Grundlagen der Analysis

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1 Grundlagen der Analysis Skript zur Vorlesung Sommersemester 200 von Dr. Dominik Faas Institut für Mathematik Fachbereich 7: Natur- und Umweltwissenschaften Universität Koblenz-Landau

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3 Literatur zur Vorlesung () Neunzert, Eschmann, Blickendörfer-Ehlers, Schelkes: Analysis I (2) Walter: Einführung in die Analysis I (3) Barner, Flohr: Analysis I (4) Heuser: Lehrbuch der Analysis, Teil I (5) Forster: Analysis I (6) Andelfinger: Mathematik S-2, Analysis L

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5 Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis. Die reellen Zahlen 7 2. Folgen Reihen Grenzwerte und Stetigkeit Differentialrechnung 23 A. Anhang 73 5

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7 . Die reellen Zahlen Einleitung Der dieser Vorlesung zugrunde liegende Zahlenraum ist der Raum R der reellen Zahlen. In diesem einführenden Kapitel studieren wir seine grundlegenden Eigenschaften. Grundideen der Analysis Die reellen Zahlen Einleitung Beispiele für reelle Zahlen N Z Q R 0 N: die Zahl, mit 0 + x = x x R. N: die Zahl, mit x = x x R. Jede natürliche Zahl ist als Summe von en gegeben: 5 = Die ganzen Zahlen bestehen aus den natürlichen Zahlen und deren additiv Inversen (Gegenzahlen): 5 Z ist die Zahl, die zu 5 addiert 0 ergibt. Rationale Zahlen sind Quotienten aus ganzen Zahlen, etwa, 37 Q Allgemein { n } Q = m ; n, m Z, m 0. Beispiele für irrationale Zahlen sind (die meisten) Wurzeln: 5 2 2, R \ Q ist die Zahl, deren Quadrat 2 ist. 9 ist die Zahl, deren 5-te Potenz 2 9 ist. Weitere reelle Zahlen: e, π R. Grundideen der Analysis Die reellen Zahlen Einleitung Verknüpfungen reeller Zahlen Bei einer Verknüpfung entsteht eine neue Zahl aus zwei gegebenen Zahlen. Addition: (x, y) x + y (x, y R) additive Inversenbildung: x x (x R) Substraktion: (x, y) x y = x + ( y) (x, y R) (zusammengesetzt aus additiver Inversenbildung und Addition) Multiplikation: (x, y) x y (x, y R) multiplikative Inversenbildung: x x (x R \ {0}) Division: (x, y) x y = x y (x, y R, y 0) (zusammengesetzt aus multiplikativer Inversenbildung und Multiplikation) 7

8 . Die reellen Zahlen Grundideen der Analysis Die reellen Zahlen Einleitung (Rechen-)Regeln für diese Verknüpfungen Beispielsweise: x, y R : x + y = y + x (K+) x, y, z R : (x y) z = x (y z) (A ) x, y, z R : x (y + z) = x y + x z (D) a, c R, b, d R : a + c = ad+bc b d bd (Addition von Quotienten) x, y R x y = 0 x = 0 y = 0 (Nullprodukt) x, y R, a R : x = y x a = y a (Äquivalenzumformung) a, b R : (a + b) 2 = a 2 + 2ab + b 2 (binomische Formel) Grundideen der Analysis Die reellen Zahlen Einleitung Ordnungsrelation Zwei reelle Zahlen lassen sich der Größe nach vergleichen: a < b : a ist kleiner als b Zahlenstrahl: Größere Zahlen befinden sich weiter rechts. Regeln: a < b b < c a < c 0 < a 0 < b 0 < a b c < a 2 a < c c < a Grundideen der Analysis Die reellen Zahlen Einleitung Vergleich: Q und R Grundrechenarten und Größenrelation auch in Q vorhanden. In R gibt es irrationale Zahlen, man kann sie aber durch rationale Zahlen annähern. In R existieren Wurzeln aus allen nichtnegativen Zahlen. Rationale Zahlen haben immer eine abbrechende oder periodische Dezimalbruchentwicklung. Im Gegensatz dazu haben irrationale Zahlen eine Dezimalbruchentwicklung, die weder abbricht noch periodisch wird. 8

9 Ziel dieses Kapitels ist es, diese Sachverhalte mathematisch präzise zu untersuchen (einige Aspekte können allerdings erst später studiert werden). Wir betrachten zunächst Verknüpfungen (Addition und Multiplikation) und die Ordnungsrelation auf R. Anschließend widmen wir uns ausführlich dem Vollständigkeitsbegriff. Grundsätzlich gehen wir dabei axiomatisch vor, das heißt wir nehmen gewisse (grundlegende) Eigenschaften von R (sogenannte Axiome) als gültig an und überlegen uns, wie daraus weitere Regeln abgeleitet werden können. Verknüpfungen reeller Zahlen In diesem Abschnitt untersuchen wir grundlegende Verknüpfungen reeller Zahlen. Der Umgang mit den Grundrechenarten basiert auf dem folgenden Axiom... Körperaxiome Zwei reelle Zahlen x, y können durch Addition + bzw. Muliplikation zu weiteren reellen Zahlen x+y bzw. x y verknüpft werden. Es gelten die folgenden Rechenregeln: (K+) x, y R x + y = y + x (Kommutativgesetz der Addition) (A+) x, y, z R (x + y) + z = x + (y + z) (Assoziativgesetz der Addition) (N+)! 0 R x R 0 + x = x (Existenz eines neutralen Elements für die Addition) (I+) x R! x R x + ( x) = 0 (Existenz eines inversen Elements für die Addition) (K ) x, y R x y = y x (Kommutativgesetz der Multiplikation) (A ) x, y, z R (x y) z = x (y z) (Assoziativgesetz der Multiplikation) (N )! R \ {0} x R x = x (Existenz eines neutralen Elements für die Multiplikation) (I ) x R \ {0}! x R x x = (Existenz eines inversen Elements für die Multiplikation) (D) x, y, z R x (y + z) = x y + x z (Distributivgesetz) Man sagt: Zusammen mit den Verknüpfungen + und ist R ein Körper. 2 Die Eindeutigkeit der neutralen und inversen Elemente muss hier nicht unbedingt gefordert werden, man kann sie auch mit Hilfe der anderen Axiome zeigen. Wichtig ist ihre Existenz. 2 Weitere Körper bilden beispielsweise die rationalen Zahlen Q, die komplexen Zahlen C oder die Menge der Restklassen R p modulo einer Primzahl p. 9

10 . Die reellen Zahlen Aus den gegebenen Verknüpfungen + und (und der Inversenbildung) erhält man nun weitere Verknüpfungen durch x y = x + ( y) (x, y R) und x y = x (y ) (x, y R, y 0). Aus den Körperaxiomen lassen sich zahlreiche weitere (bekannte) Rechenregeln ableiten. Einige davon sind in der folgenden Liste zusammengefasst. Sie können alle ausgehend von den Körperaxiomen bewiesen werden. Dies soll hier aber nur an einigen Beispielen vorgeführt werden. Folgerung.2. Für alle x, y R gilt: 0 = 0, ( x) = x, (x + y) = ( x) + ( y), 0 x = 0, ( ) x = x, ( x) ( y) = x y, Sind x, y 0, so gilt auch =, ( ) =. x 0, ( x ) = x, (x y) = x y. Es gilt auch das zweite Distributivgesetz: Für alle x, y, z R ist (x + y) z = x z + y z. Ausgehend davon folgt, dass man Klammern wie gewohnt ausmultiplizieren kann, beispielsweise ist (a + b) (c + d) = ac + ad + bc + bd (a, b, c, d R). In R kann man folgende Äquivalenzumformungen durchführen: x = y x + z = y + z x = y x z = y z (falls z 0) x = y x = y x = y x = y (falls x, y 0) x y = 0 x = 0 oder y = 0 Für das Rechnen mit Brüchen gilt (es sind a, b, c, d R beliebig, wobei alle auftretenden Nenner 0 sein müssen): ( a b ) = b a, a b c d = ac bd, a b ± c d ad ± cb =, bd a b c d = ad bc. 0

11 Für ganzzahlige Exponenten n, m Z und reellwertige Basen x, y R \ {0} gelten die Potenzgesetze: x n x m = x n+m, x n x m = xn m, (x n ) m = x nm, x n y n = (x y) n, ( ) n x = xn y y n. Es gelten die binomischen Formeln: Für alle a, b R gilt (a + b) 2 = a 2 + 2ab + b 2, (a + b)(a b) = a 2 b 2. Damit folgt die Äquivalenz a 2 = b 2 a = b oder a = b. Beweis. (exemplarisch) Wegen = 0 gilt 0 = 0, denn x ist die Zahl, die zu x addiert 0 ergibt. Es gilt 0 x + 0 x (D) = (0 + 0) x (N+) = 0 x. Addiert man auf beiden Seiten (0 x), so folgt mit (A+), (I+) und (N+) die behauptete Gleichheit 0 x = 0. Es ist 0 s.o. = 0 x (I+) = ( + ( )) x (D) = x + ( ) x (N ) = x + ( ) x. Addiert man x auf beiden Seiten, so folgt x = ( ) x. Wir zeigen die Äquivalenz: x y = 0 x = 0 oder y = 0. : Wir haben schon gezeigt, dass 0 y = 0 ist. Nach (K+) ist auch x 0 = 0. : Gelte x y = 0. Ist x 0, so folgt durch Multiplikation mit x, dass 0 = x (x y) (A ) = ( x x ) y (I ) = y (N ) = y. Vergleichbarkeit reeller Zahlen.3. Anordnungsaxiome Es gibt eine Relation auf R so, dass die folgenden Bedingungen für alle x, y, z R erfüllt sind: Für x R und n > 0 sei x n = x x... x und x }{{} n = (x n ) (für x 0). Außerdem sei x 0 =. n mal

12 . Die reellen Zahlen (OR) x x (Reflexivität) (OR2) x y y x = x = y (Antisymmetrie) (OR3) x y y z = x z (Transitivität) (T) x y y x (Totalität) (A) x y = x + z y + z (. Anordnungsaxiom) (A2) 0 x 0 y = 0 x y (2. Anordnungsaxiom) Die Bedingungen (OR) - (OR3) besagen, dass eine Ordnungsrelation ist, die Bedingung (T) bedeutet, dass es sich um eine totale Ordnungsrelation handelt. Man sagt: Durch die Relation wird R zu einem angeordneten Körper. Aus der -Relation lassen sich nun auch die weiteren bekannten vergleichenden Relationen ableiten. Im einzelnen definiert man für x, y R x < y falls x y und x y x > y falls x y x y falls x = y oder x y Man kann sich die Anordnung der reellen Zahlen am Zahlenstrahl vorstellen. Dort sind größere Zahlen weiter rechts zu finden. Wir könnten nun die Anordnungsaxiome benutzen, um die gewohnten Regeln für den Umgang mit diesen Relationen herzuleiten. Folgerung.4. Für x, y R gilt genau eine der drei Alternativen x < y x = y x > y. Es ist > 0. Folglich ist n > 0 für alle n N. Für x, y, z, w R gelten die folgenden Implikationen: { x < y z w x + z < y + w -) Es gilt: x y z w x + z y + w { x < y z w x z < y w -) Falls x, y, z, w > 0: x y z w x z y w Auch die Menge der rationalen Zahlen Q bildet mit der Relation einen angeordneten Körper. 2

13 -) Falls x, y > 0 oder x, y < 0: { x < y x y { x < y x + z < y + z -) Es gilt: x y x + z y + z { x < y x z < y z -) Falls z > 0: x y x z y z { x < y x z > y z -) Falls z < 0: x y x z y z x > y x y In bekannter Weise sind offenen, halboffenen und abgeschlossenen Intervalle definiert: Für a, b R sei Bemerkung.5. [a, b] = {x R; a x b}, (a, b) = {x R; a < x < b} [a, b) = {x R; a x < b}, (a, b] = {x R; a < x b} [a, ) = {x R; a x}, (a, ) = {x R; a < x} (, b] = {x R; x b}, (, b) = {x R; x < b} Man beachte, dass zu zwei Zahlen a, b R mit a < b stets eine Zahl c (a, b) existiert ( ) etwa c = a+b 2. In (a, c) bzw. in (c, b) liegen weitere Elemente und dies kann man beliebig fortführen. Daher enthält jedes Intervall (a, b) mit a < b unendlich viele Elemente..6. Betragsfunktion Für die Analysis ist die Betragsfunktion von grundlegender Bedeutung. Für x R definieren wir den Betrag von x durch { x, falls x 0 x = x, falls x < 0. Der Graph der Betragsfunktion: Für zwei reelle Zahlen x, y gibt x y den Abstand von x zu y an, insbesondere ist x der Abstand von x zu 0. Für alle x, y R gilt: x 0, x = 0 x = 0, x y = x y, x = x 3

14 . Die reellen Zahlen x = x (falls x 0), x 2 = x 2 x + y x + y, x y x y (Dreiecksungleichungen) Zum Auflösen von Gleichungen oder Ungleichungen in denen die Betragsfunktion auftritt, sind die folgenden Äquivalenzen hilfreich: x < c c < x < c x c c x c x > c x < c x > c x c x c x c x = c x = c x = c (falls c 0) x = y x = y x = y Alle angeführten Regeln lassen sich leicht (durch Fallunterscheidung) prüfen. Beispiel.7. Wir wollen einige (Un-)Gleichungen lösen, in denen die Betragsfunktion vorkommt: x + 3 = 2x x + 3 = 2x x + 3 = 2x x = 3 x = x {, 3} 2x x 5 2x 5 3 x x 4 x [, 4] x 3 x < 3 x > x 3 x < (x ) 3 x > x 3 < x < 2 x (, 2) Seien a R, ε > 0 fest. x a < ε ε < x a < ε a ε < x < a+ε x (a ε, a + ε) 4

15 Seien a, b R mit a < b fest. x a x b beide Seiten>0 x a 2 x b 2 (x a) 2 (x b) 2 2ax + a 2 2bx + b 2 a 2 b 2 2(a b)x Da a < b ist, erhalten wir mittels Division durch a b: a + b 2x x a + b 2. Zum Abschluss dieses Abschnitts zeigen wir noch die folgende Ungleichung, die wir später brauchen. Satz.8 (Bernoullische Ungleichung). Für alle x [, ) und alle n N gilt: ( + x) n + nx. Beweis. Wir führen für festes x [, ) einen Induktionsbeweis:. Induktionsanfang: n = 0 ( + x) n = ( + x) 0 = und + nx = + 0x = 2. Induktionsschritt: Sei n N. (IV) ( + x) n + nx zu zeigen: ( + x) n+ + (n + )x (IS) ( + x) n+ = ( + x) n ( + x) (IV) ( + nx)( + x) = + (n + )x + nx 2 + (n + )x 5

16 . Die reellen Zahlen Für x 0 und n folgt die Behauptung auch einfacher aus dem binomischen Lehrsatz A.9: ( + x) n = n k=0 ( ) n x k n k k k=0 ( ) n x k = + nx. k Vollständigkeit von R Die bisher eingeführten Axiome reichen noch nicht ganz aus, um die reellen Zahlen zu beschreiben. Da sie allesamt auch in Q gelten, stellen wir uns die Frage, worin sich die Zahlenräume Q und R unterscheiden. Beobachtung.9. Es gibt keine rationale Zahl q Q mit q 2 = 2. Beweis. Wir führen hier einen Widerspruchsbeweis. Angenommen es gibt eine solche Zahl q Q. Dann lässt sich q in der Form q = n m mit n, m Z, m 0 schreiben. Durch vollständiges Kürzen kann zusätzlich erreicht werden, dass n und m teilerfremd sind. Damit sind n 2 und m 2 ebenfalls teilerfremd und (wegen n2 m = 2 N) ist 2 folglich m 2 =, also m = ± und somit q Z. Dies kann aber nicht sein, da es keine ganze Zahl gibt, deren Quadrat 2 ist. Bemerkung.0. Dieser Beweis lässt sich auf eine allgemeinere Situation übertragen. Man kann zeigen, dass für k, n N mit n 2 keine Zahl q Q \ Z mit q n = k existiert. Anders gesagt: Wenn n k in Z nicht existiert, dann auch nicht in Q. Man kann sich aber mit geometrischen Überlegungen klarmachen, dass die Existenz solcher Zahlen durchaus sinnvoll ist: Dies folgt aus der Existenz der Primfaktorzerlegung für ganze Zahlen. 6

17 Länge der Hypotenuse im rechtwinkligen Dreieck, Länge der Höhe zur Hypotenuse in dem beide Katheten Länge haben mit Höhenabschnitten und 3 Nach dem Satz des Pythagoras gilt Nach dem Höhensatz gilt c 2 = c>0 = 2 c = 2. h 2 h>0 = 3 = 3 h = 3. Die Menge der reellen Zahlen soll also unter anderem die (n-ten) Wurzeln aus positiven Zahlen enthalten. Ein Unterschied zwischen Q und R besteht also darin, dass in R Gleichungen der Form x n = y mit y [0, ) und n N, n 2 stets lösbar sind. Wir brauchen nun also ein (möglichst einfaches) Axiom, das die Existenz dieser Lösungen garantiert. Ein Versuch wäre das folgende Axiom: Für alle y [0, ) und alle n N mit n 2 gibt es ein x [0, ) mit x n = y. Es stellt sich aber heraus, dass dies immer noch unzureichend wäre, denn mit diesem Axiom lässt sich etwa die Frage nach der Existenz der Zahlen e und π nicht beantworten. Daher gehen wir anders vor und benutzen ein stärkeres Axiom, das die reellen Zahlen eindeutig beschreibt. Zur Formulierung brauchen wir noch einige Begriffe. Definition.. Eine nichtleere Teilmenge M R von R heißt nach oben beschränkt, falls: C R x M : x C... nach unten beschränkt, falls: c R x M : x c Eine solche Zahl C bzw. c heißt dann obere bzw. untere Schranke für M. Man nennt M beschränkt, falls M nach oben und nach unten beschränkt ist. Das ist genau dann der Fall, wenn es eine Zahl γ [0, ) gibt, so dass x γ für alle x M ist (man wähle γ als die größere der beiden Zahlen C und c). Bei den Zahlen e und π handelt es sich um sogenannte transzendente Zahlen über Q, das heißt, sie treten niemals als Nullstellen eines Polynoms mit rationalen Koeffizienten auf. Im Gegensatz nennt man Zahlen, die Nullstelle eines rationalen Polynoms sind, algebraisch über Q, beispielsweise ist n k Nullstelle von x n k. 7

18 . Die reellen Zahlen Beispiel.2. Intervalle der Form [a, b], [a, b), (a, b] oder (a, b) mit a, b R, a b sind stets beschränkt. In allen Fällen ist a eine obere und b eine untere Schranke. Die natürlichen Zahlen N sind nicht nach oben beschränkt. Sie sind aber nach unten beschränkt, eine untere Schranke ist etwa c = 0. Genauer betrachtet ist jede Zahl c (, 0] eine untere Schranke für N, allerdings ist 0 eine besondere untere Schranke, nämlich die größte. Wir betrachten die Menge M = { x [0, ); x 2 2 }. Offensichtlich ist M durch 0 nach unten beschränkt (und 0 ist die größtmögliche untere Schranke). Auch eine obere Schranke ist leicht zu finden, beispielsweise C = 2 (oder C = 3 2 oder...). Es ist zunächst nicht klar, ob für M eine kleinste obere Schranke existiert. Definition.3. Sei M R. (a) Eine Zahl S R heißt Supremum (= kleinste obere Schranke) von M, falls die folgenden beiden Bedingungen gelten: Die Zahl S ist eine obere Schranke für M. Für jede (beliebige) obere Schranke S für M gilt S S. Schreibweise: sup M = S. Ist M nicht nach oben beschränkt, so ist sup M =. (b) Eine Zahl s R heißt Infimum (= größte untere Schranke) von M, falls die folgenden beiden Bedingungen gelten: Die Zahl s ist eine untere Schranke für M. Für jede (beliebige) untere Schranke s für M gilt s s. Schreibweise: inf M = s. Ist M nicht nach unten beschränkt, so ist inf M =. Bemerkung.4. Falls M eine obere Schranke S mit S M hat, so ist automatisch S = sup M. In diesem Fall bezeichnet man S auch als das Maximum von M (schreibe S = max M). Analog: Falls M eine untere Schranke s mit s M hat, so ist s = inf M. In diesem Fall bezeichnet man s auch als das Minimum von M (schreibe s = min M). Für M = [, 3) ist beispielsweise inf M = min M = und sup M = 3. Die Menge M hat kein Maximum. Beispiel.5. 8

19 Betrachte A = { n ; n N }. -) Für alle n N ist n, also ist eine obere Schranke für A. Wegen M ist sup A = max A =. -) Für alle n N ist n 0, also ist 0 eine untere Schranke für A. Um zu zeigen, dass tatsächlich inf A = 0 ist, müssen wir begründen, dass keine Zahl S > 0 eine untere Schranke für A sein kann. Dazu: Sei S > 0. Dann gibt es ein n N mit A n < S (genau genommen, begründen wir dies erst später, für den Moment nehmen wir es als gültig an). Also ist S keine untere Schranke für A. Also ist inf A = 0. Wegen 0 / A, hat A kein Minimum. Betrachte B = { 2 + ( ) n n n ; n N } = { 2 2, , 2 3 4, ,...}. 9

20 . Die reellen Zahlen Ohne formalen Beweis stellen wir fest, dass inf B = 3 und sup B = gilt und dass weder Maximum und Minimum existieren. Es bleibt die Frage, ob jede nach oben beschränkte Menge in R ein Supremum besitzt (bzw. jede nach unten beschränkte Menge ein Infimum)..6. Vollständigkeitsaxiom Zu jeder nach oben beschränken Menge M R existiert ein S R mit S = sup M. Beispiel.7. Betrachte die Menge A = { x R; x 3 4x < 2 }. Wir zeigen, dass A nach oben beschränkt ist, indem wir begründen, dass C = 3 eine obere Schranke für A ist: zu zeigen: x A x 3 wir zeigen: Beweis: x > 3 x / A x > 3 x 3 4x = x(x 2 4) > 3 (3 2 4) = 5 2 x / A Genauso hätte man zeigen können, dass 5 2 eine obere Schranke für A ist, die entsprechende Rechnung ist: ( (5 x > 5 2 x3 4x = x(x 2 4) > 5 ) 2 2 4) = x / A Auch (zum Beispiel) 9 4 ist wegen ( (9 ) ) 4 = noch eine obere Schranke für A, aber für 7 8 funktioniert dies nicht mehr, denn: ( (7 ) ) =

21 Die kleinste obere Schranke für A ist nicht so einfach zu bestimmen, nach dem Vollständigkeitsaxiom existiert sie aber auf jeden Fall in R. Wir werfen nochmals einen Blick auf A: Man erkennt, dass sup A auf der positiven x-achse an der Stelle zu finden sein muss, an der der Graph von R R, x x 3 4x die Parallele zur x-achse mit der Gleichung y = 2 schneidet. Anders gesagt: sup A ist die positive Lösung der Gleichung x 3 4x = 2. Auch wenn wir diese Gleichung nicht lösen können (und damit sup A nicht explizit berechnen können), garantiert uns das Vollständigkeitsaxiom, dass A eine kleinste obere Schranke hat und dass folglich die Gleichung x 3 4x = 2 eine positive Lösung in R hat. Man könnte auch sagen: An der Stelle, an der die Menge A nach oben begrenzt ist, befindet sich auch tatsächlich eine reelle Zahl (genannt sup A). Die reellen Zahlen füllen den Zahlenstrahl (oder die x-achse) vollständig aus. So erklärt sich auch der Name des Axioms. Bemerkung.8. Es folgt nun auch sofort, dass auch jede nach unten beschränke Menge ein Infimum besitzt. Ist nämlich M R nach unten beschränkt, so ist die Menge M = { x; x M} R nach oben beschränkt, und somit existiert S = sup( M) R. Man rechnet leicht nach, dass nun S = inf M gilt. Um nun aus dem Vollständigkeitsaxiom die Existenz von Wurzeln in R folgern zu können, benötigen wir noch den folgenden Hilfssatz. Hilfssatz.9. (a) Ist n N mit n 2 und sind x, y [0, ) mit x n < y, so existiert eine Zahl ε > 0 mit (x + ε) n < y. 2

