Übersicht: Die 4 Grundfreiheiten. Vorschlag für Prüfungsschema
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- Berthold Sachs
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1 Übersicht: Die 4 Grundfreiheiten 1. Freier Warenverkehr, Art. 28 ff., 34 ff. AEUV 2. Freier Personenverkehr, Art. 45 ff., 49 ff. AEUV Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Art AEUV Niederlassungsfreiheit, Art AEUV 3. Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 ff. AEUV 4. Freier Kapitalverkehr, Art. 63 f. AEUV ( Hilfsfreiheit : Freie Zahlungsverkehr, Art. 64 II AEUV) Vorschlag für Prüfungsschema Grundrechte nach dem GG Grundfreiheiten nach dem AEUV I. Schutzbereich I. Anwendungsbereich 1. Eröffnung 2. Ausnahmen III. Rechtfertigung III. Rechtfertigung 1. Geschriebene RFG 2. Ungeschriebene RFG 1
2 A. Freier Warenverkehr, Art. 28 ff., 34 ff. AEUV I. Anwendungsbereich 1. Eröffnung des Anwendungsbereichs a) Ware = bewegliche Gegenstände, die Geldwert haben und Gegenstand von Handelsgeschäften sein können b) Unionsware = die aus einem MS stammende Ware sowie diejenigen aus dritten Ländern, die sich in einem MS im freien Verkehr befindet c) grenzüberschreitende Warenströme ( zwischen den Mitgliedstaaten ) 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich Art. 346 AEUV, Art. 38 II AEUV = mitgliedstaatliche Maßnahme: mitgliedstaatliches Handeln und gemäß Art. 4 III EUV mitgliedstaatliches Unterlassen, wenn eine Pflicht zum Tätigwerden besteht 2
3 1. Zölle und Abgaben gleicher Wirkung, Art. 30 AEUV 2. Mengenmäßige Ein-/Ausfuhrbeschränkungen, Art. 34 AEUV = sämtliche mitgliedstaatliche Maßnahmen, die die Ein-, Durch- oder Ausfuhr einer Ware der Menge/dem Wert nach begrenzen 3. Maßnahmen gleicher Wirkung, Art. 34 f. AEUV Dassonville-Formel: Jede mitgliedstaatliche Maßnahme, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern, stellt eine Maßnahme gleicher Wirkung dar. Einschränkung des Eingriffsbegriffs durch die Keck-Formel: Keine Maßnahme gleicher Wirkung und damit keinen Eingriff stellen nationale Bestimmungen dar, die lediglich bestimmte Verkaufsmodalitäten beschränken oder verbieten (Abgrenzung produktbezogenen Regel), sofern diese Bestimmungen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben, und sofern sie den Absatz inländischer Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in der gleichen Weise berühren. 3
4 III. Rechtfertigung des Eingriffs 1. Geschriebene Rechtfertigungsgründe, Art. 36 AEUV 2. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe Cassis-Formel: Ein Eingriff ist gerechtfertigt, wenn die mitgliedstaatliche Maßnahme nicht offen diskriminierend ist, also unterschiedslos wirkt bzw. lediglich versteckt diskriminiert, einem zwingenden Erfordernis des Allgemeininteresses dient (z.b. wirksame steuerliche Kontrolle, Lauterkeit des Handelsverkehrs, Verbraucherschutz, Umweltschutz, Aufrechterhaltung der Medienvielfalt, erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, Gemeinschaftsgrundrechte), verhältnismäßig ist. 4
5 B. Arbeitnehmerfreizügigkeit, Art AEUV I. Anwendungsbereich 1. Eröffnung des Anwendungsbereichs a) Arbeitnehmer = jemand, der während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung in unselbständiger Tätigkeit eine Leistung erbringt, für die er als Gegenleistung i.d.r. eine Vergütung erhält b) Arbeitnehmer aus Union = Staatsangehörige der Mitgliedstaaten, Art. 45 AEUV (P): Anwendungsbereich auch für den Arbeitgeber c) grenzüberschreitender Sachverhalt 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich, Art. 45 IV AEUV = mitgliedstaatliche Maßnahme mitgliedstaatliches Handeln und gemäß Art. 4 III EUV mitgliedstaatliches Unterlassen, bei Pflicht zum Tätigwerden 5
6 Zurechnung privaten Handelns (z.b. Uefa, Gewerkschaften usw.), wenn es mit staatlicher Billigung erfolgt und die Vorschrift der kollektiven Regelung unselbständiger Arbeit dient! ( Walrave, Bosman ) Auch horizontale Wirkung im Verhältnis zwischen Privatpersonen ( Angonese ), da Verhinderung der Umgehung des Grundfreiheitenschutzes, Zufall der Organisation, mit Wortlaut vereinbar analoge Anwendung der Keck-Formel: Keinen Eingriff stellt es dar, wenn die Maßnahme unterschiedslos wirkt und nicht den Marktzugang als solchen betrifft, sondern nur die Berufsausübung III. Rechtfertigung des Eingriffs 1. Offene Diskriminierungen nach Art. 45 II AEUV können nach h.m nie gerechtfertigt werden! 2. Geschriebene Rechtfertigungsgründe, Art. 45 III AEUV 3. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe Cassis-Formel (s.o) 6
