezifischen Störungsbildern Es wird zunehmend deutlich, dass die isolierte Forschung an einzelnen Kliniken der Komplexität der Störungen nicht gerecht werden kann. Insofern gilt es, klinikübergreifende Forschung zu fördern (ggf. auch unter Einbeziehung von ambulant tätigen Kollegen). Für spezifische seltenere Störungsbilder gilt es in Analogie zu Krebserkrankungen im Kindesund Jugendalter Krankheitsregister zu etablieren. Hierdurch lassen sich wesentlich besser als bislang die Auswirkungen spezifischer Therapieformen auf den Verlauf der Erkrankung erfassen. Nur durch fundierte Forschung zu den Ursachen kinder- und jugendpsychiatrischer Störungen werden neue diagnostische und therapeutische Ansätze einschließlich der 44

46 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Entwicklung neuer Medikamente ermittelt werden können. 7. Screeningverfahren für psychische Störungen Um psychische Störungen im Kindesund Jugendalter frühzeitig entdecken zu können, gilt es zu prüfen, inwieweit Screen-ingansätze hilfreich sind. So könnte beispielsweise im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen gezielt nach psychischen Auffälligkeiten gescreent werden; ein solcher Ansatz wäre aber nur ethisch und ökonomisch vertretbar, wenn als auffällig beurteilte Kinder und Jugendliche zeitnah diagnostisch evaluiert und ggf. einer Therapie zugeführt werden könnten. In den USA gibt es bereits gegenwärtig die Empfehlung, jeden Jugendlichen auf psychische Störungen zu screenen. Im Jahre 2009 hatten insgesamt 44 Staaten in den USA solche Programme etabliert. 8. Abgrenzung des Fachgebiets Kinder- und Jugendpsychiatrie gegenüber gesellschaftlich mitbedingten Problemen Das Fach Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie ist stets dann gefordert, wenn Kinder und Jugendliche psychische Störungen aufweisen. Dies gilt zunächst völlig unabhängig davon, auf welche Faktoren diese Störungen zurückgeführt werden können. Da manche Störungen auch auf gesellschaftlichen Rahmenbedingungen mit zurückgeführt werden können, muss andererseits darauf geachtet werden, dass das Fachgebiet nicht instrumentalisiert wird. Als Beispiel hierfür kann die Zunahme an Binge Drinking angeführt werden. Während solche Kinder und Jugendlichen zweifelsohne eine höhere psychische Belastung als die Kinder aufweisen, die ein solches Verhalten nicht zeigen, sollte es nicht zu einer Psychiatrisierung solcher Phänomene kommen. Durch entsprechende gesetzliche Maßnahmen (z. B. Erhöhung des Mindestalters für Alkoholkonsum, Verteuerung von Alkoholika, Verbot des Verkaufs von Alkoholika an Tankstellen, etc.) können die Raten an Binge Drinking wesentlich wirksamer reduziert werden als durch kinder- und jugendpsychiatrische Behandlungen. 9. Forschung zu Entwicklungsaspekten psychischer Eigenschaften und Erkrankungen In den letzten Jahren hat sich zunehmend herauskristallisiert, dass psychische Auffälligkeiten und Störungen im Kindes- und Jugendalter erhebliche Auswirkungen auf die somatische und psychische Gesundheit im Erwachsenenalter haben. Um derartige Zusammenhänge zu eruieren, müssen Langzeitstudien erfolgen. In anderen Ländern gibt es hierbei vielfältige Ansätze; in Deutschland fehlt eine derartige Langzeitstudie. Diese sollte nach aktuellen wissenschaftlichen Überlegungen geplant und durchgeführt werden. 45

47 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Kinder und Jugendpsychiatrie: Quo vadis? Johannes Hebebrand LVR Klinikum Essen Universität Duisburg Essen Was zeichnet einen Kinder und Jugendpsychiater und psychotherapeuten aus? Medizinstudium Fünfjährige Facharztweiterbildung Psychotherapieausbildung Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten bzw. disziplinen inner und außerhalb der Medizin Institutionsübergreifende Zusammenarbeit Biopsychosoziales Krankheitsmodell unter besonderer Berücksichtigung des Entwicklungsaspekts 46

48 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Fach im Fokus der Gesellschaft Seelische Störungen sensibles Thema Stigmatisierung, Schuldfrage Kinder: vulnerable Gruppe Gehirn noch in Entwicklung begriffen psychiatrischen Diagnosen haben in der Öffentlichkeit unterschiedliche und erhebliche Bedeutung (moralische Wertung) Medienthema Zunahme der psychopharmakologischen Behandlung parallel zur Zunahme des gesellschaftlichen und ökonomischen Drucks auf Familien/Schulen McCarthy et al., Psychiatr Clin N Am 2009; 32: Geburtenzahlen in Deutschland Rückgang der Geburtszahlen von 2000 bis 2008 ca. 10% 47

49 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Epidemiologie Mindestens 5% aller Kinder und Jugendlichen sind behandlungsbedürftig über 50% ige Persistenzrate von Störungen über einen Zeitraum von 2 5 Jahren Bei weiteren 10 13% sind aufgrund von auffälligem Verhalten diagnostische Maßnahmen und Beratungsangebote angezeigt Abnahme akuter pädiatrischer Erkrankungen, Zunahme chronischer Erkrankungen und Zunahme von Verhaltens /psychischen Störungen auf ca. 20% (KIGGS 2007) Kinder und Jugendliche: 18% bis 27% (Petermann et al., 2000) Kindergartenkinder: ca. 18% (Hahlweg, & Miller, 2001) unter Dreijährige: ca. 20% (Remschmidt,1998) Risiko für psychische Störungen: Bedeutung von Familienbeziehungen Odds ratio alleinerziehendes Elternteil 2,09 aktuelle Familienkonflikte 4,97 Konflikte in der Familie der Eltern 2,02 3,89 Unzufriedenheit in der Partnerschaft 2,75 Risiko für psychische Erkrankung steigt mit mehreren Belastungen: bei Vorliegen von 3 Risiken: 30,7% der Kinder betroffen bei Vorliegen von 4 Risiken: 47,7% der Kinder betroffen Bella Studie (Ravens Sieberer 2006) RKI Survey KIGGS (2006, 2007) 48

50 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Zunahmen der Störungsraten? Methodische Probleme: Diagnostik, Design, Auswertung, Interpretation Rutter und Smith (1995): erheblicher Anstieg psychosozialer Störungen zwischen 1945 und 1995 Collishaw et al. (2004): Fragebögen 1974, 1986 und 1999; Jugendliche Jahre alt erheblicher Anstieg von Störungen des Sozialverhaltens bei Jungen und Mädchen, alle sozialen Schichten, alle Familienkonstellationen Hinweise auf Anstiege emotionaler Störungen Keine klaren Trends für hyperaktives Verhalten Maughan et al. (2008): Vergleich zweier Studien 1999 und 2004 von 5 15 Jährigen; Probanden, Eltern und Lehrerfragebögen stabile Werte oder leichte Rückgänge Eltern und Lehrer: leichte Zunahme prosozialen Verhaltens kinder und jugendpsychiatrische Störungen werden bis 2020 um über 50% ansteigen (WHO) dann eine der fünf häufigsten Ursachen für Morbidität, Mortalität und soziale Beeinträchtigung von Kindern Häufigkeit kinder und jugendpsychiatrischer Störungen und Handlungsbedarf kontroverse Diskussionen zum Bedarf an Hilfen für psychisch auffällige Kinder und Jugendliche wissenschaftliche Datenlage uneinheitlich Differenzierung zwischen krank und verhaltensauffällig bzw. beratungs, erziehungsund behandlungsbedürftig häufig nicht einfach Trennung von familiären (bzw. elterlichen) und individuellen Auffälligkeiten nicht immer einfach 49

51 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Inanspruchnahmeverhalten nimmt zu nur 17 50% der behandlungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen erhalten Therapie (Wittchen 2000, KIGGS 2006) davon nur jeder zweite (9%) in einer adäquaten Form (Wittchen, 2000) sozialer Gradient; niedrige SÖS überrepräsentiert Stadt > Land Zunahme von Vorstellungen von Kindern und Jugendlichen ohne psychiatrische Diagnose je schwerer Symptomatik, desto wahrscheinlicher Vorstellung nur wenige Kinder und Jugendliche beanspruchen einen erheblichen Anteil aller Leistungen Burns et al., 1995; Health Affairs 14: Verunsicherung der Eltern weitaus größter Teil der Kinder entwickelt sich positiv bzw. unauffällig Verunsicherung bei Eltern (Erziehungsgutachten des wiss. Beirats Familienfragen 2005) Shell Studie: 50% der befragten Eltern wissen nicht, woran sie sich in der Erziehung halten sollen (Deutsche Shell, 2000) rasche, schwer vorhersehbare Veränderungen von ökonomischen, sozialen und beruflichen Lebensbedingungen 50

52 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Bedeutung des Kindes und Jugendalters für seelische Störungen Im Gegensatz zu chronischen somatischen Erkrankungen beginnen psychiatrische Störungen früh im Leben: 50% aller Erwachsenen mit psychiatrischen Störungen datieren den Beginn der ersten Symptome ins Kindes und Jugendalter (Durchschnitt: 14 Jahre) Kinder/Jugendliche mit psychiatrischen Störungen: wesentlich erhöhte Risiken für schlechteren/keinen Schulabschluss und chronische Beeinträchtigungen psychiatrische Störungen sind häufig häufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit bei Personen unter 45 Jahren keine andere Störungsgruppe fügt so vielen Kindern soviel Leid/Schaden zu Great Smoky Mountains Studie: Inanspruchnahmeverhalten und Kosten Erste Studie, die über diagnostische Kategorien und Settings hinweg Häufigkeit psychischer Beeinträchtigungen und Gesamtkosten für Diagnostik und Therapie ermittelte 11 counties eingeschlossen; Psychopathologie erhoben (Interview von Jugendlichen mit überschwelligem CBCL) Extrapolierte Kosten für USA für Altersbereich Jahre: 10,2 12,3 Milliarden $ 4 fach höher als bislang für das gesamte Kindes und Jugendalter aufgrund der Daten von Lebensversicherungen angenommen Costello et al. Am J Psych 2007; 164:

53 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Inanspruchnahmeverhalten und Behandlungskosten Gesamtkosten Costello et al. Am J Psych : Inanspruchnahme Ambulante Leistungen: 7% der Gesamtkosten Forensik, Gerichtshilfe, stationäre Behandlungen und Heime: 67% der Gesamtkosten Häufigkeit Great Smoky Mountains Studie: Inanspruchnahmeverhalten und Kosten Schulen boten am häufigsten Leistungen an, verursachten aber nur 13% der Kosten Jugendliche mit externalisierenden Störungen verursachten im Vergleich zu anderen diagnostischen Kategorien die höchsten Kosten Pro Kopf Kosten analog zu anderen Kategorien < 1:3 Jugendlichen mit Hilfebedarf erhält tatsächlich Hilfe kein Unterschied zwischen Privat und Unversicherten; bessere Versorgung von öffentlich Versicherten Costello et al. Am J Psych 2007; 164:

54 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Projekt Aufsuchende Schulsprechstunden Einrichtung von kinder und jugendpsychiatrischen Spezialsprechstunden an 10 Essener Schulen Erleichterung der initialen Kontaktaufnahme durch Abhaltung der Sprechstunde im alltäglichen Umfeld der Jugendlichen Erreichung von sozial schwachen Familien, die ansonsten nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um eigenständig eine Diagnostik zu veranlassen Ansprechpartner für Lehrer, um im Vorfeld manifester psychischer Störungen als Berater zur Verfügung zu stehen, um das Entstehen und die Verstärkung einer Erkrankung frühzeitig zu verhindern J Metzelars; BKK Bundesverband Psychiatriebericht 2007 Versorgung bezogen auf Minderjährige (0 17,9) Verhältnis Zunahme niedergelassener KiJuPsych / 29517* 20% Städte#: 1/11263 tagesklinischer Platz/7832* 54% Städte: 1/4700 KJP Bett/2933* 12,5% Städte: 1/2296 *Bundesländer ohne Stadtstaaten #Berlin, Bremen, Dresden, Düsseldorf, Hamburg, Köln, Leipzig, München 53

55 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Kliniken Internationale Vergleiche im Hinblick auf stationäre psychiatrische Versorgung USA* Hauptgrund für stationäre Behandlungen im Altersbereich 5 19 Jahre Seelische Störungen verantwortlich für 1/3 aller Krankenhaustage bei Minderjährigen im Jahre 1999 England** Richtlinienempfehlung der Royal College of Psychiatrists (1992): 1 Bett/10000 Minderjährige Tatsächliches Verhältnis (2003): 1 Bett/14000 Minderjährige *Garrison et al., Arch Pediatr Adolesc Med. 2004;158: **Gowers and Cotgrove, British Journal of Psychiatry 2003; 183:

56 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Stationär behandelte psychiatrische Patienten in den USA Kontinuierliche Abnahme der Bettenzahl von Landeskrankenhäuser Privatkliniken Psychiatrische Abteilungen an Kliniken Summe Landeskrankenhäuser Privatkliniken Psychiatrische Abteilungen an Kliniken Summe : zum ersten Mal seit 30 Jahren Rückgang aller drei Kliniksformen Geller und Biebel, Psychiatr Q (2006) 77: Stationär behandelte kinder und jugendpsychiatrische Patienten in den USA Ca. 7% aller Patienten unter 18 Jahre alt Mediane für Aufenthaltsdauer für < 18 Jährige 1970: : : : : 7 Deutschland 2008: durchschnittl. Aufenthaltsdauer 42 Tage mehr Aufnahmen Personalknappheit besonders ausgeprägt Geller und Biebel, Psychiatr Q (2006) 77:

57 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Stationärer Bereich: Fazit Deutschland besser gestellt als viele andere Länder weltweit großer Bedarf insbesondere Akutbetten psychiatrische Patienten sind verantwortlich für einen erheblichen Anteil der stationären Aufnahmen im Jugendalter langfristige Folgen stationärer Behandlungen? Weiterbildung setzt stationäre Einrichtungen voraus (2 Jahre stationäre Tätigkeit gefordert) 56

58 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Ambulante Unterversorgung Praxen Niedergelassene KJPPs : nur 725 Ärzte im Vertragsarztbereich bundesweit Ambulante Versorgung: Fazit Ausbau ambulanter Leistungen Inanspruchnahme verbessern sozial schwache Familien erreichen Migrantenkinder erreichen aufsuchende Sprechstunden (z.b. Schule, Jugendhilfe) Beratung, Liaisondienste Anreize für Praxisgründungen in sozialen Brennpunkten Praxiszahlbegrenzungen in Hochburgen Ausreichende Finanzierung sicherstellen Mittel und langfristige Planungssicherheit gewährleisten 57

59 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Zukünftige Versorgung Internet basierte Therapien Fokus hin zu Liaisondiensten und interdisziplinärer Zusammenarbeit? Vorteile: Erreichbarkeit größerer Fallzahlen, Delegierung der früh diagnostizierten bzw. leichter betroffennen Kinder an andere Ärzte mit kinder und jugendpsychiatrischen Grundkenntnissen z.b. Massachusetts Child Psychiatry Access Project Innovatives Programm, das Ärzten die Möglichkeit rascher kinder und jugendpsychiatrischer Beratung ermöglicht 96% aller primären ärztlichen Versorger eingeschrieben ( Evidenzbasis für spezifische Behandlungen deutliche Zunahme evidenzbasierter Behandlungen, Maßnahmen und Interventionen oft Effektstärken nur gering oder moderat oft nur gesicherte Erkenntnisse zu einem Entwicklungsabschnitt Generalisierbarkeit nicht gegeben (z.b. niedrige SÖS) Übertragbarkeit der Ergebnisse klinischer Studien in die Praxis fraglich Verfügbarkeit/Erreichbarkeit spezifischer Therapien nicht sicher gestellt 58

60 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Forschungs und Klärungsbedarf In vielen Ländern wird ein Ausbau kijupsych. Leistungen gefordert Begründung: Chronifizierung der psychiatrischen Störung, Entwicklung weiterer psychiatrischer Störungen, erhöhtes Risiko für schulisches Versagen, Familienzerrüttung, Heimunter bringungen, schlechte Aussichten auf Integration in den Arbeitsmarkt, relative Armut im Erwachsenenalter Evidenzlage verbesserungswürdig Integration ökonomischer Aspekte Kosten institutionsübergreifender Zusammenarbeit zur Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen Fort Bragg, North Carolina Stark und Mahoning County, Ohio Fachlicher und administrativer Zusammenschluss beteiligter Institutionen (z. B. Jugendhilfe, gerichtshilfe, Sozialhilfe, KiJuPsych) Kostenanalyse: Zusammenschluß bedingt höhere Kosten höhere Inanspruchnahme, mehr Leistungen stationäre Aufnahmen um über 50% reduziert Kritik: keineumfassendeökonomischeanalyse z.b.: Foster und Connor; Psychiatr Serv 56:50 55, 2005 Foster et al., J Ment Health Adm 23: ,

61 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Langzeitkosten psychischer Gesundheitsprobleme, umgerechnet auf Euro zum Preisniveau 2002 (Scott, Knapp, Henderson & Maughan, Quelle: Scott, S., Knapp, M., Henderson, J. & Maughan, J. (2001). Financial costs of social exclusion. Follow up study of anti social children into adulthood. British Medical Journal, 323, Interesse von Medizinstudenten frühzeitig wecken Hintergrund: in den USA werden 2020 ca Kinder und Jugendpsychiater fehlen; Heranführung an das Fach weckt Interesse Studie: 165 Medizinstudenten im 3. Jahr nehmen im Rahmen des Kurses für Allgemeinpsychiatrie an Fallseminar KiJu teil Einführung, drei Fallvorstellungen à60 Min am Ende Fragebogen zu Einstellungen vor und nachher freiwillig anonym ausgefüllt (164/165) Vorwissen: 30% von kiju psych. Störungen in Schule gehört; 72% im zweiten Sudienjahr; 12% bislang gar nicht Wertschätzung des Fachs nimmt zu. 37% können sich vorstellen Facharzt zu werden Kaplan und Wake, Academic Psychiatry 2008; 32:

62 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Stärkung der Kinder und Jugendpsychiatrie und psychotherapie innerhalb der Medizin Empfehlungen KiJuPsych muss Eingang in ärztliche Approbationsordnung finden Lehrstühle für Kinder und Jugendpsychiatrie an jeder medizinischen Fakultät Früh im Studium Interesse am Fach wecken Nachwuchs gewinnen Ausbau der Forschung Bedeutung psychischer Störungen für seelisches und körperliches Wohl im Studium aufzeigen Hierbei Kindes und Jugendalter besonders wichtig Auch gesundheitspolitische und ökonomische Bedeutung betonen Screening für psychische Störungen in der Adoleszenz 2003 Empfehlung, jeden Jugendlichen auf psychische Störungen zu screenen (Presidential Commission) 2004 $82 Millionen für Screeningprogramme ab 6. Klasse bewilligt Staaten haben Screeningprogramme etabliert; US Preventive Services Task Force empfiehlt Screening auf Depression sofern genügend diagnostische und therapeutische Ressourcen Horwitz und Wakefield, J Am Acad Child Adoles Psy 48:

63 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Screening für affektive Störungen in der Adoleszenz Probleme: hohe Zahl (falsch) positiv Häufig rasch vorübergehende Stimmungstiefs (z.b. Liebeskummer) Antwortverhalten nicht beständig z.b. nur 50% derjenigen, die Suizidgedanken angaben, taten dies 14 Tage später abermals Lösungsansätze Zusätzliche Informationsvermittlung Fragen präziser stellen Horwitz und Wakefield, J Am Acad Child Adoles Psy 48: Gesetzliche Rahmenbedingungen: Beispiel Alkoholkonsum Deutschland Alcopops verteuert, Verbot von nächtlichem Verkauf von Alkoholika an Tankstellen USA Signifikanter Rückgang von Binge drinking ( 5 Drinks) zwischen 1960 und 2000; parallel Rückgang alkoholbedingter Verkehrsunfälle 1984 Mindestalter für Alkoholkonsum (MLDA) auf 21 Jahre hochgesetzt 1989 Gesetz in allen Staaten umgesetzt parallel zero tolerance Gesetze, strengere Strafen für Trinken unter MLDA, Verkauf von Alkohol an Minderjährige, falsche Ausweise Rückgang insbesondere bei Adoleszenten; Raten unverändert bzw. gestiegen bei CollegestudentInnen Gegenwärtig Kontroversen bezügl. Lockerung: Gegner argumentieren auch mit nicht abgeschlossener Hirnreifung Grucza et al., J Am Acad Child Adoles Psy 2009; 48:

64 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Psychische Entwicklung: Neurobiologische Korrelate der Adoleszenz förmiger Verlauf: graue Hirnsubstanz, Synapsenzahl, Neurotransmitterrezeptordichte Erhöhte Konnektivität zwischen den Hirnregionen Veränderte Balance zwischen frontalem und limbischem System Verhalten: hohe Risikobereitschaft, novelty seeking, Interaktion primär mit Gleichaltrigen Drury und Giedd, J Am Acad Child Adoles Psy 48: Entwicklung der sozialen Informationsprozessierung Säuglings, frühes Kleinkindalter System ( node ) zur Erkennung sozial relevanter Reize Frühe Adoleszenz affektives System zur emotionalen Bewertung von Umweltreizen Späte Adoleszenz, frühes Erwachsenenalter kognitiv regulatorisches System zur Verhaltenssteuerung Nelson et al., Psychol Med 2005; 35:

65 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Erste GWAS für Adipositas: 500 K Affymetrix 6 SNPs with lowest p values: FTO lowest p value: 1 X 10 7 Bonferoni correction: p value < 0.05 FTO log10 (p value) 487 extremely obese children/adolescents 442 lean adults (BMI < 15th centile) Chromosome Hinney et al., PLoS ONE 2007; 2 e1361. Wesentliche Zukunftsaufgaben Psychiatrische Störungen sind Gehirnstörungen Erkenntnisgewinn aus den Neurowissenschaften Integration der Psychiatrie in die Medizin z.b. Depression stellt Risikofaktor für Übergewicht, Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen dar Stigmatisierung entgegen wirken Ausbau der ambulanten Versorgung Verbesserung der Behandlung durch evidenzbasierte Behandlungspfade und Psychotherapie, Verfahren zu Risikoprädiktion, Diagnosenvalidierung, und Identifikation neuer pharmakologischer Targets 64

66 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Kritik aus amerikanischer Sicht Primär psychopharmakologische Therapie Psychotherapeutische und soziale Behandlungwird anderen Berufsgruppen überlassen Fragmentierung der Behandlung häufig nicht optimal, Gefährdung der Profession Gefahr, dass prädisponierende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren nicht mehr identifiziert bzw. Symptome bei der Erstellung eines Therapieplans nicht richtig eingeschätzt werden Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, dass Medikamente vorschnell oder inadäquat verschrieben werden bzw. andere Interventionen nicht zum Zuge kommen McCarthy et al., Psychiatr Clin N Am 32 (2009) Entwicklungsaspekte Kindes( und Jugend)alter gekennzeichnet durch schnelles Wachstum, rasche Entwicklung Interdisziplinäre Forschung aufgrund der Komplexität geboten Forschung zum Verständnis der reziproken Einflüsse zwischen Kindern und ihren Umweltbedingungen in Abhängigkeit von der Entwicklung erforderlich Kenntnisse von Entwicklungsprozessen wichtig für Behandlung und Prävention 65

67 Prof. Dr. Johannes Hebebrand Anteil psychischer Störungen an Gesundheitsausgaben Krankheitskosten in Mio. für Deutschland Gesamtkosten F00 F99 Psychische und Verhaltensstörungen F00 F09 Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen F10 F19 Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen F20 F29 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen F30 F39 Affektive Störungen F40 F48 Neurotische, Belastungs und somatoforme Störungen F50 F59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren 501 F60 F69 Persönlichkeits und Verhaltensstörungen 627 Forschung Genetisch orientierte Forschung Übergewicht Aufmerksamkeitsdefizit /Hyperaktivitätsforschung Gen Umwelt Interaktionen Bildgebung Elektrophysiologie Epidemiologie Störungsspezifische Forschung Versorgungsforschung 66

68 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Medikamentöse und psychotherapeutische Behandlungskonzepte Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Nach Kazdin (2003) konnte durch die Zunahme an kontrollierten Therapiestudien, einer besseren methodischen Qualität und einer stärkeren evidenzbasierten Absicherung wichtige Fortschritte in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen erzielt werden. Einschränkend fügt er jedoch hinzu, dass trotz dieser Verbesserungen wichtige Aspekte bislang vernachlässigt wurden. So wüsste man zu wenig, wie im psychotherapeutischen Prozess Veränderungen entstehen und sich stabilisieren, welche Moderatoren das Behandlungsergebnis beeinflussen und wie sich die Resultate aus wissenschaftlichen Studien in die klinische Praxis übertragen lassen. Kazdin (2002) bedauert vor allem das bisherige geringe Interesse an den therapeutischen Wirkfaktoren. Er fragt, welche Prozesse oder Merkmale des Kindes, der Eltern bzw. der Familie müssen mobilisiert werden, um den Behandlungseffekt zu optimieren? Wenn die basalen Mechanismen für eine erfolgreiche Therapie besser evaluiert wären, ließen sich effektivere Strategien entwickeln, die zu einer differenziellen Indikationsstellung beitragen könnten. Diese Aspekte sind vor allem deshalb bedeutend, weil sich gezeigt hat, dass Psychotherapie häufig nur ein wichtiger Baustein in einem Gesamtbehandlungsplan darstellt und häufig das Prinzip der Multimodalität für die Therapieindikation und Durchführung angewandt wird. Das heißt, neben im engeren Sinne psychotherapeutischen Interventionen spielen in einem Gesamtbehandlungsplan medikamentöse, soziotherapeutische und edukative Ansätze ebenfalls eine wichtige Rolle (Resch et al. 2006). Auch wenn für den Bereich der Kinderund Jugendpsychiatrie evidenzbasierte Leitlinien zu Diagnostik und Therapie inzwischen in der 3. Auflage vorliegen (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2007) erscheint es immer noch schwierig, Klassifikation, Diagnose und Psychopathologie mit dem Alltag psychotherapeutischen Handelns und das Erstellen von zielorientierten Therapieprogrammen zu integrieren. Die Diagnostik bildet aber die zentrale Grundlage dafür, eine wirksame evidenzbasierte und insbesondere multimodale Therapie durchführen zu können. Die in den Leitlinien empfohlene Hierarchie der Behandlungsentscheidung und beratung unterscheidet zwischen einem grundsätzlichen Vorgehen, Hinweisen zur Wahl des Behandlungssettings, spezifischen therapeutischen Interventionen sowie Besonderheiten bei Komorbidität. Darüber hinaus werden spezielle Aspekte bei ambulan- 67

69 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl tem, teilstationärem und stationärem Vorgehen aufgeführt (Lehmkuhl 2008). Während früher eine Kombination aus psychotherapeutischen und medikamentösen Methoden eher kritisch gesehen bis abgelehnt wurde, stellt sie nach den Leitlinien bei vielen Störungsbildern eine notwendige Strategie dar. Besonderheiten der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie In der Therapie mit Kindern und Jugendlichen müssen eine Reihe von Besonderheiten beachtet werden: Entwicklungsprozesse stehen bei Kindern und Jugendlichen deutlicher im Vordergrund als bei Erwachsenen, sie sind stärker von ihrem Umfeld abhängig und schließlich gestalten sich auch die therapeutischen Beziehungen und die notwendigen Therapiemethoden anders und umfangreicher als bei Erwachsenen (Remschmidt et al. 2008). Hierbei sind insbesondere vier Aspekte speziell zu beachten: Die Entwicklungsdimension Die Entwicklungsdimension verdeutlicht, dass psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen eng mit normalen Entwicklungsprozessen zusammenhängen. Die Entwicklungsdimension zeigt sich zum Beispiel darin, dass psychische Störungen häufig im Zusammenhang mit normativen Entwicklungsübergängen, z.b. Schuleintritt, Pubertät, Ablösung von den Eltern ausgelöst werden. Psychische Störungen sind außerdem oft mit umschriebenen Entwicklungsstörungen verknüpft, z.b. im motorischen oder sprachlichen Bereich, so dass sich die therapeutischen Aufgaben häufig umfangreicher stellen als bei Erwachsenen. Darüber hinaus ist die zeitliche Perspektive zu beachten, da sich Kinder in einem Prozess befinden, der durch fortlaufend neue aktuelle Entwicklungsaufgaben bestimmt wird. Aus diesen Gründen stellt die Entwicklungspsychopathologie das konzeptuelle Grundgerüst für die Beurteilung und Behandlung psychisch auffälliger Kinder und Jugendlicher dar. Ohne diese basalen Kenntnisse und den Einfluss der altersbedingten Entwicklung auf die Symptomgestaltung ist ein sinnvolles und effektives therapeutisches Vorgehen nicht möglich. Aus diesen Gründen wurden sowohl von kinderpsychiatrischer als auch von psychologischer Seite Leitlinien zur altersspezifischen Diagnostik und Therapie entwickelt (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2007). Die ökosystemische Dimension Erleben und Verhalten sind bei Kindern und Jugendlichen noch sehr viel enger auf die aktuelle Umwelt bezogen als dies bei Erwachsenen der Fall ist (Remschmidt et al. 2008). Problematische kindliche Verhaltensweisen stellen häufig unmittelbar Reak- 68

70 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl tionen auf das Umfeld dar und können in einem weiten Sinn als Anpassungsversuche bzw. Störungen an die jeweilige Umwelt aufgefasst werden. In der Therapie ist insbesondere die Abhängigkeit des Kindes von seinen primären Bezugspersonen zu berücksichtigen, so dass Risiko- und Schutzfaktoren im sozialen Umfeld eine besonders hohe Bedeutung zukommt. Besonderheiten in der Therapiebeziehung Therapieauftrag, Verantwortung und Rollenverteilung Je jünger ein Kind ist, desto weniger kann es die therapeutischen Hilfsmöglichkeiten übersehen und umso weniger kann es Therapieentscheidungen treffen. Oft bestehen kein Leidensdruck und keine ausreichende Therapiemotivation, so dass ein Behandlungsvertrag häufig primär mit den Eltern geschlossen werden muss. Andererseits ist es immer notwendig, die Kinder und Jugendlichen entsprechend ihrem Entwicklungsstand in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen. Dieses Vorgehen macht die Kenntnisse der Interaktion der familiären Beziehungsstrukturen sowie des kognitiven und emotionalen Entwicklungsstandes des Kindes notwendig. Besonderheiten in den Therapiemethoden In der therapeutischen Arbeit mit Erwachsenen ist die Erarbeitung eines Störungskonzeptes ein wichtiger Schritt am Beginn der Therapie. Je besser dies gelingt, umso höher sind die Erfolgschancen einzuschätzen. Bei Kindern und Jugendlichen ist dieses Vorgehen zu modifizieren, da sich die Möglichkeit zu einem differenzierten Krankheits- und Störungsverständnis erst im Laufe der Entwicklung herausbilden. Auch eine Beschränkung der Therapiemethoden auf das Gespräch und die Reflexionsfähigkeit ist im Kindes- und Jugendalter nicht möglich. Hier geht es stärker um aktionale und spielerische Interventionen, Einbeziehung der Familie sowie anderer Dritter wie Erzieherinnen und Erzieher im Kindergarten oder Lehrerinnen und Lehrer. Kinderund Jugendlichentherapeutinnen und -therapeuten sehen sich einem komplexen sozialen Umfeld gegenüber, das es für den therapeutischen Prozess mit zu beachten gilt, wobei es darauf ankommt, normale Entwicklung zu fördern bzw. normale Entwicklungsverläufe wieder in Gang zu bringen. Grundlegende Bausteine einer allgemeinen Psychotherapie Ausgehend von ihren Metaanalysen formulierten Grawe und Mitarbeiter (1992, 69

71 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl 1994 und 1995) allgemeine Wirkfaktoren, die für alle Formen von Psychotherapie hochrelevant seien. Diese bestehen u.a. aus einer Problembewältigungsperspektive, einer Klärungsperspektive sowie einer Beziehungsperspektive. Andererseits kann hieraus jedoch nicht die Schlussfolgerung abgeleitet werden, dass vor allem die allgemeinen Wirkmechanismen entscheidend sind und spezifische Interventionsansätze gar nicht mehr beachtet werden müssten. Weisz und Jensen (2001) kommen aufgrund von Metaanalysen zu der Schlussfolgerung, dass Behandlungsansätze, die für spezifische Symptome entwickelt wurden, sich dort als wesentlich wirksamer erwiesen als für die Veränderung von allgemeinen Problemen, die nicht im Fokus standen. Insofern gehen Weisz et al. (1995) davon aus, dass psychotherapeutische Behandlungen im Kindes- und Jugendalter nicht nur globale und unspezifische Verbesserungen erreichen, sondern präzise umschriebene Effekte auftreten, wenn spezifische Ziele mit dem Behandlungsprozess verbunden sind. Entsprechend formulieren Döpfner und Walter (2002) die Wirkprinzipien einer multimodalen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie wie folgt: Problemaktualisierung o Die Therapie muss in dem Lebensbereich ansetzen, in dem die Probleme auftreten. o Was verändert werden soll, muss in der Therapie oder zwischen den Therapiesitzungen real erlebt werden (Therapie als Anstiftungstherapie ). o Therapie sollte so gestaltet werden, dass Probleme dort auch auftreten. Aktive Hilfe zur Problembewältigung o Psychoedukation aller Beteiligten unter Berücksichtigung der individuellen Störungskonzepte und Therapieerwartungen o Maximale mögliche Einbeziehung des Patienten in die aktive Problembewältigung o Vermittlung von Bewältigungserfahrungen bislang nicht bewältigter Probleme bei Patienten und Bezugspersonen Ressourcenaktivierung o an den positiven Möglichkeiten, Fähigkeiten, Eigenschaften, Motivationen und Bedürfnissen des Patienten und der Bezugspersonen anknüpfen, o an den Erwartungen (Störungskonzepten und Therapieerwartungen) des Patienten und der Bezugspersonen anknüpfen, 70

72 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl o Patient und Bezugspersonen sollen sich als wertvolle und fähige Beziehungspartner erleben, o Motivationsförderung, o Komplementäre Beziehungsgestaltung Multimodale Therapie am Beispiel von Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörungen In den Leitlinien zur Therapie (Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie 2007) wird die Bedeutung eines multimodalen Behandlungsansatzes betont. Multimodale Behandlung bedeutet, dass verschiedene Interventionsstrategien zu einem gemeinsamen Behandlungskonzept integriert werden. Diese umfassen bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung: Aufklärung und Beratung der Eltern und des Kindes, Jugendlichen, wenn möglich auch des Umfeldes, d.h. Kindergarten und Schule Elterntraining und Intervention in der Familie Intervention im Kindergarten/in der Schule kognitive Therapie des Kindes zur Verminderung von impulsiven und unorganisierten Aufgabenlösungen (Selbstinstruktionstraining) oder zur Anleitung des Kindes/Jugendlichen zur Modifikation des Problemverhaltens (Selbstmanagement) Pharmakotherapie, insbesondere mit Psychostimulanzien. Komorbide Störungen sollten darüber hinaus durch Einzel- und/oder Gruppenpsychotherapie sowie Übungsbehandlungen zur Verminderung von umschriebenen Teilleistungsstörungen verändert werden. Die Wirksamkeit von Diäten hat sich in den meisten Studien nicht nachweisen lassen, auch für Entspannungsverfahren bzw. Psychomotorik und Ergotherapie ließ sich ein spezifischer Effekt auf die Kernsymptomatik des hyperkinetischen Störungsbildes nicht nachweisen. Die medikamentöse Behandlung von hyperkinetischen Störungen hat in den letzten Jahren auch in der Bundesrepublik deutlich zugenommen (Schubert et al. 2001, von Ferber et al. 2003). Eine medikamentöse Therapie ist immer dann indiziert, wenn die hyperkinetischen Auffälligkeiten sehr stark ausgeprägt sind, hierdurch die weitere Entwicklung des Kindes gefährdet ist und wenn sie sich durch andere Maßnahmen und Therapieformen nicht ausreichend vermindern lassen. Dabei erfordern die Diagnosestellung einer hyperkinetischen Störung, die Indikationsstellung für eine Psychostimulanzienbehandlung sowie die individuelle Titration der Medikation und die Verlaufskontrolle einen hohen zeitlichen Aufwand und entsprechende Erfahrungen. Es liegen ausreichend randomisierte Studien vor, die belegen, dass sowohl Methylphenidat als auch Atomoxetin die 71