22 . Die reellen Zahlen (b) Ist n N mit n 2 und sind x, y [0, ) mit x n > y, so existiert eine Zahl ε > 0 mit (x ε) n > y. Die Aussage von Teil (a) dieses Hilfssatzes kann man wie folgt beschreiben: Wenn x eine (nichtnegative) reelle Zahl ist, von der bekannt ist, dass ihre n-te Potenz kleiner ist als eine andere Zahl y, so kann man x immer noch ein wenig vergrößern (indem man eine positive Zahl ε hinzuaddiert), so dass die n-te Potenz (x + ε) n immer noch kleiner als y ist. Teil (b) beschreibt analog eine Verkleinerung von x. Wir kommen nun zum Beweis des Hilfssatzes. Dabei kommen wir noch ohne das Vollständigkeitsaxiom aus (d.h. der Hilfssatz gilt auch in Q). Beweis. Wir zeigen Teil (a), der Beweis für (b) funktioniert ähnlich. Seien also n 2 und x, y [0, ) mit x n < y gegeben. Für ein beliebiges ε > 0 gilt nach dem binomischen Lehrsatz A.9 n ( ) n (x + ε) n = ε k x n k = x n + k k=0 n k= Wir müssen also nun eine Zahl ε > 0 mit n ( ) n ε k x n k < y x n k finden. Die beiden Zahlen k= ( ) n ε k x n k. k c = und c 2 = y x n n ) x n k ( n k sind positiv, also ist auch c = min{c, c 2 } > 0 und nach Bemerkung.5 gibt es eine Zahl ε (0, c). Damit gilt nun ε < und folglich ε k ε für k =,..., n sowie ε < y x n n k= ( n k)x n k. Es folgt n k= ( ) n ε k x n k ε k n k= und somit ist (x + ε) n < y, wie behauptet. k= ( ) n x n k < y x n k Mit dem Hilfssatz und dem Vollständigkeitsaxiom können wir nun wie angekündigt, die Existenz von Wurzeln in R beweisen. Folgerung.20 (Existenz von Wurzeln). Zu jeder positiven reellen Zahl y [0, ) und zu jeder natürlichen Zahl n 2 existiert (genau) eine positive reelle Zahl x [0, ) mit x n = y. Man nennt x die n-te Wurzel aus y und schreibt x = n y (im Fall n = 2 auch kürzer x = y). 22

23 Beweis. Die Eindeutigkeit ist leicht einzusehen: Für zwei verschiedene Zahlen x, x [0, ) ist x < x oder x < x. Folglich ist auch x n < x n oder x n < x n. Damit können x n und x n nicht beide = y sein. Zur Existenz: Sei n 2 und zunächst y [, ). Die Menge M = {a [0, ); a n y}. ist nichtleer (da M) und nach oben beschränkt (eine obere Schranke ist zum Beispiel y). Nach dem Vollständigkeitsaxiom.6 existiert also x = sup M [, ). Wir zeigen nun, dass tatsächlich x n = y gilt. Angenommen es gilt x n < y. Dann existiert nach Hilfssatz.9 (a) eine Zahl ε > 0 mit (x + ε) n < y. Damit ist x + ε M, im Widerspruch dazu, dass x eine obere Schranke für M ist. Angenommen es gilt x n > y. Dann existiert nach Hilfssatz.9 (b) eine Zahl ε > 0 mit (x ε) n > y. Für alle a M gilt damit a n y < (x ε) n a < x ε. Folglich ist x ε eine obere Schranke für M, im Widerspruch dazu, dass x die kleinste obere Schranke für M ist. Für y (0, ) ist Y = y [, ) und damit existiert (wie wir gerade gezeigt haben) X [, ) mit X n = Y. Mit x = X folgt x n = ( X ) n = (X n ) = Y = y. Ist schließlich y = 0, so kann man einfach x = 0 wählen. Wir fassen an dieser Stelle einige Regeln für das Rechnen mit Wurzeln zusammen (ohne Beweis)..2. Rechenregeln (a) Die Wurzeln erfüllen die folgenden Regeln: Für alle x, y [0, ) und n 2 gilt n x y = n x n y. Fur alle x (0, ) und n 2 gilt n x = ( n x). Für x, y [0, ) und n 2 ist: x = y n x = n y. Für alle x R ist x 2 = x. Für c > 0 und n 2 gerade ist x n = c x = n c x = n c. Für c > 0 und n 3 ungerade ist x n = c x = n c. Für c < 0 und n 2 gerade ist x n = c unerfüllbar. 23

24 . Die reellen Zahlen Für c < 0 und n 3 ungerade ist x n = c x = n c. (b) Weiterhin gilt: Für n 2 ist die Funktion n : [0, ) [0, ), x n x streng monoton wachsend, das heißt, für x, y [0, ) gilt x < y n x < n y. Ist 2 n < m, so gelten x > x > n x > m x > 0 x < x < n x < m x < Graphen einiger Wurzelfunktionen (c) Für rationale Exponenten q = n m (n, m Z mit m > 0) und positive reelle Basen x (0, ) definiert man die Potenz x hoch q durch x q = x m n = m x n. Diese Definition ist nicht von der Wahl von n und m abhängig und erweitert die bekannte Definition von Potenzen mit ganzzahligen Exponenten. Die Rechenregeln für Potenzen aus.2 gelten damit für beliebige rationale Exponenten (und positive Basen). Um das Rechnen mit Wurzeln zu üben, lösen wir einige (Un-)Gleichungen, in denen die Wurzeln vorkommen. Beispiel.22. Das heißt, ist q = n m = n m, so ist m x n = m x n. 24

25 x 4 = 32 8 x 4 = 32 8 x 5 = 32 8 x 5 = x = 4 8 = x = 4 8 = ist unerfüllbar x = = x = = Das Quadrieren einer Gleichung ist eine Äquivalenzumformung, wenn man weiß, dass beide Seiten nichtnegativ sind. Beispielsweise ist bei x 2 = 3 x 2 = 9 x = alles korrekt. Die Gleichung x 2 = 3 hat aber offenbar keine Lösung, man beachte, dass x 2 = 3 x 2 = 9 x = nicht funktioniert. Die Rechnung x 2 = 2 x x 2 = 4 4 x + x x = 3 2 x = 9 4 ist korrekt (im.schritt steht ja nur ), zeigt aber lediglich, dass 9 4 als einzige Lösung für x 2 = 2 x in Frage kommt. Eine Probe bestätigt Folglich ist = 2 tatsächlich eine Lösung. und = 2. Zum Vergleich betrachten wir x 3 = x x 3 = 2 x + x x = 2 x = 4. Als einzige Lösung für x 3 = x kommt also x = 4 in Frage. Wegen 4 3 = und 4 = hat die Gleichung x 3 = x keine Lösung. Zum Abschluss dieses Kapitels stellen wir fest, dass die reellen Zahlen, die sogenannte Archimedische Eigenschaft haben..23. Archimedische Eigenschaft Für alle x, y [0, ) gibt es ein n N mit nx > y. Diese Eigenschaft wird manchmal auch als Archimedisches Axiom formuliert. 25

26 . Die reellen Zahlen Beweis. Seien x, y > 0. Angenommen es gibt kein n N wie gefordert. Dann ist y eine obere Schranke für die Menge M = {nx; n N }. Nach dem Vollständigkeitsaxiom.6 existiert S = sup M R. Es gilt nx S für alle n N und folglich kx = (k + )x x S x für alle k N. Damit ist S x eine obere Schranke für M. Dies kann aber nicht sein, denn S ist die kleinste obere Schranke für M. Bemerkung.24. Geometrisch lässt die Archimedische Eigenschaft sich derart interpretieren: Hat man zwei Strecken auf einer Geraden, so kann man die größere von beiden übertreffen, wenn man die kleinere nur oft genug abträgt. Mit der Archimedischen Eigenschaft kann man sich nun überlegen, wie sich Terme der Form n oder qn für großes n N verhalten. Wir werden dies später präzisieren, wenn wir Folgenkonvergenz behandeln. Zunächst beschränken wir uns auf die nachstehende Folgerung. Folgerung.25. (a) Zu jedem ε > 0 existiert ein n N mit n < ε. (b) Ist q (, ), so existiert zu jedem C > 0 ein n N mit q n > C. (c) Ist q (0, ), so existiert zu jedem ε > 0 ein n N mit q n < ε. Beweis. (a) Wähle (mit.23 zu x = und y = ε ) ein n N mit n > ε. 26

27 (b) Wähle (mit.23 zu x = q und y = C) ein n N mit n (q ) > C. Mit der Bernoullischen Ungleichung.8 folgt: q n = ( + (q )) n > + n(q ) > + C > C. ( ) n (c) Wir wenden (b) auf q (, ) und ε an und finden ein n N mit q > ε. 27

28

29 2. Folgen Definition 2.. Eine (reelle) Folge ist eine Abbildung a von den natürlichen Zahlen N nach R. Statt a : N R, n a(n) schreiben wir Folgen meist in der Form (a n ) n N. Es ist auch zulässig, dass die Folgenglieder a n nur für n N definiert sind (mit einem festen N N). Schreibe dann (a n ) n N. Wir benutzen auch die Abkürzung (a n ) n, wenn klar ist, ab welchem N die Folgenglieder definiert sind. Beispiel 2.2. (a) die Folge (n) n N der natürlichen Zahlen (b) die Folge ( ) n der Stammbrüche n (c) die Folge (n 2 ) n N der Quadratzahlen (d) die Folge (q n ) n N der Potenzen einer reellen Zahl q (e) die Folge (p n ) n N der Primzahlen, also p 0 = 2, p = 3, p 2 = 5, p 3 = 7,... { 2, falls n gerade (f) die Folge (a n ) n 4 mit a n = n n 3, falls n ungerade 2.3. Graphen von Folgen Eine Folge (a n ) n lässt sich graphisch darstellen, indem man im Koordinatensystem den Wert von a n gegen n abträgt, das heißt, für n N werden die Punkte (n/a n ) eingetragen. Beispielsweise: Betrachte (a n ) n N mit a n = n2 9 n+. Es ist a 0 = 9, a = 4, a 2 = 5 3, a 3 = 0, a 4 = 7 5,... Also werden die Punkte (0/ 9), (/ 4), in das Koordinatensystem eingetragen. ( ) ( 2/ 5 3, (3/0), 4/ 7 5),... 29

30 2. Folgen Für die Folge ( n 5 2 sieht der Graph folgendermaßen aus: )n N n 2.4. Rekursiv definierte Folgen Es ist möglich, eine Folge (a n ) n N durch folgende Angaben zu definieren:. Gib ein oder mehrere Folgenglieder a N,..., a M konkret an. 2. Gib eine Vorschrift (Rekursion) an, wie man a n (für n > M) aus a N,..., a n bestimmen kann. Beispielsweise: Setze a 0 = 2 und a n = a n 5 für n. Man kann die Folgenglieder nun sukzessive berechnen: a 0 = 2, a = 3, a 2 = 8, a 3 = 3,... Man kann sich hier leicht klar machen, dass a n = 5n + 2 (n N) gilt. Setze b 0 = und b n = n i=0 b i für n. Man berechnet: b 0 =, b =, b 2 = + = 2, b 3 = = 4, b 4 = = 8,... Offenbar ist b n = 2 n (n N). Setze f 0 =, f = und f n = f n + f n 2 für n 2. Man berechnet: f 0 =, f =, f 2 = 2, f 3 = 3, f 4 = 5, f 5 = 8, f 6 = 3,... Es handelt sich bei (f n) n um die Folge der sogenannten Fibonacci-Zahlen. Sie können durch eine geschlossene Formel ausgedrückt werden, was wir hier allerdings nicht zeigen wollen. Es gilt f n = 5 ( ( + ) n ( 5 2 ) n ) 5 2 (n N) 30

31 Konvergenz 2.5. Konvergenz von Folgen Wir wollen uns dem Begriff der Konvergenz von Folgen zunächst durch einige Beispiele nähern: Betrachte die Folge ( ) n. Mit wachsendem n werden die Folgenglieder immer n kleiner und kommen dabei der Zahl 0 beliebig nahe. Sei c R eine feste Zahl und a n = c für alle n N. Die Folge (a n ) n N ist dann konstant mit dem Wert c. Insbesondere kommen sie dem Wert c beliebig nahe. Betrachte die Folge (a n ) n = ( n+2 2n ) n. Wir berechnen einige Folgenglieder: a = 3 2, a 2 =, a 3 = 5 6,..., a 20 = 20,..., a 00 = 5 00,... Die Folgenglieder werden mit wachsendem n immer kleiner und nähern sich der Zahl 2. { 0, falls n gerade Betrachte die Folge (a n ) n mit a n =, falls n ungerade. Die Folgenglieder wechseln ständig zwischen den Zahlen 0 und. Es gibt keine feste Zahl, der sie sich annähern. Betrachte die Folge (n 2 ) n. Die Folgenglieder werden mit wachsendem n immer größer und wachsen dabei über jede vorgegebene Zahl hinaus. Sie nähern sich sozusagen dem Wert an. Eine exakte Definition des Konvergenzbegriffs für Folgen (mit Grenzwert in R) ist: Eine Folge (a n ) n in R heißt konvergent gegen einen Wert a R, falls: ε > 0 n 0 N n n 0 : a n a < ε Die Zahl a heißt dann Grenzwert der Folge (a n ) n. Wir schreiben in diesem Fall a = lim a n n oder a n a. n Eine Folge, die nicht konvergent ist, heißt divergent. Als Beispiel betrachten wir nochmals die Folge (a n ) n mit a n = n+2 2n, deren Grenzwert (mutmaßlich) 2 ist. 3

32 2. Folgen Die Folgenglieder a n liegen in jedem (noch so kleinem) vorgegebenem Intervall ( 2 ε, 2 + ε), wenn n groß genug ist. Mit anderen Worten: Zu jedem ε > 0 existiert eine Stelle n 0 N, ab der die Folgenglieder a n (n n 0 ) allesamt im Intervall ( 2 ε, 2 + ε) liegen bzw. die Ungleichung an 2 < ε erfüllen. Ein weiteres Beispiel: 32

33 Die Folge konvergiert (vermutlich) gegen 3. Für Konvergenz gegen die Werte ± gilt die folgende Definition: Eine Folge (a n ) n in R heißt konvergent gegen, falls: R R n 0 N n n 0 : a n > R Entsprechend heißt (a n ) n konvergent gegen, falls: R R n 0 N n n 0 : a n < R Falls (a n ) n gegen ± konvergiert, schreibt man lim a n n = ± oder auch a n ±. n Man nennt (a n ) n dann bestimmt divergent (oder auch uneigentlich konvergent). Als Beispiel betrachten wir die Folge (b n ) n mit b n = n3 6n 2 4n+3, deren Grenzwert (mutmaßlich) ist. Zu jeder Zahl R R (und sei sie noch so groß), findet man eine Stelle n 0, ab der die Folgenglieder größer als R sind Wir halten schließlich fest, dass der Grenzwert a R {± } einer Folge (a n ) n (sofern er existiert) eindeutig bestimmt ist, dass heißt eine Folge kann nicht gegen zwei verschiedene Werte a, b R {± } konvergieren. Im folgenden Beispiel prüfen wir die Konvergenz einiger Folgen mit dieser Definition. Beispiel 2.6. (a) Es gilt lim n n = 0. Beweis. Sei ε > 0. Nach.25 (a) gibt es ein n 0 N mit n 0 < ε. Für alle n n 0 gilt 33

34 2. Folgen dann n 0 = n < ε. n 0 Dieses Beispiel ist wichtig, da wir es später sehr oft verwenden werden, um die Konvergenz vieler weiterer Folgen zu prüfen. (b) Für a n = c R (n N) gilt lim n a n = c. Beweis. Sei ε > 0. Wähle n 0 =. Für alle n n 0 gilt dann a n c = c c = 0 < ε. Dieses Beispiel ist zwar trivial aber dennoch für später wichtig. n+2 (c) Es gilt lim n 2n = 2. Beweis. Zunächst stellen wir fest, dass n + 2 2n 2 = 2 2n = n (n N) gilt. Sei nun ε > 0. Wähle (mit.25 (a)) ein n 0 N mit n 0 < ε. Für alle n n 0 gilt dann n + 2 2n 2 = n < ε. n 0 n+2 Nehmen wir nun einmal an, man hätte (falsch) vermutet, dass lim n 2n = sei. Ein (zu obigem Beweis analoger) Beweisversuch wäre wie folgt gescheitert: Der Abstand zwischen einem Folgenglied und dem mutmaßlichen Grenzwert wird berechnet und dann < ε gesetzt n + 2 2n = n + 2 2n = n 2 2n (n 2) n 2 2n < ε n( 2ε) < 2 fallsε< 2 2 n < ( 2ε) Die zu erfüllende Ungleichung n+2 2n < ε ist hier (zumindest im Fall ε < 2 ) nur für alle n bis zu einer geeigneten Stelle erfüllt, sie sollte aber (nach der Definition von Konvergenz) ab einer geeigneten Stelle erfüllt sein. ( ) (d) Wir betrachten die Folge. Wir berechnen einige Folgenglieder: 4n 3 5 n n 6 a 0 = 37 5 = 7.4, a 50 = , a 000 = n 3 Damit kommen wir zu der Vermutung, dass lim n 5 n = 4 gilt. 34

35 Beweis. Zunächst stellen wir fest, dass 4n 3 5 n ( 4) = 4n n 5 n = 7 n 5 (n 6) gilt. Sei nun ε > 0. Wir überlegen uns nun, dass: 7 n 5 < ε 7 ε < n 5 7 ε + 5 < n Wähle (mit.23) ein n 0 N mit n 0 > 7 ε +5. Für alle n n 0 gilt dann ebenfalls n > 7 ε + 5 und folglich ist (nach unseren Vorüberlegungen) 4n 3 5 n ( 4) < ε (n n 0). Dieser Beweis versetzt uns in die Lage zu einem gegebenen ε > 0 tatsächlich eine Stelle n 0 N (wie in der Definition der Folgenkonvergenz gefordert) angeben zu können: Zu ε = 5 ist etwa n 0 > = 90 zu wählen. Das bedeutet, dass 4n 3 5 n vom Grenzwert 4 um weniger als 5 abweicht, falls n 9 ist. (Entsprechend ist die Abweichung sogar kleiner als 000, falls n 706 ist.) Wir werden später sehen, dass man in den letzten beiden Beispielen die Konvergenz der Folge leichter hätte zeigen können. Die direkte Anwendung der Definition ist im allgemeinen recht umständlich und nur selten erforderlich. (e) Die Folge (a n ) n mit a n = { 0, falls n gerade, falls n ungerade. ist divergent. Beweis. Wenn a = lim a n R existieren würde, so würde zu ε = n 2 ein n 0 N existieren, so dass a n a < 2 für alle n n 0 gilt. Das liefert 0 a < 2 und gleichzeitig a < 2, also = (0 a) + ( a) 0 a + a < =. Das kann nicht sein. Also existiert kein solches a. Da die Folgenglieder niemals größer als und niemals kleiner als sind, kann (a n ) n auch nicht uneigentlich konvergieren. (f) Es gilt lim n n =. 35

36 2. Folgen Beweis. Sei R > 0. Wähle n 0 N mit n 0 > R. Dann gilt für alle n n 0 : n n 0 > R. n+ (g) Es gilt lim 2n n 3n =. Beweis. Sei R < 0. Wir suchen n 0 N mit n+ 2n 3n dazu: n + 2n 3n n < R 3 < R 2 Es genügt also, n 0 > 3( R + 2) 2 zu wählen. < R für alle n n 0. Man beachte n 3 > R+2 n 3 > ( R+2)2 n > 3( R+2) 2 (h) Bei konvergenten Folgen müssen die Folgenglieder nicht immer alle größer ) oder allle kleiner sein als der Grenzwert. Betrachten wir dazu (h n ) n = Die Folge konvergiert gegen 3, denn zu gegebenem ε > 0 ist ( h n = ( ) 3) n 3n = 3n < ε, ( ( ) n n 3n n N. falls n n 0 ε ist. Allerdings sind unendlich viele Folgenglieder größer als 3 und auch unendlich viele kleiner als 3. Zur Veranschaulichung betrachten wir den Folgengraph: 36

37 Um die Konvergenz von Folgen nicht jedesmal mit der Definition prüfen zu müssen, erarbeiten wir uns im Folgenden die Grenzwertsätze. Diese versetzen uns in die Lage aus der (bekannten) Konvergenz einfacher Folgen, die Konvergenz zusammengesetzter Folgen ableiten zu können. Wir wollen dies zunächst an einfachen Beispielen veranschaulichen. Beispiel 2.7. (a) Wir betrachten die Folgen ( ) 3n (x n ) n = n + n N ( ) n + 2 und (y n ) n = 2n Dann konvergiert (x n ) n gegen 3, denn (für ε > 0) gilt 3n n + 3 = 3 n + < ε n > 3 ε. n N. (Zu gegebenem ε > 0 wählt man daher n 0 N mit n 0 > 3 ε.) Wie wir nach Beispiel 2.6 (c) wissen, konvergiert (y n ) n gegen 2. Nun betrachten wir Summe, Differenz, Produkt und Quotient der beiden Folgen: Für n N gilt: 3n x n + y n = n+ + n+2 2n = 7n2 +3n+2 2n 2 +2n 3n x n y n = n+ n+2 2n = 5n2 3n 2 2n 2 +2n 3n x n y n = n+ n+2 2n = 3(n+2) 2(n+) x n yn = ( 3n n+ ) / ( n+2 ) 2n = 6n 2 n 2 +3n+2 Wir berechnen einige Glieder dieser kombinierten Folgen und kommen damit zu einer Vermutung für ihre Grenzwerte. n Vermutung für n x n + y n = x n + y n = x n y n = 3 2 x n 600 yn = 3/ ( ) 2 Es ergibt sich die folgende Vermutung: Konvergieren zwei Folgen in R, so konvergieren auch ihre Summen/Differenzen/Produkte/Quotienten und der jeweilige Grenzwert ist Summe/Differenz/Produkt/Quotient der Grenzwerte der ursprünglichen Folgen. Wir werden sehen, das dies richtig ist. Man muss dabei 37

38 2. Folgen allerdings den Sonderfall, dass bei einer Quotientenfolge der Nenner gegen 0 konvergiert, ausschließen. (b) Wir betrachten nun den Fall, dass die Folge (y n ) n im Nenner gegen 0 konvergiert, wir betrachten y n = n. Für den Zähler untersuchen wir verschiedene Folgen: Sei a n = n+ n. Dann konvergiert (a n) n gegen und a n = n + n. y n Sei b n = 2n n. Dann konvergiert (b n) n gegen 2 und b n y n = 2n n. Sei c n = 3n+3. Dann konvergiert (c n) n gegen 0 und c n = n y n 3n + 3 n 3. Sei d n = n 2. Dann konvergiert (d n ) n gegen 0 und d n = n 0. y n n Sei e n = n. Dann konvergiert (e n ) n gegen 0 und e n y n = n n. Man kommt zu folgender Vermutung, für die Konvergenz von Quotienten, falls die Folge im Nenner gegen 0 konvergiert: Konvergiert die Zählerfolge gegen eine positive reelle Zahl, so konvergiert die Quotientenfolge gegen +. (?) Konvergiert die Zählerfolge gegen eine negative reelle Zahl, so konvergiert die Quotientenfolge gegen. (?) Konvergiert die Zählerfolge auch gegen 0, so wissen wir nichts über die Konvergenz der Quotientenfolge. (Es kann in diesem Fall auch passieren, dass die Quotientenfolge überhaupt nicht konvergiert.) Auch die ersten beiden Punkte in dieser Liste sind nicht in voller Allgemeinheit richtig (sie stimmen allerdings, wenn man zusätzlich voraussetzt, dass die Glieder der Nennerfolge ab einer geeigneten Stelle positiv sind). Ersetzt man die Nennerfolge beispielsweise durch die Nullfolge ( ) n, so drehen sich n N die Vorzeichen beim Grenzwert der Quotientenfolge gerade um. Falls man im Nenner eine alternierende Nullfolge, wie zum Beispiel (( ) n ) 2 (wir werden n N später zeigen, dass dies tatsächlich eine Nullfolge ist) ansetzt, so divergiert die Quotientenfolge, falls die Zählerfolge gegen eine Zahl a R konvergiert. 38

39 Wir geben nun einen umfassenden Überblick für Konvergenzuntersuchungen bei zusammengesetzten Folgen Grenzwertsätze Die folgenden Regeln ermöglichen das Rechnen mit Grenzwerten. Man beachte, das einige dieser Regeln nur unter bestimmten Zusatzvoraussetzungen gelten. Es gibt auch Sitiuationen, in denen keine allgemeine Aussage möglich ist. Diese Fälle sind mit? gekennzeichnet. Tabelle (Summen und Differenzen) Voraussetzungen mögliche Folgerungen (a n ) n (b n ) n (a n + b n ) n (a n b n ) n konvergiert gegen konvergiert gegen konvergiert gegen konvergiert gegen a R b R a + b a b ± b R ± ± a R ± ±???? Tabelle 2 (skalare Vielfache) Voraussetzungen mögliche Folgerungen (a n ) n λ R (λ a n ) n konvergiert gegen fest konvergiert gegen a R λ a ± > 0 ± ± < 0 Tabelle 3 (Produkte) Voraussetzungen mögliche Folgerungen (a n ) n (b n ) n (a n b n ) n konvergiert gegen konvergiert gegen konvergiert gegen a R b R a b ± b R, b > 0 ± ± b R, b < 0 ± 0? 39

40 2. Folgen Tabelle 4 (Quotienten) Hier wird immer vorausgesetzt, dass b n 0 (n N) ist. Voraussetzungen mögliche Folgerungen (a n ) n (b n ) n ( a n bn )n konvergiert gegen konvergiert gegen konvergiert gegen a a R b R \ {0} b, falls n 0 N n n 0 b n > 0 a > 0 0, falls n 0 N n n 0 b n < 0 ist divergent, sonst, falls n 0 N n n 0 b n > 0 a < 0 0, falls n 0 N n n 0 b n < 0 ist divergent, sonst 0 0? a R ± 0 ± b > 0 ± ± b < 0 ±, falls n 0 N n n 0 b n > 0 ± 0, falls n 0 N n n 0 b n < 0 ist divergent, sonst ± ±? Tabelle 5 (Wurzeln) Hier wird immer vorausgesetzt, dass a n 0 (n N) ist. Es sei k N mit k 2 fest. Voraussetzungen mögliche Folgerungen ( ) (a n ) n k an konvergiert gegen a 0 n konvergiert gegen k a Wir wollen hier nicht alle dieser Regeln beweisen, sondern nur einige wenige Beweise ausführen, um anzudeuten, wie man vorgehen kann. Es gelte Wir wollen zeigen: lim a n = a und lim b n = b mit a, b R. n n lim (a n + b n ) = a + b und lim (a n b n ) = a b n n Zur ersten Behauptung: Sei ε > 0. Wir wählen zu ε 2 ein n N mit a n a < ε 2 für alle n n und ein n 2 N mit a n a < ε 2 für alle n n 2. Dann setzen wir 40