7 C. Niederlassungsfreiheit, Art AEUV I. Anwendungsbereich 1. Eröffnung des Anwendungsbereichs a) Niederlassung = die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten in anderen MS sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen in anderen MS: dauerhafte wirtschaftliche Integration in einen anderen MS b) Unions-Bürger natürliche Personen, die Staatsangehörige der MS sind Art. 54 I AEUV stellt Gesellschaften gleich c) grenzüberschreitender Sachverhalt 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich, Art. 51 AEUV = mitgliedstaatliche Maßnahme EuGH: Trotz des letzten Halbsatzes in Art. 49 AEUV handelt es sich nicht um ein Diskriminierungsverbot sondern um ein allgemeines Beschränkungsverbot! analoge Anwendung der Keck-Formel 7
8 III. Rechtfertigung des Eingriffs 1. Geschriebene Rechtfertigungsgründe, Art. 52 AEUV 2. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe Gebhard-Formel: Ein Eingriff ist gerechtfertigt, wenn die mitgliedstaatliche Maßnahme nicht offen diskriminierend ist, also unterschiedslos wirkt bzw. lediglich versteckt diskriminiert, einem zwingenden Erfordernis des Allgemeininteresses dient, verhältnismäßig ist. 8
9 D. Dienstleistungsfreiheit, Art. 56 ff. AEUV I. Anwendungsbereich 1. Eröffnung des Anwendungsbereichs Subsidiär nach Art. 57 I AEUV! a) Dienstleistung = die vorübergehende Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten in anderen Mitgliedstaaten, die zeitlich beschränkt und i.d.r. gegen Entgelt erbracht werden b) Unions-Bürger natürliche Personen, die Staatsangehörige der Mitgliedstaaten sind Art. 62 i.v.m. 54 I AEUV stellt Gesellschaften gleich c) grenzüberschreitender Sachverhalt: positive Dienstleistungsfreiheit: Dienstleistungserbringer begibt sich zum Empfänger in einen anderen Mitgliedstaat negative Dienstleistungsfreiheit: Dienstleistungsempfänger begibt sich zum Erbringer in einen anderen Mitgliedstaat oder Empfänger nimmt Dienstleistung in Anspruch, die der Erbringer im Heimatstaat des Empfängers leistet 9
10 Korrespondenzdienstleistung: Leistung überschreitet die Grenze 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich, Art. 62 i.v.m. 51 f. AEUV mitgliedstaatliche Maßnahme (s.o) analoge Anwendung der Keck-Formel III. Rechtfertigung des Eingriffs 1. Geschriebene Rechtfertigungsgründe, Art. 62 i.v.m. 52 AEUV 2. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe Gebhard-Formel (s.o.) 10
11 E. Kapitalverkehrsfreiheit, Art. 63 f. AEUV I. Anwendungsbereich 1. Eröffnung des Anwendungsbereichs einseitige Wertübertragung von Sach- und Geldkapital, die i.d.r eine Gegenleistungspflicht auslöst geschützt ist auch der Kapitalverkehr zwischen einem Mitgliedstaat und Drittstaaten 2. Ausnahmen vom Anwendungsbereich Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit, Art. 65 II, 49 II AEUV Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit, Art. 57 I AEUV (subsidiär) und Art. 58 II AEUV (Bank- und Versicherungsdienstleistungen) mitgliedstaatliche Maßnahme (s.o) Keck-Formel analog III. Rechtfertigung des Eingriffs 1. Geschriebene Rechtfertigungsgründe, Art AEUV 2. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe: Cassis-Formel (s.o.) 11
12 Normenhierarchie Europarecht Primäres Unionsrecht Völkerrechtliche Verträge Sekundäres Unionsrecht = durch Organe der Union gesetztes Recht nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Verordnung, Art. 288 II AEUV Richtlinie, Art. 288 III AEUV Beschlüsse, Art. 288 IV AEUV Empfehlungen, Stellungnahmen, Art. 288 V AEUV Nationales Bundesrecht Verfassungsrecht Einfaches Gesetzesrecht Untergesetzliche Normen (Verordnungen, Satzungen) Nationales Landesrecht 12
13 Richtlinie, Art. 288 III AEUV Definition: Die Richtlinie ist nur für die Mitgliedstaaten verbindlich, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels Umsetzungspflicht innerhalb einer bestimmten Frist, Verbot zuwiderlaufender Maßnahmen gemäß Art. 288 III AEUV, 4 III EUV Problem: Nicht- bzw. Falschumsetzung der Richtlinie Grundsatz: Keine unmittelbare Geltung von Richtlinien! 1. Richtlinienkonforme Auslegung des nationales Rechts 2. Unmittelbare Wirkung der Richtlinie, wenn die Umsetzungsfrist abgelaufen ist und die Richtlinie nicht oder unzulänglich umgesetzt wurde, die Richtlinienvorschrift inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt ist, die Richtlinienvorschrift dem Einzelnen ein Recht einräumt oder es zur Entstehung bringt, die Richtlinienvorschrift für die einzelne Privatperson keine rechtliche Verpflichtung enthält, d.h. keine unmittelbare Wirkung zu Lasten der Bürger, Rechtsreflexe negativer Art sind aber zulässig 13
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