"Aktuelle Entwicklungen bei FFH/Natura 2000, Umsetzung des Artenschutzprogramms Baden-Württemberg"
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- Britta Hertz
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1 "Aktuelle Entwicklungen bei FFH/Natura 2000, Umsetzung des Artenschutzprogramms Baden-Württemberg" Wolfgang Kaiser, Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg 1. Meldung von Natura 2000-Gebieten Das Land Baden-Württemberg hat im Frühjahr 2001 knapp 6,5 Prozent der Landesfläche als FFH-Gebiete und 4,9 Prozent als Vogelschutzgebiete an die Europäische Kommission gemeldet. Unter Berücksichtigung der Überlappungen von FFH- und Vogelschutzgebieten ergibt sich eine Gesamtmeldung von 8,6 % der Landesfläche. Beim wissenschaftlichen Seminar der Europäischen Kommission zur kontinentalen biogeografischen Region im November 2002 wurde die FFH-Gebietsmeldung des Landes, wie auch die der anderen Bundesländer und Mitgliedstaaten, die Anteile an der kontinentalen Region haben, fachlich bewertet. Nach den Ergebnissen des Seminars waren rund ein Drittel der Meldungen für Lebensraumtypen und Arten ausreichend ("sufficient"). Bei den meisten Lebensraumtypen und Arten wurde ein Nachmeldebedarf durch Ergänzungen der Meldedaten für bereits gemeldete Gebiete oder durch die Meldung neuer Gebiete festgestellt. Bei drei Lebensraumtypen und acht Arten muss das Land schließlich eine wissenschaftliche Überprüfung auf mögliche (weitere) Vorkommen durchführen (vgl. näher Anlage). Nachmeldebedarf besteht demnach u.a. für großflächige Lebensraumtypen wie die Flachland-Mähwiesen, den Hainsimsen- sowie den Waldmeister- Buchenwald. Weit verbreitete und somit "flächenintensive" Arten, für die Gebiete nachzumelden sind, sind etwa die Gelbbauchunke, der Kammmolch und der Hirschkäfer. Das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum (MLR) hat im Dezember 2002 den Ministerrat über das Ergebnis des Seminars informiert. Das Kabinett hat den Auftrag erteilt, eine Nachmeldekulisse für FFH- Gebiete auf der Grundlage der Ergebnisse des kontinentalen Seminars zu erarbeiten. Daraufhin erhielten die für die jeweiligen Lebensraumtypen und Arten kompetenten Fachbehörden des Landes den Auftrag, den Entwurf einer Nachmeldung zu erstellen. Folgende Fachbehörden wurden beteiligt: Bezirksstellen für Naturschutz und Landschaftspflege für die Lebensraumtypen im Offenland Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt für die Waldlebensraumtypen Landesanstalt für Umweltschutz für die Arten (ausgenommen Fischarten) Fischereiforschungsstelle für die Fischarten Die Landesanstalt für Umweltschutz (LfU) hat die Federführung und Gesamtkoordination für die Erstellung der Nachmeldekulisse.
2 Ferner wurden Verbände, Kommunen und weitere Planungsträger von den Ergebnissen des kontinentalen Seminars informiert und ihnen Gelegenheit gegeben, bis Ende März 2003 Gebietsvorschläge für nachzumeldende Lebensraumtypen und Arten zu machen. Von den Kommunen und Verbänden gingen rund 820 Gebietsvorschläge ein, die von den jeweiligen Fachbehörden überprüft wurden. Nach dem derzeitigen Stand können etwas mehr als die Hälfte dieser Gebietsvorschläge ganz oder teilweise in die Nachmeldung integriert werden. In den nächsten Wochen und Monaten werden der Entwurf der Gebietskulisse abgeschlossen und die Karten und Sachdaten für ein Beteiligungsverfahren ("Konsultation") erarbeitet. Über die Gebietskulisse für das Konsultationsverfahren wird allerdings zunächst der Ministerrat entscheiden. Beim anstehenden Konsultationsverfahren wird das Land - wie im Beteiligungsverfahren des Jahres die Gebietskulisse einschließlich der Sachdaten bekannt machen und den Kommunen und Verbänden zur Stellungnahme geben. Im Übrigen kann jedermann die Gebietsvorschläge im Internet oder bei den Kommunen einsehen und hat Gelegenheit zur Stellungnahme. Neben dem Beteiligungsverfahren im Land wird es voraussichtlich