41 n 0 = max{n, n 2 }. Für alle n n 0 gilt dann (wir benutzen an entscheidender Stelle die Dreiecksungleichung, siehe.6) a n + b n (a + b) = a n a + b n b a n a + b n b < ε 2 + ε 2 = ε. Für die zweite Behauptung betrachten wir zunachst folgende Vorüberlegung: Wir versuchen a n b n ab nach oben abzuschätzen, so dass (neben festen, d.h. von n unabhängigen Werten) Terme der Form a n a und b n b vorkommen. Die Rechnung ist nicht einfach und erfordert einige kleine Tricks. Für alle n N gilt: a n b n ab = a n b n a n b + a n b ab (Addition einer komplizierten 0 ) a n b n a n b + a n b ab (Dreiecksungleichung, siehe.6) = a n b n b + b a n a (Multiplikativität des Betrags, siehe.6) a n a b n b + a b n b + b a n a, denn es ist a n = a n a+a a n a + a. Falls wir (für ein δ > 0) erreichen können, dass a n a < δ und b n b < δ gilt, so folgt also a n b n ab < δ 2 + a δ + δ b = δ (δ + a + b ). { ε Sei nun ε > 0 gegeben. Wir setzen zunächst δ = min + a + b },, damit erhalten wir δ (δ + a + b ) ε ( + a + b ) = ε + a + b gilt. Nun wählen wir n N mit a n a < δ für alle n n und n 2 N mit b n b < δ für alle n n 2. Wir setzen n 0 = max{n, n 2 } und erhalten für alle n n 0 : a n b n ab < δ (δ + a + b ) ε. Dies zeigt die Behauptung, es gilt lim n a nb n = ab. Es gelte b n > 0 (n N) und Wir wollen zeigen: lim a n = a (0, ) und lim b n = 0. n n a n lim = + n b n Sei dazu R > 0. Zunächst wählen wir ein n N mit a a n < a 2 für alle n n (beachte: wegen a > 0 ist a 2 > 0). Für alle n n gilt dann auch: a n = (a n a) + a a n a + a > a 2 + a = a 2 (> 0) Nun wählen wir außerdem ein n 2 N mit b n = b n 0 > a 2R für alle n n 2 und setzen dann n 0 = max{n, n 2 }. Für alle n n 0 gilt nun a n b n > a 2b n > a 2 a 2R = R. 4

42 2. Folgen Im folgenden Beispiel wird gezeigt, wie die Grenzwertsätze angewendet werden können. Beispiel 2.9. ( ) 4n 3 (a) Wir betrachten nochmals die Folge 5 n. Es gilt n 4n 3 5 n = 4 3 n 5 n n = 4 nach den Grenzwertsätzen und Beispiel 2.6 (a) und (b). Dies bestätigt das Ergebnis aus 2.6 (d). ( (b) Betrachte die Folge 8n2 + 3n + 6 2n n 2 +3n+ 2n 2 +2 ( ) n (c) Betrachte 3 +3n 5 n Es gilt n ) n. Es gilt n ( = 6 n + ) n 2 n ( ) = 6 n + n 2 n n 2 n 2 2n 3 + 3n 5 8n = n3 }{{} n n 5 n 3 n n }{{ 2 } =n = 4 = 3 2. (d) Manchmal muss man zunächst geschickt umformen, bevor man die Grenzwertsätze anwenden kann. Bei der Folge ( n + n ) kann man die Grenzwertsätze n nicht direkt anwenden (keine Aussage bei ). Man erkennt aber durch Erweitern mit n + + n, dass n + n = ( n + n ) ( n + + n ) n + + n = = n + + n n n + n = 0. (e) Betrachte die Folge ( ( ) n n ) n. Schreibt man ( )n n = n ( )n um, so konvergiert der erste Faktor gegen 0, der zweite Faktor ist jedoch divergent. Man kann hier also die Grenzwertsätze nicht anwenden. In manchen Situationen ist der folgende sogenannte Einschließungsssatz hilfreich. Wenn wir eine Folge (ab einer geeigneten Stelle) zwischen zwei neue Folgen einschachteln können, die beide gegen den gleichen Grenzwert konvergieren, so konvergiert auch die ursprüngliche Folge gegen denselben Wert. 42

43 Hilfssatz 2.0. Seien (a n ) n, (b n ) n und (x n ) n Folgen in R. Es gelte lim a n = x und lim b n = x (mit einem x R) n n und es existiere ein N N mit Dann gilt auch lim n x n = x. a n x n b n n N. Beweis. Sei ε > 0. Wir wählen ein n 0 N mit n 0 N, so dass a n x < ε und b n x < ε für alle n n 0 gilt. (Genauer: Wähle n N mit a n x < ε für alle n n und n 2 N mit b n x < ε für alle n n 2. Setze dann N = max{n, n, n 2 }.) Dann gilt auch und damit x n x < ε für alle n n 0. Beispiel 2.. ε < a n x x n x < b n x < ε (a) Betrachte die Folge (x n ) n N mit x n = n 4 n ( ) n. Wegen ( ) n gilt n 4 n + x n n 4 n (n 4). n 4 Wegen lim n n+ = = lim n n 4 n (a)) folgt mit 2.0, dass auch lim n x n = ist. (benutze dazu die Grenzwertsätze wie in 2.9 (b) Ist ω n (für n ) die n-te Nachkommastelle von 2 und ist x n = n + ω n n + (ω n ) 2 (n N ), so gilt (man benutze für die Grenzwerte rechts und links die Grenzwertsätze): n n n + 99 x n n + 9 n n Nach dem Einschließungssatz 2.0 konvergiert auch die eingeschlossene Folge (x n ) n gegen. Wir können aus dem Einschließungsssatz ein verwandtes Konvergenzkriterium ableiten, das oftmals leichter anwendbar ist. Folgerung 2.2. (a) Eine Folge (y n ) n ist genau dann eine Nullfolge, wenn die Betragsfolge ( y n ) n eine Nullfolge ist. 43

44 2. Folgen (b) Ist (x n ) n eine beliebige Folge und (a n ) n eine Nullfolge in R und gilt für ein x R und ein N N die Abschätzung so folgt lim n x n = x. x n x a n n N, Beweis. (a) Das ist wegen y n 0 = y n 0 klar. (b) Durch die Abschätzung 0 x n x a n (n N) können wir ( x n x ) zwischen zwei Nullfolgen einschließen. Mit 2.0 folgt n daraus lim x n x = 0. Nach (a) ist damit auch lim (x n x) = 0. Mit den n n Grenzwertsätzen folgt x n = (x n x) + x n 0 + x = x. Beispiel 2.3. (a) Wir betrachten nochmals die Folge ( ( ) n n ) ( ) n 0 n = n Nach Folgerung 2.2 gilt damit auch lim (b) Auch die Folge (h n ) n = ( ( ) n n 3n diese Art untersuchen. Es ist h n ) n n N n (siehe Beispiel 2.9). Es gilt n 0. ( ) n n = 0. aus Beispiel 2.6 (h) kann man auf ( ) = n n Nach Folgerung 2.2 konvergiert (h n ) n gegen 3. ( (c) Betrachte nochmals (vergleiche 2. (a)). Wegen n 4 n ( ) n )n n 4 n ( ) n = 4 + ( ) n n ( ) n = 4 ( )n n ( ) n 5 n ( konvergiert n 4 n ( ) n )n nach Folgerung 2.2 gegen. n 0 ( GWS e) Wir schließen diesen Abschnitt mit einigen einfachen Feststellungen über konvergente Folgen. 44

45 Bemerkung 2.4. Sei (x n ) n eine Folge mit Limes x R. (Es ist hier also schon vorausgesetzt, dass die Folge in R konvergiert.) Dann gilt für jede Zahl C R: Ist x < C, so existiert eine Stelle n 0 N mit x n < C für alle n n 0. Ist x > C, so existiert eine Stelle n 0 N mit x n > C für alle n n 0. Falls es eine Stelle n 0 N gibt mit x n C für alle n n 0, so ist auch x C. Falls es eine Stelle n 0 N gibt mit x n C für alle n n 0, so ist auch x C. Ersetzt man durch < (bzw. durch >), so stimmen die vorigen beiden Aussagen nicht mehr. Einige spezielle Folgen Dieser Abschnitt widmet sich der Konvergenzuntersuchung für einige spezielle Folgen, bei denen man nicht auf den ersten Blick erkennen kann, ob und wogegen sie konvergieren. Wir beginnen mit geometrischen Folgen (Folgen der Form (q n ) n N mit einer festen Zahl q R) und betrachten zunächst einige Graphen solcher Folgen: Graph von ((0.9) n ) n 45

46 2. Folgen Graph von ((.2) n ) n Graph von (( 2 3 ) n ) n Graph von (( 4 3 ) n ) n 46

47 Dies führt uns zu folgendem Satz über die Konvergenz geometrischer Folgen. Satz 2.5. Für eine feste Zahl q R ist die Folge (q n ) n konvergent gegen 0, falls q < konvergent gegen, falls q = bestimmt divergent gegen, falls q > divergent, falls q Beweis. Sei zunächst 0 < q <. Sei ε > 0. Nach.25 (c) existiert ein n 0 N mit q n0 < ε. Für alle n n 0 gilt nun q n 0 = q n q n0 < ε. Für q = 0 ist q n = 0 (n ) und somit q n Für q = ist q n = (n N) und somit q n n 0. n. Für q = ist q n = ( ) n (n N) und somit ist (q n ) n divergent. Für q > ist q < und somit gilt ( q ) n n ( 0. Nach den Grenzwertsätzen (Tabelle 4) divergiert damit (q n ) n = bestimmt gegen (q ) n )n, falls q > ist (dann ist immer ( q ) n > 0) und ist divergent, falls q < ist (dann wechselt ( q ) n unendlich oft das Vorzeichen). Beispielsweise ist also lim n (0.99)n = 0, ( lim 2 n ( ) n 5 = 0 und lim =. n 3) n 4 Wir wissen nun, dass Folgen der Form (q n ) n mit q < gegen 0 konvergieren. Außerdem ist für festes k N ist die Folge (n k ) n bestimmt divergent gegen. Die Frage nach der Konvergenz der Folge ( qn n k) ( q <, k N ) n N lässt sich mit den Grenzwertsätzen also nicht beantworten. Der Graph der Folge (( ) ) n 2 n 5 (siehe 2.3) deutet an, dass diese Folge eine Nullfolge ist. Um dies zu n beweisen, benutzen wir den folgenden nützlichen Hilfssatz. Hilfssatz 2.6. Sei (a n ) n N eine Folge. 47

48 2. Folgen (a) Falls eine Zahl r (0, ) und eine Stelle n 0 N existieren mit n n 0 : a n 0 und a n+ a n r, so ist lim n a n = 0. (b) Falls a n 0 (n N) und lim Beweis. (a) Induktiv folgt: an+ n a n = r [0, ) existiert, so ist lim n a n = 0. n n 0 : a n r n a n 0 r n0. Der Induktionsanfang ist klar, im Induktionsschritt beachte man: a n+ = a n a n+ a n r a n (IV) r n+ a n 0 r n0 ( ) Nach 2.5 ist r n an 0 r eine Nullfolge. Also können wir ( a n 0 n ) n durch n 0 < a n r n a n 0 r n0 (n n 0 ) zwischen zwei Nulfolgen einschließen. Nach dem Einschließungssatz 2.0 ist ( a n ) n damit auch eine Nullfolge. Aus 2.2 (a) folgt schließlich, dass (a n ) n eine Nullfolge ist. (b) Zunächst beachte man, dass r < r+ 2 < gilt. Nach 2.4 existiert eine Stelle n 0 N mit a n+ a n < r + 2 (n n 0 ). Nach Teil (a) (angewendet auf r+ 2 statt r) folgt die Behauptung. Nun folgt der angestrebte Satz über die Konvergenz von Folgen der Form ( q n n k) n. Satz 2.7. ( Ist q R mit q < und ist k N, so gilt lim qn n k) = 0. Für q > und n k N q gilt folglich lim n =. (Dies zeigt uns also, dass q n (für beliebiges festes n n k q > ) schneller gegen konvergiert als n k für ein festes k N.) Beweis. Wir setzen a n = q n n k. Mit den Grenzwertsätzen folgt a n+ a n = q n+ (n + ) k ( ) k ( n + q n n k = q = q + ) k n q [0, ). n n Nach 2.6 (b), folgt, dass (a n ) n eine Nullfolge ist. 48

49 Beispielsweise ist also lim n Bemerkung 2.8. (( 2 ) n n 0 ) (.0) n = 0 und lim n n 3 =. Die letzten Sätze bringen uns neue Informationen über die Konvergenz bestimmter Folgen, die wir benutzen können, um die Grenzwertsätze in neuen Situationen anzuwenden. Beispielsweise ist: 3 n + 0n 2 5 n 2 n+4 + 8n = ( 3 5) n + 0 n 2 6 ( n ) n + 8 n denn nach 2.5 und 2.7 konvergieren ( n n ) n, n 2 5, ( 2 n 5 ( 2 n + n 4 n3 + 3 = 4n n n 4 + n 8 4 n n n = = 0, ) n und n 5 gegen 0. n 3) n + 2 ( 2 3 Wegen n3 3 0 konvergiert der Nenner gegen. Wegen n ( ) n ( ) n 4 2, n 4 n 8 0 und n 0 ) n n4 + n8 3 n n n konvergiert der Zähler gegen. Insgesamt konvergiert der Bruch (und damit auch die Wurzel daraus) gegen. Es gilt also: lim n 2 n + n 4 n3 + 3 n = Im nächsten Beispiel betrachten wir einige Folgen, bei denen der Exponent gegen 0 konvergiert. Satz 2.9. Es gilt: lim n c = (c > 0 fest), und lim n n =. n n Beweis. Wir beginnen mit der zweiten Behauptung: Sei ε > 0. Für n N gilt: n n ( ) n < ε n < ( + ε) n n <. + ε ( n Da +ε < ist, gilt lim n n +ε) = 0 nach 2.5 (b). Insbesondere gibt es ( n eine Stelle n 0 N mit n +ε) < n n0. Wie wir nachgerechnet haben, gilt damit auch n n < ε n n 0. Die erste Behauptung folgt nun wegen n c n n (n n 0 c) unmittelbar aus dem Einschließungsssatz 2.0. Um dieses Ergebnis zu bestätigen, schauen wir auf einige Folgengraphen: 49

50 2. Folgen Graph von ( n 0.4 ) n Graph von ( n 30 ) n Graph von ( n n ) n 50

51 Beschränkte und monotone Folgen In diesem Abschnitt untersuchen wir die Konvergenzeigenschaften von beschränkten und monotonen Folgen. Wir erhalten ein wichtiges Konvergenzkriterium, das auf der Vollständigkeit der reellen Zahlen beruht. Zunächst definieren wir die benötigten Begriffe und stellen einfache Zusammenhänge klar. Definition Man nennt eine Folge (a n ) n N nach oben (bzw. unten) beschränkt, falls die Menge {a n ; n N} nach oben (bzw. unten) beschränkt ist, also genau dann wenn eine Zahl C R existiert, so dass a n C (bzw. a n C) für alle n N gilt. Außerdem nennt man die Folge (a n ) n N beschränkt, wenn sie nach oben und nach unten beschränkt ist. Das ist genau dann der Fall, wenn es eine Zahl C > 0 gibt mit a n C für alle n N. Beispiel 2.2. Die Folge ( ) n ist beschränkt, denn es ist 0 n n für alle n. Die Folge ( n 3) ist nach oben beschränkt ( n3 0), aber nicht nach n N unten. Die Folge (( n) n ) n N ist weder nach oben, noch nach unten beschränkt. Die Folge ( ) 5n+3 n ist nach oben durch das erste Folgenglied 8 und nach n N unten durch ihren Grenzwert 5 beschränkt, denn es ist 5n + 3 n = (5, 8]. n 5

52 2. Folgen ( ) Die Folge (h n ) n = ( ) n n 3n (vergleiche 2.6) konvergiert gegen n N 3 aber der Grenzwert ist weder eine obere noch eine untere Schranke. Dennoch ist die Folge beschränkt, es gilt inf {h n ; n N } = min {h n ; n N } = h = 2 3 und sup {h n ; n N } = max {h n ; n N } = h 2 = 6. Bemerkung (a) Konvergente Folgen mit Grenzwert in R sind immer beschränkt. Beweis. Ist (a n ) n N eine Folge in R mit lim n a n = a R, so existiert zu ε = eine Zahl n 0 N mit a n a < für alle n n 0. Setzt man so folgt a n C für alle n N. C = max{ a N,..., a n0, a + }, Umgekehrt muss nicht jede beschränkte Folge konvergent sein, man betrachte etwa die Folge (( ) n ) n. (b) Ist (a n ) n eine beschränkte Folge und (b n ) n eine Nullfolge, so ist (a n b n ) n ebenfalls eine Nullfolge. Dies folgt aus 2.2, denn es ist (für geeignetes C > 0) a n b n C b n n 0. 52

53 (c) Folgen, die gegen + konvergieren sind stets nach unten aber niemals nach oben beschränkt. (d) Folgen, die gegen konvergieren sind stets nach oben aber niemals nach unten beschränkt. Definition Man nennt eine Folge (a n ) n N monoton wachsend (bzw. fallend), falls a n+ a n (bzw. a n+ a n ) für alle n N gilt. Beispiel Die Folge (a n ) n = ( ) 5n+3 n (vergleiche 2.2) ist monoton fallend. Beweisen n kann man das zum Beispiel wie folgt:: a n+ = n n = a n (n N ) Die Folge (b n ) n = ( n 3) n ist wegen b n+ = (n + ) 3 n 3 = b n (n N) monoton wachsend. Die Folge (( ) n ) n ist weder monoton wachsend noch monoton fallend. Betrachte die Folge (a n ) n N mit a n = n 2 0n. Dann gilt: a n+ a n (n + ) 2 0(n + ) n 2 0n n 9 2 n N n 5 Also ist die Folge (a n ) n N nicht monoton wachsend, jedoch ist die Folge (a n ) n 5 monoton wachsend. Man sagt auch: (a n ) n ist ab der Stelle 5 monoton wachsend. Wir versuchen nun, die Frage nach der Konvergenz monotoner Folgen zu beanworten. Offenbar konvergiert jede monoton wachsende Folge, die nicht nach oben beschränkt ist, uneigentlich gegen +. (Analog: Jede monoton fallende Folge, die nicht nach unten beschränkt ist, konvergiert uneigentlich gegen.) Die Antwort für beschränkte monotone Folgen liefert der folgende Satz. Satz Ist (a n ) n N konvergent mit eine nach oben beschränkte, monoton wachsende Folge, so ist (a n ) n lim a n = sup {a n ; n N}. n (Analog: Jede nach unten beschränkte, monoton fallende Folge konvergiert gegen das Infimum der Menge aller Folgenglieder.) Beweis. Nach dem Vollständigkeitsaxiom.6 existiert a = sup {a n ; n N} R. Sei ε > 0. 53

54 2. Folgen Dann kann a ε keine obere Schranke für {a n ; n N} sein, folglich gibt es ein n 0 N mit a n0 > a ε. Für alle n n 0 gilt nun a n a = a a n a a n0 < a (a ε) = ε. Beispiel Wir betrachten die Folge (a n ) n mit a n = ( + n) n. Der Folgengraph legt die Vermutung nahe, dass die Folge gegen eine Zahl im Intervall [2.5, 3] konvergiert: Um zu beweisen, dass (a n ) n tatsächlich konvergiert, zeigen wir zunächst, dass (a n ) n monoton wachsend und nach oben beschränkt ist. Dies erfordert einige trickreiche Rechnungen: () Mit dem binomischen Lehrsatz folgt a n = ( + n) n = (2) Ist 2 k n, so gilt ( ) n n k = k k i= Man beachte dabei: n k=0 n + i i ( ) ( ) k n n k = 2 + k n n i= k n = i= n k=2 n + i } i {{ n } 2,falls i 2 ( ) n n k (n 2). k k i=2 2 = ( ) k 2 n + i i n 2 i 2m + 2 m + 2 i 2 54

55 Setzt man dies in () ein, so folgt mit der geometrischen Summenformel (siehe A.4 (b)) für alle n 2 a n 2 + n k=2 ( 2 ) k n = 2 + k= ( 2 Da auch a 3 ist, ist 3 eine obere Schranke für (a n ) n. ) k = 2 + ( ) n (3) Seien nun n, m N mit 2 m n. Wie in (2) berechnet man ( ) m m k = k Man beachte dabei: m + i i m k=2 k i= n + i i n m + i i m k i= n + i i n = ( ) n n k. k n( i) m( i) (stets erfüllt) Setzt man dies in () ein, so folgt m ( ) m m ( ) n a m = 2 + m k 2 + n k 2 + k k k=2 n k=2 ( ) n n k = a n. k Da auch a a 2 ist, folgt dass die Folge (a n ) n monoton wachsend ist. Nach 2.25 existiert e = lim n a n. Man nennt e die Eulersche Zahl. Es ist e Konvergenz rekursiv definierter Folgen Beispiel (a) Wir betrachten die durch a 0 = 4, a n = a 2 n + 4 (n ) rekursiv definierte Folge. Angenommen (a n ) n konvergiert gegen eine Zahl a R. Dann gilt auch lim a n = a und nach den Grenzwertsätzen folgt n ( a = lim a n = lim a 2 n + ) ( ) 2 = lim n n 4 a n + n 4 = a Löst man diese (quadratische) Gleichung nach a auf, so folgt a = 2. Wir wissen nun also: Wenn (a n ) n konvergiert, dann gegen 2. Wegen a n a n = a 2 n a n + 4 = ( a 2 n 2) 2 0 (n ) ist (a n ) n monoton wachsend. Induktiv zeigen wir nun, dass a n 2 für alle n N gilt (wenn die Folge konvergiert, so ist der Grenzwert eine obere Schranke (vergleiche 2.25): 55

56 2. Folgen. Induktionsanfang (n = 0): Es ist a 0 = Induktionsschritt: Sei n fest und a n 2 (beachte auch a n 0) vorausgesetzt. Dann ist a n = a 2 n + 4 ( 2 ) Also ist (a n ) n auch nach oben beschränkt und folglich (nach 2.25) konvergent. Es gilt also lim n a n = 2. (b) Wir betrachten die durch b 0 =, b n = b 2 n + 4 (n ) rekursiv definierte Folge. Genau wie in (a) zeigt man, dass (b n ) n monoton wachsend ist und dass als Grenzwert nur 2 in Frage kommt. Damit kann (b n) n aber nicht konvergieren, denn wegen b 2 ist 2 keine obere Schranke für die Folge. (c) Wir betrachten die durch x 0 =, x n = 2 ( x n + 3 ) x n (n ) rekursiv definierte Folge. Zunächt stellen wir fest, dass x n > 0 (n N) gilt (dies folgt induktiv). Angenommen (x n ) n konvergiert gegen eine Zahl x R. Dann ist x 0 und es gilt auch lim x n = x. Nach den Grenzwertsätzen folgt x 0 n n n (mit x n 0 folgt x n, was nicht sein kann) und x = ( x + 3 ) x = ± x>0 3 x = 3. 2 x Also: Wenn (x n ) n konvergiert, dann gegen 3. Wir berechnen einige Folgenglieder, es gilt x 0 =, x = 2, x 2 = 7 4, x 3 = 97 56,... Für n 2 vermuten wir x n x n. Um dies zu beweisen, ersetzen wir x n mit Hilfe der Rekursion durch einen Term, der von x n abhängt und lösen die entstehende Gleichung dann nach x n auf. Es gilt: x n x n ( x n + 3 ) x n 2 x n x n >0 3 xn Wir müssen nun also noch zeigen, dass x n 3 (n 2) ist, beziehungsweise, dass x n 3 (n ) ist. Tatsächlich gilt x n 3 = 2 ( x n + 3 ) 3 = x2 n = x n 2x n ( xn 3 ) 2 2x n 0 für n. Wir haben nun gezeigt, dass die Folge (x n ) n monoton fallend und nach unten beschränkt ist, somit ist sie konvergent. Damit ist natürlich auch die Folge (x n ) n N konvergent, wegen der Vorüberlegung gilt lim n x n = 3. 56

