Kartierung von Brutvögeln und Amphibien in Obernkirchen im Bereich des B-Planes O39 und auf angrenzende Flächen
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- Wolfgang Baumann
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1 Kartierung von Brutvögeln und Amphibien in Obernkirchen im Bereich des B-Planes O39 und auf angrenzende Flächen Sumpfrohrsänger Auftraggeber: Stadt Obernkirchen Fachbereich I Marktplatz Obernkirchen Auftragnehmer: Dipl.-Biol., Dipl.- Ing. Thomas Brandt Im Ellernbusch Pollhagen tbrandt-pollhagen@t-online.de
2 Einleitung Auf dem vom Auftraggeber überplanten Grundstück in der Nottstraße in Obernkirchen/Röhrkasten wurden Brutvögel und Amphibien erfasst. Die Notwendigkeit ergibt sich u. a. aus den Vorgaben des 44 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG). Gemäß dieser Vorgabe gilt für besonders geschützte Tierarten sowohl ein Tötungsverbot als auch ein Verbot der Vernichtung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Streng geschützte Arten dürfen darüber hinaus nicht gestört werden, wenn eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der betreffenden Population anzunehmen ist (Auszug aus dem BNatSchG s. Anhang II). Untersuchungsgebiet Das Untersuchungsgebiet umfasst die gesamte Fläche zwischen der Nottstraße und der Nottbeeke in Obernkirchen sowie die direkt angrenzenden Grundstücke soweit sie einsehbar waren. Entlang der Nottstraße wächst auf der gesamten Länge des überplanten Gebietes eine Hecke aus heimischen Gehölzen wie Schlehe Prunus spinosa, Feldahorn Acer campestre, Eberesche Sorbus aucuparia oder Gemeinen Schneeball Viburnum opulus sowie aus Ziergehölzen. Zum Zeitpunkt der ersten Begehung stellte sich das überplante Grundstück weitgehend als Grünlandbrache bzw. ungemähte Wiese mit einem sehr hohen Gräseranteil dar. Im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes liegt ein Geschützter Biotop (Sumpf) mit Dominanzen aus Mädesüß (Filipendula ulmaria). Um das geschützte Biotop wachsen vereinzelt Gehölze (Walnuss Juglans regia, Weiden Salix spp., Gemeiner Schneeball Viburnum opulus) und Stauden auf (z. B. Goldrute Solidago canadensis). Der Biotop wird in den Nottbach entwässert (s.u.). Der begradigte Nottbach fließt durch ein bis zu 1,5 m tief eingeschnittenes Bachbett mit substrathaltiger Bachsohle und einem teilweise naturnahen Bewuchs. Methode Brutvögel Die überplante Fläche wurde im Juni und Juli 2016 insgesamt drei Mal zur Erfassung der Brutvögel und zwei Mal zur Erfassung der Amphibienfauna begangen. Es wurden alle Vögel kartiert, die auf der überplanten Fläche bzw. in 30 m (Bebauung) bzw. 100 m Entfernung (Offenland) anwesend waren. Die Kartierung der Brutvögel erfolgte in Anlehnung an SÜDBECK et al Es wird darauf hingewiesen, dass aufgrund der späten Auftragsvergabe (21. Juni 2016) eine Kartierung von Brutvögeln erschwert war. Vögel, die ihre Bruten mittlerweile abgebrochen haben, können oft nicht mehr festgestellt werden. Da die überplante Fläche bis zum Kartierungsbeginn nicht genutzt wurde, ist davon auszugehen, dass zumindest ein Großteil der Brutvögel erfasst 2
3 werden konnte. Alle festgestellten Arten wurden aufgrund der geringen Kartierungsdichte und aufgrund des späten Kartierungsbeginns dem Status Brutverdacht zugeordnet. Die einzige Ausnahme ist der Rotmilan, dessen Brüten auf der untersuchten Fläche aufgrund fehlender geeigneter Nestbäume nicht möglich ist. Die Art wird somit als Nahrungsgast eingestuft. Die Gefährdungseinstufung erfolgt anhand der aktuellen Roten Liste der gefährdeten Brutvögel Niedersachsens (KRÜGER & NIPKOW 2015) für die Region Bergland/Börden, der Bundesrepublik Deutschland (GRÜNEBERG et al. 2015), der jeweilige Schutzstatus ist THEUNERT (2008) entnommen. Amphibien Die Kartierung der Amphibien erfolgte bei mäßig warmer Witterung am 26. Juni und am 30. Juni. Zum Zeitpunkt der Kartierungen war die Laichperiode saisonal bedingt bei den meisten häufigen Arten bereits abgeschlossen. Das Gewässer im Geschützen Biotop hielt nur wenig Wasser, so dass ein Abkäschern nicht möglich war. Anhand der noch erkennbaren Bodenrisse war zu vermuten, dass das Gewässer - forciert durch eine relativ frische und vermutlich illegale Anlage eines Entwässerungsgrabens - bereits zuvor ausgetrocknet war und ggf. darin lebende Larven vor der