73 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Kernsymptomatik des hyperkinetischen Syndroms signifikant verbessern. Betrachtet man die aktuelle Literatur zur Wirksamkeit von Interventionen bei Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, dann lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: Die Kurzwirksamkeit von Psychostimulanzien im Alter von sechs bis zwölf Jahren ist gut belegt. Wegen der hohen interindividuellen Response-Variabilität auf unterschiedliche Dosierungen ist eine individuelle Titrierung der Therapie notwendig. Die Kurzwirksamkeit von Psychostimulanzien im Jugendalter ist belegt. Solange Stimulanzien eingenommen werden, werden die Effekte zumindest über einen Zeitraum von 12 bis 36 Monaten aufrechterhalten. zu einem insgesamt verbesserten Ergebnis führt, hat sich als durchgängiger Effekt nicht bestätigen lassen. Auch wenn einige Autoren über eine geringfügig erhöhte Wirksamkeit multimodaler Interventionen gegenüber einer ausschließlich Stimulanzientherapie hinweisen, ist eher von einer komplexen Interaktion zwischen Verhaltens- und Stimulanzientherapie auszugehen, bei der Symptomkonstellation, familiäre Belastung, Alter und Geschlecht relevante Einflussgrößen darstellen (Swanson 2001). In der groß angelegten amerikanischem MTA-Studie zeigte sich, dass die kombinierte Therapie nicht besser ist als Medikation mit Beratung. Werden jedoch die Effekte bei Kindern mit Ängsten gegenüber anderen komorbiden Störungen isoliert betrachtet, dann schneidet die kombinierte Therapie besser ab (MTA 1999). Die verhaltenstherapeutischen Maßnahmen lassen sich nach eltern- und familienzentrierten Verfahren sowie kindergarten- bzw. schulzentrierten Interventionen und patientenzentrierten Ansätzen differenzieren (Abb. 1). Die Erwartung, dass eine Kombination verschiedener therapeutischer Ansätze 72

74 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Problemdefinition, Entwicklung eines Störungskonzeptes und Behandlungsplanes Definition der Verhaltensprobleme des Kindes in der Familie Erarbeitung der Elemente eines gemeinsamen Störungskonzeptes Entwicklung eines gemeinsamen Störungskonzeptes Behandlungsziele und Behandlungsplanung Förderung positiver Eltern-Kind-Interaktion und Eltern- Kind-Beziehungen Fokussierung der Aufmerksamkeit auf positive Erlebnisse mit dem Kind Aufbau positiver Spieleinteraktionen Abbildung 1 Die Wirksamkeit von Elterntrainings und die Langzeitstabilität der Effekte wurde in mehreren Studien eindrucksvoll nachgewiesen. In verschiedenen multimodalen Behandlungsprogrammen konnte gezeigt werden, dass sich positive Effekte in der Familie leichter erzielen lassen als Verhaltensänderungen in der Schule. Hierbei ist die Stimulanzienbehandlung bei der Verminderung von Aufmerksamkeitsdefiziten der Verhaltenstherapie überlegen. Die 3-Jahresverlaufsdaten der MTA-Studie belegen eindrucksvoll, dass der Anteil der verhaltenstherapeutisch behandelten Kinder von 14% auf 45% zunahm, während sich die kombinierte Behandlung aus Medikation und Verhaltenstherapie verringerte (Jensen et al. 2007). Bei den patientenzentrierten Interventionen bietet sich für das Vorschulalter ein spezielles Spieltraining zur Steigerung von Spiel- und Beschäftigungsintensität an, während sich für das Schulalter Selbstinstruktionstechniken als hilfreich erwiesen haben. Mit Hilfe von Selbstmanagement-Methoden, die häufig auch mit anderen Techniken kombiniert werden (Selbstinstruktion, Fremdverstärkung, Token-System), lässt sich eine erfolgreiche Situationsbewältigung in verschiedenen Kontexten sowohl im Urteil der Eltern als auch der Lehrer erreichen und ist insbesondere im Jugendalter zu empfehlen. Die Diagnose einer hyperkinetischen Störung bedeutet jedoch nicht, dass automatisch eine Medikation erfolgen muss. 73

75 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl In einer Zufallsstichprobe von Versicherten konnten Schubert et al. (2001) sowie von Ferber et al. (2003) trotz eines deutlichen Anstieges der Behandlungsprävalenzen mit Methylphenidat zwischen 1990 und 2005 zeigen, dass ca. ein Drittel der Jungen und ein Viertel der Mädchen mit der Diagnose ADHS auf Psychostimulanzien eingestellt wurden. Bemerkenswert ist, dass sich seit dem Jahr 2000 die Zahl der Empfänger vervielfacht und die Zahl der Tagesdosen pro Empfänger verdoppelt hat. Andererseits konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass der Anteil der nicht-medikamentösen Therapien sich in dem genannten Zeitraum nur unwesentlich veränderte. Auffallend ist, dass hier deutlich weniger Leistungen durchgeführt werden, wie sie nach den Leitlinien, die eine multimodale Behandlung empfehlen, zu erwarten wären. Nur ein kleiner Teil der betroffenen Kinder und Jugendlichen profitiert von psychotherapeutischen Interventionen, die wichtige Teile einer multimodalen Therapie darstellen. Dies ist der Hintergrund, warum die Zulassung für Arzneimittel mit dem Wirkstoff Methylphenidat durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eingeschränkt wurde. Die geänderten Zulassungsbedingungen schreiben vor, dass Methylphenidat nur im Rahmen einer therapeutischen Gesamtstrategie in der Behandlung von ADHS indiziert ist. Es darf erst dann verordnet werden, wenn sich andere therapeutische Maßnahmen allein als unzureichend erwiesen haben. Die Entscheidung für eine Behandlung mit Methylphenidat muss auf einer sehr sorgfältigen Einschätzung der Schwere und Dauer der Symptome des Kindes beruhen. Bei längerer Anwendung ist regelmäßig der langfristige Nutzen der Medikation zu überprüfen, indem das Medikament mindestens einmal im Jahr abgesetzt wird. Darüber hinaus ist eine gesicherte und kriterienorientierte Diagnostik von ADHS vor Beginn der Medikation notwendig und Behandlungsversuche mit anderen Therapieverfahren müssen sich als nicht ausreichend erwiesen haben. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass störungsspezifische, leitlinienorientierte, multimodale Therapieansätze ein breites Spektrum von Interventionsmöglichkeiten einschließen. Es ist im Einzelfall zu überprüfen, welches Vorgehen am ehesten indiziert ist, wobei die Behandlungseffekte im weiteren Verlauf regelmäßig überprüft werden müssen (Tab. 1). 74

76 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Interventionen in der Schule Unmittelbare Effekte sind gut belegt Hohe interindividuelle Variabilität Eltern-Training/ Eltern-Kind-Therapie Unmittelbare Effekte sind gut belegt Hohe interindividuelle Variabilität Kurz- und Langzeiteffekte bei Kindern mit oppositionellen Störungen sind sehr gut belegt Kognitive Therapie des Kindes Pharmakotherapie (Psychostimulanzien) Isolierte Selbstinstruktion weniger erfolgreich (Generalisierung) Selbstmanagement möglicherweise hilfreich Unmittelbare Effekte sind gut belegt Langzeiteffekte, Datenlage weniger gut, jedoch effektiv Tabelle 1 für internale Störungen. Die vorliegenden störungsspezifischen Leitlinien geben darüber hinaus Anhaltspunkte für eine Hierarchie der einzelnen Behandlungsschritte, um eine individuell abgestimmte differenzielle Therapieindikation vornehmen zu können. Nur so ist es möglich, den geforderten notwendigen Qualitätsstandards in Diagnostik und Therapie zu entsprechen und dabei den aktuellen evidenzbasierten Kriterien und Wissensstand zu genügen. Dieses am Beispiel der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung dargestellte Vorgehen gilt in gleicher Weise 75

77 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Literatur: Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Berufsverband der Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie in Deutschland, Bundesarbeitsgemeinschaft der leitenden Klinikärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (2000, 2003, 2007). Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von psychischen Störungen im Säuglings-, Kindesund Jugendalter, S Köln: Deutscher Ärzte Verlag. Internet: awmf Döpfner, M. Walter, D. (2002): Verhaltenstherapeutische Zugänge in der Adoleszenz. Psychotherapie im Dialog 3, Grawe, K. (1992): Psychotherapieforschung zu Beginn der neunziger Jahre. Psychologische Rundschau 43, Grawe, K., Donati, R., Bernauer, F. (1994): Psychotherapie im Wandel. Von der Konfession zur Profession. Hogrefe, Göttingen. Grawe, K. (1995): Grundriss einer Allgemeinen Psychotherapie. Psychotherapeut 40, Jensen, P.S., Arnold, E., Swanson, J.M., Vitiello, B., Abikoff, H.B., Greenhill, L.L., Hechtman, L., Hinshaw, S.P., Pelham, W.E., Wells, K.C., Conners, K., Elliott, G.R., Epstein, J.N., Hoz, B., March, J.S., Molina, B.S.G., Newcorn, J.H., Severe, J.B., Wigal, T., Gibbons, R.D., Hur, K. (2007): 3-Year Follow-up of the NIMH MTA Study. Journal of the American Child and Adolescent Psychiatry 46 (8), Kazdin, A. (2002): The State of Child and Adolescent Psychotherapy Research. Child Adolesc Mental Health Vol. 7, No. 2, pp Kazdin, A. (2003): Psychotherapy for Children and Adolescents. Annu.Rev.Psychol. 54, Lehmkuhl, G.: Differenzielle Therapieindikation. In: Esser, G. (Hg.): Lehrbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters. Thieme, Stuttgart 2008, S MTA Cooperative Group (1999a) A 14-month randomized clinical trial of treatment strategies for attention-deficit / hyperactivity disorder. Archives of General Psychiatry 56, MTA Cooperative Group (1999b) Moderators and Mediators of treatment response for children with attention-deficit / hyperactivity disorder. Archives of General Psychiatry 56, Remschmidt, H., Mattejat, F., Warnke, A. (2008): Therapie psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: Thieme Resch, F., Lehmkuhl, G., Schulte-Markwort, M.: Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen. In: Janssen, P.L., Horaschky, P., Tress, W. (Hrsg.): Leitfaden psychosomatischer Medizin und Psychotherapie. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln 2006, S Schubert, I., Lehmkuhl, G., Spengler, A., Döpfner, M., von Ferber, L. (2001) Methylphenidat bei hyperkinetischen Störungen. Deutsches Ärzteblatt 98, Swanson, J.M., Kraemer, H.C., Hinshaw, S.P., Arnold, L.E., Conners, C.K., Abikoff, H.B., Clevenger, W., Davies, M., Elliott, G.R., Greenhill, L.L., Hechtman, L., Hoza, B., Jensen, P.S., March, J.S., Newcorn, J.H., Owens, E.B., Pelham, W.E., Schiller, E., Severe, J.B., Simpson, S., Vitiello, B., Wells, K., Wigal, T., Wu, M. (2001) Clinical relevance of the primary findings of the MTA: success rates based on severity of ADHD and ODD symptoms at the end of treatment. J Amer Acad Child Adolesc Psychiat 40, Von Ferber, L., Lehmkuhl, G., Köster, I., Döpfner, M., Schubert, I., Frölich, J., Ihle, P. (2003): Methylphenidatgebrauch in Deutschland. Deutsches Ärzteblatt 100, 1-2, B39-B44. 76

78 Prof. Dr. Gerd Lehmkuhl Weisz et, J.R., Weiss, B., Han, S.S., Granger, D.A., Morton, T. (1995): Effects of psychotherapy with children and adolescent revisited: A meta-analysis of treatment outcome studies. Psychol Bull. 117: Weisz, J.R., Jensen, A.L. (2001): Child and adolescent psychotherapy in research and practice contexts: Review of the evidence and suggestions for improving the field. European Child and Adolescent Psychiatry 10: 1/12-I/18. 77

79 Dr. Birgit Lambertz in der Jugendhilfe Stationäre Hilfen - Dr. Birgit Lambertz Guten Tag, meine sehr verehrten Damen und Herren, zunächst einmal möchte ich mich vorstellen. Mein Name ist Dr. Birgit Lambertz, ich bin Psychologin und psychologische Psychotherapeutin und von daher vermutlich noch keine ganz typische Vertreterin der Jugendhilfe. Seit diesem Jahr leite ich die Jugendhilfe-Einrichtungen des Landschaftsverbandes Rheinland, in denen über 400 Jugendliche an 5 Standorten im ganzen Rheinland betreut werden. Bereits 1958 unterbreitete Hermann Stutte Vorschläge für eine bessere Kooperation von Psychiatrie und Jugendhilfe und 1998 konstatierte Christian Schrapper, dass der Ruf nach verbesserter Kooperation regelmäßig zu vernehmen sei. Allen hier dürfte auch das Rheinische Kooperationsmodell mit den Regionalkonferenzen und der Vermittlungsstelle ein Begriff sein. Die Erfahrung zeigt, dass die Vermittlungsstelle sich weniger mit der Bewältigung von Konflikten zwischen Psychiatrie und Jugendhilfe beschäftigte, sondern häufig einen dritten Weg für Betroffene suchen musste, denen trotz intensiver Hilfen aus beiden Systemen nicht ausreichend geholfen werden konnte. Psychisch kranke junge Menschen waren vermutlich in der Jugendhilfe schon immer häufiger als in der Durchschnittsbevölkerung anzutreffen. Beispielhaft sei hier nur die Ulmer Heimkinderstudie erwähnt, nach der 60% der Kinder und Jugendlichen in Heimerziehung psychiatrisch auffällig sind. In der Normalbevölkerung haben nur 2% der Kinder gleiche Auffälligkeiten im CBCL (Child Behaviour Checklist), einem Verfahren zur Erfassung klinisch relevanter Symptome. Nach anderen Quellen (Fegert und Schrapper 2004) ist in den letzten 15 Jahren der Anteil psychisch kranker Kinder und Jugendlicher in den Heimen von 15% auf 30% gestiegen. Der Ausbau ambulanter Leistungen führt zu einem höheren Anteil belasteter Jugendlicher in den Heimen, da weniger problematische Jugendliche mit ambulanten Leistungen gut erreicht werden können und gar nicht erst stationär aufgenommen werden. Heimkinder sind eine Hochrisikogruppe. Nach KIGGS beurteilen 12,6% der Eltern mit niedrigem sozioökonomischen Status ihre Kinder als verhaltensauffällig, aber nur 6,4% der Eltern mit hohem Status. Viele Faktoren, die das Risiko von psychischen Erkrankungen erhöhen, liegen gehäuft bei Familien mit Heimunterbrin- 78

80 Dr. Birgit Lambertz gungen vor. Dies sind u. a. genetische und pränatale Risikofaktoren, psychische Störungen der Eltern (inkl. Suchterkrankungen), Missbrauchs- und Misshandlungserfahrungen, Gewalt in der Familie, Vernachlässigung, Armut, Broken Home /wechselnde Bezugspersonen und Migration. Die beiden häufigsten psychischen Störungen, die in der Ulmer Heimkinderstudie auftraten, sind die Hyperkinetische Störung und die Störungen des Sozialverhaltens. Bei diesen beiden häufigen Erkrankungen sind sich Psychiatrie und Jugendhilfe in der Regel einig, dass sie beide zuständig sind und zusammenarbeiten müssen. Allerdings kommt es gerade bei diesen beiden Störungen auch immer wieder zu den typischen Problemen im Umgang der beiden Systeme: Jugendliche, die sich aufgrund einer Impulskontrollstörung nicht im Griff haben, immer wieder in aggressive Konflikte involviert sind und durch keine Maßnahme erreicht werden können, sind typische Wanderer zwischen den Welten. Die Klinik will sie nicht länger behandeln, da sie diagnostiziert und therapiert sind und der Rest ein Problem der Pädagogik sei. Die Jugendhilfemitarbeiterinnen und -mitarbeiter sind hilflos, da der junge Mensch nicht auf Interventionen reagiert und in der Gruppe nicht tragbar ist. So werden die gegenseitigen Hoffnungen in die Möglichkeiten des anderen ständig enttäuscht und die schwierigen Kinder und Jugendlichen geraten in eine Sackgasse. Dabei liegt die Kooperationsbedürftigkeit auf beiden Seiten. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist auf Anschlussmaßnahmen der Jugendhilfe angewiesen. Eine Störung des Sozialverhaltens kann nicht in 6 Wochen Klinkaufenthalt geheilt werden. Umgekehrt können die Heime vielen Kindern und Jugendlichen nicht ohne kinder- und jugendpsychiatrische Unterstützung wirklich gerecht werden. Ein typisches Beispiel ist Robin, der in einer Intensivgruppe des Halfeshof betreut wurde. Seinen alkoholabhängigen Vater hat er kaum kennengelernt, wohl aber zwei Lebensgefährten seiner Mutter. Diese ist meist alleinerziehend und versorgt mit Transferleistungen noch 3 ältere Geschwister. Als Säugling und Kleinkind musste Robin wegen Unfällen und Ernährungsstörungen mehrfach stationär im Krankenhaus behandelt werden. Er wurde schnell in einen integrativen Kindergarten vermittelt, aber auch dort fiel er durch grenzüberschreitendes, aggressives Verhalten auf. Seine feinmotorischen und sprachlichen Fähigkeiten waren nicht altersentsprechend entwickelt. Ausdauer und Frustrationstoleranz waren und sind sehr gering, er ist ständig in Bewegung. Nach 4 Wochen fand kein regelmäßiger Schulbesuch mehr statt, das Verfahren nach AO-SF (Ausbildungsordnung gemäß 52 SchulG) zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs und Förderorts wurde eingeleitet. Die Mutter fühlte sich mit der Gesamtsituation in der Familie überfordert und stellte einen Antrag auf Erzie- 79