57 (d) Sei y 0 R beliebig und y n = 4 3 y n für n. Falls die Folge (y n ) n gegen eine Zahl y R konvergiert, so gilt y 0 und y = 4 3 y y 2 4y + 3 = 0 y = y = 3 Als Grenzwerte kommen also nur y = oder y = 3 in Frage. In den vorangegangenen Beispielen sind wir nach folgendem Schema vorgegangen, um eine rekursiv definierte Folge auf Konvergenz zu prüfen:. Wir nehmen an, dass die Folge konvergiert und nutzen dann die Rekursionsvorschrift, um eine Gleichung für den Grenzwert zu erhalten. Diese lösen wir dann auf und erhalten so einen (oder mehrere) Kandidaten für den Grenzwert. 2. Wir zeigen, dass die Folge (zumindest ab einer geeigneten Stelle) monoton ist. 3. Wir prüfen, ob die Folge nach oben bzw. nach unten (je nach Monotonie) beschränkt ist (es ist oft sinvoll, als obere bzw. untere Schranke den vermuteten Grenzwert anzusetzen). Damit können wir nun auf die Konvergenz schließen. Dieses Vorgehen funktioniert natürlich nur bei monotonen Folgen. Wir schauen uns ein weiteres Beispiel an, bei dem keine Monotonie vorliegt. Beispiel Sei a 0 = und a n+ = + +a n (n N). Falls lim a n = a R existiert, so ist n a und damit a = + a = ± 2. + a Da offenbar a n 0 für alle n N gilt, kann (a n ) n also (wenn überhaupt) nur gegen 2 konvergieren. Wir berechnen einige Folgenglieder a 0 =, a = 2, a 2 = 4 3, a 3 = 0 7, a 4 = 24 7,... und stellen fest, dass keine Monotonie vorzuliegen scheint. Tatsächlich gilt a n > 2 a n+ = + < + + a n + 2 = = 2 und analog a n < 2 a n+ > 2. Damit sind die Folgenglieder also immer abwechselnd größer und kleiner als 2, die Folge kann also nicht monoton sein. Die Frage nach der Konvergenz der Folge verschieben wir auf einen späteren Zeitpunkt. Mehr zur Vollständigkeit von R Wir sind nun in der Lage, die Vollständigkeitseigenschaft der reellen Zahlen auf verschiedene Arten zu charakterisieren. Eine Möglichkeit besteht darin, die Gültigkeit des folgenden Prinzips zu verlangen. 57

58 2. Folgen Intervallschachtelungsprinzip Eine Folge von abgeschlossenen Intervallen (I n ) n N = ( [a n, b n ] ) heißt Intervallschachtelung (IVS), falls die folgenden Bedingungen erfüllt n N sind: (i) Für alle n N ist a n b n, d.h. [a n, b n ] ist ein nichtleeres Intervall. (ii) Die Folge (a n ) n ist monoton wachsend und die Folge (b n ) n ist monoton fallend, d.h. für alle n N ist [a n, b n ] [a n, b n ]. (iii) Es gilt lim n (b n a n ) = 0, d.h. die Intervalllängen bilden eine Nullfolge. Es stellt sich nun die Frage, ob es Zahlen x R gibt, die in allen Intervallen I n enhalten sind. Zunächst ist klar, dass höchstens eine solche Zahl existieren kann, denn für x y gibt es ein Intervall I n = [a n, b n ] mit b n a n < x y und damit ist es nicht möglich, dass x und y beide in I n liegen. Das Intervallschachtelungsprinzip lautet nun wie folgt: Zu jeder Intervallschachtelung (I n ) n existiert (genau) ein x R mit x I n für alle n N. Beweis. Nach 2.25 sind die Folgen (a n ) n und (b n ) n konvergent mit a = lim n a n = sup {a n ; n N} und b = lim n b n = inf {b n ; n N}. Wegen lim n (b n a n ) = 0 folgt a = b aus den Grenzwertsätzen. Wir setzen x = a = b. Für alle n N ist x = a a n und x = b b n, folglich x I n. Beispiel (a Wir wollen 2 möglichst gut durch Brüche annähern, deren Nenner 0er-Potenzen sind 2. Dazu gehen wir wie folgt vor.. Bestimme zwei natürliche Zahlen a 0, b 0 = a 0 + N mit a b 2 0. Man berechnet: 0 2 = 0 < 2, 2 = < 2, 2 2 = 4 > 2. Also ergibt sich a 0 = und b 0 = 2. Damit: 2 I0 = [a 0, b 0 ] = [, 2] 2. Setze a = a 0 + d 0 und b = a 0 + d+ 0, wobei d die Zahl aus {0,..., 9} mit ( a 0 + d ) 2 ( 2 a 0 + d Um dieses Prinzip zu beweisen, benötigen wir auf jeden Fall das Vollständigkeitsaxiom oder eine Folgerung daraus. Umgekehrt hätte man auch das Intervallschachtelungsprinzip als Axiom nehmen können und damit (zusammen mit dem Archimedischen Axiom) unser Vollständigkeitsaxiom herleiten können. 2 Dies sind genau die abbrechenden Dezimalzahlen ) 2 58

59 ist (d ist die erste Nachkommastelle von 2). Man berechnet: ( ) 2 < 2,..., 0 ( ) 2 4 < 2, 0 ( ) 2 5 > 2 0 Es ergibt sich also d = 4 und damit a = 4 0, b = 5 0. Damit: 2 I = [a, b ] = [ 4 0, ] Setze a 2 = a + d2 00 und b 2 = a + d2+ 00, wobei d 2 die Zahl aus {0,..., 9} mit ( a + d ) 2 ( 2 2 a + d ) ist (d 2 ist die zweite Nachkommastelle von 2). Man berechnet: ( ) 2 4 < 2, 00 ( ) 2 42 > 2 00 Es ergibt sich also d 2 = und damit a 2 = 4 00, b 2 = Damit: 2 I2 = [a 2, b 2 ] = [ 4 00, ] n. Setze a n = a n + dn 0 n und b n = a n + dn+ 0 n, wobei d n die Zahl aus {0,..., 9} mit ( a n + d ) 2 ( n 0 n 2 a n + d ) 2 n + 0 n ist (d n ist die n-te Nachkommastelle von 2). Damit: 2 In = [a n, b n ] = [ ] 0, + n 0 n Man erhält auf diese Weise eine Intervallschachtelung (I n ) n N = ( [a n, b n ] ) n N. Man beachte insbesondere, dass die Intervalllängen eine Nullfolge bilden, denn b n a n = 0 n = ( ) n n 0. 0 Es gibt genau eine reelle Zahl, die in allen I n (n N) enthalten ist, nämlich 2. Analog zum Vorgehen in diesem Beispiel kann man eine Intervallschachtelung für n x mit k 2 und x (0, ) bestimmen und so den Wert dieser Wurzel näherungsweise bestimmen. Es ist dabei auch möglich, die auftretenden Nenner der den Wert der Wurzel annähernden Brüche als Potenzen einer beliebigen natürlichen Zahl 2 zu wählen. 59

60 2. Folgen (b Intervallschachtelungen können auch benutzt werden, um Nullstellen von bestimmten Funktionen näherungsweise zu bestimmen. Wir betrachten etwa die Funktion f : R R, f(x) = x 3 + 2x 2 + x + 5. Man stellt fest, dass f(0) = 5 > 0 ist und f( 8) = 387 < 0 ist. Die Funktionswerte an den Stellen 0 und 8 haben also unterschiedliche Vorzeichen. Es sei I 0 = [a 0, b 0 ] = [ 8, 0]. Nun betrachten wir den Mittelpunkt m 0 = a0+b0 2 von I 0 (man beachte dabei, dass m 0 a 0 = b 0 m 0 gilt). Wir berechnen den Funktionswert von f an der Stelle m 0 nun I = 4 und stellen fest, dass f( 4) = 3 < 0 gilt. Wir erhalten = [a, b ] aus I 0, indem wir eine Grenze beibehalten und die andere durch m 0 ersetzen. Dabei sollen die Vorzeichen von f(a ) und f(b ) immer noch unterschiedlich sein. Also: a = m = 4, b = b 0 = 0 und damit I 0 = [ 4, 0] Der nächste Schritt verläuft analog und ergibt: m = 2, f(m ) = 3 < 0, a 2 = a = 4, b 2 = m = 2, I 2 = [ 4, 2] Man verfährt auf diese Art immer weiter und erhält: I 3 = [ 3, 2], I 4 = [ 52 ], 2, I 5 = [ 5 2, 9 4 ], I 6 = [ 5 ] 2, 9,... 8 Es handelt sich bei der so entstehenden Folge (I n ) n N = ( [a n, b n ] ) n N Intervallschachtelung, denn es gilt: um eine (i) Für alle n N ist a n b n. (ii) Es gilt a n+ a n und b n+ b n für alle n N. (iii) Wie man induktiv sieht ist b n a n = 8 2 n n 0. Nun folgt nach dem Intervallschachtelungsprinzip, dass genau eine reelle Zahl x in allen Intervallen I n enthalten ist. Wir begründen nun, dass f(x) = 0 ist: Die Folgen der oberen bzw. unteren Intervallgrenzen (a n ) n und (b n ) n konvergieren beide gegen x. Mit den Grenzwertsätzen folgt f(a n ) = (a n ) 3 + 2(a n ) 2 + a n + 5 n a 3 + 2a 2 + a + 5 = f(a) und ebenso f(b n ) n f(b). Wegen f(a n ) < 0 (n N) können wir schließen, dass f(x) 0 ist (vergleiche 2.4). Entsprechend ist wegen f(b n ) > 0 (n N) auch f(x) 0. 60

61 Zum Vorgehen in diesem Beispiel wollen wir noch einige Anmerkungen machen: Das Intervall I n+ = [a n+, b n+ ] geht aus I n = [a n, b n ] hervor, indem man eine der Intervallgrenzen beibehält und die andere durch den Mittelpunkt m n = an+bn 2 ersetzt. Die Intervalllängen halbieren sich dadurch bei jedem Schritt (Intervallhalbierungsmethode) und bilden daher eine Nullfolge. Man erhält mit diesem Verfahren also auf jeden Fall eine Intervallschachtelung. Um am Ende folgern zu können, dass f(x) = 0 ist, benötigen wir den Schluß x n n x f(x n ) n f(x). Dies ist hier mit den Grenzwertsätzen möglich (denn die Funktion f ist ein Polynom). Die Frage, ob das auch für allgemeinere Klassen von Funktionen richtig ist, beschäftigt uns dem Kapitel Grenwerte und Stetigkeit. Das Vorgehen liefert uns keine Aussage darüber, ob f noch weitere Nullstellen hat. Die Vollständigkeit von R erlaubt es uns, ein weiteres nützliches Konvergenzkriterium herzuleiten. Man kann damit die Konvergenz einer Folge nachweisen, ohne den Grenzwert zu kennen. Definition 2.3. Eine Folge (a n ) n N in R heißt Cauchy-Folge, falls: Äquivalent dazu ist: ε > 0 n 0 N n, m n 0 : a n a m < ε ε > 0 n 0 N n m n 0 : a n a m < ε 6

62 2. Folgen Bemerkung Diese Definition erinnert an die der Folgenkonvergenz (vgl. 2.5). Allerdings wird der Abstand zwischen Folgenglied und Grenzwert a n a durch den Abstand zwischen zwei Folgengliedern a n a m ersetzt. Es stellt sich nun die Frage nach dem Zusammenhang zwischen konvergenten Folgen und Cauchy-Folgen. Die Antwort ist denkbar einfach, es gilt das Cauchy-Kriterium: Eine Folge in R ist genau dann konvergent, wenn sie eine Cauchy-Folge ist. Beim Beweis dieser Äquivalenz stellt man fest, dass eine Implikation leicht mit der Dreicksungleichung gezeigt werden kann. Für die andere (schwierigere) Richtung benötigt man wieder die Vollständigkeit. Wir schauen uns dies genauer an: Beweis. : Sei (a n ) n eine konvergente Folge in R mit lim n a n = a. Sei ε > 0. Zu ε 2 existiert (nach Definition der Konvergenz) ein n 0 N mit a n a < ε 2 für alle n n 0. Für alle n n 0 gilt dann auch: : a n a m = a n a + a a m a n a + a a m < ε 2 + ε 2 = ε. Sei (a n ) n N nun eine Cauchy-Folge. Wir betrachten die Folge (x n ) n N mit x n = inf{a k ; k n} R (n N). Man beachte dabei, dass Cauchy-Folgen stets beschrankt sind (dies kann man wie in 2.22 (a) zeigen). Offensichtlich ist (x n ) n monoton wachsend und somit nach 2.25 konvergent. Sei x = lim n x n. Analog ist die Folge (y n ) n N mit y n = sup{a k ; k n} R (n N) monoton fallend und nach unten beschränkt und damit nach 2.25 ebenfalls konvergent. Sei y = lim n y n. Um zu zeigen, dass x = y ist, beweisen wir nun, dass lim (x n y n ) = 0 n ist (und nutzen dann die Grenzwertsätze): Sei ε > 0 beliebig. Da (a n ) n eine Cauchy-Folge ist, können wir ein n 0 N wählen, so dass a n a m < ε 2 für alle n, m n 0 gilt. Für alle n n 0 ist dann x n a n0 + ε 2 und y n a n0 ε 2. Folglich gilt x n y n 0 = x n y n a n0 + ε ( 2 a n0 ε ) 2 = ε (n n 0 ). Wegen y n a n x n (n N), folgt nun aus dem Einschließungsssatz 2.0, dass lim n a n = x gilt. 62

63 Aus dem Cauchy-Kriterium lässt sich ein weiteres Konvergenzkriterium ableiten. Falls der Abstand zweier aufeinanderfolgender Folgenglieder sich immer um eine festen Faktor verkleinert, muss die Folge konvergent sein. Genauer gilt: Folgerung Sei (a n ) n N eine Folge in R. Falls eine Zahl q [0, ) und eine Stelle n 0 N existiert, so dass a n+2 a n+ q a n+ a n (n n 0 ) gilt, so ist (a n ) n konvergent. Wir verzichten hier auf einen Beweis, wollen aber anmerken, dass der Beweis mit Hilfe des Cauchy-Kriteriums aus 2.32 durchgeführt werden kann. Bemerkung In 2.33 ist es wichtig, dass q unabhängig von n gewählt werden kann. Es genügt nicht, zu zeigen, dass a n+2 a n+ < a n+ a n (n n 0 ) gilt. Beispielsweise ist dies für die Folge ( n) n N der Fall (nachrechnen!), diese Folge ist aber divergent. Beispiel Wir betrachten nochmals die in Beispiel 2.28 durch a 0 =, a n+ = + = a n a n a n + (n N) rekursiv definierte Folge. Wir wissen bereits, dass a n 0 (n N) ist und dass die Folge, wenn sie konvergiert, nur den Grenzwert 2 haben kann. Für alle n N gilt a n+ a n = a n + 2 a n + a n = a 2 n + 2 a n + = a 2 n 2 a n + und damit Somit folgt a n+2 a n+ = a 2 n+ 2 a n+ + = ( 2 a n+2 a n+) 2 a n+2 a + = n+ a 2 n 2 (a n + )(2a n + 3). a n+2 a n+ = 2a n + 3 a n+ a n 3 a n+ a n (n N). Nach 2.33 ist daher (a n ) n konvergent, also ist lim n a n = 2. 63

64

65 3. Reihen Definition und einfache Eigenschaften Aufgabe 3.. Die folgende Geschichte ist bekannt als das Paradoxon von Achilles und der Schildkröte. Die Aufgabe ist es, herauszufinden, worin dabei der Trugschluss besteht: Achilles, ein schneller Läufer, soll einen Wettkampf gegen eine Schildkröte austragen. Da er zehnmal so schnell läuft, bekommt die Schildkröte einen Vorsprung von 00m. Wenn Achilles die 00m gelaufen ist, hat sie einen Vorsprung von 0m. Nachdem er auch diese 0m geschafft hat, hat die Schildkröte immer noch einen Vorsprung von m. Zwar schrumpft der Vorsprung der Schildkröte, aber Achilles wird sie nicht einholen. Wir versuchen den von Achilles zurückgelegten Weg nun Schritt für Schritt zu berechnen (alle Angaben in Metern):. Zunächst läuft Achilles die Strecke a = 00. Der Vorsprung der Schildkröte beträgt nun Nun läuft Achilles die Strecke a 2 = 0. Insgesamt hat er die Strecke s 2 = a + a 2 = 0 zurückgelegt. Der Vorsprung beträgt nun noch. 3. Nun läuft Achilles die Strecke a 3 =. Insgesamt hat er die Strecke s 3 = a + a 2 + a 3 = zurückgelegt. Der Vorsprung beträgt nun noch 0. 65

66 3. Reihen n. Im n-ten Schritt läuft Achilles noch a n = 0 n+4 und hat dann die Gesamtstrecke n n s n = a k = k= k= 0 k+4 hinter sich gebracht. Die Schildkröte liegt noch immer knapp vor ihm (nämlich genau um die Strecke 0 n+5 ). Die Folge der einzelnen Strecken (a n ) n mit ( ) n a n = 0 n+4 = 000 (n ) 0 ist eine Nullfolge. Uns interessiert hier aber mehr die Folge (s n ) n der Gesamtstrecken. Sie ist offensichtlich monoton wachsend, wir wissen aber (noch) nicht, ob sie nach oben beschränkt ist. Eine genauere Untersuchung mit Hilfe der geometrischen Summenformel A.4 (b) liefert aber: n n ( ) k s n = a k = k= k= ( n ( ) k = 000 ) 0 k=0 ) ) n+ ( ( 0 = ( = ( ) ) n n 000 =, 9 Dieser Grenzwert entspricht genau der Strecke, die Achilles benötigt, um die Schildkröte einzuholen. Nachdem er s = zurückgelegt hat, hat sie ein Zehntel davon, also 00 9 geschafft. Wir schreiben nun formal a k = k= Dies kann man so verstehen, dass sich die Summe der unendlich vielen positiven Zahlen a k (k ) den endlichen Wert ergibt. Präziser gesagt, bedeutet es, dass n lim a k = ist. n k= Beispiel 3.2. Wir wollen nun für weitere Folgen (a n ) n N herausfinden, ob mit s n = n k=n a k der Grenzwert lim s n existiert. In den Beispielen, in denen wir keine geschlossene n Formel für s n angeben können, sind wir zunächst auf Vermutungen angewiesen. Die Zahlen a n = n 2 (n ) sind alle positiv und bilden eine Nullfolge. Es ist s =, s 2 = + 4 = 5 4, s 3 = = 49 36, s 4 = ,... Natürlich hätte man s auch als Lösung der Gleichung s = 00 + s finden können. 0 66

67 Man berechnet (mit Hilfe des Computers) die folgenden (gerundeten) Werte für s n. n s n,4636,5498,5962,625,6349,6429,6439,6448 Diese Tabelle legt die Vermutung nahe, dass die Folge (s n ) n gegen eine Zahl s zwischen, 6 und, 7 konvergiert, und dass damit die unendliche Summe k = s ist. 2 2 k= Sei ã n = n (n ). Auch (ã n) n ist eine Nullfolge positiver Zahlen. Es ist s =, s 2 = + 2 = 3 2, s 3 = = 6, s 4 = 25 2,... Man berechnet die folgenden (gerundeten) Werte für s n. n s n 2,28 2,93 3,60 4,50 5,9 6,79 7,49 9,79 Man kann anhand dieser Tabelle vermuten, dass die Folge ( s n ) n nicht in R konvergiert, und dass damit die unendliche Summe ergibt. k= k keine reelle Zahl Ziel dieses Kapitels ist es, Methoden zu erarbeiten, mit denen man mit Blick auf die Folge der Summanden (a n ) n prüfen kann, ob die unendliche Summe (genannt Reihe ) a k einen Wert in R hat. k=n Ausgehend von den untersuchten Beispielen kommen wir zu folgender Definition für die Konvergenz von Reihen. Definition 3.3. Sei (a n ) n N eine Folge in R. Falls die Folge (s n ) n der sogenannten Partialsummen s n = n k=n a k gegen eine Zahl s R konvergiert, so sagt man, dass die Reihe konvergiert und den Wert s hat. Man schreibt dafür kurz nennt man die Reihe divergent. k=n a k k=n a k = s. Ansonsten Wir halten zunächst einige einfache Eigenschaften konvergenter Reihen fest. Hilfssatz 3.4. (a) Die Frage, ob eine Reihe der Summe ab. k=n (b) ( Grenzwertsätze für Reihen ) Seien a k konvergiert, hängt nicht von der unteren Grenze k=n a k und k=n 2 Tatsächlich ist s = π2, was wir hier jedoch nicht zeigen wollen. 6 b k konvergente Reihen und 67

68 3. Reihen sei λ R eine feste Zahl. Dann gilt (a k ± b k ) = a k ± b k und (λ a k ) = λ a k, k=n k=n k=n k=n k=n wobei alle auftretenden Reihen konvergieren. (c) Falls a k konvergiert, so muss (a n ) n eine Nullfolge sein. k=n Beweis. (a) Die Partialsummen n k=n a k und n k=m a k unterscheiden sich nur um einen konstanten (d.h. von n unabhängigen) Summanden. Genauer: Es gilt n a k = k=n n k=m M a k + a k falls n M > N. k=n ( n ) ( n ) Damit konvergieren entweder beide Partialsummenfolgen a k und a k k=n n k=m n oder sie konvergieren beide nicht. (b) Seien a = gilt. (c) Sei k=n Es folgt: a k und b = n k=n k=n a k n a n (a k + b k ) = k=n b k. Wir wissen also, dass und n a k + k=n n k=n b k n b n k=n nach den Grenzwertsätzen. Folglich konvergiert Reihenwert a + b. b k n a + b (a k + b k ) und hat den k=n Man kann in dieser Argumentation auch überall + durch ersetzen. Ebenso sieht man, dass und damit gilt k=n n (λ a k ) = λ k=n (λ a k ) = λ k=n k=n n k=n a k konvergent mit Reihenwert a. Dann ist lim n k=n n a k = a und lim a k n λ a a k, wie behauptet. n n k=n a k = a. Es gilt keine solche Regel für Produkte und/oder Quotienten. Warum nicht? 68

69 Folglich: a n = n a k k=n n k=n a k n a a = 0. Bemerkung 3.5. Teil (c) von Hilfssatz 3.4 bringt uns eine erste Erkenntnis darüber, ob eine Reihe n konvergent ist oder nicht. Da bei jeder konvergenten Reihe a k die Folge (a k ) k k=n n eine Nullfolge sein muss, folgt: Ist (a k ) k keine Nullfolge, so ist a k auf jeden Fall divergent. Beispielsweise sind folglich die Reihen k=n k=0 k 0k + und ( ) k k=0 divergent. Der direkte Weg, um eine Reihe auf Konvergenz zu testen, besteht darin, die Partialsummen s n so umzuformen, dass man mit den Grenzwertsätzen erkennen kann, ob sie eine konvergente Folge bilden. Obwohl dies nur in wenigen Fällen mit vertretbarem Aufwand möglich ist, wollen wir kurz auf einige Beispiele eingehen. Zunächst betrachten wir die sogenannte geometrische Reihe. Beispiel 3.6. Sei q R. Falls q < ist, so gilt k=0 q k = q (zur Klarstellung: Diese Gleichung bedeutet zwei Dinge:.Die Reihe konvergiert. 2.Der Reihenwert ist Ist q, so ist q k divergent. k=0 q.) Beweis. Sei zunächst q <. nach der geometrischen Summenformel A.4 (b) gilt s n = n k=0 q k = qn+ q (n N). Wegen lim n qn = 0 folgt somit lim s n = n q. Also ist q k = q. k=0 Im Fall q ist ( q k) k keine Nullfolge, nach 3.4 (c) ist daher q k divergent Teleskopsummen Die Partialsummen s n = n k=n a k zu einer Folge (a k ) k N lassen sich leicht berechnen, wenn man die Folgenglieder a k in der Form k=0 a k = b k b k+ (k N) 69

70 3. Reihen mit einer geeigneten Folge (b k ) k N schreiben kann. In diesem Fall gilt nämlich s n = n a k = k=n Damit konvergiert n b k k=n k=n n b k+ = k=n n b k k=n n+ k=n+ b k = b N b n+ (n N). a k genau dann, wenn (b n ) n konvergiert und dann gilt k=n Wir schauen uns dazu einige Beispiele an: Wir untersuchen die Reihe a k = lim n s n = b N lim n b n. k= und somit folgt für die Partialsummen n k= k(k + ) = n k= n k k + = k= Also konvergiert die Reihe k= Wir untersuchen die Reihe n ( k ) + k = k=0 k=0 k=0 Folglich divergiert die Reihe k(k+). Für alle k ist k(k+) = k k+ k(k+) n k= n+ k k = n. n + k=2 und hat den Reihenwert. ( k + k ). Es gilt n n n+ n n k + k = k k = n + 0. k=0 k=0 k= ( k + k ). Es folgen noch einige kompliziertere Beispiele, für die man das Verfahren der Partialbruchzerlegung (siehe Anhang) einsetzen kann. Wir untersuchen die Reihe man, dass k= k=0 k 2 +4k. Mittels Partialbruchzerlegung erkennt k 2 + 4k = ( 4 k ) k + 4 gilt. Damit folgt für die Partialsummen (ab n 4) ( n k 2 = n ) + 4k 4 k n k + 4 k= k= k= ( n ) n+4 k k = 4 k= ( 4 = 4 = 4 k= Also konvergiert die Reihe k=5 n+4 k k=n+ ) k (k ) ( ( n + + n n n + 4 k= k(k+4) und hat den Reihenwert )) n