Kartierung umgekommen sind (s.u.). Die Nottbeeke wurde auf der gesamten Länge des angrenzenden Grünlandes begangen und begutachtet. Das Grünland wurde abgelaufen, um an Land lebende Amphibienarten feststellen zu können. Der Gefährdungsstatus und der Schutzstatus wurden PODLOUCKY & FISCHER (2013) entnommen. Ergebnisse Brutvögel Bei den Kartierungen wurden auf der überplanten Fläche und angrenzend 17 Vogelarten nachgewiesen. Von diesen sind zwei Arten (Rotmilan, Grünspecht) streng geschützt, alle Arten sind besonders geschützt. Vier der Arten sind in der aktuellen Roten Liste der Vögel Niedersachsens (KRÜGER & NIPKOW 2015) gelistet, der Rotmilan und Rebhuhn in Kategorie 2 (stark gefährdet), Feldlerche und Bluthänfling in Kategorie 3 (gefährdet). Die Einstufungen für die Region Bergland/Börden entsprechen jeweils der landesweiten Einstufung. Bis auf den Rotmilan entspricht die Einstufung auch der aktuellen Roten Liste der Vögel Deutschlands (GRÜNEBERG et al. 2015), der Rotmilan wird hier allerdings in der Vorwarnliste (V) geführt. 3
4 Tab. 1: Im Untersuchungsgebiet nachgewiesene Brutvogelarten und Nahrungsgäste sowie deren Status in den Roten Listen der Vögel Niedersachsens und Deutschlands (Quellen s. Text) und Schutzstatus (nach THEUNERT 2008); mit BV= Brutverdacht, NG= Nahrungsgast Brutvögel Rebhuhn Perdix perdix Rotmilan Milvus milvus Grünspecht Picus viridis Elster Pica pica Feldlerche Alauda arvensis Sumpfrohrsänger Acrocephalus palustris Klappergrasmücke Sylvia curruca Dorngrasmücke Sylvia communis Mönchsgrasmücke Sylvia atricapilla Amsel Turdus merula Wacholderdrossel Turdus pilaris Wiesenschafstelze Motacilla flava Zilpzalp Phylloscopus collybita Heckenbraunelle Prunella modularis Buchfink Fringilla coelebs Grünfink Carduelis chloris Bluthänfling Carduelis cannabina BV NG Rote Liste Nds.-B/B Rote-Liste BRD Schutzstatus n n Kategorie Kategorie besonders geschützt V streng geschützt 1 streng geschützt besonders geschützt 3 besonders geschützt 2 besonders geschützt 2 besonders geschützt 1 - besonders geschützt besonders geschützt 4
5 Amphibien Während der Kartierungen konnten insgesamt sieben Grasfrösche Rana temporaria nachgewiesen werden. Vier Individuen darunter waren vorjährige Tiere, drei waren ausgewachsen. Alle sieben Individuen befanden sich an Land auf der Grünlandfläche. Andere Arten konnten nicht gefunden werden, allerdings war der Nachweis aufgrund der Entwässerungsmaßnahmen im Gewässer auch nicht möglich. Die Kontrollen des Nottbaches ergaben keine Hinweise auf ein Vorkommen des Feuersalamanders (Salamandra salamandra). Ein Vorkommen ist aufgrund der geringen Untersuchungsintensität jedoch nicht komplett auszuschließen. Die Kontrolle des nur wenig Wasser führenden Geschützten Biotopes ergab keinen Larvenfund. Dies war nicht überraschend, da das Gewässer zuvor ausgetrocknete, was wiederum auf eine künstlich angelegte Entwässerung zurückzuführen war. Grundsätzlich ist das Gewässer für die Reproduktion von Grasfröschen und darüber hinaus auch weiteren Amphibienarten geeignet, z. B. für Berg- und Teichmolch (Ichthyosaura alpestris, Lissotriton vulgaris) und - bedingt - Erdkröte Bufo bufo (siehe auch BUSCHMANN et al zu den Vorkommen in Obernkirchen und Umgebung). Der Grasfrosch ist bundesweit besonders geschützt und, trotz des negativen langfristigen Bestandstrends, in Niedersachsen derzeit noch ungefährdet, bundesweit wird er jedoch bereits in der Vorwarnliste aufgeführt (THEUNERT 2008, PODLOUCKY & FISCHER 2013) Schädigung des Geschützen Biotopes Südlich angrenzend an die Grünlandfläche liegt an der Nottbeeke ein geschützter Biotop des Typs NSS- Hochstaudensumpf nährstoffreicher Standorte mit Teilen, die dem ebenfalls geschützten Biotoptyp SE- Naturnahes, nährstoffreiches Stillgewässer zuzuordnen sind. Da dessen festgestellte Schädigung Einfluss auf die hier dargestellten Ergebnisse hat, wird näher auf den Biotop eingegangen. Dieses wurde künstlich entwässert und somit als Hochstaudensumpf und in seiner Eigenschaft als Reproduktionsgewässer für Amphibien im erheblichen Maße geschädigt. Der Erdaushub war zum Zeitpunkt der Kartierungen stellenweise erst lückig bewachsen, so dass man davon ausgehen kann, dass die Entwässerung noch nicht lange zurück lag und ggf. erst im Frühling 2016 erfolgte. Dadurch wurden die Entwicklungsmöglichkeiten von Amphibienbeständen im Biotop und auf angrenzenden Flächen erheblich beeinträchtigt. Ein fehlender Reproduktionsnachweis von Amphibien während der diesjährigen Kartierungen ist somit auf die Schädigung des Geschützten Biotopes zurückzuführen. 5