81 Dr. Birgit Lambertz hung, als Robin um Uhr von der Polizei auf der Straße aufgegriffen wurde. Ein Kinder- und Jugendpsychiater stellte die Diagnosen: Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens, umschriebene Entwicklungsstörung der motorischen Funktionen, Sprachentwicklungsstörung. Gleichzeitig benannte er fünf problematische Aspekte in den psychosozialen Lebensumständen. Robin wurde stationär aufgenommen und lebte gut 2,5 Jahren in einer Intensivgruppe des Halfeshof. Auffälliges und erwartungswidriges Verhalten waren schon immer ein Grund, Kinder außerhalb des Elternhauses zu betreuen und zu erziehen. So haben sich auch im Bereich der Jugendhilfe durchaus eigene Kompetenzen im Umgang mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen entwickelt. Der Gedanke an die heilende Wirkung verbindlicher Beziehungsangebote, die frühere Erfahrungen korrigieren können, ist in der Jugendhilfe tief verankert und trägt immer wieder Früchte. Die Gestaltung des Alltags als therapeutisches Milieu kommt auch den gesunden Bewohnern zugute. Klare Strukturen und verlässliche Rahmenbedingungen ermöglichen das Erleben von Selbstwirksamkeit und geben Sicherheit. Die Gruppe ist das soziale Lernfeld schlechthin und in der Freizeitpädagogik können Ressourcen und Kompetenzen besonders gewürdigt und gefördert werden. Beteiligung bei der Zielentwicklung verbessert die Compliance. Systemische Interventionen wurden schon vor ihrem Eingang in das medizinische Behandlungsrepertoire von der Jugendhilfe aufgenommen und zur Stabilisierung des häuslichen Umfelds genutzt. Die Integration von Schule, gerade als Heimschule, hat eine lange Tradition und der Einbezug unterschiedlicher Systeme zur Herstellung eines einheitlichen Fördergeschehens ist heute eine Selbstverständlichkeit. Trotz dieser unbestrittenen Stärken kommen Pädagoginnen und Pädagogen im Alltag mit psychisch kranken Kindern und Jugendlichen an ihre Grenzen. Diese Kinder reagieren anders als erwartet. Sie sind in ihren Eigenheiten intensiver oder weniger einfühlbar als die typischen Jugendhilfekinder. Hier ist es wichtig, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie mit ihrem professionellen Angebot die Jugendhilfe ergänzt und unterstützt. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie bietet differentialdiagnostische Entscheidungshilfen zwischen unterschiedlichen Herangehensweisen an eine Problemstellung. Das gleiche Verhalten eines Kindes, z. B. ständige Unruhe, kann Ausdruck unterschiedlicher Problemstellungen sein, die unterschiedlicher Interventionen bedürfen. Ein verlässliches Beziehungsangebot muss für ein ängstlich-depressives Kind anders gestaltet werden als für einen Jugendlichen mit Autismus. Dabei ist es auch sinnvoll, zum Schutz des pädagogischen Personals vor Selbstausbeutung und Burn-out über prognostisches Wissen zu verfügen. Welche Verläufe sind 80

82 Dr. Birgit Lambertz bei einer bestimmten Störung zu erwarten und welche Ziele sind realistisch? Die Psychiatrie bietet ein breites Methodenrepertoire nach bewährten Richtlinien zur Behandlung spezifischer Störungen an, das die Kompetenz für die Alltagsgestaltung in der Jugendhilfe wirksam ergänzen kann und muss. Medikamentöse Unterstützung kann Alltagspädagogik in manchen Fällen erst ermöglichen. Für die jungen Menschen ist oftmals die Sicherung ihrer Ansprüche auf Hilfe durch Gewährung des 35a SGB VIII, bei der in der Regel ein/e Kinder- und Jugendpsychiater/-in mitwirken sollte, bedeutsam. Robin aus dem obigen Beispiel wurde in einer Intensivgruppe gefördert. In diesen Gruppen liegt ein höherer Personalschlüssel als in regulären Jugendhilfegruppen vor und das Konzept der Gruppe ist speziell auf Kinder und Jugendliche mit einer seelischen Behinderung ausgerichtet. Bei einer Betreuungsrelation von 1:1 werden 7 Kinder von 7 Pädagogen und Pädagoginnen im Schichtdienst betreut. Alle Bewohnerinnen und Bewohner der Gruppe besuchen eine Schulklasse, die in den Räumen der Gruppe liegt. Dort findet ein hoch individualisierter Unterricht statt. Lehrkräfte und Gruppenpädagoginnen und pädagogen bilden ein Team. Der berechenbare und durchstrukturierte Tagesablauf ermöglicht den Kindern Halt und Orientierung. Im Gegensatz zu einer Umwelt, die ihnen völlig zufällig begegnet, können sie hier die Situationen des Tages vorhersehen und durch ihr Verhalten beeinflussen. Sie erleben sich so als aktiv Handelnde und sind beteiligt. In Einzel- und Kleingruppenangeboten zur Förderung werden Auffälligkeiten gemindert, Defizite reduziert, Ressourcen entdeckt und Kompetenzen entwickelt. Die Einzelzuwendung ermöglicht den Kindern wichtige Entwicklungsfortschritte. Durch das multiprofessionelle Team kann ein breites Spektrum an Fördermöglichkeiten abgedeckt werden. Der steigende Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund macht interkulturelle Kompetenz zu einem unverzichtbaren Bestandteil des pädagogischen Repertoires. Durch systemische Elternberatung werden die häuslichen Verhältnisse stabilisiert und die Rückkehr des Kindes vorbereitet. In Hospitationen lernen die Eltern die Veränderungen ihres Kindes besser kennen und können neue eigene Verhaltensweisen im Umgang mit dem Kind erproben. Die Begleitung durch die Psychologin/den Psychologen erleichtert die Implementierung therapeutischer Vorgehensweisen in den Gruppenalltag. Die enge Kooperation mit Kinderarzt/-ärztin und Klinik garantiert die fachliche Behandlung der Kinder und gibt dem pädagogischen Personal Sicherheit. Robin lernte während seines Aufenthalts in der Gruppe Regeln und Grenzen anderer zu respektieren und die Schule auch als Ort der Bestätigung zu erleben. Seine Mutter konnte erkennen, dass seine große Unruhe nicht als Provokation gegen sie gerichtet war. Ihre neue Gelassenheit 81

83 Dr. Birgit Lambertz und eine gute medikamentöse Einstellung trugen sehr zur Stabilisierung von Robin bei, der erfolgreich auf eine Regelhauptschule wechseln konnte. Andreas Eltern trennten sich, als er 6 Jahre alt war. Seine Schwester ist das erfolgreiche Kind in der Familie. Er fiel früh durch eine ungewöhnlich gewählte Sprache auf, war motorisch eher ungeschickt und zeigte besondere Interessen, z. B. wusste er alles über Bau und Einsatz von Sirenen. Zeitweilig galt er als hochbegabt. Zu lang anhaltenden Diskussionen und aggressiven Ausbrüchen kam es häufig, wenn seine Erwartungen nicht erfüllt wurden. Seine Erwartungen waren für die Umwelt jedoch nur schwer einfühlbar. Er wechselte mehrmals den Kindergarten und die Schule. Seine Eltern standen den behandelnden Institutionen ambivalent gegenüber. Einerseits waren sie mit der Erziehung von Andreas zuhause überfordert und erwarteten von den Einrichtungen Erfolge, andererseits untersagten sie jede Intervention, sobald Andreas sich bei ihnen beklagte. Andreas durchlief mehrere Heime und war häufig zur Behandlung oder als Krisenintervention in der Klinik. Die Diagnose Asper- Autismus wurde erst spät gestellt. Trotz guter Intelligenz erreichte er keinen Schulabschluss. In sozialen Situationen häuften sich die Konflikte und es kam immer wieder zu sich steigernden gewalttätigen Eskalationen bei Frustrationen. Die letzte Jugendhilfeeinrichtung weigerte sich ihn wieder aufzunehmen, nachdem er zur Krisenintervention in der Psychiatrie gewesen war. Andreas war in die typische Sackgasse zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie geraten. Die Jugendhilfe scheiterte immer wieder an seinen Verhaltensexzessen und die Psychiatrie sah keine dauerhafte stationäre Behandlungsbedürftigkeit. Nachdem keine andere Einrichtung mehr bereit war Andreas aufzunehmen, wurde ein individuelles Betreuungssetting für ihn zusammengestellt. Auf dem Heimgelände bezog er ein Appartement mit Anschluss an eine Patengruppe im Nachbargebäude. Er besucht die Förderschule auf dem Heimgelände und nimmt am Nachmittag an der Arbeitsförderung teil. Die individuelle Begleitung ist durch einen Einzelfallbetreuer gesichert. Eine enge Anbindung an Hausarzt und Klinik ist gewährleistet. Die Eltern werden durch begleitende Elternarbeit einbezogen. Dieser Betreuungsrahmen kann dem Verlauf entsprechend an die aktuellen Bedürfnisse angepasst werden. Ziel der Hilfe ist die Entwicklung einer mittelfristigen Lebensperspektive und die Ermittlung des Betreuungsbedarfs nach Erreichen der Volljährigkeit. Andreas wurde mit einer hochdosierten medikamentösen Behandlung aufgenommen, vermutlich sollten so die aggressiven Spitzen im Verhalten gemildert werden. Er leidet unter den Nebenwirkungen, nach seiner Eingewöhnung soll in enger Abstimmung mit der Klinik eine 82

84 Dr. Birgit Lambertz Reduzierung der Medikation versucht werden. Derartige individuelle Lösungen haben ihren Preis und lassen sich nicht in jeder Außenwohngruppe verwirklichen. Da es jedoch immer wieder Kinder und Jugendliche gibt, denen mit den Standardvarianten von Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie nicht geholfen werden kann, sind sie unbedingt notwendig. Hier hat die Jugendhilfe sicher einen größeren Spielraum als die Psychiatrie und erbringt manche Leistungen nach SGB VIII die eigentlich auch aus dem SGB V zu finanzieren wären. Gute individuelle Beziehungen zwischen Professionellen in Klinik und Heim sind eine gute Voraussetzung für gelingende Hilfen im Einzelfall. Neben dieser persönlichen Beziehung sollte es auch eine strukturelle Verbindung zwischen den Institutionen geben. Dieser Dreh- und Angelpunkt, der Jugendhilfe und Psychiatrie verbinden kann, könnte das Hilfepanverfahren sein. Hier treffen Kinder und Jugendliche, Eltern, Schule, Heim, Klinik und ggf. weitere Beteiligte unter Federführung des Jugendamts aufeinander. Ziele und Vorgehensweisen können verhandelt und einvernehmlich zwischen allen Beteiligten vereinbart werden. Im Zusammenspiel der beiden Systeme kommt jeder Seite eine eigenständige Bedeutung zu. Die Klinik bietet einen Schutzraum mit Entlastung sowie eine Behandlung im engeren Sinne. In der Jugendhilfe wird eine klare Alltagsorientierung mit zunehmender Belastung und Teilhabe am normalen Leben umgesetzt. Was als Bedarfs- und Krisenfall für den Einsatz der Psychiatrie anzusehen ist, und wie in diesem Fall eine Klinikeinweisung umgesetzt wird, sollte vorab im Hilfeplangespräch geklärt werden. Auch die Bedingungen für eine schnelle Rückführung in die Jugendhilfe können hier von vorneherein festgelegt werden. Ohne akuten Handlungsdruck die Rahmenbedingungen des jeweils anderen Systems kennen zu lernen verbessert das Verständnis für notwendige Abläufe beim anderen und führt zu realistischen Erwartungen an die Möglichkeiten des anderen. Wenn man gute Hilfen für junge Menschen mit psychischen Störungen schaffen will, ist Kreativität über Systemgrenzen hinweg gefragt. Junge Menschen haben ein Recht darauf, dass wir sie bei ihrem Weg ins Leben unterstürzen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! 83

85 Dr. Julia Plück in der Jugendhilfe Ambulante Versorgung - Dr. Julia Plück Die katholische Stiftung Die Gute Hand ist seit 40 Jahren Träger des Heilpädagogisch-psychotherapeutischen Zentrums (HPZ) der Kinder- Jugend- und Behindertenhilfe in der Region, die unter kinder- und jugendpsychiatrischer therapeutischer Gesamtleitung stehen. Neben den stationären und teilstationären Angeboten verschiedener Betreuungs- bzw. Behandlungsintensität stellen die Ambulanten Dienste eine weitere tragende Säule unseres Angebots dar, die insbesondere in den vergangenen Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnt. Keimzelle dieser Angebote ist die Diagnostisch-heilpädagogische Ambulanz, die vor nunmehr über 20 Jahren als niederschwelliges Angebot an die Einwohner des Rheinisch-Bergischen Kreises und der Stadt Bergisch Gladbach etabliert wurde. Sie bietet diagnostische Abklärung und Beratung sowie niederfrequente Elternberatung und heilpädagogische Gruppenbehandlung für Kinder. Noch im Projektstadium befindet sich die Erweiterung und Spezifizierung dieses Angebots auf Eltern von Kindern im Alter von bis zu 3 Jahren (Entwicklungsberatung 0 bis 3; EWB 0-3).Aus der Expertise des Trägers in über 40 Jahren der stationären Versorgung und Behandlung psychisch auffälliger und gestörter Kinder und Jugendlicher entwickelten sich ambulante Versorgungsangebote, die insbesondere im Verlauf der letzten Jahre exponentiell zunehmend von Kostenträgern belegt werden. Den Schwerpunkt stellen neben EIF (Entwicklungsförderung in der Familie), einem Angebot zur ambulanten im familiären Umfeld stattfindenden Förderung insbesondere autistischer und expansiv auffälliger Kinder, die ambulante Hilfe zur Erziehung (AEH) dar. Dieses Angebot wird von den zuständigen Jugendämtern aufgrund eingeschränkter Erziehungsfähigkeit der Eltern und / oder psychischer Störung des Kindes angefragt. Die langjährige Erfahrung des HPZ Die Gute Hand in der erfolgreichen Vernetzung unterschiedlicher Angebote und Hilfeformen ermöglicht auch in der ambulanten Arbeit enge Kommunikation und Kooperation aller am Erziehungsund Behandlungsprozess beteiligten Kräfte. Die Arbeit im HPZ Die Gute Hand insgesamt ist von einer verhaltenstherapeutischen Grundhaltung in Kombination und Ergänzung mit familientherapeutischen / systemischen Methoden gekennzeichnet. Die Kolleginnen und Kollegen erarbeiten in multiprofessionellen Teams unter kinder- und jugendpsychiatrischer Anleitung individuelle und flexible Lösungen. Besondere Erfahrung bestehen mit ADHS und Autismus, Sprachentwicklungsverzögerungen, Bindungsstörungen und Essstörungen. 84

86 Dr. Julia Plück Die Arbeit im Bereich AEH konzentriert sich oft auf Familien mit auffälligen Kindern (z.b. ADHS, Autismus). Dabei richten sich Art (z.b. SPFH, Schulbegleitung, Marte Meo, Heilpädagogik, Familientherapie) und Umfang der Hilfe - wie schon in der Darstellung zur stationären Versorgung thematisiert - in enger Abstimmung mit dem Kostenträger (Jugendamt) und der Familie nach dem Hilfeplangespräch, das damit auch hier zum Dreh- und Angelpunkt der Maßnahme wird. Meist wird eine Kombination verschiedener Verfahren, flexibel und bedarfsorientiert eingesetzt. Die Fallarbeit in der Familie übernehmen Kolleginnen und Kollegen, die sich in standortspezifisch koordinierten multiprofessionellen Kleinteams gegenseitig unterstützen. Hierzu zählen Sozialpädagoginnen/- pädagogen, Heilpädagoginnen und pädagogen, Kinder- und Jugendlichen- Psychotherapeutinnen/-therapeuten, Diplompädagoginnen/-pädagogen und Erzieherinnen und Erzieher. Die Kleinteams erhalten dabei Beratung durch die leitende Psychologische Psychotherapeutin und den in Bedarfsfällen hinzuziehbaren Kinder- und Jugendpsychiater. Die Abrechnung der erbrachten Leistungen mit dem Kostenträger erfolgt auf der Basis von Fachleistungsstunden nach dem SGB VIII 27 f. z.b. 31, 35a. Um den Umfang und die Art der Aufgaben des Bereichs mit Blick auf die Versorgung kinder- und jugendpsychiatrisch auffälliger Kinder und Jugendlicher zu illustrieren, soll nun ein Überblick über die vom Bereich AEH im Jahr 2008 erbrachten Leistungen folgen: An mittlerweile drei unserer stationären Standorte, in Biesfeld (4 Kleinteams; ca. 18 Mitarbeiter), Leverkusen (3 Kleinteams; ca. 13 Mitarbeiter) und Köln (4 Kleinteams; ca. 20 Mitarbeiter)) werden Leistungen dieser Art koordiniert. Im Jahr 2008 beauftragten folgende Jugendämter Die Gute Hand an den verschiedenen Standorten mit Leistungen: 85

87 Dr. Julia Plück Tabelle 1 Standorte und beauftragende Jugendämter HPZ Biesfeld HN Leverkusen HH Köln Bergisch Gladbach Leverkusen Köln Kürten Leichlingen Bonn Gummersbach Neunkirchen-Seelscheid Bornheim Erftstadt Odenthal Overath Rösrath Wermelskirchen Wipperfürth Insgesamt wurden im Jahr 2008 N=128 Familien ambulant betreut. Dies entspricht einer Zunahme der Beauftragung um 40% gegenüber dem Vorjahr. Unter den bis zu drei möglichen Gründen, die bei der Anmeldung genannt wurden, sind drei, die ausdrücklich die psychische Auffälligkeit des Kindes thematisieren (Autismus inkl. Schulbegleitung, ADHS / Sozialverhaltensstörung, andere psychische/psychiatrische Probleme des Kindes) sowie weitere unter Umständen damit im Zusammenhang stehende (Schulprobleme, Störungsspezifisches Erziehungsverhalten, Verbesserung der familiären Interaktion, Multiproblembelastung, Begleitung kritischer Ereignisse, psychische Probleme eines Elternteils, Entwicklungsverzögerung, Unterstützung bei Alltagsbewältigung) zu finden. 86