71 Wir untersuchen die Reihe ν 3 +3ν 2 +2ν. Mittels Partialbruchzerlegung erkennt man, dass ν= ν 3 + 3ν 2 + 2ν = 2 ( ν 2 ν + + ) ν + 2 (ν ) gilt. Damit folgt für die Partialsummen (ab n 2) ( n ν 3 + 3ν 2 = n ) + 2ν 2 ν n 2 ν + + n ν + 2 ν= ν= ν= ν= ( = n ) n+ 2 ν 2 n+2 ν + ν ν= ν=2 ν=3 = ( 2 + ( ) + n + n + + ) n + 2 Also konvergiert die Reihe ν= ν 3 +3ν 2 +2ν und hat den Reihenwert 4. In den bisher behandelten Beispielen war es immer möglich eine geschlossene Formel für die Partialsummen herzuleiten und damit dann auf die Konvergenz der Reihe zu schließen. Man sollte sich jedoch klar machen, dass dies in den meisten Fällen nicht funktioniert. (Insbesondere sind die Reihen in 3.7 von sehr spezieller Gestalt.) Im nächten Abschnitt erarbeiten wir daher einige Kriterien dafür, ob eine Reihe konvergiert oder nicht. n 4 Kriterien für Reihenkonvergenz Wenn man die Konvergenz einer Reihe prüfen will, sollte man sich zuerst fragen, ob die Folge der Summanden eine Nullfolge ist. Wir haben in 3.4 (c) gezeigt: Falls eine Reihe k=n a k konvergiert, so muss (a k ) k eine Nullfolge sein. Das bedeutet: Falls (a k ) k keine Nullfolge ist, so kann man sofort schließen, dass a k divergent ist. Ist (a k ) k aber eine Nullfolge, so kommen wir hiermit nicht k=n weiter. Beispiel 3.8. (a) Die Reihen k, ( ) k k 2, k 2 9k k=0 k=0 k=0 ( k sind allesamt divergent, da die Folgen )k, ( ( ) k) ( k, keine Nullfolgen sind. k 2 k 2 9k ) k (b) Als Beispiel dafür, dass nicht für jede Nullfolge (a k ) k, die Reihe a k konvergiert, dient etwa ( k ) ( k ) k=n + k. Obwohl lim + k = 0 ist k k=0 7

72 3. Reihen (siehe Beispiel 2.9 (d)), ist die Reihe nach 3.7 aber divergent. Als weiteres Beispiel betrachten wir k= k. In Beispiel 3.2 vermuteten wir bereits (anhand einiger Werte der Partialsummen), dass diese Reihe divergiert. Wir wollen dies nun beweisen. Beweis. Nach Bemerkung 2.22 (a) genügt es zu zeigen, dass die Folge (s n ) n der Partialsummen s n = n k= k unbeschränkt ist. Dazu zeigen, wir dass keine natürliche Zahl M N eine obere Schranke für (s n ) n sein kann: Für M N gilt s (2 M ) = 2 M k= k = M m=0 2 m+ k k=2 m > M m=0 2 m+ k=2 m 2 m+ }{{} =(2 m+ 2 m +) 2 m+ = 2 = M 2 und folglich (mit 2M statt M) ist s (2 2M ) > M. Bei Konvergenzuntersuchungen spielt der Begriff der absoluten Konvergenz eine wichtige Rolle. Definition 3.9. Eine Reihe a k heißt absolut konvergent, falls die Reihe k=n k=n a k konvergent ist. Es stellt sich nun die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Konvergenz und absoluter Konvergenz (dabei ist klar, dass es keinen Unterschied zwischen Konvergenz und absoluter Konvergenz gibt, wenn alle a k 0 sind). Die Antwort geben wir im nachfolgenden Satz, der auf dem Cauchy-Kriterium für Folgen (siehe 2.32) und damit letzlich auf der Vollständigkeit der reellen Zahlen beruht. Um den Beweis etwas übersichtlicher zu gestalten, leiten wir zunächst aus dem Cauchy-Kriterium für Folgen eines für Reihen ab Cauchy-Kriterium für Reihen Eine Reihe ist definitionsgemäß genau dann konvergent, wenn die Folge a k k=n (s n ) n der Partialsummen s n = n a k k=n konvergent ist. Dies ist nach 2.32 genau dann der Fall, wenn (s n ) n eine Cauchy-Folge ist, was definitionsgemäß bedeutet: ε > 0 n 0 N n m n 0 : s n s m < ε. Für n m n 0 gilt n m n s n s m = a k a k = a k. k=n k=n k=m+ 72

73 Damit folgt das Cauchy-Kriterium für Reihen: a k ist konvergent ε > 0 n 0 N n m n 0 : k=n n a k < ε k=m+ Es folgt der angekündigte Satz. Satz 3.. Jede absolut konvergente Reihe ist konvergent. Beweis. Sei a k konvergent. Wir benutzen das Cauchy-Kriterium für Reihen 3.0, um k=n die Konvergenz der Reihe k=n a k nachzuweisen: Sei ε > 0. Indem wir 3.0 auf die konvergente Reihe ein n 0 N mit n k=m+ k=n a k anwenden, finden wir a k < ε für alle n, m n 0. Für alle n m n 0 gilt dann (nach der Dreiecksungleichung für den Betrag, vergleiche.6) auch n n a k a k < ε. k=m+ k=m+ Aus 3.0 folgt die behauptete Konvergenz von Die Umkehrung dieses Satzes ist falsch. Wir werden später Beispiele für Reihen k=n sehen, die zwar konvergieren aber nicht absolut konvergieren. Bemerkung 3.2. ( n ) Falls alle a k 0 (k N) sind, so ist die Partialsummenfolge a k monoton wachsend, denn es ist k=n n N dann a k. n+ k=n a k n a k = a n 0 k=n (n N). Wir wissen, dass eine monoton wachsende Folge genau dann konvergiert, wenn sie nach oben beschränkt ist (vergleiche 2.22 und 2.25). Damit ist gezeigt: Sind alle a k 0 (k N), so ist a k genau dann konvergent, wenn die ( k=n n ) Partialsummenfolge a k nach oben beschränkt ist. k=n n N Angewendet auf a k statt a k folgt daraus: Eine (beliebige) Reihe a k ist genau dann absolut konvergent, wenn die ( k=n n ) Folge a k nach oben beschränkt ist. k=n n N 73

74 3. Reihen Diese Beschreibung der absoluten Konvergenz ist zur Herleitung der nachfolgenden Konvergenzkriterien sehr nützlich. Kann man die Summanden einer Reihe nach oben gegen die einer (bekannten) konvergenten Reihe abschätzen, so folgt die Konvergenz der Reihe. Genauer gilt das folgende Kriterium: Satz 3.3 (Majoranten-/Minorantenkriterium). (a) Seien (a k ) k N und (b k ) k N2 Folgen, es gelte b k 0 und n 0 max{n, N 2 } mit a k b k k n 0. Dann gilt: Falls b k konvergent ist, so ist a k absolut konvergent (und k=n 2 k=n somit insbesondere konvergent). Die Reihe b k heißt konvergente Majorante k=n 2 zu a k. k=n (b) Seien (a k ) k N und (b k ) k N2 Folgen, es gelte n 0 max{n, N 2 } mit a k b k 0 k n 0. Dann gilt: Falls b k divergent ist, so ist auch a k divergent. Die Reihe k=n 2 k=n b k heißt divergente Minorante zu a k. k=n 2 k=n Beweis. ( (a) Ist b k konvergent, so ist k=n 2 n k=n 2 b k ) n N nach oben beschränkt, es existiert also eine obere Schranke C R für diese Folge. Für n n 0 gilt n k=n a k n 0 k=n a k + n k=n 0 b k C mit C = n0 a k + C. Nach Bemerkung 3.2 ist folglich a k absolut konvergent. k=n k=n (b) Wäre a k konvergent, so müsste b k nach (a) auch konvergent sein. k=n k=n 2 Beispiel 3.4. (a) Die Reihe nach 3.7 ist k= k= 2 k konvergiert, denn es gilt 2 k 2 k(k+) 2 k(k+) konvergent. für alle k N, und 74

75 (b) Die Reihe k= k 4 ist konvergent, denn es gilt k 4 k 2 zeigt man, dass die Reihe (c) Die Reihe k= Beispiel 3.8(b) ist k= k α für alle k N. Genauso für ein festes α Q mit α 2 konvergent ist. k ist divergent, denn es gilt k k für alle k N, und nach k= für ein festes α Q mit α divergent ist. k (d) Wir betrachten die Reihe man, dass gilt. Da k= 5 k 2 divergent. Genauso zeigt man, dass die Reihe k= (e) Wir betrachten die Reihe man, dass gilt. Da k= Bemerkung 3.5. k= k α 5k 2 3k+0 2k 4 +k Durch geschicktes Abschätzen erkennt 5k 2 3k + 0 2k 4 + k k k 2 2k k 4 = 5 k 2 (k 3) konvergiert, konvergiert auch k= k= 5k 2 3k+0 2k 4 +k k 3 3k+0 2k 4 +k Durch geschicktes Abschätzen erkennt 5k 3 3k + 0 2k 4 + k k3 3k k 4 + k 4 0 = 2 3 k 2 3 k divergiert, divergiert auch k= 5k 3 3k+0 2k 4 +k (k ) (a) Bei Anwendung des Majorantenkriteriums erhält man keine Aussage über den Wert einer Reihe. Nach 3.4 wissen wir zwar, dass die beiden Reihen k und 2 k= konvergieren, allerdings können wir keine Angabe über die Reihenwerte k= k 4 machen. Tatsächlich gilt k= k = π2 2 6 und k= k 4 = π4 90. Dies ist allerdings nicht so einfach zu zeigen, so dass wir hier auf einen Beweis verzichten. (b) Die Frage, für welche α Q die Reihe k= k konvergiert ist noch nicht vollständig α beantwortet. Wie wir gesehen haben, konvergiert sie für α 2 und divergiert für α. Allerdings wissen wir noch nicht, ob sie für α Q (, 2) konvergiert. In 3.4 (d) und (e) sieht man, dass die Anwendung des Majorantenkriteriums in manchen Fällen recht kompliziert sein kann. Man kann jedoch aus dem Majorantenkriterium ein weiteres Kriterium folgern, das in vielen Fällen einfacher anwendbar ist. Es zeigt, dass zwei Reihen a k und b k das gleiche Konvergenzverhalten aufweisen, wenn a k b k Satz 3.6 (Vergleichskriterium). gegen eine positive reelle Zahl konvergiert. Seien (a k ) k N und (b k ) k N2 Folgen in (0, ), so dass lim (0, ) existiert. k Dann konvergiert a k genau dann, wenn b k konvergiert. k=n k=n 2 a k b k 75

76 3. Reihen Beweis. Sei C = lim k a k b k (0, ). Dann findet man eine Stelle n 0 N mit n 0 N und n 0 N 2, so dass C 2 a k 2C (k n 0 ). b k Ist b k konvergent, so ist (wegen a k 2Cb k für k n 0 ) nach dem Majoranten- k=n 2 kriterium 3.3 auch a k konvergent. Umgekehrt funktioniert die Argumentation k=n analog, man nutze dabei die Abschätzung b k 2 C a k (k n 0 ). Es folgen einige typische Anwendungen des Vergleichskriteriums. Beispiel 3.7. Wir betrachten hier nochmals die beiden Reihen aus 3.4 (d) und (e). Ziel ist es, zu der gegebenen Reihe a k eine Vergleichsreihe b k zu finden, so dass a.) lim k k b k (0, ) existiert. 2.) bekannt ist, ob b k konvergiert oder nicht. In vielen Fällen eignet sich für b k eine Reihe der Form Für k= a k mit a k = 5k2 3k+0 2k 4 +k 3 25 wählen wir b k = k 2 k= k α. (k ). Dann ist a k = 5k4 3k 3 + 0k 2 b k 2k 4 + k 3 = 5 3k + 0k 2 k k 25k 4 5 (0, ). 2 Da b k konvergiert, konvergiert auch a k. k= Für k= k= a k mit a k = 5k3 3k+0 2k 4 +k 3 25 wählen wir b k = k (k ). Dann ist a k = 5k4 3k 2 + 0k b k 2k 4 + k 3 25 = 5 3k 2 + 0k 3 k 2 + k 25k 4 5 (0, ). 2 Da b k divergiert, divergiert auch a k. k= Wir betrachten die Reihe erhält man mit 2.5 (b) k=0 k= a k mit a k = k4 +2 k+3 3 k +2k. Mit b k = ( 2 3) k (k N) k a 4 k = k k b k + 2k 8 (0, ). 3 k Da b k konvergiert, konvergiert auch a k. k=0 Wir betrachten die Reihe man k=0 k=0 a k mit a k = k+ k Mit b k = k 3 2 a k = k2 + k 3 2 b k k = + k 2 k + 2k 2 (0, ). (k ) erhält 76

77 Die Reihe a k konvergiert also genau dann, wenn k=0 dies der Fall ist, wissen wir (noch) nicht. k= k 3 2 konvergiert. Ob Um das Vergleichskriterium auch in diesem letzten Beispiel sinnvoll anwenden zu können, müssen wir die Reihe auch für α Q (, 2) untersuchen. Dazu k= benutzen wir das folgende Cauchysche Verdichtungskriterium. Satz 3.8 (Verdichtungskriterium). k α Ist (a k ) k eine monoton fallende Folge in (0, ), so gilt: a k konvergent k= 2 m a (2m ) konvergent m=0 Beweis. Wir benutzen Bemerkung 3.2, in der gezeigt wurde, dass eine Reihe mit nichtnegativen Summanden genau dann konvergent ist, wenn die zugehörige Partialsummenfolge beschränkt ist: : Sei m=0 2 m a (2m ) konvergent. Dann existiert ein C > 0 mit M m=0 2 m a (2m ) C für alle M N. Für K wählen wir nun ein M N mit 2 M K und erkennen, dass K a k k= : Sei 2 M k= a k = M m=0 2 m+ k=2 m a k M m=0 2 m+ k=2 m a (2 m ) = M m=0 2 m a (2 m ) C. Folglich hat auch a k eine beschränkte Partialsummenfolge und ist damit konvergent. k= a k konvergent. Dann existiert ein C > 0 mit K a k C für alle K. k= Für alle M M gilt nun Folglich hat auch damit konvergent. M 2 m a (2 m ) = 2 m=0 M m=0 = 2 2 k= M 2 m a (2 m ) m=0 M m=0 M m=0 2 M = 2 2C k= ( 2 m k=2 m a (2m ) ( 2 m k=2 m a k a k 2 m a (2 m ) eine beschränkte Partialsummenfolge und ist ) ) 77

78 3. Reihen Bemerkung 3.9. Nun können wir Reihen der Form Für solche α gilt: Damit konvergiert k= a k mit a k = k für α Q (, 2) untersuchen. α 2 m a (2 m ) = 2 m (2 m ) α = (2 m ) α = ( 2 α) m (m N). m=0 2 m a (2 m ) genau dann, wenn 2 α < ist (vergleiche 3.6), also genau dann, wenn α > ist. Mit dem Verdichtungskriterium 3.8 (beachte: (a k ) k monoton fallend) folgt: k= k α konvergent α > Damit folgt nun schließlich auch, dass die letzte Reihe in 3.7 konvergent ist. Ein weiteres wichtiges Kriterium ist das folgende Quotientenkriterium, bei dem man sich den Betrag des Quotienten zweier aufeinanderfolgender Summanden der Reihe anschauen muss. Satz 3.20 (Quotientenkriterium). Sei (a k ) k N n 0 N gibt, so dass gilt, so ist die Reihe Beweis. Induktiv folgt, dass gilt. Da k=0 a k q k n0 a n0 = a n 0 q qk (k n 0 ) n0 ( ) an0 q n 0 qk konvergent ist, folgt die Behauptung aus dem Majorantenkriterium 3.3 (a). Bemerkung 3.2. eine Folge in R \ {0}. Falls es eine Zahl q (0, ) und eine Stelle k=n a k+ a k q (k n 0) a k absolut konvergent. (a) Einen alternativen Beweis des Quotientenkriteriums erhält man, wenn man Folgerung 2.33 auf die Partialsummenfolge anwendet. (b) Um das Quotientenkriterium anwenden zu können, genügt es nicht, zu zeigen, dass a k+ a k < (k n0 ) ist. Es ist wichtig, dass eine feste Zahl q (0, ) unabhängig von k gefunden werden kann. Beispielsweise ist für a k = k (k N ) die Reihe a k divergent, obwohl k= a k+ a k = k k + < (k N ). 78

79 (c) Das Quotientenkriterium lässt sich in der folgenden Form oftmals einfacher anwenden: Ist (a k ) k N eine Folge in R \ {0}, so dass lim a k+ k a k [0, ) existiert, so ist a k absolut konvergent. Beweis. k=n Falls q = lim a k+ k a k [0, ) existiert, so gibt es sicher ein n0 N mit a k+ a k + q < (k n 0 ). 2 Man beachte auch, dass a k sicherlich divergiert, wenn lim a k+ k=n k a k (, ) existiert (dann kann (a k ) k keine Nullfolge sein). Falls jedoch lim a k+ k a k = ist, so lässt sich damit keine Aussage über die Konvergenz der Reihe treffen. Es folgen einige Beispiele zur Anwendung des Quotientenkriteriums. Beispiel (a) Sei a k = k5 (k N). Dann ist 2 k a k+ a k = (k + )5 2 k 2 k+ k 5 = ( ) 5 k + 2 [0, ). k 2 Also ist a k (absolut) konvergent. k=0 (b) Sei b k = 0k k! (k N). Dann ist b k+ b k = 0k+ k! 0 k (k + )! = 0 0 [0, ). k + Also ist b k (absolut) konvergent. k=0 (c) Sei c k = k! (k N). Dann ist k k c k+ c k = ( ) k (k + )! kk k (k + ) k+ k! = = k + nach Beispiel Also ist c k (absolut) konvergent. k=0 a k k=n ( ( + ) ) k e [0, ) k Bemerkung Genau wie in Beispiel 3.22 (a) kann man zeigen, dass die Reihe k=0 ( qk k α) für feste Zahlen q < und α Q (absolut) konvergiert. Nach dem Quotientenkriterium gilt nämlich q k+ (k + ) α ( ) α k + q k k α = q q [0, ). k 79

80 3. Reihen Um zu begründen, dass es Reihen gibt, die zwar konvergieren, aber nicht absolut konvergieren, benötigen wir noch ein weiteres Konvergenzkriterium. Es eignet sich für Reihen, deren Summanden abwechselnd positiv und negativ sind. Satz 3.24 (Leibnizkriterium). Ist (a k ) k N eine monotone Nullfolge, so ist die Reihe k=n ( ) k a k konvergent. Wir verzichten hier auf einen Beweis. Es folgen einige Beispiele zur Anwendung des Leibnizkriteriums. Dabei sehen wir, dass die alternierende harmonische Reihe konvergent, aber nicht absolut konvergent ist. Beispiel (a) Die Reihe ( ) k k ist nach 3.24 konvergent, denn ( ) k ist eine monoton k k= fallende Nullfolge. Wegen ( ) k k = k ist sie nicht absolut konvergent. (b) Wir betrachten (k 5). Nach den Grenzwertsätzen gilt k=5 ( ) k a k mit a k = 2k 2 a k = k 2 2k 8 2k 2k 2 2k 8k 2 k = 0. Durch Partialbruchzerlegung stellt man weiterhin fest, dass a k = k k 4 (k + ) (k + ) 4 = a k+ (k 5) gilt, folglich ist (a k ) k 5 monoton fallend. Mit dem Leibnizkriterium 3.24 folgt, dass ( ) k 2k 2 k 2 2k 8 konvergiert. k=5 (c) Wir betrachten ( ) k b k mit b k = k=0 (b k ) k eine Nullfolge. Außerdem ist: k k 3 + (k N). Wegen b k = k 2 +k 3 ist b k+ b k (k + ) k 3 + k (k + ) 3 + (k + ) 2 ( k 3 + ) k 2 ( k 3 + 3k 2 + 3k + 2 ) denn: beide Seiten sind > 0 0 k 4 + 4k 3 + k 2 2k Dies ist für k sicherlich erfüllt, also konvergiert Leibnizkriterium Also konvergiert auch ( ) k k=0 ( ) k k= k. k 3 + k k 3 + nach dem 80

81 Dezimalbruchentwicklung Eine Möglichkeit reelle Zahlen zu beschreiben, ist es ihre Dezimalbruchentwicklung anzugeben. Beispielsweise ist = eine Zahl mit abbrechender Dezimalbruchentwicklung. Wir können sie auf einfache Art und Weise als endliche Summe schreiben: es gilt = M + z k 0 k, wobei M = 5 N der ganzzahlige Anteil ist und die Zahlen z,..., z 5 {0,..., 9} die Nachkommastellen angeben. Es gilt hier z = 3, z 2 = 7, z 3 = 0, z 4 = z 5 = 4. Es ist auch möglich, dass die Dezimalbruchentwicklung einer reellen Zahl nicht abbricht. Sie entspricht in diesem Fall einer (konvergenten) Reihe. Beispielsweise ist 2.36 = = 2 + z k 0 k mit { 3, falls k 2 gerade z =, z k = 6, falls k 3 ungerade. In jedem Fall ist durch eine natürliche Zahl M N und eine beliebige (nicht unbedingt periodisch werdende Folge) (z k ) k in {0,..., 9} stets eine reelle Zahl M.z z 2 z 3 z 4... = M + z k 0 k gegeben. Umgekehrt hat jede nichtnegative reelle Zahl solch eine Darstellung. Beispielsweise ist e = = M + z k 0 k mit M = 2, z = 7, z 2 = und so weiter. Wir wollen diese Ideen nun präzisieren. Wir beginnen damit zu zeigen, dass die oben betrachteten Reihen stets konvergieren. Der Einfachheit beschränken wir uns auf die Zahlen hinter dem Komma. Satz Sei (z k ) k eine (beliebige) Folge in {0,..., 9}. Dann konvergiert z k 0 k und der Reihenwert liegt in [0, ]. k= k= k= k= k= Beweis. Nach der geometrischen Summenformel A.4 (b) gilt ( n n ( ) k ( ) n+ ) 9 0 k 0 = 9 ) = 9 ( 0 0 k= k=0 ( n ) =. 8

82 k= 3. Reihen n Also konvergiert 9 0 k mit dem Reihenwert und nach dem Majorantenkri- terium konvergiert dann auch z k 0 k. Der Reihenwert liegt in [0, ], denn: k= 0 = 0 z k 0 k 9 0 k = k= k= k= Existenz einer Dezimalbruchentwicklung (a) Wir wollen nun umgekehrt auch zeigen, dass zu einer gegebenen Zahl x [0, ) stets eine Folge (z k ) k in {0,..., 9} mit x = z k 0 k existiert. Dazu gehen wir ähnlich vor wie bei der Bestimmung einer Intervallschachtelung (vergleiche Beispiel 2.30):.) Wähle z {0,..., 9} mit x [ z 0, ) z + 0. k= 2.) Wähle z 2 {0,..., 9} mit x [ z 0 + z2 00, z 0 + z ) Wähle z 3 {0,..., 9} mit x [ z 0 + z z3 000, z 0 + z z ). k.) Wähle z k {0,..., 9} mit x [ k j= z j 0 + z j k, k 0 k j= ). z j 0 j + z k+ 0 k Nun gilt tatsächlich x = z j 0 j, denn (beachte Folgerung 2.2 (b)): x j= j= k k z j 0 j = x z j 0 j j= k j= z j 0 j +z k + k 0 k j= ). z j 0 j + z k 0 k (b) Ist nun x [0, ) gegeben, so findet man immer eine natürliche Zahl M N mit x M [0, ). Nach (a) kann man nun x M = z k 0 k mit geeigneten z k {0,..., 9} schreiben. Insgesamt folgt: x [0, ) M N, z k {0,..., 9} (k N) mit: x = M + z k 0 k Jede nichtnegative reelle Zahl hat also eine Dezimalbruchentwicklung (für negative Zahlen kann man natürlich einfach ein Minuszeichen davorsetzen). (c) Daraus folgt auch, dass man jede reelle Zahl durch rationale Zahlen beliebig gut approximieren kann. Ist x 0 gegeben, so kann man x = M + z k 0 k wie ( ) k= oben schreiben und folglich ist M + n z k 0 k eine Folge rationaler k= Zahlen, die gegen x konvergiert. Man sagt: Q ist dicht in R n Man bezeichnet M als den ganzzahligen Anteil von x und schreibt M = x k= k= = 0 k k 0 82

83 das heißt, zu jeder Zahl x R gibt es eine Folge (q n ) n in Q mit lim n q n = x. (d) Man beachte, dass die Entwicklung in (b) nicht immer eindeutig ist, beispielsweise lässt sich die Zahl auf zwei verschiedene Arten darstellen, nämlich.0 = = 0.9 bzw k = = k. k= k= Dezimalbruchentwicklung rationaler Zahlen Ist x = M + z k 0 k mit M N und z k {0,..., 9} (k N), so gilt k= x Q (z k ) k wird periodisch (d.h. p, k 0 N : z k+p = z k k k 0 ) Wir verzichten hier auf einen formalen Beweis und betrachten stattdessen einige Beispiele. Wir beginnen mit dem Umwandeln von rationalen Zahlen (=Brüche natürlicher Zahlen) in Dezimalbrüche: Wir betrachten den Bruch x = 7 5. Das folgende Rechenverfahren entspricht dem schriftlichen Dividieren: Es gilt x = 7 5 = Rest: 5 = Einsetzen x = Rest: = ( ) 5 ) = = ( ) 5 ( ) 5 ( = 0 50 Einsetzen x = = Rest bereits berechnet Einsetzen x = und so weiter 5 5 Durch fortlaufendes Einsetzen erhält man 7 5 =