im Januar 2004 eine Abstimmung der Bundesländer mit der Europäischen Kommission über die Entwürfe für die FFH-Nachmeldungen geben (sog. "bilaterales Gespräch"). Danach wird deutlich, ob die vom Land vorgesehenen Ergänzungen der FFH- Meldung aus Sicht der Kommission ausreichend sind. Zur Umsetzung der Vogelschutzrichtlinie läuft derzeit ein Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Deutschland. Die Kommission hat bei allen Bundesländern moniert, dass bisher zu wenig Vogelschutzgebiete ausgewiesen worden seien. Der Austausch der Schriftsätze mit der Kommission ist noch nicht abgeschlossen, aber es erscheint absehbar, dass die Länder auch bei den Vogelschutzgebieten zusätzliche Anstrengungen unternehmen müssen. Für die meisten Bundesländer steht aber die Nachmeldung der FFH-Gebiete zunächst im Vordergrund, zumal die Europäische Kommission wegen der unzureichenden Meldung dieser Gebete ein Zwangsgeldverfahren eingeleitet hat. 2. Pflege- und Entwicklungspläne für Natura 2000-Gebiete Das MLR hat schon im Rahmen des Konsultationsverfahrens im Jahre 2000 angekündigt, dass eine wesentliche Grundlage zur Sicherung der Natura 2000-Gebiete die sog. Pflege- und Entwicklungspläne (PEPL) sein werden. Art. 6 Abs. 1 der FFH-Richtlinie stellt die "Managementpläne" zwar ins Ermessen der Mitgliedstaaten, eine Reihe von Gründen sprechen aber für die Durchführung von PEPL: Die Sicherung der Lebensraumtypen und Arten - sei es durch Vertragsnaturschutz und/oder Schutzgebiet - erfordert die genaue Kenntnis und parzellenscharfe Abgrenzung der Lebensräume und Lebensstätten. Außerdem müssen für die einzelnen Lebensraumtypen und Arten Maßnahmen zur Erhaltung und Entwicklung formuliert werden. Gerade diese Arbeitsschritte sollen in einem PEPL durchgeführt werden. -2-
3 Die FFH-Richtlinie gibt vor, dass Natura 2000-Gebiete überwacht werden müssen (Monitoring gemäß Art. 11 FFH-Richtlinie) und über durchgeführte Maßnahmen in regelmäßigen Zeiträumen berichtet wird (Art. 17 FFH-Richtlinie). Die Erstaufnahmen der Lebensraumtypen und Arten durch die PEPL sind die Grundlage für die künftige Erfüllung dieser Pflichten. Schließlich geben die Inhalte der PEPL wichtige Anhaltspunkte für die Beurteilung der Zulässigkeit von Plänen und Projekten, wenn sie auch eine Verträglichkeitsprüfung nicht ersetzen können. Vor diesem Hintergrund hat das MLR die LfU, einen Arbeitskreis aus den betroffenen Fachverwaltungen und ein begleitendes Expertenteam aus Vegetationskundlern und Artenspezialisten beauftragt, ein Handbuch zur Erstellung der PEPL zu erarbeiten. Ziel war hierbei, eine Rahmenvorgabe zu erstellen, die eine zügige und effiziente Bearbeitung der PEPL ermöglicht. Um die Berichtspflichten an die Kommission erfüllen zu können, ist außerdem eine einheitliche methodische und EDV-technische Bearbeitung der PEPL unabdingbar. Auch dies wird durch das Handbuch sicher gestellt. Der Entwurf der PEPL wurde im Frühjahr 2003 in eine Verbandsanhörung gegeben. Wie in solchen Anhörungen üblich, gab es Kritik von allem Seiten. Den Kommunen und den Verbänden der Landnutzer war das Handbuch zu umfangreich und die Erhebungsstandards zu ehrgeizig. Die Naturschutzverbände vertraten demgegenüber die Auffassung, die Erhebungstiefe reiche nicht aus, um die rechtlichen Verpflichtungen aus der FFH- und Vogelschutzrichtlinie zu erfüllen. Zu diesen Argumenten ist zu bemerken, dass das Handbuch nicht losgelöst von den Überlegungen anderer Bundesländer und der Länderarbeitsgemeinschaft für Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) entstand. Durch Arbeitskreise der Länder wurden die Grundlinien der fachlichen Standards auf der Basis der FFH-Richtlinie und des Standarddatenbogens der Kommission definiert. Im Übrigen zeigt sich bei den aktuellen Diskussionen auf Bund-Länder-Ebene, dass die Standards des PEPL-Handbuchs in fast allen Punkten mit den aktuellen Vorstellungen der Fachleute übereinstimmen. Das