88 Dr. Julia Plück Anmeldegründe Autismus inkl. Schulbegleitung % Grund 2. Grund 3. Grund ADHS/Sozialverhaltensstörung psychische/psychiatrische Probleme des Kindes Verbesserung der familiären Interaktion Störungsspezifisches Erziehungsverhalten Multiproblembelastung Schulprobleme Begleitung kritischer Ereignisse psychische Probleme eines Elternteils Entwicklungsverzögerung Unterstützung bei Alltagsbewältigung Abbildung 1 Verteilung der Anmeldegründe Aus Abbildung 1 wird ersichtlich, dass Autismus (45%) und ADHS/Störung des Sozialverhaltens" (25%) die am häufigsten als erstes genannten Beauftragungsgründe darstellen. Andere psychische/psychiatrische Probleme des Kindes werden eher nachgeordnet thematisiert. Als zweiten Grund werden mit Unterstützungsbedarf hinsichtlich des Störungsspezifischen Erziehungsverhaltens (32%) und der Verbesserung der familiären Interaktion (18%) am häufigsten solche genannt, von denen ein enger Zusammenhang mit beim Kind bestehenden psychischen Störungen angenommen werden kann. Der mit 38% mit Abstand am häufigsten benannte dritte Anmeldegrund ist die Unterstützung bei der Alltagsbewältigung, der die Entlastungsfunktion der Betreuung für die Familie beschreibt. Psychische Störungen des Kindes werden als zweiten oder dritten Anmeldegrund nur vergleichsweise selten benannt. Diese Verteilung zeigt zum einen auf, wie groß der Anteil der Kinder mit psychischen Auffälligkeiten im Bereich Ambulante Hilfe zur Erziehung unseres Trägers ist. Zum anderen wird deutlich, dass sie im Falle ihres Vorliegens auch den zentralen Anlass für die Aufnahme der Hilfe darstellen. Insgesamt wird in den drei Anmeldegründen von 76% der Familien (97 von 128) mindestens einer mit diesem Inhalt benannt, während die übrigen Familien aus anderen Gründen angemeldet wurden. 87

89 Dr. Julia Plück Geschlecht der Kinder mit / ohne KJP-Andmeldegrund (N=128) % nein ja 0 Jungen Mädchen Abbildung 2 Geschlecht der Kinder mit / ohne KJP-Anmeldegrund Die Gegenüberstellung der Anteile beider Geschlechter an den Fällen mit und ohne KJP-Anmeldegrund weist zunächst auf eine grundsätzlich höhere Zahl von Jungen in der Gesamtversorgung hin. Darüber hinaus ist diese aber insbesondere durch den fast sechsfach höheren Anteil an Jungen mit psychischen Störungen zurückzuführen. Dies mag in der insbesondere für expansive Störungen im Kindesalter bekannten Knabenwendigkeit begründet liegen. Da in über 60% der betreuten Familien Jungen mit psychischen Auffälligkeiten im Focus des Auftrags stehen, kann insbesondere der Bedarf an männlichen Kräften in der ambulanten Arbeit belegt werden, der sich in der Praxis jedoch leider nur selten decken lässt. 88

90 Dr. Julia Plück Familiensituation der Kinder mit/ohne KJP-Anmeldegrund (N=128) % nein ja 0 Leibliche Eltern Alleinerziehender Elternteil Stieffamilie Pflegefamilie Großeltern Abbildung 3 Familiensituation der Kinder mit/ ohne KJP-Anmeldegrund Ein Blick auf die familiäre Situation der betreuten Familien soll über die Frage erfolgen, mit wem das Zielkind in der Haushaltsgemeinschaft lebt. Kinder mit einem KJP-Anmeldegrund leben mehrheitlich mit beiden leiblichen Eltern zusammen, an zweiter Stelle steht die Alleinerziehenden-Situation. Bei den anderen Familien zeigen sich nur geringfügige Unterschiede zwischen diesen Lebens formen. Da Daten zum sozialen Status und weitere soziodemographische Informationen nicht vorliegen bzw. hier nicht ausgewertet werden können, kann man lediglich vermuten, dass diese auf den ersten Blick vielleicht überraschende Verteilung durch einen stärkeren Anteil höherer sozialer Schichten bei den Familien mit einem autistischen Kind zustande kommt. 89

91 Dr. Julia Plück Verteilung Kinder mit/ohne KJP-Anmeldegrund in den Standorten (N=128) % HK-Biesfeld HN-Leverkusen HH-Köln nein ja Abbildung 4 Verteilung der Kinder mit mit/ ohne KJP-Anmeldegrund in den Standorten Diese Abbildung macht deutlich, dass die Verteilung der Belegung auch von den Entscheidungen der Kostenträger abhängen. Unsere ambulanten Angebote wer den offensichtlich nur im Standort Biesfeld zu einem höheren Anteil auch mit Fällen ohne eine der genannten Auffälligkeiten belegt. Häufigkeit der KJP-Anmeldegründe (N=97) 11% Autismus inkl. Schulbegleitung 33% 56% ADHS/Sozialverhaltensstörung psychische/psychiatrische Probleme des Kindes Abbildung 5 Vergleich der Kinder mit/ ohne KJP-Anmeldegrund Hinsichtlich der Anzahl der in den Familien lebenden Kinder lassen sich keine Unterschiede zwischen solchen mit und ohne KJP-Anmeldegrund nachweisen. Kinder mit einem KJP-Anmeldegrund sind jedoch statistisch signifikant älter (Mittelwert 11;6 Jahre, Standardabweichung 3;7 Jahre, p.001) als solche oh- 90

92 Dr. Julia Plück ne einen solchen. Mit durchschnittlich fast acht Fachleistungsstunden pro Woche (Standardabweichung 5,05 Stunden) wird von den Kostenträgern im Mittel mehr Betreuungszeit genehmigt, als bei (ca. sechs Fachleistungsstunden, Standardabweichung 1,81; p.01). Hier schlagen sich auch die in der Regel sehr umfänglichen Schulbetreuungen bei von Autismus betroffenen Kindern nieder. Fällen ohne einen KJP-Anmeldegrund % Weitere Anmeldegründe (N=97) Störungsspezifisches Erziehungsverhalten Unterstützung bei Alltagsbewältigung Verbesserung der familiären Interaktion Schulprobleme Entwicklungsverzögerung Begleitung kritischer Ereignisse Multiproblembelastung psychische Probleme eines Elternteils Abbildung 6 Häufigkeit der KJP-Anmeldegründe Betrachtet man die Gruppe der Kinder mit einem KJP-Anmeldegrund genauer, wird die Verteilung der verschiedenen psychischen Auffälligkeiten deutlich: mit 56% stellt die Gruppe der Kinder mit Autismus die mit Abstand größte Gruppe dar. 33% dieser Kinder haben in erster Linie eine expansive Störung (ADHS/Sozialverhaltensstörung) und nur 11% werden wegen anderer psychischer/psychiatrischer Probleme angemeldet. 91

93 Dr. Julia Plück Weitere Anmeldegründe (N=97) Stiftung Die Gute Hand % Weitere Anmeldegründe (N=97) Störungsspezifisches Erziehungsverhalten Unterstützung bei Alltagsbewältigung Verbesserung der familiären Interaktion Schulprobleme Entwicklungsverzögerung Begleitung kritischer Ereignisse Multiproblembelastung psychische Probleme eines Elternteils Abbildung 7 Weitere Anmeldegründe Die häufigsten weiteren Anmeldegründe, die in der Gruppe der Kinder mit KJP- Anmeldegründen genannt werden, stehen inhaltlich in engem Zusammenhang mit diesen, da sie insbesondere die Bewältigung der kindlichen Probleme durch die Eltern (störungsspezifisches Erziehungsverhalten, Alltagsbewältigung) und der Familie insgesamt (Verbesserung der familiären Interaktion) sowie die Einbindung des Kindes in das weitere soziale Umfeld (Schulprobleme) betreffen. In weiter abnehmender Häufigkeit werden komorbide Entwicklungsverzögerungen des Kindes benannt. Zusammenfassung KJP-Anmeldegründe sind die häufigsten Erstanmeldegründe und je nach Kostenträger (Standort) sogar Grund für die Vergabe der Betreuungsaufgabe an unseren Träger. Der Anteil der Jungen an den betreuten Kindern insgesamt ist deutlich erhöht; Jungen mit KJP-Anmeldegrund stellen die Mehrheit, was als Hinweis auf die Schwerpunkt- Diagnosen verstanden werden kann. Es leben gleich viele Kinder in den Familien der Kinder mit / ohne KJP- Anmeldegrund Die Kinder mit KJP-Anmeldegrund o sind mehrheitlich Jungen (s.o.) 92

94 Dr. Julia Plück o sind älter als die Kinder mit anderen Anmeldegründen o leben mehrheitlich in ihren leiblichen Herkunftsfamilien o erhalten im Mittel mehr Fachleistungsstunden pro Woche bewilligt Weitere Anmeldegründe stehen oft in engem Zusammenhang mit der psychischen Auffälligkeit der Kinder. Analysen über die im Betreuungsverlauf erhobenen Daten können Aufschluss ü- ber den in der Praxis bestehenden Bedarf vermitteln. Mittelfristig ist es sinnvoll, Daten von Betreuungs- und Behandlungsverläufen in Anlehnung an Wirksamkeitsprüfungen beispielsweise in der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung zu betreiben, um neben der Leistungsoptimierung auch den Anforderungen der Qualitätssicherung gerecht werden zu können. Die ambulanten Dienste der Guten Hand folgen hier einer Tradition ihres Trägers, der sich die Qualitätssicherung auch trägerübergreifend mit dem eigenen Forschungsinstitut zur Aufgabe gemacht hat (quer, Institut für Qualität in Erziehungshilfen). 93

95 Prof. Dr. Michael Klein Suchtgefährdete und suchtkranke Jugendliche im Labyrinth der Systeme Prof. Dr. Michael Klein 1. Ausgangslage, Überblick Psychische Probleme und Störungen bei Kindern und Jugendlichen Für alle psychischen Störungen des Jugendalters sind die Risiken für Kinder suchtkranker Eltern signifikant erhöht (Lachner & Wittchen,1997). Es handelt sich um knapp 15% aller Jugendlichen. 2. Jugendalter und Risikoverhalten Soziologische Megatrends, die den Konsum psychotroper Substanzen und die Entstehung von Suchtverhalten im Jugendalter begünstigen: Allverfügbarkeit von Suchtmitteln 94 Niedriges Preisniveau von Suchtmitteln Sozialer Konsumdruck ( peer pressure ) Ungeeignete Modelle (z.b. suchtkranke Elternteile) Diffusion der Geschlechterrollen Domestizierung der elektronischen Medien Nachlassen der Bindungskraft der Religionen Marginalisierung von Teilen der Bevölkerung Starke Migration, schlechte Integration

96 Prof. Dr. Michael Klein Thema Jugend: Fakten zum Jugendalter Entwicklungsaufgaben und potentielle Problemfelder im Jugendalter: Identitätsbildung Selbstbestimmung, Selbststeuerung Affektive Selbstkontrolle Umgang mit Substanzen Partnerschaftserfahrungen Sexualität Berufswahl Finanzen Risikoverhalten als Bewältigungsversuch/Selbstmedikation Die aus gesundheitswissenschaftlicher Sicht kritischen Verhaltensweisen wie rauchen, Alkohol- und illegaler Drogenkonsum werden von Jugendlichen.. aktiv eingesetzt, um den spezifischen Anforderungen der Lebensphase zu begegnen und dienen zur Bewältigung alltäglicher Lebensprobleme und herausforderungen. Was von Außenstehenden als unerwünschtes Risikoverhalten angesehen wird, erscheint aus der Perspektive des Handelnden als ein Bewältigungsverhalten (Richter & Settertobulte, 2003, 103). Bereiche jugendlichen (gesundheitlichen) Risikoverhaltens Substanzkonsum Unfälle Gewalt Essverhalten Bewegung Medienkonsum Sexualität Suizidalität Jugendalter = Risikoalter Das Jugend- und frühe Erwachsenenalter ist das Einstiegsalter und gleichzeitig auch der Höhepunkt für die meisten Risikoverhaltensweisen. Risikokompetenz Die Risikoverhaltensweisen im Jugendalter können reduziert werden, wenn Risiko(bewältigungs)kompetenz erworben wird. Risikokompetenz ist der Erwerb von Erfahrungen und Entwicklung von Entscheidungs- und Handlungskompetenzen im Umgang mit gesundheitsbezogenen Risikoverhaltensweisen bzw. Risikosituationen (Franzkowiak, 1996, 416). Eine wichtige Voraussetzung für Risikokompetenz ist adäquate Risikowahrnehmung. In diesem Zusammenhang ist von großer Bedeutung, dass Substanzkonsum die adäquate Risikowahrnehmung vermindert 95

97 Prof. Dr. Michael Klein 3. Risiken und Chancen: Zahlen, Daten, Fakten 3a.Umgang mit Alkohol 96

98 Prof. Dr. Michael Klein 97

99 Prof. Dr. Michael Klein 3b. Umgang mit Cannabis 98

100 Prof. Dr. Michael Klein 99

101 Prof. Dr. Michael Klein 3c. Chancen Funktionen des Drogenkonsums im Jugendalter Demonstrative Vorwegnahme von Erwachsenenverhalten Ausdruck bewusster Verletzung elterlicher Kontrollvorstellungen Ausdrucksmittel für sozialen Protest und gesellschaftliche Wertkritik Instrument bei der Suche nach grenzüberschreitenden, bewusstseinserweiternden Erfahrungen und Erlebnissen Jugendtypischer Ausdruck des mangels an Selbstkontrolle Versuch, sich auf einfache Weise Entspannung durch Genuss zuzufügen Zugangsmöglichkeit für attraktiv bewertete Freundesgruppen ( peers ) Symbolisierung der Teilhabe an sub- kulturellen Lebensstilen ( Autonomiestreben ) Ausdruck (positiver) Konformität zu einer subjektiv hochwertigen Peer- Gruppe Ohnmachtsreaktion bei Übermaß von Konflikten und Spannungen im sozialen Nahraum Mittel zur Lösung von frustrierendem Leistungsversagen Notfallreaktion auf heftige psychische und soziale Entwicklungsstörungen (Meist unbewusster) Versuch der Imitation von Modellverhalten, z.b. der Eltern in der frühen Kindheit oder von Peers. Vier Kernfunktionen: Euphorisierung, soziale Integration, Stressreduktion, Selbstmedikation. 100

102 Prof. Dr. Michael Klein Chancen des Substanzkonsums Soziale Integration und Teilhabe Erlernen kontrollierten Substanzkonsums Psychologische Funktionalität: Euphorisierung, Sedierung Anpassung und Selbststeuerung Selbstmedikaiton unterhalb einer behandlungsbedürftigen Krankheitsschwelle Bei fehlendem Frühinterventionssystem Auffälligwerden als Chance zur indikativen Prävention 3d. Interdependenzen 101

103 Prof. Dr. Michael Klein Primäre und sekundäre Substanzabhängigkeit/Komorbiditätsmodell Ca. 40% der Alkoholabhängigen werden als sekundär abhängig bezeichnet, d.h. sie hatten lebensgeschichtlich früher eine behandlungsbedürftige psychische Störung. Ca. 75% der Drogenabhängigen werden als sekundär abhängig bezeichnet, d.h. sie hatten lebensgeschichtlich früher eine behandlungsbedürftige psychische Störung. 4. Probleme der Hilfesysteme, Prävention und Hilfen Gedankenexperiment: Stellen Sie sich vor, den Auftrag zu erhalten, ein Hilfe- und Behandlungssystem für Jugendliche mit Alkoholmissbrauch und beginnenden Suchtproblemen zu entwickeln. Was nur Sie und Ihr Auftraggeber wissen, es gibt einen zusätzlichen Geheimauftrag, möglichst viele Fachkräfte zu beteiligen, keine klaren Zuständigkeiten zu schaffen und das System über Jahrzehnte unerschütterlich gegen Reformdruck zu machen. Außerdem soll das Ganze immun gemacht werden gegen empirische Evidenz und die Gefahr der Optimierung und Effizienz. Sie schaffen als Lösung ein gegliedertes, hoch spezialisiertes System mit inkompatiblen Auftragsbeschreibungen, professionellen Unterschieden und Abgrenzungen und latenten Konkurrenzen. 102

104 Prof. Dr. Michael Klein Suchtkrankenhilfe als ein Praxisfeld zwischen den Systemen Bereits aus der Darstellung der Systeme der Kinder- und Jugendhilfe, der Gesundheitsversorgung und förderung und der Eingliederungshilfe und Rehabilitation wird deutlich, dass keine klar abgrenzbaren Zuständigkeiten, Finanzierungsbedingungen und Strukturen vorliegen, sondern Anbieter und Nutzer Teil eines hoch komplexen und schwer kommunizierenden Leistungsportfolios sind, das nicht immer in der gebotenen Effektivität und Effizienz für die Bedarfe der Kinder und Jugendlichen bereitsteht. Darüber hinaus zeigen sich solche Problem besonders deutlich gerade an den Schnitt- bzw. präziser formuliert wohl eher Bruchstellen der Systemgrenzen. Eine reihe von Praxisfeldern agiert gleichsam zwischen den Systemen. Weil sie nicht eindeutig zuzuordnen sind entwickeln sie eigene hybride Strukturen. Ein Beispiel hierfür ist die Suchtkrankenhilfe. (13. Kinder- und Jugendbericht. BMFSFJ, 2009, S. 180) - Die Suchtkrankenhilfe ist für die besonderen Ansprüche im Umgang mit suchtkranken und gefährdeten Minderjährigen oft nur unzureichend ausgestattet, da ihre Zielgruppe suchtkranke Erwachsene sind und sie ihre Angebote auf diese Zielgruppe ausrichtet. - Die Kinder- und Jugendpsychiatrie verfügt in der Regel nur über dürftige suchtmedizinische Kompetenz, da sie die im Bereich der Suchtkrankenhilfe entwickelten Behandlungsparadigmen und strategien nicht mitträgt. - Ähnlich wie die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist auch die Kinder- und Jugendhilfe nur unzureichend auf suchtspezifische Fragestellungen Minderjähriger und junger Erwachsener vorbereitet (van Brederode2006). (13. Kinder- und Jugendbericht. BMFSFJ, 2009, S. 182) Probleme in den und zwischen den Behandlungssystemen Unklare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten Kompetenzgefälle und Methodenunterschiede Latente und offene Konkurrenzen Unterschiedliche berufliche Sozialisationen und Sprachen Starre Grenzen zwischen Prävention und Therapie, Jugendhilfe, Medizin und Suchthilfe Substanzkonsum als Defizit, abweichendes Verhalten, Selbstmedikation??? Temporizität (Durchgangssyndrom) vs. Chronizität des Substanzkonsums; Konsequenzen: safer use, keine Stigmatisierung 103