84 3. Reihen Wir betrachten y = y = = Rest: Einsetzen x = Rest: Einsetzen x = Rest: und gehen genauso vor wie oben: Einsetzen x = = = ( ) 66 ( ) = = = ( ) 66 ( ) = = = ( ) 66 ( ) 66 Rest bereits berechnet Durch fortlaufendes Einsetzen erhält man = = Betrachten wir einen beliebigen Bruch p q Q mit p, q N. Da die Zähler der auftretenden Reste stets kleiner sind als der Nenner q, kommen nur die (endlich vielen) Zahlen 0 q, q,..., p q als Reste in Frage. Wenn man lange genug rechnet, wird irgendwann ein Rest auftreten, der schon berechnet wurde (spätestens beim q- ten Schritt). Daher muß der berechnete Dezimalbruch periodisch werden. Umgekehrt kann man jeden periodisch werdenden Dezimalbruch in einen Bruch natürlicher Zahlen umwandeln. Auch hierzu betrachten wir Beispiele: Sei α = 0.7. Dann gilt Folglich ist α = 7 9. Sei β = Dann gilt 0 α = α = α = 7 Folglich ist β = β = β = β = = Wir schließen diesen Abschnitt mit einigen Anmerkungen zur Dezimalbruchentwicklung. Bemerkung

85 (a) Eine häufig gestellte Frage ist, ob tatsächlich 0.9 = gilt. Schon im Beweis zu Satz 3.26 haben wir gezeigt, dass die Reihe k= 9 0 k mit Reihenwert konvergiert. Es folgen einige weitere Argumente für die Identität 0.9 =. Offenbar ist 3 = 0.3. Demnach ist 0.9 = = 3 3 =. Angenommen es ist 0.9 <. Dann ist α = 0.9 > 0. Die Zahl α hat daher eine Dezimalbruchentwicklung α = k= Stelle eine positive Nachkommastelle z k z k 0 k, in der an irgendeiner > 0 auftritt. Addiert man nun α + 0.9, so erhält man durch Übertrag eine Zahl, die echt größer als ist. Das kann nicht sein, da α = gilt. Angenommen es ist 0.9 <. Nach Bemerkung.5 müssten dann unendlich viele Elemente im Intervall ( 0.9, ) liegen. Solche Zahlen sind aber nicht zu finden. Die Folge ( 0 k ) = (0, 0.9, 0.99, 0.999,...) k N konvergiert gegen, denn wir wissen, dass 0 k = ( ) k k 0 0. Auch wissen wir nach 2.25 (da die Folge monoton wachsend ist), dass sie gegen ihr Supremum konvergiert. Da Grenzwerte eindeutig sind, folgt also, dass = sup { 0 k ; k N }. Also ist die Zahl die kleinste obere Schranke für diese Menge. Da aber 0.9 offenbar auch eine obere Schranke ist, kann 0.9 nicht kleiner als sein. (b) Die Basis 0 kann ohne weiteres durch jede beliebige natürliche Zahl b 2 ersetzt werden. Zu x 0 existieren dann M N und z k {0,..., b } (k N ) mit x = M + z k b k = [M.z z 2 z 3...] b k= (b adische Entwicklung) Es ist hierbei sinnvoll, die Zahl M auch im b-er System anzugeben. Beispielsweise für α = [ ] 7 ist 7 3 α = [ ] 7-7 α = - [42.35 ] 7 ( ) α = [463 ] 7 = α = 466 (im Dezimalsystem) Folglich ist α = =

86

87 4. Grenzwerte und Stetigkeit Der Grenzwertbegriff für Funktionen In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit Funktionen f : D R. Wir stellen uns die Frage, wie man feststellen kann, ob sich die Funktionswerte f(x) einem Wert c R {± } annähern, wenn sich die Werte von x D einem gegebenen Wert a R {± } nähern. Also:? c so dass: (x a f(x) c) Wir beginnen mit Beispielen, die einige Phänomene aufzeigen, die auftreten können. Beispiel 4.. (a) Betrachte die Funktion f : R R, f(x) = x 4. Wir nähern uns (versuchsweise) mit x der Zahl a = 3 an und beobachten, welche Werte der Funktionswert annimmt. x = f(x) Wir vermuten also: x 3 = f(x) 8 (= f(3)) Es stellen sich folgende Fragen:.) Kann man dies (für diese Funktion f) für alle a R verallgemeinern? a R : (x a = f(x) f(a)) (?) 2.) Gilt die Aussage in.) für jede beliebige Funktion f? (b) Wir betrachten die Funktion g : [0, ) \ {} R, f(x) = x x. Falls wir eine Zahl a [0, )\{} betrachten, so kommen wir zu ähnlichen Vermutungen wie in (a): x 4 = g(x) g(4) = 3 x 0 = g(x) g(0) = a [0, ) \ {} : x a = g(x) g(a) 87

88 4. Grenzwerte und Stetigkeit Man kann sich mit x auch der Zahl a = annähern (diese liegt zwar nicht im Definitionsbereich von g, man kommt ihr aber darin beliebig nahe) und beobachtet Folgendes: x = g(x) nicht def Wir vermuten also: x, x = g(x) 2 Bei der Funktion g macht es aber keinen Sinn, sich (zum Beispiel) der Zahl a = 5 anzunähern, da dies im Definitionsbereich [0, ) nicht möglich ist. (c) Wir betrachten die Funktion, falls x > 0 sgn(x) : R R, x 0, falls x = 0, falls x < 0 (sgn : Signum = V orzeichen) Hier macht es einen Unterschied, ob man sich der Zahl a = 0 von oben oder von unten annähert. Es gilt sgn(0.) = sgn(0.0) =... = Also: x 0 = sgn(x) sgn(0) sgn( 0.) = sgn( 0.0) =... = Also: x 0 = sgn(x) sgn(0) Eine allgemein formulierte Aussage bei Annäherung an 0 ist hier nicht möglich: c R mit: (x 0 sgn(x) c) (d) Wir betrachten die Funktion h : (0, ) R, h(x) = cos und untersuchen die Annäherung x 0. Die Tabelle ( ) x x = h(x) nicht def. bringt uns nicht weiter. Bei ganz bestimmten Annäherungsverfahren kann man auch für h(x) einen Grenzwert finden, beispielsweise: oder x = 2π 4π 6π 8π... 0 h(x) = x = π 3π 5π 7π... 0 h(x) =

89 Man kann (mit etwas mehr Aufwand) jede Zahl c [, ] als Annäherungswert von h(x) erhalten, wenn man sich mit x auf eine ganz bestimmte Art von oben der 0 nähert. Eine generelle Annäherung an 0 von oben ist hier nicht möglich: c R mit: (x 0 sgn(x) c) (e) Wir betrachten die Funktion i : R \ {0} R; x sin x x und untersuchen die Annäherung an (die kritische Stelle) 0: x = i(x) nicht def (f) Wir betrachten die Funktion Vermutung: x 0 = i(x) j : R \ {0} R, j(x) = x2 x 2 und untersuchen die Annäherung an verschiedene Werte a: a = 0: x = j(x) = nicht def Vermutung: x 0 = j(x) a = : x = j(x) = nicht. def. Vermutung: x = j(x) Es stellt sich nun die Frage nach einer allgemeinen Defintion für den Grenzwertbegriff von Funktionen. Eine Möglichkeit besteht darin, dies auf den Begriff der Folgenkonvergenz zurückzuführen. Definition 4.2. Sei D R eine Teilmenge und f : D R eine Funktion. (a) Ein Wert a R {± } heißt in D approximierbar, wenn es mindestens eine Folge (x n ) n in D gibt (d.h. x n D n), so dass lim n x n = a gilt. (b) Ist a R {± } in D approximierbar, so heißt ein Wert c R {± } Grenzwert von f für x a, falls: Für jede Folge (x n ) n in D mit lim n x n = a gilt lim n f(x n) = c. 89

90 4. Grenzwerte und Stetigkeit Man schreibt dafür auch: Bemerkung 4.3. x a lim f(x) = c oder f(x) c. x a Die Notation lim x a f(x) = c bedeutet also, dass für jede beliebige Folge (x n ) n in D mit x n a folgt, dass f(x n ) c. Falls nichts weiter dazu gesagt wird, ist dabei D dabei der maximale Definitionsbereich der Funktion f. Man kann aber durch geeignete Notationen, den Bereich D, in dem die Folgenglieder (x n ) n liegen dürfen, weiter einschränken. Ist f : D R eine Funktion und a approximierbar in D, so schreiben wir beispielsweise: lim f(x) = c x a lim f(x) = c x a lim f(x) = c x a,x a lim f(x) = c x a,x Q def def def def für alle Folgen (x n ) n in D mit x n > a n und x n a gilt auch f(x n ) c (man nennt c dann auch rechtsseitigen Grenzwert von f für x a) für alle Folgen (x n ) n in D mit x n < a n und x n a gilt auch f(x n ) c (man nennt c dann auch linkssseitigen Grenzwert von f für x a) für alle Folgen (x n ) n in D mit x n a n und x n a gilt auch f(x n ) c für alle Folgen (x n ) n in D mit x n Q n und x n a gilt auch f(x n ) c Wir sind nun in der Lage, Grenzwerte von Funktionen präziser zu untersuchen. Unser wichtigstes Werkzeug sind dabei zunächst die Grenzwertsätze für Folgen. Beispiel 4.4. (a) Sei f : R R, f(x) = x 4. Im Definitionsbereich von f sind hier alle Werte a R {± } approximierbar. Für jede Zahl a R gilt lim x a f(x) = f(a), denn für jede Folge (x n ) n in R gilt: Weiterhin gilt x n a GWS e lim f(x) = +, denn: x f(x n ) = (x n ) 4 a 4 = f(a). x n GWS e f(x n ) = (x n ) 4 = x }{{} n x n x }{{} n x }{{} n +. }{{} Ebenso zeigt man, dass lim f(x) = + gilt. x (b) Sei g : R \ {5} R, g(x) = 8x+ x 5. Für a betrachten wir verschiedene Werte: Sei a R \ {5}. Für jede Folge (x n ) n in R \ {5} mit x n a gilt nach den Grenzwertsätzen 8x n + 8a + und x n 5 a 5 0 und somit g(x n ) = 8x n + x n 5 8a + a 5 Also gilt lim x a g(x) = g(a) für alle a R \ {5}. = g(a). 90

91 Sei a = 5. Ist (x n ) n eine Folge in R \ {5} mit x n 5, so gilt nach den Grenzwertsätzen 8x n + 39 und x n 5 0. Damit folgt g(x n ) = 8x n + x n 5, falls x n > 5 (n n 0 ), falls x n < 5 (n n 0 ) divergent, sonst Somit existiert der Grenzwert lim x 5 g(x) nicht, aber es ist lim g(x) = und lim g(x) = +. x 5 x 5 Sei a =. Ist (x n ) n eine Folge in R \ {5} mit x n, so gilt nach den Grenzwertsätzen 8x n + und x n 5. Damit kommen wir nicht weiter. Wir können aber zunächst eine Polynomdivision durchführen und erhalten g(x) = 8x + x 5 = 8 39 x 5. Man erkennt nun, dass für x n immer g(x n ) 8 gelten muss. Folglich ist lim g(x) = 8. x Analog zeigt man, dass auch lim g(x) = 8 gilt. x Man kann diese Ergebnisse am Graph der Funktion g nachvollziehen: 9

92 4. Grenzwerte und Stetigkeit (c) Wir betrachten erneut die Signumfunktion sgn : R R und untersuchen den Grenzwert für x 0. Für eine Folge (x n ) n in R mit x n 0 kann (sgn(x n )) n gegen, + oder 0 konvergieren oder divergent sein. Somit existiert lim x 0 sgn(x) nicht. Es ist aber (wie man leicht sieht) lim sgn(x) = und lim sgn(x) =. x 0 x 0 (d) Wir wollen zeigen, dass für die Funktion h : R \ {0} R, h(x) = cos ( ) x der rechtsseitige Grenzwert lim x 0 h(x) nicht existiert. Dazu genügt es, zwei Folgen (x n ) n und (y n ) n mit x n, y n > 0 zu finden, die beide gegen 0 konvergieren, so dass aber die Folgen (h(x n )) n und (h(y n )) n gegen zwei verschiedene Werte konvergieren. Man kann dafür etwa x n = 2nπ und y n = 2nπ + π 2 (n N ) wählen, denn es ist x n, y n > 0 und x n, y n 0 aber ( h(x n ) = cos(2nπ) = und h(y n ) = cos 2nπ + π ) =

93 (e) Bei der Funktion i : R \ {0} R; x sin x x vermuteten wir in Beispiel 4. (e), dass lim x 0 i(x) = ist. Dies können wir im Moment noch nicht zeigen, da wir keinen Grenzwertsatz für die Sinusfunktion kennen. Auch für den Grenzwert lim i(x) können wir die Grenzwertsätze nicht direkt x anwenden. Aber der Einschließungssatz 2.0 hilft uns weiter, denn für jede Folge (x n ) n in R \ {0} mit x n gilt (wegen sin(x n ) ) 0 x n i(x n ) x n 0 und somit auch i(x n ) 0. Somit ist gezeigt, dass lim i(x) = 0 gilt. x Analog kann man zeigen, dass auch i(x) = 0 ist. lim x 93

94 4. Grenzwerte und Stetigkeit Bemerkung 4.5. Wir betrachten den Fall, dass der angenäherte Wert a im Definitionsbereich von f ist. Man beachte, dass in der Definition des Grenzwerts lim x a f(x) auch Folgen zugelassen sind, deren Folgenglieder = a sind, also etwa die konstante Folge (x n ) n mit x n = a (n N). Für diese Folge ist offensichtlich f(x n ) = f(a) f(a). Der Grenzwert lim f(x) kann in diesem Fall also (wenn er existiert) nur den Wert f(a) x a haben. Beispielsweise betrachten wir die Funktion { x 2 2x 3, x 4 f : R R, f(x) = 3, x = 4 Nach unserer Definition existiert lim x 4 f(x) nicht, denn wir haben die Folgen (x n ) n 94

95 und (y n ) n mit x n = 4 + n f(x n) = y n = 4 f(y n ) = f(4) = 3 3 ( 4 + n) 2 ( ) = 5 n Schränkt man den Definitionsbereich auf R \ {4} ein, so existiert der Grenzwert. Es ist lim f(x) = 5, denn für jede Folge (x n) n in R \ {4} mit x n 4 gilt x 4, x 4 f(x n ) = x 2 n 2x n 3 5. Man findet manchmal auch eine Grenzwertdefinition, die von unserer insofern abweicht, als dass nur Folgen zugelassen sind, deren Folgenglieder den Wert a nicht annehmen. Dadurch wird die Argumentation an einigen Stellen jedoch unnötig verkompliziert, daher halten wir uns im Folgenden strikt an die in 4.2 angegebene Definition. Stetige Funktionen Wir werfen einen erneuten Blick auf die Beispiele in 4.4. Wir haben gesehen, dass es zahlreiche Funktionen f : D R gibt, bei denen für a D der Schluss x a f(x) f(a) zulässig ist. Beispielsweise wissen wir bei der Funktion dass für jede Folge (x n ) n in R mit x n f : R R, f(x) = x 4, a R auch f(x n ) f(a) gilt. Wir schreiben dafür auch lim x a f(x) = f(a) (a R). Auch bei der Funktion g : D g R, g(x) = 8x + x 5 mit D g = R \ {5} gilt lim x a f(x) = f(a) für alle a D g. Aber es gibt auch Funktionen, die diese Eigenschaft nicht besitzen, etwa bei der Signumfunktion sgn : R R existiert der Grenzwert lim x 0 sgn(x) nicht. Wir führen daher die folgende Definition ein. Definition 4.6. Sei f : D R eine Funktion und a D. Man nennt die Funktion f stetig in a, falls für jede Folge (x n ) n in D mit x n a auch f(x n ) f(a) gilt. Man nennt f stetig, falls f stetig in jedem Punkt a D ist. Bemerkung 4.7. (a) Eine Funktion f ist definitionsgemäß genau dann stetig in einem Punkt a D, wenn lim f(x) = f(a) gilt. Dies ist schon erfüllt, wenn man lediglich weiß, dass x a der Grenzwert lim f(x) existiert, denn nach Bemerkung 4.5 kann dieser nur x a den Wert f(a) haben. 95

96 4. Grenzwerte und Stetigkeit (b) Man beachte, dass die Stetigkeit nur in den Punkten aus dem Definitionsbereich der Funktion untersucht wird. Beispielsweise ist die Funktion f : R \ {0}, f(x) = x stetig, denn für jeden Punkt a R \ {0} und jede Folge (x n ) n in R \ {0} mit x n a gilt auch f(x n ) = x n a = f(a). Der Punkt a = 0 ist auch approximierbar in R\{0} und der Grenzwert lim x 0 f(x) existiert nicht. (Zum Beispiel ist x n = n 0 mit f (x n) = n und x n = n 0 mit f ( x n) = n.) Da 0 / D f nicht auf die Stetigkeit von f aus. Die Funktion f ist stetig. ist, wirkt sich dies aber Wir wollen nun eine verschiedene Funktionsklassen auf Stetigkeit untersuchen und auch Grenzwertuntersuchungen für approximierbare Werte a außerhalb des Definitionsbereiches anstellen. Wir beginnen mit den rationalen Funktionen Rationale Funktionen Jede rationale Funktion ist stetig. Wir betrachten zwei Polynome p, q mit q 0 und die Funktion f : R \ N q R, f(x) = p(x) q(x) mit N q = {x R; q(x) = 0}. Dann gilt lim x a f(x) = f(a) für jeden Punkt a R \ N q. Dies folgt unmittelbar aus den Grenzwertsätzen für Folgen. Exemplarisch begründen wir dies an der Funktion: f : R \ {, 4} R, f(x) = 2x2 8x 9 x 2 3x 4 Ist a R \ {, 4} und (x n ) n eine Folge in R \ {, 4} mit x n a, so gilt f(x n ) = 2x n 2 8x n 9 x n2 3x n 4 2a2 8a 9 a 2 3a 4 = f(a). Also gilt lim x a f(x) = f(a). (Dies funktioniert ganz genauso für jede beliebige rationale Funktion.) Wir wollen nun zusätzlich auch noch die Grenzwerte für x gegen ± und gegen die Definitionslücken und 4 (hierbei auch gegebenenfalls die einseitigen Grenzwerte) untersuchen. Eine Partialbruchzerlegung gemäß A.25 ergibt ( f(x) = 2x2 8x 9 9 ( 9 ) 5) x 2 3x 4 = 2 + x + 5 (x R \ {, 4}). x 4 Damit ergibt sich: Für x n folgt Also ist lim f(x) = 2. x ( ) ( 9 5 x+ 0 und ) 9 5 x 4 0 und damit ( 9 ) 5) ( 9 5 f(x n ) = 2 + x + 2. x 4 Dabei ist auch zugelassen, dass q = ist. In dem Fall ist f = p einfach ein Polynom. 96

97 Analog folgt, dass auch lim f(x) = 2 gilt. x Betrachten wir nun Folgen (x n ) n in R \ {, 4} mit x n 4. In jedem Fall ( ) ( ) folgt dann 2 + x = Weiterhin gilt +, falls x n > 4 (n n 0 ) x n 4, falls x n < 4 (n n 0 ) ist divergent, sonst Zusammen ergibt sich: ( 9 5) f(x n ) = 2 + x + Damit erhalten wir: ( 9 ) 5 x 4, falls x n > 4 (n n 0 ) +, falls x n < 4 (n n 0 ) ist divergent, sonst lim f(x) =, x 4 lim f(x) = + und lim f(x) existiert nicht x 4 x 4 Analog ergibt sich (man beachte das Vorzeichen beim Term lim f(x) = +, lim x Zum Vergleich hier noch der Graph der Funktion f: x+ ): f(x) = und lim f(x) existiert nicht x x 97

98 4. Grenzwerte und Stetigkeit Wir betrachten noch zwei weitere Beispiele: Zunächst sei: g : R \ {2} R, g(x) = x4 + 6x 3 2x 2 + 3x + x 2 4x + 4 Die Funktion g ist (als rationale Funktion) stetig, es gilt also lim x a g(x) = g(a), falls a R \ {2} ist. Eine Partialbruchzerlegung ergibt: g(x) = x 2 + 2x 5 x 2 + (x 2) 2 (x R \ {2}) Für x n folgt 5 x n 2 + (x n 2) 2 0. Außerdem ist x 2 2 n + 2x n = x }{{} n ( + 2 ) x n }{{} und damit folgt lim g(x) =. x Analog sieht man, dass lim x g(x) = gilt (man beachte, dass x n 2, falls x n ). Betrachten wir nun den Grenzwert für x 2: Falls x n 2 (x n 2), so gilt x n 2 + 2x n = 0 und 5 x n 2 + (x n 2) 2 = (x n 2) 2 (Man beachte dabei, dass } {{ } + ( 5(x n 2) + ) + }{{} > 0 (n N) ist.) (x n 2) 2 Insgesamt folgt: g(x n ) +. Folglich ist: lim x 2 g(x) = und somit auch lim g(x) = lim g(x) = x 2 x 2 Der Graph der Funktion g sieht wie folgt aus (zusätzlich ist auch noch die durch x x 2 + 2x gegebene Asymptote dargestellt) : 98

99 Nun betrachten wir noch die Funktion: h : R \ { 3, 0} R, h(x) = 3x2 + x 24 x 3 + 3x 2 Die Funktion h ist stetig. Mit Partialbruchzerlegung folgt: Dabei fällt der Term der Form h(x) = 3x2 + x 24 x 3 + 3x 2 = 3 x 8 x 2 (x R \ { 3, 0}) x+3 weg. Das liegt daran, dass 3 auch eine Nullstelle des Zählers ist. Analog zu den vorigen Beispielen erkennt man, dass lim h(x) = 0, lim x h(x) = 0 und lim h(x) = x x 0 Ist (x n ) n eine Folge in R \ { 3, 0} mit x n 3, so gilt Folglich ist lim x 3 der Stelle 3 nicht definiert ist): h(x n ) = 3 x n 8 x n ( 3) 2 = h(x) = 9. Der Graph der Funktion h (man beachte, dass h an 99

100 4. Grenzwerte und Stetigkeit Es macht Sinn, statt h die Funktion h 0 : R \ {0} R, h 0 (x) = 3 x 8 ( x 2 = 3x 8 ) x 2 zu betrachten. Diese stimmt auf D h = R \ { 3, 0} mit h überein (d.h es gilt h 0 (x) = h(x) für alle x D h ), ist zusätzlich an der Stelle 3 definiert und dort stetig. Man sagt: h 0 ist eine (stetige) Fortsetzung von h. An der Stelle 0 kann die Funktion h nicht stetig fortgesetzt werden. Im Anhang haben wir einige Funktionen eingeführt (Potenz- und Logarithmusfunktionen sowie die trigonometrischen Funktionen). Es stellt sich die Frage nach der Stetigkeit dieser Funktionen (und den Grenzwerten an den Rändern des jeweiligen Definitionsbereiches). Wir studieren dies ausführlich am Beispiel der Exponentialfunktion Stetigkeit der Exponentialfunktion Die Exponentialfunktion wurde in A.3 durch eine Reihendarstellung definiert. Wir wollen nun beweisen, dass sie stetig ist und beginnen damit, die Stetigkeit im Punkt a = 0 zu zeigen. Dazu benutzen wir die folgende Ungleichung: x R : exp(x) x exp x (Beweis als Zusatzaufgabe in den Übungen) 00

101 Nun betrachten wir eine beliebige Folge (x n ) n in R mit x n 0. Dann existiert eine Stelle n 0 N mit x n (n n 0 ). Für n n 0 gilt nun exp(x n ) x n exp x n x n e 0. }{{} exp =e Nach einer Folgerung aus dem Einschließungssatz (siehe 2.2 (b)), folgt nun, dass exp(x n ). Somit haben wir gezeigt, dass lim x 0 exp(x) = = exp(0) ist. Dies bedeutet, dass exp im Punkt 0 stetig ist. Nun betrachten wir einen beliebigen Punkt a R und dazu eine Folge (x n ) n in R mit x n a. Dann folgt x n a 0 und somit (wie wir gerade gezeigt haben) auch exp(x n a) exp(0) =. Aufgrund der Funktionalgleichung für die Exponentialfunktion (siehe A.3) folgt daraus schließlich: exp(x n ) = exp((x n a) + a) = exp(x n a) exp a exp(a) = exp(a) Also gilt lim x a exp(x) = exp(a) für alle a R. Die Exponentialfunktion ist stetig. Wir untersuchen nun zusätzlich noch die Grenzwerte für x ±. Für x > 0 gilt exp(x) = k=0 x k k! = + x + k=2 x k k! > x. Ist (x n ) n eine Folge in R mit x n, so gilt exp(x n ) > x n (n n 0 ) und folglich konvergiert auch (exp(x n )) n gegen. Also ist lim exp(x) =. x Ist andererseits (x n ) n eine Folge in R mit x n, so gilt x n und somit auch exp( x n ). Folglich ist dann Dies zeigt, dass Bemerkung 4.0. exp(x n ) = lim exp(x) = 0 ist. x Auch die im Anhang untersuchten Funktionen exp( x n ) 0 ln : (0, ) R, sin, cos : R R und tan : R \ {(k + 2 ) } π ; k Z R sind allesamt stetig. Außerdem besitzen sie die folgenden Grenzwerte: Es gilt lim ln x = und lim ln x =. x 0 x Die Grenzwerte lim sin x und lim x ± x ± leicht, wenn man etwa die Folgen ( ±n π 2 tan x =. Die Grenz- x (k+ 2 π) Für alle k Z gilt lim tan x = und x (k+ 2 π) lim werte tan x existieren nicht. lim x ± Wir wollen dies hier nicht beweisen. cos x existieren nicht (dies sieht man ) n N betrachtet). 0