6 Eingriffsfolgen für die kartierten Arten und Kompensationsvorschläge Durch die geplante Bebauung werden etwa 40% der extensiv genutzten und der ungenutzten Fläche beansprucht. Erwartungsgemäß werden dadurch die Offenlandarten (Rotmilan, Rebhuhn, Feldlerche, Sumpfrohrsänger) im besonderen Maße beeinträchtigt, während die Siedlungsarten (Amsel, Grünfink) durchaus profitieren können. Die Entwicklung bei den Gebüsch brütenden Arten ist in erheblichem Maße abhängig von der Ausgestaltung der Grundstücke und dem Verbleib der Hecke am Straßenrand der Nottstraße. Auf die Amphibienfauna wird sich die Bebauung negativ auswirken, weil geeigneter Sommerlebensraum, vielleicht auch Winterquartiere, überbaut werden. Der Erhaltungszustand der lokalen Populationen der beiden streng geschützten Arten Rotmilan und Grünspecht wird nicht erheblich beeinträchtigt., dazu ist der Eingriff flächenmäßig zu gering. In Kombination mit anderen, ähnlichen Eingriffen kann es aber dazu kommen. Sicher aber werden Fortpflanzungs- und Ruhestätten von mehreren der besonders geschützten Arten zerstört. Der Eingriff ist für die betroffenen Arten durch geeignete Ersatzmaßnahmen auf angrenzenden Flächen kompensierbar. Für die Gebüsch bewohnenden Arten wäre die Anlage einer dreireihigen Hecke mit heimischen und standortgerechten Gehölzen entlang der Südseite der überplanten Fläche wirksam. Für die Offenlandarten (s.o.) ist die überbaute Fläche in Form eines gleichwertigen Grünlandes oder einer (Grünland- oder Ackerbrache) anzulegen, um den Verlust an Nistmöglichkeiten und Nahrungsflächen zu kompensieren. Davon ausgehend, dass der Geschützte Biotop durch Herstellung des Wasserhaushaltes (Schließung des Entwässerungsgrabens) wieder in seinen ursprünglichen Zustand hergestellt wird, kann eine Aufwertung für Sumpfrohrsänger und Amphibien dadurch erfolgen, dass trockene Bereiche leicht um etwa cm vertieft und verdichtet werden. Eine ökologische Baubegleitung wäre hier sinnvoller Weise einzusetzen. Literatur: BUSCHMANN, H., B. SCHEEL & T. BRANDT (2006): Amphibien und Reptilien im Schaumburger Land und am Steinhuder Meer. Natur & Text, Rangsdorf GRÜNEBERG, C., H.-G. BAUER, H. HAUPT, O. HÜPPOP, T. RYSLAVY & P. SÜDBECK (2015): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 5. Fassung, 30. November Berichte zum Vogelschutz 52: KRÜGER, T. & B. NIPKOW (2015): Rote Liste der in Niedersachsen und Bremen gefährdeten Brutvögel; 8. Fassung, Stand Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen. PODLOUCKY, R. & C. FISCHER (2013): Rote Listen und Gesamtartenlisten der Amphibien und Reptilien in Niedersachsen und Bremen. Informatiosdienst Naturschutz Niedersachsen 33 (4):
7 SÜDBECK, P., H. ANDRETZKE, S. FISCHER, K. GEDEON, T. SCHIKORE, K. SCHRÖDER & C. SUDFELDT, Hrsg. (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell. THEUNERT, R. (2008): Verzeichnis der in Niedersachsen besonders oder streng geschützten Arten Schutz, Gefährdung, Lebensräume, Bestand, Verbreitung, (Stand 1. November 2008). Teil A: Wirbeltiere, Pflanzen und Pilze Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 28 (3): Dipl.-Biol., Dipl.-Ing. Thomas Brandt Pollhagen, d
8 Anhang I: Abb. 1: Überplanter Bereich des Grünlandes mit dem Gehölzstreifen entlang der Nordseite. Fotos, Thomas Brandt, Abb. 2: Gehölzstreifen entlang der Nottstraße 8
9 Abb. 3: Blick von Südost auf das Untersuchungsgebiet. Abb. 4: Der Geschützte Biotop (NSS- Hochstaudensumpf) mit blühendem Mädesüß. Abb. 5: Restwasserfläche im Geschützten Biotop 9
10 Abb. 6: Entwässerungsgraben am Geschützen Biotop. Abb. 7: Unbewachsene Teilstrecke des Entwässerungsgrabens mit Trockenrissen im Boden. 10
11 Abb. 8: Übergang von Grünlandfläche zum angrenzenden Acker. Anhang II Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG) BNatSchG (v ) Abschnitt 3 - Besonderer Artenschutz 44 Vorschriften für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten (1) Es ist verboten, 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören 11
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