105 Prof. Dr. Michael Klein 104

106 Prof. Dr. Michael Klein Ausgangssituation in den Hilfesystemen Kinder suchtkranker Eltern erhalten nur in 10% aller Fälle Hilfen, wenn ihre Eltern Hilfen im Rahmen einer Suchtbehandlung erhalten (EBIS, 1998) sind in der Jugendhilfe nach wie vor ein überwiegend blinder Fleck. aber: Fast 40% von 423 im Rahmen von Jugendhilfemaßnahmen betreuten Kindern weisen ein Elternteil mit einem Alkoholproblem auf; fast alle al- koholabhängigen Mütter, die einen Partner haben, leben mit einem alkoholabhängigen Mann zusammen, was für die betroffenen Kinder eine doppelte Exposition mit Suchtproblemen bedeutet (Hinze & Jost,2006) sind in der Kinder- und Jugendpsychiatrie noch zu entdecken. Denn: Fast 50% aller kinder- und jugendpsychiatrischen Patienten einer ambulanten Normalpraxis weisen ein alkoholabhängiges Elternteil auf (Rosen-Runge,2002) 105

107 Prof. Dr. Michael Klein Konsequenzen Für missbräuchlich konsumierende Kinder und Jugendliche sind Maßnahmen notwendig, die früh einsetzen (Frühintervention) das vorhandene Risiko adäquat wahrnehmen und bearbeiten (selektive Prävention bzw. indikative Prävention), ohne es zu überschätzen in schwerwiegenden Fällen umfassend und dauerhaft sind (Case Management) die ganze Familie einschließen (Familienberatung und/oder therapie) die Motivation zu guter Elternschaft und Suchtbewältigung verknüpfen (Motivational Interviewing) die Resilienzen fördern bzw. entwickeln (Ressourcenorientierung) Prävention für riskant konsumierende Kinder und Jugendliche den Einstieg in den Konsum von Substanzen so lange wie möglich herausschieben insbesondere nicht in Konflikt- und Stresssituationen konsumieren (oder so wenig/selten wie möglich) die Substanzen nicht (bzw. so wenig wie möglich) zur affektuiven Selbstregulation einsetzen die Fähigkeit zum Genuss und zum Glücksempfinden so weit wie möglich fördern die Bewältigungskompetenz für familiäre und psychosoziale Stress- und Spannungssituationen gezielt erhöhen. Mögliche Lösungen auf struktureller Ebene Hilfen nicht (nur) von den problemlagen, sondern von den Lebenslagen ( Jugen ) her definieren Verbindliche Kooperationsstrukturen (unabhängig von informellen Strukturen) schaffen; Verpflichtung zur Kooperation Durchlässigkeit von Interventionen zwischen Prävention und Behandlung ( Therapie ) Routinemäßige Effizienzkontrolle auf Einzelfallebene ( Evidenz ) 106

108 Prof. Dr. Michael Klein Relevante Literatur Amodt, S. & Wang, S. (2008). Welcome to your brain. Ein respektloser Führer durch die Welt unseres Gehirns. München: C.H.Beck. Bellutti, Nora (2006). Risikoverhalten und Alkoholkonsum bei Jugendlichen. Risikowahrnehmung, Sensation Seeking, Self-Monitoring. Saarbrücken: Verlag Dr.Müller. Hurrelmann, Klaus (2004). Lebensphase Jugend. Weinheim: Juventa (= 7., vollst. überarb. Aufl.). Klein, M. (2004). Psychosoziale Aspekte des Risikoverhaltens Jugendlicher im Umgang mit Suchtmitteln. Das Gesundheitswesen 66, Suppl. 1, Klein, M. (Hrsg.) (2008). Kinder und Suchtgefahren. Stuttgart: Schattauer. Raithel, Jürgen (2004). Jugendliches Risikoverhalten. Eine Einführung.Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften. Schaunig, I. & Klein, M. (2008). Wissen, was los ist! Eine Local Monitoring-Studie zu Substanzkonsum und Suchgefährdung bei Kindern und Jugendlichen. Regensburg: Roderer (= Schriftenreihe Angewandte Suchtforschung; Bd. 3). 107

109 Dr. Ursula Kirsch Zwei sind mehr als die Summe zweier Teile Zur Zusammenarbeit von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendhilfe Dr. Ursula Kirsch in.. 108

110 Dr. Ursula Kirsch 1. Bedarfsentwicklung und Schnittmenge Gesamtgesellschaftliche Rahmenbedingungen: Wovon sprechen wir? Quelle: Bella-Studie Insgesamt 15 17% aller Kinder unter dem 18. Lebensjahr sind psychisch auffällig (ca. 2,8 Mio. Kinder). Bei ca. 6% liegt eine behandlungsbedürftige Störung vor (ca Mio Kinder). Im Vor- und Grundschulbereich sind Jungen häufiger betroffen (2 : 1), mit Pubertät gleichen sich die Prävalenzraten an. Die Anzahl psychosomatischer Störungen verdreifacht sich von der ersten bis zur vierten Klasse. Unbehandelt haben psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen eine hohe Stabilität (2-10% sind chronisch krank). 109

111 Dr. Ursula Kirsch Situation der Jugendhilfe 110

112 Dr. Ursula Kirsch 111

113 Dr. Ursula Kirsch 2. Wie kann synergetische Kooperation gelingen? Situation der Jugendhilfe Explosion der Kosten für Hilfe zur Erziehung, insbesondere. der stationären Hilfen Vermeidung von stationären Aufnahmen in JH-Einrichtungen durch zunehmende Ambulantisierung Erhöhte Problematik in stationären JH-Einrichtungen Hohe Rate kinder- und jugendpsychiatrischer Störungsbilder in stationären JH- Einrichtungen Es handelt sich um hochbelastete, mehrfach gestörte Kinder und Jugendliche. Situation der Kinder- und Jugendpsychiatrie Unterversorgung mit niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen/-therapeuten und niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiaterinnen/-psychiater - außer in den Großstädten Hoher Aufnahmedruck in den Kliniken und Tageskliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie Verkürzte Aufenthaltszeiten verbunden mit mehr Nachsorgebedarf, belegt u.a. durch Analyse der Basisdokumentation der stationär behandelten Kinder und Jugendlichen der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie Würzburg (Beck und Warnke, 2009) 112

114 Dr. Ursula Kirsch Risiko für eine Jugendhilfeanschlussmaßnahme (N=776) Unabhängige Variable Odds Ratio Externale Störung 3,23 Abweichende Elternsituation 2,32 Störung im Kindergarten 2,27 Psychische Erkrankung eines Elternteils 1,59 Schichtzugehörigkeit - Un- und angelernter Arbeiter 1,80 - Facharbeiter/mittlerer Angestellter 1,46 - Höherer Angestellter/mittlerer Beamter/gehobener Dienst 0,48 - Kleine und mittlerer Selbständige 0,62 - Größerer Betrieb/Akademiker 0,50 Zahl der psychosozialen Belastungsfaktoren 0 0, , , ,23 > 6 2,52 113

115 Dr. Ursula Kirsch Fazit: Die Gesamtentwicklung sowohl in der KJPP als auch in der Jugendhilfe mit einem Anteil gleichen Klientels setzt eine Kooperation zwingend voraus: Diese Kooperation spielt insbesondere dort eine Rolle, wo Jugendhilfemaßnahmen die Funktion einer intensiven pädagogisch-therapeutischen Förderung hat. Die Entwicklung im Bereich des stationären Jugendhilfe zeigt einen erhöhten Bedarf intensiver therapeutischer Maßnahmen. Der Rückgang familiärer psychosozialer Ressourcen macht eine poststationäre Jugendhilfemaßnahme häufiger notwendig. Scheiternde Verläufe mit Serien von Abbrüchen und Weitervermittlungen konfrontieren derzeit noch beide Systeme permanent auch mit ihren Grenzen. Die Kooperationsbedürftigkeit liegt dabei auf beiden Seiten. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie kann große Teile ihres Klientels nicht fachgerecht versorgen ohne geeignete begleitende oder sich anschließende Jugendhilfemaßnahmen, wie umgekehrt, vielen Kindern und Jugendlichen in der Erziehungshilfe nicht ohne kinder- und jugendpsychiatrische Unterstützung wirklich geholfen werden kann. Voraussetzungen für die gelingende Kooperation: Gemeinsames ätiologisches (Entwicklungspsychopathologie), diagnostisches und therapeutisches Verständnis, Überwindung gegenseitiger Vorurteile, von Allzuständigkeitsphantasien und von überzogenen Ansprüchen an die Problemlösekompetenz der jeweils anderen Seite, Gegenseitige Wertschätzung (Ausräumen von subjektiven Vorurteilsstrukturen), Arbeit auf gleicher Augenhöhe, Wissen um Kompetenzen und Grenzen des anderen Institution (Facharztweiterbildung, Erzieherausbildung), Vernetzung Teil der Strategie der Einrichtung, der Station, Heimgruppe (Ressourcen??), Nutzung der vorhandenen gesetzlichen Möglichkeiten zur Mobilisierung diverser Ressourcen. Spezielle Kooperationen können sein: 1. Begutachtung und Komplexer Hilfebedarf bei den seelisch behinderten Kindern und Jugendlichen nach 35a KJHG (Stellungnahme der Jugendhilfekommission der 3 Fachgesellschaften zum einheitlichen Umgang mit dem 35a, 2. Zusammenarbeit in Sorgerechtsangelegenheiten, 3. Zusammenarbeit im Rahmen des JGG/Jugendgerichtshilfe, 114

116 Dr. Ursula Kirsch 4. Fallübergreifende Kooperation bei den Schwierigsten (geschlossene Unterbringung) und, und,.. 5. Prävention bei der Kindswohlgefährdung nach 8 KJHG, häuslicher Gewalt, Suchtprävention. Vereinbarung von gegenseitigen Hospitationen, Abstimmung über notwendige Versorgungsstrukturen. 3. Fallbeispiele gelungener Zusammenarbeit - best practice Beispiele "Wir können nicht alles tun, aber wir müssen tun, was wir können. " William "Bill" Clinton (*1946), amerikanischer Politiker, 42. Präsident der USA ( ) Regelmäßiger kinder- und jugendpsychiatrischer Konsiliardienst in Jugendhilfeeinrichtungen (Geh- Struktur) Regionalkonferenzen Regelmäßige Treffen der Leiter der Jugendämter und JH-Einrichtungen des Versorgungsgebietes mit der KJPP- Mitarbeiter Inhalte: Informationsaustausch über veränderte Strukturen, Angebote, Aufgaben und Kompetenzen, Mitarbeiter in den einzelnen Institutionen, Reflexion von Fällen gelungener und misslungener Kooperation, Vermittlung von fachübergreifenden Wissen, Weiterbildung, Durch persönliche Kontakte schneller Austausch bei schwierigen Fällen in der Zwischenzeit über Telefonkontakte, Absprachen über Berichtestandards, Ziele: Verringerung der stationären Behandlungstage und stationären Krisen, Verringerung von Jugendhilfemaßnahmenabbrüchen oder Institutionswechsel, Verbesserung der Möglichkeit der Beratung aller Teammitarbeiter, 115

117 Dr. Ursula Kirsch Inhalt: Mitwirkung an Krisengesprächen mit Fachkräften von den Einrichtungen der Jugendhilfe, Differentialdiagnostischen Abklärung und Behandlung von seelischen Erkrankungen. Kooperation als gemeinsamer Behandlungs- und Betreuungsprozess Fachübergreifende störungsspezifische Angebote für seelisch behinderte Jugendliche wie Einrichtungen z.b. Trialog in Essen für Jugendliche nach psychotischen Erkrankungen Gestaltung der Heimerziehung als Therapeutisches Milieu auf der Grundlage von Störungs- und Interventionswissen Integrierte kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung durch einen Konsiliardienst, Klinische Aufenthalte (auch wiederholt) im Sinne einer Krisenintervention oder verlaufsindiziert sind Behandlungsbaustein und damit Therapeutikum eines gemeinsamen Behandlungskonzeptes, Integration der therapeutischen Leistungen in die Jugendhilfemaßnahme. Dabei kann Beiträge in Ausgestaltung unterschiedlicher Settings mit unterschiedlichen methodischen Schwerpunkten durch jeden Kooperationspartner entsprechend seiner Professionalität 116

118 Dr. Ursula Kirsch Kooperationsvertrag (= synergetische Kooperation) zwischen KJPP und Jugendhilfeeinrichtung Inhalt: Verfahrensregelung über Kriseninterventionen und Behandlungen Beratung bei der Schaffung von therapeutischen Angeboten für bestimmte Krankheitsbilder und Abstimmung der Therapiekonzepte Wechselseitige Information über die verschiedenen Hilfsangebote Austausch über Entwicklungen Gemeinsame Fortbildungen, Seminaren mit fachübergreifenden Themen Absprachen über Hospitationsmöglichkeiten in den jeweiligen Institutionen 117 regelmäßiges Spitzengespräch über Rahmenbedingungen und Praxiserfahrungen Kooperation zwischen der Pädagogischen Ambulanz in Neuss-Büttgen, Jugendämtern und der KJP Ziel: Bestmögliche Hilfe im Krisenfall Hilfen: Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen außerhalb der Dienstzeiten der Jugendämter Unbürokratische Krisenintervention von Kindern und Jugendlichen aus der PA, wenn diese deren Grenzen überschreitet,

Die Gesundheit von Kindern alleinerziehender Mütter

Die Gesundheit von Kindern alleinerziehender Mütter Die Gesundheit von Kindern alleinerziehender Mütter Dr. Christine Hagen 2. PALME-Fachtagung, 25. September 2009 Gliederung 1. Daten und Fakten zur Situation der Kinder 2. Gesundheitsrelevante Risiken 3.

Mehr

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Epidemiologische Ergebnisse der KiGGS-Studie

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Epidemiologische Ergebnisse der KiGGS-Studie 4. Präventionstagung der Bundesärztekammer Psychische Belastungen von Kindern und Jugendlichen gesellschaftlich verursacht? Ärztlich behandelbar? Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Epidemiologische

Mehr

Gesundheit und Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülerinnen und Schülern Aktuelle Ergebnisse der HBSC-Studie

Gesundheit und Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülerinnen und Schülern Aktuelle Ergebnisse der HBSC-Studie Gesundheit und Gesundheitsverhalten von österreichischen Schülerinnen und Schülern Aktuelle Ergebnisse der HBSC-Studie Rosemarie Felder-Puig 1 Inhalte dieses Vortrags Seelische Gesundheit von österreichischen

Mehr

Die Gesundheit von Frauen und. Frauen und Männern verschiedener Lebensaltersstufen? Einleitung. Ausgewählte Ergebnisse

Die Gesundheit von Frauen und. Frauen und Männern verschiedener Lebensaltersstufen? Einleitung. Ausgewählte Ergebnisse Münchner Gesundheitsmonitoring 1999/2000: Die Gesundheit von Frauen und Männern verschiedener Lebensaltersstufen Einleitung Welche Veränderungen der Gesundheit und im gesundheitsrelevanten Verhalten zeigen

Mehr

Gregor Wittmann Dipl. Pädagoge

Gregor Wittmann Dipl. Pädagoge Effektevaluation des Präventionsprojektes zur Früherkennung psychischer Störungen im Vorschulalter Erste Studienergebnisse Gregor Wittmann Dipl. Pädagoge Unterstützt von Gesundheitsämter der Landkreise

Mehr

Zur Wirksamkeit von Beratungsangeboten bei Studierenden

Zur Wirksamkeit von Beratungsangeboten bei Studierenden Katrin Lohmann und Burkhard Gusy Zur Wirksamkeit von Beratungsangeboten bei Studierenden Hintergrund Studierende sind im Verlauf ihres Studiums einer Vielzahl von Anforderungen ausgesetzt. Diese ergeben

Mehr

von Kindern und Jugendlichen

von Kindern und Jugendlichen Leitthema: Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 50:784 793 DOI 10.1007/s00103-007-0241-7 Springer Medizin Verlag 2007 H.