102 4. Grenzwerte und Stetigkeit Rechnen mit Grenzwerten Um von einfachen auf kompliziertere Grenzwerte schließen zu können, geben wir nun die folgenden Grenzwertsätze für Funktionen an. Sie entsprechen ganz genau den Grenzwertsätzen für Folgen (dies liegt natürlich daran, dass sie direkt aus diesen abgeleitet werden können). 4.. Grenzwertsätze für Funktionen Die folgenden Regeln ermöglichen das Rechnen mit Grenzwerten von Funktionen. Man beachte, das einige dieser Regeln nur unter bestimmten Zusatzvoraussetzungen gelten. Es gibt auch Sitiuationen, in denen keine allgemeine Aussage möglich ist. Diese Fälle sind mit? gekennzeichnet. Wir gehen in allen Fällen davon aus, dass f : D R und g : D R Funktionen auf einem gemeinsamen Definitionsbereich D sind (gegebenenfalls schränke man die beiden Funktionen auf ihren gemeinsamen Definitionsbereich ein) und dass der Wert a R {± } in D approximierbar ist. Alle Regeln gelten auch für einseitige Grenzwerte x a bzw. x a. Voraussetzungen lim f(x) = x a Tabelle (Summen und Differenzen) lim g(x) = x a lim (f(x) + g(x)) = lim x a mögliche Folgerungen (f(x) g(x)) = x a c R d R c + d c d ± d R ± ± c R ± ±???? Tabelle 2 (skalare Vielfache) Voraussetzungen mögliche Folgerungen lim f(x) = λ R lim λ f(x) = x a x a c R λ c ± > 0 ± ± < 0 02

103 Voraussetzungen lim f(x) = x a Tabelle 3 (Produkte) lim g(x) = x a mögliche Folgerungen lim (f(x) g(x)) = x a c R d R c d ± d R, d > 0 ± ± d R, d < 0 ± 0? Voraussetzungen lim f(x) = x a lim g(x) = x a Tabelle 4 (Quotienten) Hier wird immer vorausgesetzt, dass g(x) 0 (x D) ist. mögliche Folgerungen lim f(x) x a g(x) = c c R d R \ {0} d, falls δ > 0 x D (a δ, a + δ) : g(x) > 0 c > 0 0, falls δ > 0 x D (a δ, a + δ) : g(x) < 0 existiert nicht, sonst, falls δ > 0 x D (a δ, a + δ) : g(x) > 0 c < 0 0, falls δ > 0 x D (a δ, a + δ) : g(x) < 0 existiert nicht, sonst 0 0? c R ± 0 ± d > 0 ± ± d < 0 ±, falls δ > 0 x D (a δ, a + δ) : g(x) > 0 ± 0, falls δ > 0 x D (a δ, a + δ) : g(x) < 0 existiert nicht, sonst ± ±? Tabelle 5 (Wurzeln) Hier wird immer vorausgesetzt, dass f(x) 0 (x D) ist. Voraussetzungen lim f(x) = x a c 0 Es sei k N mit k 2 fest. mögliche Folgerungen f(x) = lim k x a k c 03

104 4. Grenzwerte und Stetigkeit Wie wir das auch schon bei Folgen an vielen Beispielen durchgeführt haben, kann man nun auch die Grenzwerte von zusammengesetzten Funktionen mit Hilfe dieser Regeln berechnen. Wir wollen dazu einige Beispiele angeben. Beispiel 4.2. (a) Sei f : R \ {, 4} R, f(x) = 2x2 8x 9 x 2 3x 4 (vergleiche 4.8). Wir untersuchen nochmals den Grenzwert für x : Es gilt f(x) = 2 8 x 9 x 2 3 x 4 x 2 (x R \ {, 4} mit x 0) (da wir den Grenzwert für x betrachten, ist die Einschränkung x 0 hier kein Problem) und wegen lim x x = 0 folgt: 8 9 lim = 0, lim x x x Ebenso ist lim x Da auch ( 2 8 x 9 ) x 2 = = 2. x 2 = 0 und folglich lim x ( 3 x ) 4 x =. Zusammen folgt lim f(x) = 2 2 x = 2. lim x x = 0 ist, erhält man genauso auch lim f(x) = 2 x = 2. Für x 4 schreiben wir f (zum Beispiel) in der Form: Es gilt f(x) = 2x2 8x 9 x + x 4 2x 2 8x 9 lim = = 9 x 4 x (x R \ {, 4}) < 0 und lim (x 4) = 0. x 4 Da aber x 4 in der Nähe der Zahl 4 verschiedene Vorzeichen hat (genauer: für ein beliebiges δ > 0 ist weder x 4 > 0 für alle x (4 δ, 4+δ)\{4} noch x 4 < 0 für alle x (4 δ, 4 + δ) \ {4}), existiert der Grenzwert lim f(x) nicht. Betrachtet man jedoch die einseitigen Grenzwerte, so stellt x 4 man fest, dass x 4 > 0 für x (4, 5) und x 4 < 0 für x (3, 4). Damit folgt (vergleiche Tabelle 4): (b) Betrachten wir die Funktion: lim f(x) = und lim f(x) = x 4 x 4 g : R R, g(x) = exp x x 2 + Für a R wissen wir, dass lim exp x = exp a und lim (x 2 + ) = a x a x a gilt. Daher ist auch exp x lim g(x) = lim x a x a x 2 + = exp a a 2 + = g(a) (d.h. g ist stetig). 04

105 Weiterhin ist Es ist lim x lim exp x = 0 und lim x exp x = und lim x (x2 +) =. Also ist lim g(x) = 0. x x (x2 +) =. Mit den Grenzwertsätzen erhalten wir keine Aussage über die Existenz und den Wert von lim x g(x) = ist. Graphen der Funktion g vermuten wir, dass lim x g(x). Anhand des Es gibt noch eine weitere wichtige Rechenregel für den Umgang mit Grenzwerten. Sie besagt, dass man den Grenzwert x a einer Hintereinanderausführung g f von Funktionen erhält, wenn man zunächst b = lim f(x) und dann lim g(x) bestimmt. x a x b Grenzwerte können also von innen nach außen berechnet werden. Genauer gilt der folgende Satz. Satz 4.3. Seien f : D R und g : D R Funktionen mit f(d) D. Dann ist die Funktion g f definiert durch g f : D R, (g f)(x) = g ( f(x) ). Falls a R {± } approximierbar in D ist und b = lim x a f(x) R {± } existiert und approximierbar in D ist, dann ist lim (g f)(x) = lim g(x) oder beide Grenzwerte existieren nicht. x a x b 05

106 4. Grenzwerte und Stetigkeit Wir geben einige Beispiele für die Anwendung dieses Satzes. Beispiel 4.4. (a) Betrachte die Funktion: h : R R, f(x) = exp ( x 3 + x 2) Dann ist h = g f mit f : R R, f(x) = x 3 + x 2 und g = exp : R R. Für a R ist lim f(x) = f(a) und lim g(x) = g(f(a)) = h(a). x a x f(a) Also folgt lim h(x) = h(a) für alle a R, die Funktion h ist also stetig. Wegen x a lim f(x) = (beachte dazu f(x) = x x2 (x )) und lim g(x) = 0 folgt: x Entsprechend ist lim h(x) = 0 x lim f(x) = und lim g(x) =. Es folgt: x x lim h(x) = x (b) Betrachte die Funktion: ( ) x 3 2x i : (3, ) R, i(x) = ln x 3x + Wir untersuchen x. Es gilt x 3 = 3 ( ) x, ln y y x 3 ln = 0 ln x x x 2x 3x + = 2 x y , y 4 = 2 x Zusammen folgt, dass lim i(x) = 2 ist. x x 0 2x x 2 3x + Wir untersuchen x 3. Im Definitionsbereich ist nur eine Annäherung von oben möglich. Es gilt ( ) x 3 x 3 0, ln y y 0 x 3 ln x x 2x x 3 8 3x + 5, y y Zusammen folgt, dass lim x 3 i(x) = ist. Ist a (3, ), so erhält man: x 3 x a 3 a x a a 3 y, ln y a 2x x a 2a 3x + 3a +, ( ) a 3 ln a 2a y 3a+ 2a y 3a + x 2x x 3 3x ( ) ( ) x 3 x a a 3 ln ln x a 2x x a 2a 3x + 3a + Zusammen folgt, dass lim x a i(x) = i(a) ist. Die Funktion i ist also stetig. 06

107 Wie in diesem letzten Beispiel folgt, dass eine aus stetigen Funktionen zusammengesetzte Funktion ebenfalls stetig ist. Genauer gilt der folgende Satz. Satz 4.5. Durch Summen, Differenzen, Produkte, Quotienten und Hintereinanderausführungen (allgemein Komposition) stetiger Funktionen (in beliebiger Kombination) erhält man eine Funktion, die (dort, wo sie definiert ist) stetig ist. Beispielsweise ist also etwa die Funktion ( ) x f : D R, f(x) = exp(cos x) (x 2 sin x + 3) ln auf ihrem gesamten Definitionsbereich stetig. Wir schließen diesen Abschnitt mit einer Bemerkung über Potenz- und Exponentialfunktionen. Man vergleiche dies auch mit den Graphen in A.35. Bemerkung 4.6. (a) Ist a > 0 fest, so ist die (Exponential-)Funktion R R, x a x = exp(x ln a) als Komposition stetiger Funktionen stetig. Für a > gilt ln a > 0 und damit a x x = exp (x ln a) }{{} x und a x = exp (x ln a) }{{} Für a < ist analog (beachte, dass dann ln a < 0 ist): a x x 0 und a x x x x 2 x 0 (b) Ist r R fest, so ist die (Potenz-)Funktion (0, ) R, x x r = exp(r ln x) als Komposition stetiger Funktionen stetig. Für r > 0 gilt x r x und x r x 0 0 Damit wird (im Fall r > 0) durch 0 r def = 0 die Potenzfunktion zu einer stetigen Funktion [0, ) fortgesetzt. Ist r < 0, so ist x r x 0 und x r x 0 Stetigkeit abschnittsweise definierter Funktionen Wir untersuchen nun abschnittsweise definierte Funktionen auf Stetigkeit. Diese Funktionen sind in verschiedenen Teilen ihres Definitionsbereiches durch jeweils 07

108 4. Grenzwerte und Stetigkeit andere Funktionsgleichungen definiert. Die Stetigkeit hängt dann davon ab, wie sich die Graphen der einzelnen Abschnitte zusammenfügen. Wir betrachten zunächst ein Beispiel. Beispiel 4.7. (a) Wir betrachten die Funktion: f : R R, x { x 2 + 3, falls x exp(2 x), falls x > Vermutung: Die Funktion f ist an allen Stellen a R \ {} stetig. An der Schnittstelle a = ist sie unstetig. (b) Wir betrachten die Funktion: g : R R, x 5x +, falls x < 2 2, falls x = 2 exp(x + 2), falls 2 < x 0 x 3 x 2, falls 0 < x < 3 sin ( π 3 x), falls 3 x 08

109 Vermutung: Die Funktion g ist an allen Stellen a R \ { 2, 0, 3} stetig. An der Stelle a = 3 ist sie ebenfalls stetig, an den Stellen a = 0 bzw. a = 2 ist sie unstetig. Es stellt sich die Frage, wie wir solche Funktionen systematisch auf Stetigkeit überprüfen können. Die Antwort liefert der folgende Satz. Satz 4.8. Sei f : D R eine Funktion und a D ein Punkt im Inneren von D, das heißt es gibt eine Zahl r > 0 mit (a r, a + r) D. (a) Falls es eine Zahl δ > 0 gibt, so dass f im Bereich (a δ, a + δ) mit einer stetigen Funktion übereinstimmt, so ist auch f an der Stelle a stetig. (b) Die Funktion f ist genau dann stetig an der Stelle a, wenn rechtsseitiger und linksseitiger Grenzwert existieren und beide gleich dem Funktionswert von f an der Stelle a sind, also genau dann wenn: lim f(x) = f(a) = lim f(x) x a x a Wir untersuchen damit nochmals die Funktionen aus Beispiel 4.7. Sei f : R R, x { x 2 + 3, falls x exp(2 x), falls x > Nach Satz 4.8 (a) ist f stetig an an allen Stellen a R \ {}. An der Stelle a = gilt: ( lim f(x) = lim x ) = 2 +3 = 4, f() = 4, lim f(x) = lim exp(2 x) = exp(2 ) = e 4 x x x x Man sagt: Stetigkeit ist eine lokale Eigenschaft. Das bedeutet, dass es beim Überprüfen der Stetigkeit an einer Stelle a nur auf die Funktionswerte in der Nähe der Stelle a ankommt. 09

110 4. Grenzwerte und Stetigkeit Damit ist zwar der linksseitige Grenzwert gleich dem Funktionswert, aber der rechtsseitige Grenzwert weicht davon ab. Nach Satz 4.8 (b) ist die Funktion an der Stelle somit nicht stetig. Sei 5x +, falls x < 2 2, falls x = 2 g : R R, x exp(x + 2), falls 2 < x 0 x 3 x 2, falls 0 < x < 3 sin ( π 3 x), falls 3 x Nach Satz 4.8 (a) ist f stetig an an allen Stellen a R \ { 2, 0, 3}. Wir untersuchen die Schnittstellen : a = 2 : lim x 2 g(x) =, a = 0 : lim g(x) = e 2, x 0 a = 3 : lim g(x) = 0, x 3 lim g(x) =, x 2 g( 2) = 2 lim g(x) =, g(0) = e 2 x 0 lim g(x) = 0, g(3) = 0 x 3 Folglich ist g stetig an der Stelle 3, aber nicht stetig an den Stellen 2 und 0. Das ε-δ-kriterium der Stetigkeit Unsere Definition für Stetigkeit beruht auf dem Begriff der Folgenkonvergenz : f stetig in x, wenn: x n x f(x n ) f(x) In diesem Abschnitt untersuchen wir eine andere Möglichkeit die Stetigkeit in einem Punkt zu charakterisieren. Eine Funktion f : D R ist genau dann stetig in einem (festen) Punkt x D, wenn die Abstände von f(x) zu f(y) klein sind, falls y D ein Punkt mit kleinem Abstand zu x ist. Genauer gesagt: Gibt man eine (kleine) Zahl ε > 0 vor und verlangt, dass der Abstand von f(x) zu f(y) kleiner als ε sein soll, dann kann man dies immer erreichen, wenn man y nahe genug an die vorgegebene Zahl x heranbringt, das heißt es gibt eine Zahl δ > 0 (die von ε und von x abhängig sein darf), so dass alle y D mit x y < δ die geforderte Bedingung f(x) f(y) < ε erfüllen. Noch genauer ist dies im folgenden Satz formuliert: Satz 4.9. (ε-δ-kriterium) Sei f : D R eine Funktion auf einem Definitionsbereich D R und sei x D. Dann ist f genau dann stetig in x, wenn ε > 0 δ > 0 so dass: y D mit x y < δ gilt f(x) f(y) < ε Wir verzichten auf einen Beweis, wollen das Kriterium aber an Beispielen veranschaulichen. Es ist nicht allzu schwer, aus dem ε-δ-kriterium die Stetigkeit zu folgern, aber die umgekehrte Richtung benötigt den Begriff der Teilfolge und den Satz von Bolzano-Weierstraß. 0

111 Beispiel (a) Wir betrachten die Funktion f : R R, f(x) = x 2 3x + 0 (der Graph ist eine nach unten geöffnete Parabel). Wir wissen bereits, dass die Funktion auf ganz R stetig ist. Wir überprüfen die Gültigkeit des ε-δ-kriteriums an der Stelle x = 3. Der Funktionswert ist f(x) = 8. Zu jedem ε > 0 muss nun ein δ > 0 existieren, so dass f(y) ( 8 ε, 8 + ε) ist, wenn y (3 δ, 3 + δ) ist. Wir testen zwei verschiedene ε-werte: Zunächst betrachten wir ε = 2. Durch genaue Betrachtung des Graphen stellt man fest, dass δ = 0. auf jeden Fall ausreichend ist. Nun betrachten wir ε = 0.5. Dazu kann man zum Beispiel δ = 0.05 wählen.

112 4. Grenzwerte und Stetigkeit Selbst wenn man ε weiter verkleinert, findet man immer wieder ein geeignetes δ dazu. Dies kann man beweisen, indem man die Unleichung 8 f(y) < ε studiert und zeigt, dass sie erfüllt ist, wenn 3 y < δ mit einem geeignet gewählten δ > 0 ist. In der Tat gilt: 8 f(y) < ε 8 ( y 2 3y + 0) < ε y 2 + 3y 8 < ε }{{} =(y 3) (y+6) y 3 y + 6 < ε Wählt man δ min { ε 0, }, so gilt y 3 < ε und y + 6 y < 0 0 für alle y R mit 3 y < δ. Damit gilt für diese y auch y 3 y + 6 < ε und damit (siehe oben) auch 8 f(y) < ε. Zu jedem ε > 0 kann man also ein geeignetes δ > 0 finden, es genügt δ min { ε 0, } zu wählen. (Also kann man zu ε = 000 einfach δ = 0000 wählen, und so weiter. ) (b) Wir betrachten die Funktion { ( cos ) x, falls x 0 g : R R, g(x) = 0, falls x = 0 Zu ε = 2 haben wir δ = 0. gewählt. Die Rechnung zeigt, dass es auch mit δ = 0.2 auf jeden Fall noch funktioniert hätte. Dies wäre aber am Graph nur noch sehr schwierig zu erkennen gewesen. 2

113 Die Funktion ist unstetig in 0 (denn wir haben in Beispiel 4.4 (d) gesehen, dass lim f(x) nicht existiert). In der Tat stellt man am Graphen fest, dass es x 0 unmöglich ist, zu ε = 2 ein passendes δ zu finden: Wir ziehen aus dem ε-δ-kriterium noch eine Folgerung, die wir später brauchen. Folgerung 4.2. Sei f : D R eine stetige Funktion, x D und C R. Dann gilt: Ist f(x) > C, so existiert ein δ > 0 mit f(y) > C für alle y D mit x y < δ. Ist f(x) < C, so existiert ein δ > 0 mit f(y) < C für alle y D mit x y < δ. Beweis. Wir beweisen die erste Aussage, die zweite lässt sich analog zeigen. Es gelte also f(x) > C. Zu ε = f(x) C > 0 existiert man nach dem ε-δ-kriterium 4.9 ein δ > 0, so dass für alle y D mit x y < δ gilt: f(x) f(y) < ε f(x) f(y) < ε f(x) f(y) < f(x) C f(y) > C 3

114 4. Grenzwerte und Stetigkeit Stetigkeitssätze Wir haben uns in den vorangegangenen Abschnitten mit der Definition der Stetigkeit befasst und sind darauf eingegangen, wie man eine Funktion auf Stetigkeit überprüfen kann. Nun wollen wir die Eigenschaften stetiger Funktionen untersuchen. Es stellt sich heraus, dass die Stetigkeit einer Funktion eine Reihe von bemerkenswerten Konsequenzen für die Funktion hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Definitionsbereich der Funktion ein (abgeschlossenes) Intervall ist. Wir beginnen mit dem sogenannten Zwischenwertsatz, und betrachten dabei zunächst einen Spezialfall, den Nullstellensatz. Dieser ergibt sich, indem man die Methode, mit der wir in 2.30 eine Nullstelle einer Funktion mit Hilfe einer Intervallschachtelung bestimmt haben, auf beliebige stetige Funktionen verallgemeinert. Satz (Nullstellensatz) Sei f : D R eine stetige Funktion und seien a, b D mit a > b und [a, b] D. Falls f(a) 0 und f(b) 0 (oder f(a) 0 und f(b) 0) ist, so hat f (mindestens) eine Nullstelle. Beweis. Wir betrachten den Fall, dass f(a) < 0 und f(b) > 0 (umgekehrt analog und falls f(a ) = 0 oder f(b ) = 0, so hat man bereits eine Nullstelle gefunden). Man kann nun eine Intervallschachtelung wie folgt definieren:.) Setze I = [a, b] = [a, b ]. 2.) Betrachte m = a+b 2 und setze I 2 = [a 2, b 2 ] mit { a2 = m und b 2 = b, falls f(m ) < 0 a 2 = a und b 2 = m, falls f(m ) > 0 (im Fall f(m ) = 0 ist eine Nullstelle gefunden) 3.) Betrachte m 2 = a2+b2 2 und setze I 3 = [a 3, b 3 ] mit { a3 = m 2 und b 3 = b 2, falls f(m 2 ) < 0 a 3 = a 2 und b 3 = m 2, falls f(m 2 ) > 0 (im Fall f(m 2 ) = 0 ist eine Nullstelle gefunden) Auf diese Art findet man entweder irgendwann eine Nullstelle (wenn f(m n ) = 0 für ein m N ist) oder man erhält eine Intervallschachtelung (I n ) n N, denn: a n b n, (a n ) n mo.wa., (b n ) n mo. fa., l(i n ) = b n a n = b a 0 2n Nach dem Intervallschachtelungsprinzip (siehe 2.29) gibt es genau ein x R mit x I n für alle n N. Weiterhin konvergieren die Folgen (a n ) n und (b n ) n beide 4

115 gegen x. Zusätzlich gilt hier f(a n ) < 0 und f(b n ) > 0 (n N ). Es folgt: a n x f stetig f(a n ) f(x) f(an)<0 f(x) 0 b n x f stetig f(b n ) f(x) f(bn)>0 f(x) 0 Zusammen folgt, dass f(x) = 0 ist. Bemerkung (a) Man beachte, dass das Vorgehen in diesem Beweis genau dem in Beispiel 2.30 (b) entspricht. Die Stetigkeit wird dabei benötigt, um den Schluß x n x f(x n ) f(x) machen zu können. Man kann Nullstellen stetiger Funktionen also mit Hilfe von Intervallschachtelungen näherungsweise berechnen. (b) Der Nullstellensatz (und auch der nachfolgende Zwischenwertsatz) können nur mit Hilfe der Vollständigkeit der reellen Zahlen gezeigt werden (unser Beweis nutzt das Intervallschachtelungsprinzip). Ersetzt man die Menge der reellen Zahlen durch die Menge der rationalen Zahlen Q, so ist der Satz falsch. Beispielsweise ist die Funktion f : Q Q, f(x) = x 2 2 stetig und es gilt f() < 0 und f(2) > 0, aber f hat keine Nullstelle in Q. (c) Man kann im Nullstellensatz auf keine der Voraussetzungen verzichten. Dies wollen wir an (Gegen-)Beispielen aufzeigen: Die Funktion {, falls x 0 f : R R, f(x) =, falls x > 0 erfüllt f( 2) > 0 und f(2) < 0. Außerdem ist [ 2, 2] D f = R. Aber f hat keine Nullstelle. (Der Nullstellensatz ist nicht anwendbar, weil f nicht stetig ist.) Die Funktion g : R \ {0} R, g(x) = x ist stetig und es gilt g( ) < 0 und g() > 0. Trotzdem hat g keine Nullstelle. (Der Nullstellensatz ist nicht anwendbar, denn [, ] D g = R \ {0}. 5

116 4. Grenzwerte und Stetigkeit Graph von f Graph von g (d) Die nach dem Nullstellensatz existierende Nullstelle ist nicht unbedingt eindeutig bestimmt. Betrachte beispielsweise die Funktion: h : R R, h(x) = cos(3x) + x 4 Um ein Startintervall zu finden, betrachten wir a = 5 und b = 5. Dann ist h(a ) = cos( 5) 5 4 < 0 und h(a 2) = cos(5) > 0 (wir brauchen dazu den Kosinuswert nicht auszurechnen). Da die Funktion h stetig ist, hat sie mindestens eine Nullstelle in I = [ 5, 5]. Der Graph zeigt uns aber, dass es in der Tat mehrere Nullstellen gibt. Nun berechnen wir: m = 0, h(m ) = > 0 Setze a 2 = a = 5 und b 2 = m = 0 m 2 = 5 2, h(m 2) 0.28 < 0 Setze a 3 = m 2 = 5 2 und b 3 = b 2 = 0 m 3 = 5 4, h(m 3).3 < 0 Setze a 4 = m 3 = 5 4 und b 4 = b 3 = 0 Es folgt nun, dass h (mindestens) eine Nullstelle in I 4 = [ 5 2, 0] hat. Ein Blick auf den Graphen verrät uns, dass diese Nullstelle nun auch eindeutig ist (man könnte sie mit weiteren Intervallhalbierungen noch näher bestimmen). 6