Land hat sich deshalb entschieden, einzelne fachliche Anregungen aus der Verbandsanhörung aufzunehmen, aber das erarbeitete Verfahren, die Erhebungs-, Bewertungs- und Zielfindungsmethodik im Wesentlichen beizubehalten. Den in den nächsten Monaten vorliegenden Entwurf werden wir in Pilot-Projekten erproben. Die Pilot-PEPL werden intensiv begleitet, es erfolgt eine kritische Analyse der auftretenden Problempunkte und ggf. eine Korrektur des Handbuchs für die künftig zu erarbeitenden PEPL. Im Verlaufe dieser Erprobungsphase dürfte auch der bundesweite Abstimmungsprozess weiter fortschreiten (1). -3-
4 3. Umsetzung des Artenschutzprogramms Baden-Württemberg Das Naturschutzgesetz Baden-Württemberg regelt in 28 die Verpflichtung des Landes, ein Artenschutzprogramm zu erstellen und umzusetzen. Wesentlicher Bestandteil des Artenschutzprogramms sind die Grundlagenwerke, die von den Staatlichen Naturkundemuseen, sachkundigen ehrenamtlichen Mitarbeitern und Vertretern der Naturschutzverbände erarbeitet werden. Die Grundlagenwerke bilden die wissenschaftliche Basis für Schutz- und Pflegemaßnahmen sowie konkrete Hilfsmaßnahmen für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Erst vor kurzem ist der Band 9 der Reihe Schmetterlinge und der Band 1 von zwei Säugetierbänden erschienen. Noch weitere 6 Bände werden in den Jahren 2003 und 2004 folgen. Die Stiftung Naturschutzfonds unterstützt die Herausgabe der Grundlagenwerke und Einzeluntersuchungen für bestimmte Arten. Ohne die Stiftung könnten die Grundlagenwerke nicht in dieser hohen Qualität und Ausstattung erscheinen. Aus Mitteln der Stiftung Naturschutzfonds wurde auch die Studie zur Evaluierung und Dokumentation der Auswertung und Umsetzung der Grundlagenwerke finanziert, die im letzten Jahr vorgelegt wurde. Die dort aufgeführten Vorschläge, von der Verbesserung der Erfassungsbogen über die Erstellung von Datenbanken bis zur Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit, werden - so weit möglich - aufgegriffen und umgesetzt. Darüber hinaus diskutieren wir derzeit auch eine Neuausrichtung der Grundlagenwerke. Eine solche Neupositionierung wird die gezielte Untersuchung noch nicht erfasster, ökologisch wichtiger Artengruppen und Arten der Roten Liste berücksichtigen. Dazu könnte auch ein stärker lebensraumbezogener Ansatz kommen. Dabei müssen die Anforderungen von Natura 2000 besonders berücksichtigt werden. Die Feinkonzeption hierfür muss noch von der Landesanstalt für Umweltschutz erarbeitet werden. Anschrift des Autors: Wolfgang Kaiser Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Kernerplatz Stuttgart Tel.: 0711/ wolfgang.kaiser@mlr.bwl.de (1) Das Verfahren und die Inhalte der PEPL-Erstellung sind in dem Beitrag "Transparente Planung bei der PEPL-Erstellung" von Martina Ossendorf im Naturschutz-Info 2/2003, Seite 7 bis 16 des Fachdienstes Naturschutz näher dargestellt. -4-
5 Anlage Überblick zur Bewertung der FFH-Meldungen von Baden-Württemberg im Wiss. Seminar der EU-Kommission (Nov. 2002) Bewertung Lebensraumtypen Arten Gesamtzahl Suf 16 (31,4 %) 21 (36,8 %) I minor 10 (19,6 %) 5 (8,8 %) I mod 22 (43,1 %) 22 (38,6 %) I major 1 (1,8 %) Scientific Reserve 3 (5,9 %) 8 (14,0 %) Erläuterung der Abkürzungen: Suf (sufficient): ausreichende Meldung, keine weiteren Gebietsvorschläge erforderlich. I minor (minor insufficiency): unzureichende Meldung, es reichen jedoch i.d.r. Ergänzungen der Meldedaten (Standarddatenbogen) zu bereits gemeldeten Gebieten. I mod (moderate insufficiency): unzureichende Meldung, die Meldung weiterer Gebiete ist erforderlich. I major (major insufficiency): unzureichende Meldung, die Neubearbeitung der Meldung ist erforderlich, da keine oder nur sehr wenige Gebiete gemeldet wurden. Scientific Reserve: wissenschaftlichen Überprüfung von Daten und/oder möglicher Vorkommen durch den Mitgliedstaat ist erforderlich. -5-
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