Mehr

Der Einfluss der Verpackung auf die Geschmackswahrnehmung von Kindergartenkindern

Der Einfluss der Verpackung auf die Geschmackswahrnehmung von Kindergartenkindern Der Einfluss der Verpackung auf die Geschmackswahrnehmung von Kindergartenkindern Ergebnisse einer experimentellen Studie in Kindertageseinrichtungen aus NRW Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung

Mehr

Gliederung. I Einflussfaktoren auf das Entstehen psychischer Störung. I KIGGS-Studie. I Schutz- und Risikofaktoren. I klinischer Alltag

Gliederung. I Einflussfaktoren auf das Entstehen psychischer Störung. I KIGGS-Studie. I Schutz- und Risikofaktoren. I klinischer Alltag Gliederung I Einflussfaktoren auf das Entstehen psychischer Störung I KIGGS-Studie I Schutz- und Risikofaktoren I klinischer Alltag Weshalb immer mehr Kinder und Jugendliche vor psychischen Herausforderungen

Mehr

Almut Zeeck. Essstörungen. Wissen was stimmt

Almut Zeeck. Essstörungen. Wissen was stimmt Almut Zeeck Essstörungen Wissen was stimmt Inhalt 1. Einleitung 9 2. Was sind Essstörungen? 13»Essstörungen sind ein Spleen junger Frauen«Verschiedene Formen der Erkrankung 13»Magersüchtige haben nie Hunger«Über

Mehr

Gewichtsentwicklung. der Vorarlberger Kindergartenkinder 2010 / 11 bis 2013 / 14

Gewichtsentwicklung. der Vorarlberger Kindergartenkinder 2010 / 11 bis 2013 / 14 Gewichtsentwicklung der Vorarlberger Kindergartenkinder 2010 / 11 bis 2013 / 14 und der Schülerinnen und Schüler aus Vorarlberger Volks- und Mittelschulen sowie polytechnischen und sonderpädagogischen

Mehr

10 Wozu dienen die KiGGS-Perzentile für anthropometrische Maßzahlen und Blutdruck?

10 Wozu dienen die KiGGS-Perzentile für anthropometrische Maßzahlen und Blutdruck? 112 Anthropometrie und Blutdruck Wozu dienen die KiGGS-Perzentile? ROBERT KOCH-INSTITUT 10 Wozu dienen die KiGGS-Perzentile für anthropometrische Maßzahlen und Blutdruck? Die KiGGS-Daten verbessern deutlich

Mehr

Kinder als Angehörige psychisch Kranker

Kinder als Angehörige psychisch Kranker Kinder als Angehörige psychisch Kranker Eva Brockmann Dipl.- Sozialpädagogin /-arbeiterin Wissenschaftliche Mitarbeiterin www.katho-nrw.de Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen Abteilung Paderborn

Mehr

8 Mediennutzung. 8.1 Medienausstattung

8 Mediennutzung. 8.1 Medienausstattung 8 Mediennutzung Im ersten Teil dieses Kapitels wird dargestellt, ob die befragten Kinder Zugang zu Computern, Internet, Mobil-, Smartphone oder Tablet haben und wie oft sie das Internet nutzen. Daran anschließend

Mehr

Perspektiven der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. 26. Mai 2009 - Berlin Peter Lehndorfer

Perspektiven der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie. 26. Mai 2009 - Berlin Peter Lehndorfer Perspektiven der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie 26. Mai 2009 - Berlin Peter Lehndorfer 1 2 Übersicht Bestandsaufnahme Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutische Versorgung Perspektiven Zukunft

Mehr

Agenda. 1. Gesundheitsgipfel 2008 Prävention und Gesundheitsförderung. Der Einfluss des Führungsverhaltens auf die Gesundheit der Beschäftigten

Agenda. 1. Gesundheitsgipfel 2008 Prävention und Gesundheitsförderung. Der Einfluss des Führungsverhaltens auf die Gesundheit der Beschäftigten 1. Gesundheitsgipfel 2008 Prävention und Gesundheitsförderung Der Einfluss des Führungsverhaltens auf die Gesundheit der Beschäftigten Prof. Dr. Jochen Prümper Agenda Einleitung Führung und Gesundheit

Mehr

Beratung für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil

Beratung für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil Beratung für Familien mit einem psychisch erkrankten Elternteil Psychiatrische Institutsambulanz Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II am Bezirkskrankenhaus Günzburg Ärztlicher Direktor: Prof. Dr.

Mehr

der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP)

der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP) des Berufsverbandes für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie

Mehr

2.7 Störungen des Essverhaltens. Im Überblick

2.7 Störungen des Essverhaltens. Im Überblick Störungen des Essverhaltens Gesundheit und Krankheit 51 2.7 Störungen des Essverhaltens Im Überblick Bei einem Fünftel der Kinder und Jugendlichen zwischen 11 und 17 Jahren finden sich Hinweise auf ein

Mehr

Prügelknabe oder Angstbeißer Zu- Mutungen!?

Prügelknabe oder Angstbeißer Zu- Mutungen!? Prügelknabe oder Angstbeißer Zu- Mutungen!? Kinder und Jugendliche mit Störung des Sozialverhaltens was hilft? 20.03.2013 Dr. Isabel Böge, ZfP Südwürttemberg Struktur: Definitionen Symptome Behandlungsmöglichkeiten

Mehr

Alleinerziehende arm und krank? Prof. Dr. Angela Gosch & Prof. Dr. Christian Janßen, Hochschule München 9. Juli 2013, München

Alleinerziehende arm und krank? Prof. Dr. Angela Gosch & Prof. Dr. Christian Janßen, Hochschule München 9. Juli 2013, München Alleinerziehende arm und krank? Prof. Dr. Angela Gosch & Prof. Dr. Christian Janßen, Hochschule München 9. Juli 2013, München Gliederung 1. Alleinerziehende und ihre soziale Lage 2. Gesundheitliche Situation

Mehr

Methodenlehreklausur 2/02 Name: 1. Bearbeitungszeit: 2 Stunden 30 Minuten. Teil I: Offenes Beispiel

Methodenlehreklausur 2/02 Name: 1. Bearbeitungszeit: 2 Stunden 30 Minuten. Teil I: Offenes Beispiel Methodenlehreklausur 2/02 Name: 1 Bearbeitungszeit: 2 Stunden 30 Minuten Teil I: Offenes Beispiel Hannover, B. (1997). Zur Entwicklung des geschlechtsrollenbezogenen Selbstkonzepts: Der Einfluss maskuliner

Mehr

Emotionale Störungen und Verhaltensauffälligkeiten im Vorschulalter Ergebnisse einer Studie von Dortmunder Kindergartenkindern

Emotionale Störungen und Verhaltensauffälligkeiten im Vorschulalter Ergebnisse einer Studie von Dortmunder Kindergartenkindern Emotionale Störungen und sauffälligkeiten im Vorschulalter Ergebnisse einer Studie von Dortmunder Kindergartenkindern Projektleiterin Prof. Dr. Silvia Denner Zeitraum 2/3 Kooperation Jugendamt Dortmund,

Mehr

Rauchen bis kurz vor Bekanntwerden einer Schwangerschaft: Physiologische Beeinträchtigung im Kindergartenalter?

Rauchen bis kurz vor Bekanntwerden einer Schwangerschaft: Physiologische Beeinträchtigung im Kindergartenalter? Rauchen bis kurz vor Bekanntwerden einer Schwangerschaft: Physiologische Beeinträchtigung im Kindergartenalter? Marc Jarczok, Sven Schneider, Joachim E. Fischer, Freia De Bock 1 Mannheimer Institut für

Mehr

Verständnis als Voraussetzung von Handeln -

Verständnis als Voraussetzung von Handeln - Verständnis als Voraussetzung von Handeln - Die aktuelle Versorgungssituation der Demenzkranken in Deutschland Prof. Dr. H. Gutzmann Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie 1 Die

Mehr

Drehtüreffekte und Zwangsmaßnahmen gibt es Alternativen? Sicht: Kinder- und Jugendpsychiatrie DIJuF 9.12.2014

Drehtüreffekte und Zwangsmaßnahmen gibt es Alternativen? Sicht: Kinder- und Jugendpsychiatrie DIJuF 9.12.2014 Drehtüreffekte und Zwangsmaßnahmen gibt es Alternativen? Sicht: Kinder- und Jugendpsychiatrie DIJuF 9.12.2014 Prof. Dr. Michael Kölch Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,

Mehr

Warum ist das Thema Bewegung während der Pubertät so wichtig?

Warum ist das Thema Bewegung während der Pubertät so wichtig? Faktenblatt Kopenhagen, 29. April 2012 Warum ist das Thema Bewegung während der Pubertät so wichtig? Körperliche Betätigung ist lang- wie kurzfristig für die physische und psychische Gesundheit von entscheidender

Mehr

TK-News. Informationen für die Presse. Psychotherapeuten gründen Online-Netzwerk

TK-News. Informationen für die Presse. Psychotherapeuten gründen Online-Netzwerk Psychotherapeuten gründen Online-Netzwerk München, 15. Februar 2008. Bis zu sechs Monate müssen Patienten auf einen Termin bei einem Psychotherapeuten warten; dabei ist es gerade bei Krankheiten wie Depressionen

Mehr

Bipolar oder nicht bipolar?

Bipolar oder nicht bipolar? Kinder- und jugendpsychiatrisches Kolloquium Bipolar oder nicht bipolar? Affektive Dysregulation bei Kindern und Jugendlichen SS 2012 Mittwoch, 5. September 2012 17:00 bis 18:30 Uhr Uschi Dreiucker / PIXELIO

Mehr

Das Überleitungsmanagement der postoperativen Akutschmerztherapie von Fraktur-Patienten in die ambulante Weiterbehandlung

Das Überleitungsmanagement der postoperativen Akutschmerztherapie von Fraktur-Patienten in die ambulante Weiterbehandlung Das Überleitungsmanagement der postoperativen Akutschmerztherapie von Fraktur-Patienten in die ambulante Weiterbehandlung Christian J. P. Simanski 1, Carolin Bruns 2, Rolf Lefering 2, Edmund A.M. Neugebauer

Mehr

Übergewicht im Kanton Zürich

Übergewicht im Kanton Zürich Übergewicht im Kanton Zürich Resultate aus dem Zürcher Übergewichtsbericht Hanspeter Stamm Lamprecht und Stamm SFB AG Zürich Datenlage Überblick SituaConsanalyse und Entwicklung: Übergewicht bei den Erwachsenen

Mehr

Die Rolle der Väter im Begleiteten Umgang

Die Rolle der Väter im Begleiteten Umgang Die Rolle der Väter im Begleiteten Umgang am Beispiel des Begleiteten Umgangs im Zentrum Aktiver Bürger Nürnberg beim 13. Offenen Forum Familie zum Thema Die Väterdiskussion - Ansätze für ein neues Verständnis

Mehr

PSYCHOSOMATISCHE KRANKHEITEN. Prof. Dr. Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation Universität Bremen

PSYCHOSOMATISCHE KRANKHEITEN. Prof. Dr. Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation Universität Bremen PSYCHOSOMATISCHE KRANKHEITEN Prof. Dr. Franz Petermann Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation Universität Bremen Psychosomatische Krankheiten Störungen, die mit körperlichen Symptomen einhergehen,

Mehr

Auswertung der Online- Lärmumfrage des Umweltbundesamtes

Auswertung der Online- Lärmumfrage des Umweltbundesamtes INFORMATION 14.04.2011 Auswertung der Online- Lärmumfrage des Umweltbundesamtes Impressum Herausgeber: Umweltbundesamt Wörlitzer Platz 1 06844 Dessau-Roßlau E-Mail: pressestelle@uba.de Internet: www.umweltbundesamt.de

Mehr

- Kindergarten Mobil -

- Kindergarten Mobil - Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft Abt. Bewegungs- und Gesundheitsförderung - Kindergarten Mobil - PD Dr. med. Dr. Sportwiss. C. Graf, Dipl.-Sportwiss. B. Koch Dipl.-Sportwiss. Daniel Klein

Mehr

ANHANG. A) Erhebungsinstrumente

ANHANG. A) Erhebungsinstrumente ANHANG A) Erhebungsinstrumente Im Folgenden werden die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung eingesetzten Instrumente vorgestellt. Die jeweiligen Skalen wurden im Anschluss an Faktorenanalysen, inhaltliche

Mehr

Abstract Professor Dr. Holger Ziegler Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld

Abstract Professor Dr. Holger Ziegler Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld Abstract Professor Dr. Holger Ziegler Fakultät für Erziehungswissenschaft, Universität Bielefeld Auswirkungen von Alleinerziehung auf Kinder in prekärer Lage - 1 - Einleitung Der Familienstatus Alleinerziehung

Mehr

1.3 Zusammenfassung und Ausblick 26. 2 Medizinische Grundlagen des Diabetes mellitus 27

1.3 Zusammenfassung und Ausblick 26. 2 Medizinische Grundlagen des Diabetes mellitus 27 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis I Abbildungsverzeichnis VIII Tabellenverzeichnis IX Abkürzungsverzeichnis XI Zusammenfassung 1 Abstract 3 Einleitung 5 I. Stand der Forschung 9 1 Depressive Störungen

Mehr

Titel. Untertitel. Gesundheit und Lebensstil von Jugendlichen der Stadt Zürich: Resultate der Schülerbefragung 2012/13

Titel. Untertitel. Gesundheit und Lebensstil von Jugendlichen der Stadt Zürich: Resultate der Schülerbefragung 2012/13 Titel Untertitel Gesundheit und Lebensstil von Jugendlichen der Stadt Zürich: Resultate der Schülerbefragung 2012/13 Befragungsdesign - Population / Grundgesamtheit Alle Schüler/innen aus allen 7 Schulkreisen

Mehr

Tab. 5-9 Auswahl bevorzugter Ansprechpartner bei Depressionen

Tab. 5-9 Auswahl bevorzugter Ansprechpartner bei Depressionen 71 nungen (3 ) hinaus. Womöglich spielt die hier im Gegensatz zu den anderen genannten Störungsbildern reale Todesnähe eine größere Rolle, eventuell verbunden mit dem Wunsch, in der Religiosität Zuflucht

Mehr

Einführung Klinische Sozialarbeit

Einführung Klinische Sozialarbeit Einführung Klinische Sozialarbeit Vorlesung Klinische Psychologie therapeutische Grundlagen psychosozialer Fallarbeit Prof. Dr. Ralph Viehhauser Kurzcharakteristik Klinische Sozialarbeit Klinische Sozialarbeit

Mehr

Ein Fragebogen zum Selbsttest bei psychischen Problemen

Ein Fragebogen zum Selbsttest bei psychischen Problemen Ein Fragebogen zum Selbsttest bei psychischen Problemen Der folgende Fragebogen enthält Aussagen über Beschwerden und Probleme, die bei vielen Menschen im Laufe des Lebens auftreten. Dabei beschränken

Mehr

Was brauchen Eltern von POS/ADHS betroffenen Kinder? Welche Unterstützungen sind wichtig? Jeannette de Roten, elpos Schweiz Chur, 01.12.

Was brauchen Eltern von POS/ADHS betroffenen Kinder? Welche Unterstützungen sind wichtig? Jeannette de Roten, elpos Schweiz Chur, 01.12. Was brauchen Eltern von POS/ADHS betroffenen Kinder? Welche Unterstützungen sind wichtig? Welche Unterstützungen sind wirklich wichtig? I. abklären II. aufklären & erklären III. auswählen der Behandlung

Mehr

Patientenzufriedenheit

Patientenzufriedenheit Patientenzufriedenheit Ergebnisse einer repräsentativen Studie in der ambulanten ärztlichen Versorgung Berlin, den 16. 06. 2010 Dr. Frank Verheyen Ausgangslage g g Einblicke in die Bedürfnisse und Einstellungen

Mehr

Praxisratgeber zur Betreuung und Beratung von

Praxisratgeber zur Betreuung und Beratung von FORUM VERLAG HERKERT GMBH Mandichostraße 18 86504 Merching Telefon: 08233/381-123 E-Mail: service@forum-verlag.com www.forum-verlag.com Praxisratgeber zur Betreuung und Beratung von Kindern und Jugendlichen

Mehr

Inhalt. Belastungen und Unterstützungsbedarfe von Eltern mit kleinen Kindern mit Behinderung. Behinderung. Behinderung

Inhalt. Belastungen und Unterstützungsbedarfe von Eltern mit kleinen Kindern mit Behinderung. Behinderung. Behinderung Belastungen und Unterstützungsbedarfe von Eltern mit kleinen Kindern mit Behinderung Inhalt Behinderung Familie und Behinderung Fachtag Familien unterstützen Zusammenarbeit stärken Bad Nauheim 29.10.2012

Mehr

Essstörungen im Kindesund Jugendalter

Essstörungen im Kindesund Jugendalter Leitthema: Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 50:794 799 DOI 10.1007/s00103-007-0242-6 Springer Medizin Verlag 2007 H.

Mehr

Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Instrumente von DISYPS-II:

Tabelle 1 gibt eine Übersicht über die Instrumente von DISYPS-II: Döpfner, Görtz-Dorten & Lehmkuhl (2000): Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter nach ICD-10 und DSM- IV (DISYPS-II). Bern: Huber Weitere Informationen und Bezug: http://www.testzentrale.de/programm/diagnostik-system-fur-psychische-storungen-nach-icd-10-

Mehr

BPtK-Studie: Psychische Erkrankungen und gesundheitsbedingte Frühverrentung Statement Prof. Dr. Rainer Richter

BPtK-Studie: Psychische Erkrankungen und gesundheitsbedingte Frühverrentung Statement Prof. Dr. Rainer Richter BPtK-Studie: Psychische Erkrankungen und gesundheitsbedingte Frühverrentung Statement Prof. Dr. Rainer Richter Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer Sehr geehrte Damen und Herren, die Bundespsychotherapeutenkammer

Mehr

Resilienz Kinder widerstandsfähig machen

Resilienz Kinder widerstandsfähig machen Resilienz Kinder widerstandsfähig machen Dr. Edith Wölfl Sonderschulrektorin, Wichern-Zentrum, München Definition Psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber biologischen, psychologischen und psycholsozialen

Mehr

Dschungel Psychotherapie - Antworten auf die wichtigsten Fragen

Dschungel Psychotherapie - Antworten auf die wichtigsten Fragen Dschungel Psychotherapie - Antworten auf die wichtigsten Fragen von Dr. Christine Amrhein und Fritz Propach In diesem Dossier behandeln wir u.a. folgende Themen: Was ist Psychotherapie? Was ist ein Psychotherapeut?

