Fall 4: Der Ball ist rund - Lösungsskizze
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- Annegret Baumgartner
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1 Fall 4: Der Ball ist rund - Lösungsskizze 1. Frage: I. Anwendungsbereich 1. persönlich Verstoß gegen Artikel 39 II EG? Unionsbürger Familienangehörige: bzgl. Anspruch auf steuerl. und soziale Vergünstigungen sind Familienangehörige selbst Berechtigte Drittstaatsangehörige: durch EWR-Abkommen gilt Arbeitnehmerfreizügigkeit im gesamten EWR; 1. Juni 2002: Inkrafttreten des Freizügigkeitsabkommens mit der Schweiz. 2. sachlich a) Arbeitnehmer gemeinschaftsrechtliche Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs (keine eigenen zusätzlichen Voraussetzungen der mitgliedstaatlichen Behörden und Gerichte): 1 Leistungen von gewissem wirtschaftlichem Wert: alle Tätigkeitsbereiche, bei denen es sich um eine Teilnahme am Wirtschaftsleben handelt; tatsächliche und wirtschaftliche Tätigkeit, die nicht völlig untergeordnet und unwesentlich; auch Teilzeittätigkeit; auch Beamte, Angestellte von Kirchen und karitativen Einrichtungen, Rechtsreferendare. gegen Vergütung: auch bei Teilzeitarbeit, muss nicht notwendig ausreichen zur Bestreitung des Lebensunterhalts; außer Betracht bleiben nur Tätigkeiten von so geringem Umfang, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Berufsausbildung (+) Studium (-) Praktikum, wenn unter den Bedingungen einer tatsächlichen und echten Tätigkeit im Lohn- oder Gehaltsverhältnis durchgeführt (+) hier (+) : Lebensunterhalt und mehr... in Abhängigkeitsverhältnis/Weisungsgebundenheit: Abgrenzung zu Selbständigen hier (+): Teilnahmepflicht an Spielen und Training nach Maßgabe der Anordnung des Vereins, Folgeleistungspflicht hinsichtlich der Anweisungen des Trainers 1 EuGH, Rs. 66/85, Slg. 1986, Lawrie-Blum. 1
2 Kein Ausschluss der Arbeitnehmereigenschaft durch Verstoß gegen die guten Sitten: Auch Prostitution ist Erwerbstätigkeit. Anders nur, wenn Tätigkeit ausdrücklich verboten. 2 b) Ausnahme des Art. 39 IV (öffentliche Verwaltung) - Nicht gesamter öffentlicher Dienst - Nur unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung solcher Aufgaben mit sich bringen, die auf die Wahrung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften gerichtet sind; Schul- Hochschuldienst: keine Bereichsausnahme Polizisten, Soldaten, Richter, bestimmte Leitungsfunktionen in der Verwaltung: Bereichsausnahme (+) - Bereichsausnahme hier (-) c) Ungeschriebene Bereichsausnahme für Sport? aa) keine generelle Bereichsausnahme für Sport: die Ausübung des Sports fällt insoweit unter das Gemeinschaftsrecht, als sie zum Wirtschaftsleben isd Art. 2 EG gehört. hier (+), da Profisport = wirtschaftliche Tätigkeit bb) ausnahmsweise Einschränkung des Geltungsbereichs aus nichtwirtschaftlichen Gründen = Bereichsausnahme Nationalmannschaften? Die Gemeinschaftsbestimmungen über die Freizügigkeit [...] stehen Regelungen oder Praktiken im Bereich des Sports nicht entgegen, die aus nichtwirtschaftlichen Gründen, die mit dem spezifischen Charakter und Rahmen bestimmter Wettkämpfe zusammenhängen, gerechtfertigt sind. Diese Beschränkung des Geltungsbereichs der fraglichen Bestimmungen darf jedoch nicht weiter gehen, als ihr Zweck es erfordert [Verhältnismäßigkeitsprüfung!], und kann nicht herangezogen werden, um eine sportliche Tätigkeit im Ganzen vom Geltungsbereich des Vertrags auszuschließen. (EuGH, Rs. 415/93, Bosman, Slg. 1995, I-4921). Beispiele für nichtwirtschaftliche Gründe, die mit dem spezifischen Charakter bestimmter Wettkämpfe zusammenhängen: Ausschluss von Ausländern bei Spielen zwischen Nationalmannschaften 3, hier (-) 2 EuGH, Urteil v , Rs. C-268/99, Slg. 2001, I Jany. 2
3 lokale Heimatverbundenheit der Vereine? (-), die Vereine sind schließlich auch nicht daran gehindert, Spieler aus anderen Regionen, Städten, Stadtteilen zu verpflichten. finanzielle Chancengleichheit der Vereine? Arg.: Ausländerklauseln hindern die reichsten Vereine daran, die besten ausländischen Spieler zu verpflichten und dienen somit der Aufrechterhaltung des sportlichen Gleichgewichts. EuGH: (-), Gleichgewicht ohnehin nicht gegeben, da die reichsten Vereine sonst eben die besten einheimischen Spieler verpflichten. Ausländerklauseln notwendig, um eine ausreichende Reserve an einheimischen Spielern für Nationalmannschaft zu schaffen? (-), auch im Ausland beschäftigte Spieler können in der Nationalmannschaft ihres Landes spielen. ZwErg: Ein nichtwirtschaftlicher Grund, der eine Bereichsausnahme rechtfertigen könnte, liegt nicht vor. Art. 39 II EG ist anwendbar. Verhältnismäßigkeit ist daher nicht mehr zu prüfen. d) grenzüberschreitender Bezug (+) 3. keine abschließende sekundärrechtliche Regelung 4. unmittelbare Anwendbarkeit des Artikel 39 II EG (+) II. Beschränkung 1. staatliche Maßnahme [P] Statuten des DBB = privatrechtliche Vereinbarung Freier Personen- und Dienstleistungsverkehr wäre gefährdet, wenn die Beseitigung der staatlichen Schranken dadurch in ihren Wirkungen wieder aufgehoben würde, dass privatrechtliche Vereinigungen oder Einrichtungen kraft ihrer rechtlichen Autonomie derartige Hindernisse aufrichteten. Da im übrigen die Arbeitsbedingungen je nach Mitgliedstaat verschieden einer Regelung durch Gesetze und Verordnungen oder durch Verträge und sonstige Rechtsgeschäfte, die von Privatpersonen geschlossen oder vorgenommen werden, unterliegen, bestünde bei einer Beschränkung auf staatliche Maßnahmen die Gefahr, dass das fragliche Verbot nicht einheitlich angewandt würde. (EuGH, Slg. 1974, 1405 ff. Rn. 16 ff., Walrave) - also horizontale Geltung bzw. Drittwirkung (+) 3 EuGH, Slg. 1995, I-4921 (5076) Bosmann. 3