Mehr

Carsten G. Ullrich (Universität Mannheim): Die Reichweite der Solidarität Die soziale Akzeptanz der Arbeitslosenversicherung

Carsten G. Ullrich (Universität Mannheim): Die Reichweite der Solidarität Die soziale Akzeptanz der Arbeitslosenversicherung Carsten G. Ullrich (Universität Mannheim): Die Reichweite der Solidarität Die soziale Akzeptanz der Arbeitslosenversicherung WSI-Herbstforum, Berlin 2005 thesenförmige Zusammenfassung (1) Vorbemerkung:

Mehr

Die unterschätzte Bedrohung: Öffentliche Wahrnehmung zur Fettleibigkeit in Europa

Die unterschätzte Bedrohung: Öffentliche Wahrnehmung zur Fettleibigkeit in Europa Die unterschätzte Bedrohung: Öffentliche Wahrnehmung zur Fettleibigkeit in Europa ZUSAMMENFASSUNG FÜR DEUTSCHLAND Durchgeführt von der unabhängigen Strategieberatung Opinium in Zusammenarbeit mit der Europäischen

Mehr

Recht - kurz gefasst

Recht - kurz gefasst Recht - kurz gefasst Leitfaden für einen erfolgversprechenden Antrag beim Jugendamt Diagnostik in Form eines Gutachtens mit Diagnose nach der internationalen Klassifikation von Krankheiten und Gesundheitsproblemen

Mehr

Umgang mit Essstörungen in Schule und Familie

Umgang mit Essstörungen in Schule und Familie Umgang mit Essstörungen in Schule und Familie Dr. phil. Binia Roth Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst Bruderholz Essen und Emotionen Essen ist eng mit Kultur, unserer Erziehung und mit Emotionen

Mehr

Statuskonferenz ADHS 08.12.-09.12.2014

Statuskonferenz ADHS 08.12.-09.12.2014 Statuskonferenz ADHS 08.12.-09.12.2014 Das zentrale adhs-netz (zan) ist ein bundesweites, interdisziplinäres Netzwerk zu ADHS hat die Unterstützung eines umfassenden Gesundheitsmanagements für Menschen

Mehr

Frühintervention: Zielgruppen und Zuständigkeiten. Frühintervention bei jugendlichen Rauschtrinkern

Frühintervention: Zielgruppen und Zuständigkeiten. Frühintervention bei jugendlichen Rauschtrinkern Frühintervention: Zielgruppen und Zuständigkeiten Frühintervention bei jugendlichen Rauschtrinkern Funktioneller Landesverband der Landwirtschaftlichen Krankenkassen & Pflegekassen in Bayern Bayerische

Mehr

Fachtagung Wittlich Sucht und Elternschaft Brigitte Münzel, Fortbildung Supervision Coaching

Fachtagung Wittlich Sucht und Elternschaft Brigitte Münzel, Fortbildung Supervision Coaching Fachtagung Wittlich Sucht und Elternschaft 1 Epidemiologie 14 % der Schwangeren konsumieren gelegentlich Alkohol in der Schwangerschaft (Bergmann et. al. 2007) Alkoholkonsum in der Schwangerschaft gilt

Mehr

Verlassen Sie den Teufelskreislauf

Verlassen Sie den Teufelskreislauf Verlassen Sie den Teufelskreislauf Wir begleiten Sie! Den Teufelskreislauf verlassen: Wo ist der Ausgang? Menschen mit chronischen Schmerzen haben einen großen Leidensdruck. Ihr Alltag insbesondere ihre

Mehr

KLI N I K IN ZÜRICH FÜR AKUTGERIATRIE, REHABILITATION UND PALLIATIVE CARE. Schreberweg 9, 8044 Zürich, Telefon 044 268 38 38

KLI N I K IN ZÜRICH FÜR AKUTGERIATRIE, REHABILITATION UND PALLIATIVE CARE. Schreberweg 9, 8044 Zürich, Telefon 044 268 38 38 KLI N I K IN ZÜRICH FÜR AKUTGERIATRIE, REHABILITATION UND Schreberweg 9, 8044 Zürich, Telefon 044 268 38 38 Drei Säulen zum Wohle des Patienten: AKUTGERIATRIE Gesundheit und Eigenständigkeit im Alter REHABILITATION

Mehr

LWL-Klinik Lengerich DEPRESSION. und Selbstmordgefährdung. Dr. med. Ulrike Gotthardt Behandlungszentrum für Hörgeschädigte. KoFo Essen 11.03.

LWL-Klinik Lengerich DEPRESSION. und Selbstmordgefährdung. Dr. med. Ulrike Gotthardt Behandlungszentrum für Hörgeschädigte. KoFo Essen 11.03. DEPRESSION und Selbstmordgefährdung Dr. med. Ulrike Gotthardt Behandlungszentrum für Hörgeschädigte LWL-Klinik Lengerich KoFo Essen 11.03.2009 Warum ist es notwendig, dass wir hier über DEPRESSIONEN sprechen?

Mehr

Die Bedeutung psychischer Störungen der Eltern für die kindliche Entwicklung

Die Bedeutung psychischer Störungen der Eltern für die kindliche Entwicklung Die Bedeutung psychischer Störungen der Eltern für die kindliche Entwicklung Priv. Dozentin Dr. med. Michele Noterdaeme Heckscher Klinikum für Kinder- und Jugendpsychiatrie. Psychosomatik. Psychotherapie

Mehr

Vergessene Kinder. Wo finden Kinder psychisch kranker Eltern Unterstützung? Dr. Elisabeth Horstkotte, MPH Gesundheitsamt Bremen

Vergessene Kinder. Wo finden Kinder psychisch kranker Eltern Unterstützung? Dr. Elisabeth Horstkotte, MPH Gesundheitsamt Bremen Vergessene Kinder Wo finden Kinder psychisch kranker Eltern Unterstützung? Dr. Elisabeth Horstkotte, MPH Gesundheitsamt Bremen 61. Wissenschaftlicher Kongress BVÖGD in Trier - 14.05.2011 Kinder psychisch

Mehr

Geringes Einkommen als Hürde beim Zugang zu Verhütung

Geringes Einkommen als Hürde beim Zugang zu Verhütung Cornelia Helfferich Geringes Einkommen als Hürde beim Zugang zu Verhütung Ergebnisse der Studie frauen leben 3 (im Auftrag der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung) Die Studie frauen leben 3.

Mehr

Eltern von Leselernern Informiertheit, Förderung, Konflikte. A. Schabmann & B. M. Schmidt Universität Wien

Eltern von Leselernern Informiertheit, Förderung, Konflikte. A. Schabmann & B. M. Schmidt Universität Wien Eltern von Leselernern Informiertheit, Förderung, Konflikte A. Schabmann & B. M. Schmidt Universität Wien Ausgangslage LRS werden häufig spät erkannt, weswegen Kinder entsprechend spät in Hilfe erhalten

Mehr

Psychotherapie bei Adipositas. Psychotherapie bei Adipositas

Psychotherapie bei Adipositas. Psychotherapie bei Adipositas Psychotherapie bei Adipositas Psychotherapie bei Adipositas Psychotherapie bei Adipositas Grundlegendes zur Adipositas-Therapie Behandlungsbedarf ab BMI 30 bzw. ab BMI 25 bei gesundheitlichen oder starken

Mehr

DSR Daten, Statistik, Risikobewertung AUSWERTUNG GAHS. Intervention + BMI

DSR Daten, Statistik, Risikobewertung AUSWERTUNG GAHS. Intervention + BMI DSR Daten, Statistik, Risikobewertung AUSWERTUNG GAHS + BMI Sophie-Helene Narath Klemens Fuchs Günter Polt Bericht Nr.: B09_003_DSR Freigegeben im April 09 Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit

Mehr

Durchgeführt von Badradin Arafat, zertifizierter Qualitätskoordinator nach dem GAB Verfahren zur Qualitätsentwicklung bei Trapez e.v.

Durchgeführt von Badradin Arafat, zertifizierter Qualitätskoordinator nach dem GAB Verfahren zur Qualitätsentwicklung bei Trapez e.v. Auswertung und Zufriedenheit durch Fragebögen aus Sicht der Eltern nach der Beendigung der SPFH und EB (systematische Evaluation und Entwicklungszusammenarbeit durch Fragebögen) bei Trapez e.v. Durchgeführt

Mehr

Abb. 3 In der Schule/im Unterricht langweile ich mich oft ( trifft voll zu / trifft eher zu )

Abb. 3 In der Schule/im Unterricht langweile ich mich oft ( trifft voll zu / trifft eher zu ) 8 1 Montessori- und Waldorfpädagogik im Praxistest Abb. 3 In der Schule/im Unterricht langweile ich mich oft ( trifft voll zu / trifft eher zu ) Abb. 4 Was wir in der Schule machen, finde ich meistens

Mehr

12 Teilnehmervoraussetzungen zum Umschulungsbeginn

12 Teilnehmervoraussetzungen zum Umschulungsbeginn Teilnehmervoraussetzungen zum Umschulungsbeginn 187 12 Teilnehmervoraussetzungen zum Umschulungsbeginn An dieser Stelle werden die wichtigsten Voraussetzungen beschrieben, die die Umschüler mit in die

Mehr

1. Relevanz der Thematik

1. Relevanz der Thematik Sexuelle Gewalt gegen Mädchen und junge Frauen Ausmaß, Folgen und Prävention Dr. Monika Schröttle Interdisziplinäres Zentrum für Frauenund Geschlechterforschung Universität Bielefeld Referat Fachtagung

Mehr

Soziale Vorstellungen über Steuern und EU-Steuern in Österreich

Soziale Vorstellungen über Steuern und EU-Steuern in Österreich Soziale Vorstellungen über n und -n in Österreich Gliederung Theorie compliance Soziale Repräsentationen (Vorstellungen) Soziale Identität Soziale Vorstellungen über n Studie Forschungsfragen Datenerhebung

Mehr

Reha-Leistungen zur Förderung der Erwerbsfähigkeit - Prädiktoren einer erfolgreichen medizinischen Rehabilitation

Reha-Leistungen zur Förderung der Erwerbsfähigkeit - Prädiktoren einer erfolgreichen medizinischen Rehabilitation Reha-Leistungen zur Förderung der Erwerbsfähigkeit - Prädiktoren einer erfolgreichen medizinischen Rehabilitation Mag. Dr. Karin Meng Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, AB Rehabilitationswissenschaften,

Mehr

Kinder aus suchtbelasteten Familien

Kinder aus suchtbelasteten Familien Kinder aus suchtbelasteten Familien Schulmedizinische Fortbildung, Solothurn, 22. August 2013 Silvia Steiner, Bereichsleiterin Prävention, Sucht Schweiz Nina, 12-jährig, beide Eltern alkoholabhängig Inhalte

Mehr

Interpersonelle Psychotherapie. von Klerman, Weissman, Rounsaville und Chevron

Interpersonelle Psychotherapie. von Klerman, Weissman, Rounsaville und Chevron Interpersonelle Psychotherapie von Klerman, Weissman, Rounsaville und Chevron Beeinträchtigung der zwischenmenschlichen Beziehungen und sozialen Rollen Depression Belastende Ereignisse im interpersonellen

Mehr

AURYN Frankfurt e.v. Hilfen für Kinder psychisch erkrankter Eltern

AURYN Frankfurt e.v. Hilfen für Kinder psychisch erkrankter Eltern AURYN Frankfurt e.v. Hilfen für Kinder psychisch erkrankter Eltern Susanne Schlüter-Müller Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Frankfurt 1. Vorsitzende von AURYN Frankfurt e.v.

Mehr

Risikoassessment: Misshandlung/Vernachlässigung pflegebedürftiger Menschen im häuslichen Bereich 1

Risikoassessment: Misshandlung/Vernachlässigung pflegebedürftiger Menschen im häuslichen Bereich 1 Risikoassessment: Misshandlung/Vernachlässigung pflegebedürftiger Menschen im häuslichen Bereich 1 Pflegehaushalt (Name der Klientin/des Klienten) Alter der pflegenden Person Jahre; Geschlecht: m / w Alter

Mehr

Fragebogenauswertung zum Informatiklehrertag Bayern 2009 (ILTB 2009)

Fragebogenauswertung zum Informatiklehrertag Bayern 2009 (ILTB 2009) Fragebogenauswertung zum Informatiklehrertag Bayern 2009 (ILTB 2009) 1. Auswertung der personenbezogenen Daten Insgesamt besuchten 271 Lehrerinnen und Lehrer aus ganz Bayern und Oberösterreich die Universität

Mehr

Psychopathologie im Kindes und Jugendalter. Einführung. Tobias Renner

Psychopathologie im Kindes und Jugendalter. Einführung. Tobias Renner Psychopathologie im Kindes und Jugendalter Einführung Tobias Renner Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter Universität Tübingen Wintersemester 2013/14 22.10.2013 KIGGS Epidemiologische

Mehr

M. Döpfner. Institut der Christoph-Dornier- Stiftung für Klinische Psychologie an der Universität zu Köln Wiss. Leiter: Prof. Dr. M.

M. Döpfner. Institut der Christoph-Dornier- Stiftung für Klinische Psychologie an der Universität zu Köln Wiss. Leiter: Prof. Dr. M. Ausbildungsinstitut für Kinder Jugendlichenpsychotherapie an der Uniklinik Köln (AKiP) Institutsleitung Prof. Dr. Manfred Döpfner, Dipl.-Psych. AKiP-Ambulanz Dr. Lydia Suhr-Dachs, Dipl.-Psych. Hildegard

Mehr

Seminar: Schizophrenie: Intervention. Dr. V. Roder, FS 2009. Psychoedukation. Nadine Wolfisberg

Seminar: Schizophrenie: Intervention. Dr. V. Roder, FS 2009. Psychoedukation. Nadine Wolfisberg Seminar: Schizophrenie: Intervention Dr. V. Roder, FS 2009 Psychoedukation Nadine Wolfisberg 28. April 2009 Definition Psychoedukation Ziele der Psychoedukation Verschiedene Methoden Praktische Durchführung:

Mehr

Kinder psychisch kranker Eltern präventive Ansätze

Kinder psychisch kranker Eltern präventive Ansätze 62. Gütersloher Fortbildungstage, 20.-22. September 2011 Kinder psychisch kranker Eltern präventive Ansätze Fakultät für Bildungswissenschaften AG Sozialisationsforschung Miriam Schmuhl MPH Gliederung

Mehr

Subjektive Krankheitsannahmen HIV (Illness Perception Questionnaire R HIV)

Subjektive Krankheitsannahmen HIV (Illness Perception Questionnaire R HIV) Name/Code: Datum: Subjektive Krankheitsannahmen HIV (Illness Perception Questionnaire R HIV) Mit diesem Fragebogen sollen Ihre persönlichen Annahmen und Vermutungen über ihre HIV- Erkrankung erfragt werden.

Mehr

Zusammenhang von sozialer Lage und Teilnahme an Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche

Zusammenhang von sozialer Lage und Teilnahme an Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche Dr. Dietrich Engels ISG Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik Zusammenhang von sozialer Lage und Teilnahme an Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten für Kinder und Jugendliche Gliederung:

Mehr

KJPPP Behandlung der agersucht

KJPPP Behandlung der agersucht Behandlung der Magersucht im Kindes- und Jugendalter - ein stationäres Therapiekonzept Dr. med. Karin Egberts Klinik ik für Kinder- und dj Jugendpsychiatrie, ti Psychosomatik und Psychotherapie Universität

Mehr

Anorexia nervosa und andere Essstörungen

Anorexia nervosa und andere Essstörungen Anorexia nervosa und andere Essstörungen Alexander von Gontard Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinikum des Saarlandes Homburg Diäten Diät: Risikofaktor für Ess-Störung

Mehr

Info_zur_Lage_der_Kinder_in_Industrielaendern_2013.pdf; ReportCard11-Child-well-being-in-rich-countries.pdf

Info_zur_Lage_der_Kinder_in_Industrielaendern_2013.pdf; ReportCard11-Child-well-being-in-rich-countries.pdf Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie und der Stiftung Achtung! Kinderseele, zum UNICEF Bericht zur Lage der Kinder in Industrieländern

Mehr

Gesundheitliche Situation alleinerziehender Mütter und Väter. Dipl. Geografin Renate Müller, Berlin

Gesundheitliche Situation alleinerziehender Mütter und Väter. Dipl. Geografin Renate Müller, Berlin Gesundheitliche Situation alleinerziehender Mütter und Väter Dipl. Geografin Renate Müller, Berlin Inhalte: 1. Begriffsbestimmungen 1.1 Gesundheit WHO-Definition 1.2 Alleinerziehende 2. Familienform Alleinerziehend

Mehr

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen

Psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen Leitthema: Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundheitssurveys Bundesgesundheitsbl - Gesundheitsforsch - Gesundheitsschutz 2007 50:871 878 DOI 10.1007/s00103-007-0250-6 Springer Medizin Verlag 2007 U.

Mehr

Psychosoziales Funktionsniveau und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen mit Anorexia nervosa - 8 Jahre nach Beginn der Erkrankung

Psychosoziales Funktionsniveau und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen mit Anorexia nervosa - 8 Jahre nach Beginn der Erkrankung Psychosoziales Funktionsniveau und Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen mit Anorexia nervosa - 8 Jahre nach Beginn der Erkrankung Heiser P, Fleischhaker C, Schultheiß N, Rauh R, Biscaldi-Schäfer

Mehr

Der Weg in die Suchtrehabilitation: was hindert was motiviert Klientinnen und Klienten? Ergebnisse eines mitteldeutschen Forschungsprojektes

Der Weg in die Suchtrehabilitation: was hindert was motiviert Klientinnen und Klienten? Ergebnisse eines mitteldeutschen Forschungsprojektes Der Weg in die Suchtrehabilitation: was hindert was motiviert Klientinnen und Klienten? Ergebnisse eines mitteldeutschen Forschungsprojektes Institut für Sucht- und Abhängigkeitsfragen (ISA) an der Theologischen

Mehr

Themenvorschläge für BA- und MA-Arbeiten am Lehrstuhl für empirische Sozialforschung und Demographie

Themenvorschläge für BA- und MA-Arbeiten am Lehrstuhl für empirische Sozialforschung und Demographie Themenvorschläge für BA- und MA-Arbeiten am Lehrstuhl für empirische Sozialforschung und Demographie Hinweise: Alle Vorschläge können gerne abgewandelt oder kombiniert werden. Wenden Sie sich bei Interesse

Mehr

Auswirkungen von Alkoholwerbung auf den jugendlichen Alkoholkonsum

Auswirkungen von Alkoholwerbung auf den jugendlichen Alkoholkonsum Studienergebnisse Auswirkungen von Alkoholwerbung auf den jugendlichen Alkoholkonsum Eine Befragung Schweizer Jugendlicher und ihrer Eltern Vorgestellt durch: Dr. Stefan Poppelreuter TÜV Rheinland Consulting

Mehr

Gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung in der Gemeinde - Perspektiven für die Behindertenhilfe

Gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung in der Gemeinde - Perspektiven für die Behindertenhilfe Gesundheitliche Versorgung von Menschen mit Behinderung in der Gemeinde - Perspektiven für die Behindertenhilfe Workshop am 13./14.11.2009 im Diakonischen Werk der EKD, Berlin Good Practice: Beispiele

Mehr

Depression bei Kindern und Jugendlichen

Depression bei Kindern und Jugendlichen Depression bei Kindern und Jugendlichen www.suchtpraevention.nuernberg.de Liebe Eltern und Jugendliche, sehr geehrte Fachkräfte, Nürnberger Beratungsstellen und die Stadt Nürnberg haben die Erfahrung gemacht,

Mehr