4 [P] Unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten weitere Rspr.: Angonese (EuGH, Rs. C-281/98, Slg. 2000, I-4139) Diskriminierungsverbot des Art. 39 EG aufgrund der Staatsangehörigkeit gilt ausdrücklich auch geg. Privaten, und zwar nicht nur in kollektiven Regelungen. Arg.: - Wortlaut des Art. 39 EG schließt unmittelbare Drittwirkung nicht aus - effet utile - Wahrung der einheitlichen Anwendbarkeit des GemR - Gleichlauf mit Art. 12 und 141 EG [P] Rechtfertigungsgründe für Private? Vgl. Streinz/Leible, EuZW 2000, 469 (463) 2. Diskriminierung, Art. 39 II EG keine Hinderung an der Einstellung von EG-Ausländern, aber Beschränkung hinsichtlich ihres Einsatzes: wirkt sich wegen der Einsatz- und Siegprämien auch auf die Entlohnung aus mittelbare Auswirkung auch auf die Beschäftigung: Vereine verpflichten schwerlich Spieler, die sie nur begrenzt einsetzen dürfen; hier also (+): Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit gegeben Ergebnis: Die Statuten des DBB verstoßen gegen Artikel 39 II EG. 2. Frage: Verstoß gegen Art. 81 EG? I. Anwendbarkeit des Art. 81 EG - (Profi-) Sport ist grds. vom EG-Wettbewerbsrecht erfasst - Art. 81 EG gilt unmittelbar für Unternehmen II. Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 EG 1. Unternehmen Def.: gemeinschaftsrechtlicher Begriff, d.h. unabhängig davon, ob das Unternehmen eine juristische Person isd Rechtsordnung eines MS ist 4
5 EuGH: jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von der Rechtsform oder der Art der Finanzierung; Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich (=> auch gemeinnützige Unternehmen werden erfasst) EuG und Kommission: jede wirtschaftliche Einheit, die in einer einheitlichen Organisation personeller, materieller oder immaterieller Mittel besteht, die dauerhaft einen wirtschaftlichen Zweck verfolgt; öffentliche Unternehmen zählen dazu. => funktionales Verständnis, denkbar weite Definition hier: angesichts der finanziellen Transaktionen und Umsätze der Basketballvereine ist es angebracht, diese als Unternehmen isd Art. 81 EG zu betrachten 2. Vom Kartellverbot erfasste Maßnahmen - Vereinbarungen - Beschlüsse - aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen hier: Absprache, an der Ausländerklausel festzuhalten = Vereinbarung isd Art. 81 EG, wobei es genügt, dass ein gemeinsamer Wille zum Ausdruck kommt, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (die Rechtsform der Vereinbarung ist unerheblich). 3. Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten (= zwischenstaatliches bzw. transnationales Element) (+), wenn mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorauszusehen ist ( zu beeinträchtigen geeignet ist ), dass die Vereinbarung den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell nachteilig beeinflussen kann hier: durch das Festhalten an der Ausländerklausel wird der Vereinswechsel von Spielern aus dem EU-Ausland nach Österreich behindert und damit der innergemeinschaftliche Wirtschaftsverkehr beeinträchtigt 5
6 4. Wettbewerbsbeschränkung Wettbewerbsbeschränkung als (weiter) Oberbegriff zur Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken => es kommt also nicht darauf an, ob die beabsichtigte Maßnahme erfolgreich war oder ob sie überhaupt angewandt wurde hier: die Vereinbarung, maximal drei ausländische Spieler pro Spiel einzusetzen, führt dazu, dass keine zusätzlichen ausländischen Spieler eingestellt werden und dass sich die Vereine insoweit gegenseitig weniger Konkurrenz machen; vgl. auch Art. 81 I lit. c EG: Ausländerklausel als Aufteilung der Versorgungsquellen => die Vereinbarung der österreichischen Basketballvereine, an der Ausländerklausel festzuhalten, ist somit als verbotene Vereinbarung isd Art. 81 I EG einzustufen und daher nichtig (Art. 81 II EG) 5. Freistellung? Nach Art. 81 I EG verbotene Maßnahmen können unter bestimmten VSS nach Art. 81 III EG von der Rechtsfolge des Art. 81 II EG (Nichtigkeit) freigestellt werden. hier: weder eine Einzel- noch eine Gruppenfreistellung der Kommission liegt vor (wäre i.ü. ohnehin nicht möglich, da durch die unter Art. 81 I EG fallende Vereinbarung der österreichischen Basketballvereine die Arbeitnehmerfreizügigkeit eingeschränkt wird und in derartigen Konstellationen ist dann eine Freistellung nicht möglich). 6
Inhalt der Gerichtsentscheidung
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