117 Dies wissen wir aber nur dank der (vom Computer angefertigten) Zeichnung des Graphen. Der Nullstellensatz kann leicht verallgemeinert werden, indem man die Zahl 0 durch eine beliebige Zahl λ ersetzt. Satz (Zwischenwertsatz) Sei f : D R eine stetige Funktion und seien a, b D mit a > b und [a, b] D. Falls λ R ist und f(a) λ und f(b) λ (oder f(a) λ und f(b) λ) gilt, so gibt es (mindestens) eine Stelle x [a, b] mit f(x) = λ. Beweis. Die Hilfsfunktion g : D R, g(x) = f(x) λ erfüllt alle Voraussetzungen des Nullstellensatzes Sie hat daher eine Nullstelle x [a, b]. Es ist aber: g(x) = 0 f(x) λ = 0 f(x) = λ Der Zwischenwertsatz hat zahlreiche Konsequenzen und kann in vielen Situationen sinnvoll eingesetzt werden. Wir stellen im Folgenden einige Anwendungen des Satzes vor Lösbarkeit von Gleichungen (a) Die Gleichung exp(x) = 2x + 2 hat mindestens zwei Lösungen. Dies können wir begründen, indem wir die Funktion betrachten. Dann gilt: Außerdem ist f stetig und es gilt f : R R, f(x) = exp(x) 2x exp(x) = 2x + 2 f(x) = 2 f( ) = e + 2 > 2, f(0) = < 2 und f(4) = e4 8 > > 2 Da die Intervalle [, 0] und [0, 4] beide ganz im Definitionsbereich der Funktion f liegen, können wir in beiden Fällen den Zwischenwertsatz 4.24 anwenden und können schließen, dass es Zahlen x [, 0] und x 2 [0, 4] gibt, so dass f(x ) = 2 und f(x 2 ) = 2 gilt. Damit sind x und x 2 zwei (verschiedene) Lösungen der Gleichung exp(x) = 2x + 2. (b) Der Wertebereich der Funktion g : (0, ) R, g(x) = x3 + 2x 2 + x(x + ) Man beachte, dass es nicht möglich ist, die Gleichung nach x aufzulösen. 7

118 4. Grenzwerte und Stetigkeit ist gleich R (d.h. die Funktion g ist surjektiv). Anders ausgedrückt bedeutet das, dass für jedes λ R die Gleichung g(x) = λ (mindestens) eine Lösung haben muss. Wir wollen dies nun zeigen und betrachten dazu eine feste Zahl λ R. Um den Zwischenwertsatz anwenden zu können, müssen wir wissen, dass es sowohl Funktionswerte g(a) > λ als auch g(b) < λ gibt. Dazu betrachten wir die Grenzwerte für x 0 und x : Wegen lim x 0 g(x) = gibt es eine Zahl a (0, ) mit g(a) > λ. Wegen lim g(x) = gibt es eine Zahl b (0, ) mit g(b) < λ. x Die Funktion g ist stetig, das Intervall [a, b] (bzw. das Intervall [b, a]) liegt ganz in (0, ), es sind also alle Voraussetzungen des Zwischenwertsatzes 4.24 erfüllt. Folglich gibt es (mindestens) eine Zahl x (0, ) mit g(x) = λ. Der Graph von g Beispiel Man kann den Zwischenwertsatz (bzw. den Nullstellensatz) auch benutzen, um Fixpunktaussagen zu beweisen. (Ist f : D R eine Funktion, so heißt ein x D Fixpunkt von f, falls f(x) = x gilt.) Zum Beispiel gilt: Jede stetige Funktion f : [0, ] [0, ] mit f(0) = 0 und f() = hat einen Fixpunkt. Beweis. Betrachte g : [0, ] R, g(x) = f(x) x. Dann gilt: f(x) = x g(x) = 0 Die Funktion g ist stetig (da f stetig ist) und wegen f(x) [0, ] gilt: g(0) = f(0) 0 0 und g() = f() 0 8

119 Nach dem Nullstellensatz 4.22 hat g eine Nullstelle in [0, ], diese ist Fixpunkt von f. Aus dem Zwischenwertsatz ergibt sich eine weitere Folgerung, die den Wertebereich stetiger Funktionen beschreibt. Folgerung (Intervallsatz) Ist I ein Intervall und f : I R eine stetige Funktion, so ist der Wertebereich von f ebenfalls ein Intervall. Beweis. Für den Beweis beachte man die folgende Charakterisierung von Intervallen: Eine Teilmenge J R ist genau dann ein Intervall, wenn für alle x, y J mit x < y auch [x, y] J ist. Nun betrachten wir den Wertebereich J = f(i) der Funktion f und fixieren daraus zwei Punkte x, y J mit x < y. Dazu gibt es Urbilder a, b I mit f(a) = x und f(b) = y. Wir behandeln den Fall, dass a < b ist (für b < a funktioniert der Beweis analog). Jeder Punkt z [x, y] liegt nun zwischen x = f(a) und y = f(b), folglich existiert nach dem Zwischenwertsatz eine Stelle t [a, b] mit f(t) = z. Somit liegt z im Bild von I (also in J). Dies zeigt, dass [x, y] J ist und folglich ist J ein Intervall, wie behauptet. Eine Konsequenz aus dieser Folgerung ist zum Beispiel, dass der Wertebereich der Exponentialfunktion tatsächlich (wie in A.33 behauptet) das komplette Intervall (0, ) ist. Ebenso ergibt sich (zusammen mit den Grenzwerten aus Bemerkung 4.0): ln ( (0, ) ) = R, sin ( R ) = cos ( R ) = [, ] und tan ( ) D tan = R Wir betrachten nun stetige Funktionen f : D R, deren Definitionsbereich ein abgeschlossenes Intervall D = [a, b] ist. Für solche Funktionen gilt der folgende Satz von Minimum und Maximum. Satz (Satz von Minimum und Maximum) Sind a, b R mit a < b und ist f : [a, b] R eine stetige Funktion, so existieren max{f(x), x [a, b]} und min{f(x), x [a, b]}. Anders formuliert: Es existieren Stellen x m und x M mit f (x m ) f(x) f (x M ) für alle x [a, b]. Beweis. Wir zeigen zunächst mit einem Widerspruchsbeweis, dass das Bild {f(x); x [a, b]} Intervalle können auch gleich R sein, denn R = (, + ). 9

120 4. Grenzwerte und Stetigkeit von f nach oben beschränkt ist. Angenommen dies wäre nicht der Fall. Dann wäre für jedes n N die Menge A n = {x [a, b]; f(x) n} nicht leer und hätte damit nach dem Vollständigkeitsaxiom.6 (da sie nach oben durch b beschränkt ist) ein Supremum. Wir bezeichnen x n = sup A n (n N) und stellen fest: Es ist f(x n ) n. ( Denn wäre f(x n ) < n, so gäbe es nach Folgerung 4.2 ein δ > 0, so dass f(x) < n für alle x (x n δ, x n + δ) ist. Dann wäre aber x n δ eine obere Schranke für A n, im Widerspruch zu x n = sup A n. ) Für alle n N ist x n+ x n. ( Denn es ist A n+ A n und folglich ist x n = sup A n auch ein obere Schranke für A n+. ) Die Folge (x n ) n ist somit monoton fallend und (durch a) nach unten beschränkt. Also existiert (nach Satz 2.25) der Grenzwert x = lim x n [a, b]. Aufgrund der n Stetigkeit von f folgt daraus, dass lim f(x n) = f(x) R existiert. Dies kann aber n nicht sein, da die Folge (f(x n )) n wegen f(x n ) n unbeschränkt ist (vergleiche Bemerkung 2.22 (a)). Wir wissen nun, dass das die Menge {f(x); x [a, b]} nach oben beschränkt ist, es existiert also s = sup{f(x); x [a, b]} R. Es ist nun zu zeigen, dass eine Stelle x M [a, b] existiert mit f(x M ) = s. Dazu definieren wir die Mengen B n = { x [a, b]; f(x) s n} und betrachten dazu t n = sup B n (n N ). Wie oben zeigt man, dass f(t n ) s n für alle n N gilt, dass (t n ) n monoton fallend und dass folglich x M = lim n t n [a, b] existiert. Wegen der Stetigkeit von f folgt, dass f(t n ) f(t). Andererseits ist aber s n f(t n) s (n N ) und nach dem Einschließungssatz 2.0 gilt daher f(t n ) s. Also gilt f(x M ) = s, was wir zeigen wollten. Analog kann man zeigen, dass f nach unten beschränkt ist und das Bild von f ein Minimum besitzt. Es folgen noch einige Anmerkungen zu diesem Satz. Bemerkung (a) Satz 4.28 bedeutet, dass für jede stetige Funktion f : [a, b] R.) das Bild von f beschränkt ist (nach oben und nach unten). 2.) es einen größten und einen kleinsten Funktionswert gibt (diese Funktionswerte werden jeweils an mindestens einer Stelle angenommen. 20

121 Der Graph könnte etwa so aussehen: (b) Der Satz garantiert zwar die Existenz von Stellen, an denen das Minimum bzw. das Maximum angenommen wird. Allerdings ist zunächst nicht klar, wie man solche Stellen im konkreten Fall bestimmen kann. Dazu werden wir später (im Kapitel über Differentialrechnung) weitere Untersuchungen vornehmen (allerdings für eine kleinere Klasse von Funktionen, nämlich die differenzierbaren Funktionen). (c) Es ist wichtig, dass der Definitionsbereich ein abgeschlossenes Intervall ist. Für offene oder halboffene Intervalle ist der Satz falsch. Dazu einige Beispiele: f : (0, ) R, f(x) = x g : [, 4) R, g(x) = x 3 h : ( π 2, π 2 ) R, h(x) = tan x nach unten beschränkt, nach unten und weder nach unten aber nicht nach oben, nach oben beschränkt, noch nach oben beschränkt, weder Min.noch Max. Min. kein Max. weder Min. noch Max. Aus dem Satz von Minimum und Maximum 4.28 folgt schließlich unmittelbar (zusammen mit dem Intervallsatz 4.27), dass das Bild eines abgeschlossenen Intervalls 2

122 4. Grenzwerte und Stetigkeit unter einer stetigen Funktion wieder ein abgeschlossenes Intervall ist. Genauer gilt: Folgerung Sind a, b R mit a < b und ist f : [a, b] R eine stetige Funktion. Dann ist f ( [a, b] ) = [x m, x M ] mit x m = min f ( [a, b] ) und x M = max f ( [a, b] ). 22

123 5. Differentialrechnung Einleitung Gegeben sei eine Funktion f : D R (D R). Wir beschäftigen uns mit der Frage nach der Änderungsrate des Funktionswerts f(x). Dabei lässt sich zwischen der durchschnittlichen Änderungsrate (in einem Intervall [a, b] D) und der momentanen Änderungsrate (an einer Stelle a D) unterscheiden. Die Differentialrechnung bietet ein überzeugendes Konzept für die Untersuchung des momentanen (d.h. an einer gegebenen Stelle betrachteten) Änderungsverhaltens des Funktionswertes. Wir beginnen mit einigen Beispielen: Beispiel 5.. (a) Ein 00-Meter-Läufer benötigt,5 Sekunden. Um auszurechnen, welche Durchschnittsgeschwindigkeit er beim Lauf hat, teilt man einfach die Strecke durch die Zeit, also v(0 00) = 00m,5s m s. Nun interessiert man sich für die Geschwindigkeit, die er an der 50-Meter- Marke hat. Da die Laufgeschwindigkeit nicht konstant ist (beim Start ist er zunächst langsam, später schneller), entspricht diese nicht unbedingt der Durchschnittsgeschwindigkeit. Man könnte nun die Zeiten nach 45 und 50 Metern messen, beispielsweise erhält man dabei 5, 3s (nach 45m) und 5.85s (nach 50m). Damit berechnet man eine Durchschnittsgeschwindigkeit von v(45 50) = m s auf dem Stück zwischen Metern. Ebenso berechnet man (wenn man nach 55 Metern eine Zeit von 6.35s gemessen hat) v(50 55) = = 0m s. Diese Geschwindigkeiten sind (vermutlich) wesentlich bessere Annäherungen an die Momentangeschwindigkeit an der 50-Meter-Marke. Man könnte dies noch weiter verbessern, indem man den zweiten Messpunkt noch näher an die 50- Meter-Marke heranlegt, also etwa bei 49m die Zeit nimmt. (Dem Verfahren sind natürlich Grenzen gesetzt, da sich bei sehr kurzen Zwischenpunkten, die Ungenauigkeit der Messung sehr stark auswirkt.) (b) Ein Stein fällt aus einer Höhe von 20 Metern herab. Mit welcher Geschwindigkeit trifft er auf dem Boden auf? Aus der Physik kennt man die Funktion, die jedem Zeitpunkt t [0, T ] bis dahin die gefallene Strecke F (t) zuordnet. Es ist: F : [0s, T ] R[m], F (t) = 2 g t2 (freier Fall: Luftwiderstand wird vernachlässigt)

124 5. Differentialrechnung ( T : Zeitpunkt des Auftreffens, g = 0m/s 2 : Erdschwerebeschleunigung ) Wir berechnen zunächst T : F (T ) = 20m 2 gt 2 40m = 20m T = 0m/s 2 = 2s Insgesamt ist die Durchschnittsgeschwindigkeit des Steins beim Fall also: v ( [0s, 2s] ) = F (2s) F (0s) 2s 0s = 20m 0m 2s 0s = 0m/s Die Endgeschwindigkeit wird aber sicherlich höher sein, da der Stein ja immer schneller wird. Zum Beispiel ist die Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen 2 Sekunden: v ( [s, 2s] ) = F (2s) F (s) 2s s Noch bessere Annäherungen findet man durch: v ( [.9s, 2s] ) = F (2s) F (.9s) 2s.9s = = 20m 5m 2s s 20m 8.05m 2s.9s = 5m/s = 9, 5m/s v ( [.99s, 2s] ) = F (2s) F (.99s) 2s.99s = 20m 9, 8005m 2s.99s = 9, 95m/s Wir können die Geschwindigkeit v ( [t, 2s] ) (für beliebiges t [0s, 2s)) wie folgt berechnen: v ( [t, 2s] ) = F (2s) F (t) (2s) t = 2 g (2s)2 2 g t2 = g (2s)2 t 2 = (2s) t 2 (2s) t 2 g ((2s)+t) Nähert man sich mit t 2s, so nähert sich v ( [t, 2s] ) = (End-)geschwindigkeit an. Es gilt also: F (2s) F (t) (2s) t der gesuchten F (2s) F (t) v end = v(2s) = lim = lim t (2s) (2s) t t (2s) 2 g ((2s)+t) = g (2s+2s) = g (2s) = 20m/s 2 Die berechnete Durchschnittsgeschwindigkeit v ( [t, 2s] ) (für t [0s, 2s)) entspricht dabei der Steigung der Geraden durch die Punkte (t, F (t)) und (2s, F (2s)). In Wahrheit ist die Erdschwerebeschleunigung etwa 9, 8m/s 2. Wir vereinfachen den Zahlenwert zu 0. 24

125 (c) Wir betrachten die Funktion f : R R, f(x) = x 3 4x 2 + 2x und interessieren uns für die Änderungsrate des Funktionswerts an der Stelle a = 3. Zunächst untersuchen wir die mittleren Änderungsraten in den Intervallen [x, 3] (für x < 3) bzw. [3, x] (für x > 3). Diese sind gegeben durch: f(x) f(3) x 3 ( = ) f(3) f(x) : Steigung der Geraden durch (x, f(x)) und (3, f(3)) 3 x Es ist dabei sinnvoll, x möglichst nahe bei 3 zu wählen. Man berechnet etwa: x f(x) f(x) f(3) x nicht def Der Graph der Funktion f und einige der betrachteten Geraden (Sekanten). 25

126 5. Differentialrechnung Die Steigung einer solchen Sekante entspricht der mittleren Steigung von f im Intervall [x, 3] bzw. [3, x]. Eigentlich suchen wir aber die Steigung von f an der Stelle 3. Diese entspricht der Steigung der Tangenten an den Graphen von f im Punkt (3, f(3)). Man beachte dabei auch, dass die Tangente an f im Punkt (a, f(a)) die Gerade ist, die die Funktion f in der Nähe der Stelle a am besten approximiert. 26

127 Diese Tangentensteigung können wir bestimmen, indem wir die Stelle x beliebig nahe an a = 3 heranbringen. Genauer gesagt, es ist: m tang = lim x 3 f(x) f(3) x 3 (falls dieser Grenzwert existiert)) Die Berechnung dieses Grenzwerts ist hier nicht allzu schwierig (man benötigt eine Polynomdivision). Es gilt: f(x) f(3) x 3 = x3 4x 2 + 2x ( 4) x 3 = x3 4x 2 + 2x + 3 x 3 = x 2 x x 3 5 Also ist die Tangentensteigung (also die momentane Änderungsrate) an der Stelle a = 3 gerade m tang = 5. Definition der Ableitung und erste Methoden zur Berechnung Wir wollen diese Ideen nun präziser formulieren und die momentane Änderungsrate für verschiedene Funktionen einfacher berechnen können. Zunächst geben wir eine exakte Definition an und verwenden dabei den Begriff der Ableitung. Definition 5.2. Sei f : D R eine Funktion (D R) und a D eine Stelle, die in D \ {a} approximierbar ist. Man sagt: f ist differenzierbar an der Stelle a, falls der Grenzwert f f(x) f(a) (a) = lim R x a x a existiert. Man nennt dann f (a) die Ableitung von f an der Stelle a. Die Funktion f heißt differenzierbar, wenn sie in allen Punkten ihres Definitionsbereiches differenzierbar ist. Bemerkung 5.3. Ist f : D R differenzierbar in einem Punkt a D, so ist f (a) die Steigung der Tangenten an den Graphen von f im Punkt (a, f(a)). Die Funktionsgleichung der Tangenten ist also (Punkt-Steigungs-Form): t(x) = f(a) + f (a) (x a) (x R) Man beachte dabei: Die Tangente ist das Polynom vom Grad, das die Funktion f in der Nähe von a am besten annähert. Wir betrachten nun einige Beispiele, dabei befassen wir uns unter anderem mit einigen bestimmten Potenzfunktionen x x α (α R fest). Beispiel 5.4. (a) Sei f : R R, f(x) = c und a R beliebig. Dann gilt: f(x) f(a) x a = c c x a = 0 x a 0 Also ist f differenzierbar und es gilt f (a) = 0 für alle a R. 27

128 5. Differentialrechnung (b) Sei f : R R, f(x) = x und a R beliebig. Dann gilt: f(x) f(a) x a = x a x a = x a Also ist f differenzierbar und es gilt f (a) = für alle a R. (c) Die Beispiele in (a) und (b) können folgendermaßen verallgemeinert werden: Seien n, m R fest und f : R R, f(x) = mx+n. Dann ist f eine Gerade mit Steigung m und y-achsenabschnitt n. Die Tangente in einem beliebigen Punkt ist die Funktion selbst. Man erwartet also eine Ableitung (Tangentensteigung) von m an jeder Stelle a R. Tatsächlich gilt: f(x) f(a) x a = mx + n (ma + n) x a = m x a m Also ist f differenzierbar und es gilt f (a) = m für alle a R. (d) Sei f : R R, f(x) = x 2 und a R beliebig. Dann gilt: f(x) f(a) x a = x2 a 2 x a = (x a)(x + a) x a = x + a x a 2a Also ist f differenzierbar und es gilt f (a) = 2a für alle a R. (e) Sei f : R R, f(x) = x n (mit n N fest) und a R beliebig. Um die Ableitung zu berechnen, benötigen wir die Formel: x n a n n x a = x k a n k (x, a R, x a) k= Diese lässt sich wie folgt nachrechnen: Es gilt (x a) n x k a n k = k= n x k a n n k x k a n k+ = k= k= n k= x k a n n k x k a n k = x n a n k=0 28

129 und wenn man nun durch (x a) dividiert, folgt die behauptete Formel. Nun erhalten wir: f(x) f(a) x a = xn a n x a = n k= x k a n k }{{} x a a k a n k =a n x a n a n Also ist f differenzierbar und es gilt f (a) = n a n für alle a R. (f) Sei f : R \ {0} R, f(x) = x und a R \ {0} beliebig. Dann gilt: f(x) f(a) x = ( a x ) a x a x a = xa x a = x a xa a 2 Also ist f differenzierbar und es gilt f (a) = a 2 für alle a R \ {0}. (g) Sei f : [0, ) R, f(x) = x und a R beliebig. Dann gilt: f(x) f(a) x a = = ( x a) ( x + a) x a x a (x a) ( x + x a = a) (x a) ( x + a) = x a x + a 2 a, falls a > 0 ist. Also ist f in allen Punkten a (0, ) differenzierbar und es gilt f (a) = 2 a differenzierbar, denn es gilt: für alle a (0, ). Im Punkt a = 0 ist die Wurzelfunktion nicht f(x) f(0) x 0 = x x = x x 0 / R (Die Wurzelfunktion hat eine senkrechte Tangente an den Graphen in 0.) (h) Betrachte die Funktion f : R R, f(x) = x. Wir untersuchen die Differenzierbarkeit an der Stelle a = 0. Für x R \ {0} gilt { f(x) f(0) = x 0, falls x > 0 x 0 x 0 =, falls x < 0 29

130 5. Differentialrechnung f(x) f(0) Der Grenzwert lim x 0 x 0 existiert daher nicht. Entsprechend gibt es keine sinnvolle Tangente an den Graphen der Betragsfunktion in 0. Man kann aber leicht zeigen, dass die Betragsfunktion an allen anderen Stellen a R \ {0} differenzierbar ist mit: {, falls a > 0 f (a) =, falls a < 0 Bemerkung 5.5. Es stellt sich auch die Frage nach dem Zusammenhang zwschen Stetigkeit und Differenzierbarkeit einer Funktion. Für eine Funktion f : D R und a D gilt: f differenzierbar in a f stetig in a Beweis. f(x) f(a) Ist f differenzierbar in a, so existiert der Grenzwert lim x a x a folgt für alle x D \ {a}: Folglich ist: f(x) f(a) = f(x) f(a) x a f(x) = f(x) f(a) + f(a) (x a) x a f (a) (a a) = 0 x a, x a 0 + f(a) = f(a) = f (a). Damit Somit ist lim f(x) = f(a) und damit auch lim f(x) = f(a). Die Stetigkeit von x a, x a x a f ist also gezeigt. Somit wissen wir, dass jede differenzierbare Funktion auch stetig ist. Die Umkehrung ist falsch, wie man an Beispiel 5.4 (h) erkennen kann. 30

131 Nach Beispiel 5.4 sind wir in der Lage, einige elementare Funktionen zu differenzieren (abzuleiten). Unter anderem sind dies die Monome x x n (n N). Nun erarbeiten wir uns einige Rechenregeln, um damit auf zusammengesetzte Funktionen schließen zu können Summen- und Faktorregel (a) Sind f : D f R und g : D g R Funktionen und ist a D f D g eine Stelle, an der sowohl f als auch g differenzierbar sind, so ist auch die Funktion f + g : D f D g R, x f(x) + g(x) an der Stelle a differenzierbar und es gilt: (f + g) (a) = f (a) + g (a) (b) Ist f : D f R eine Funktion, α R und ist a D f eine Stelle, an der f differenzierbar ist, so ist auch die Funktion α f : D f R, x α f(x) an der Stelle a differenzierbar und es gilt: (α f) (a) = α f (a) Beweis. (a) Für alle x D f D g mit x a gilt (f + g)(x) (f + g)(a) x a = = f(x) + g(x) f(a) g(a) x a f(x) f(a) g(x) g(a) + x a x a x a f (a) + g (a) (b) Für alle x D f mit x a gilt (α f)(x) (α f)(a) x a = α f(x) α f(a) x a = α f(x) f(a) x a x a α f (a) Mithilfe dieser Regeln kann man nun die Ableitung beliebiger Polynomfunktionen berechnen: Beispiel 5.7. (a) Die Funktion f : R R, f(x) = 2x 0 + 4x ist differenzierbar mit: f (a) = 2 0a a = 20a a 7 (a R) 3

132 5. Differentialrechnung (b) Die Funktion g : R R, f(x) = x 3 + 3x 2 7x + 2 ist differenzierbar mit: g (a) = 3a a = 3a 2 + 6a 7 (a R) (c) Die Funktion p : R R, p(x) = n k=0 a k x k ist differenzierbar mit: n n p (a) = a k k a k = a k+ (k + ) a k k= k=0 Ist p ein Polynom vom Grad n, so ist also p : R R, x p (x) ein Polynom vom Grad n. Um auch die Ableitung beliebiger rationaler Funktionen berechnen zu können, müssen wir wissen wie man einen Quotienten aus zwei differenzierbaren Funktionen ableiten kann. Dazu benutzt man die sogenannte Quotientenregel, die wir zusammen mit der Produktregel im folgenden Satz angeben Produkt- und Quotientenregel (a) Sind f : D f R und g : D g R Funktionen und ist a D f D g eine Stelle, an der sowohl f als auch g differenzierbar sind, so ist auch die Funktion f g : D f D g R, x f(x) g(x) an der Stelle a differenzierbar und es gilt: (f + g) (a) = f (a) g(a) + f(a) g (a) (b) Sind f : D f R und g : D g R \ {0} Funktionen und ist a D f D g eine Stelle, an der sowohl f als auch g differenzierbar sind, so ist auch die Funktion f g : D f D g R, x f(x) g(x) an der Stelle a differenzierbar und es gilt: ( f g ) (a) = f (a) g(a) f(a) g (a) (g(a)) 2 Beweis. (a) Für alle x D f D g mit x a gilt (f g)(x) (f g)(a) x a = = f(x) g(x) f(a) g(a) x a f(x) g(x) f(x) g(a) + f(x) g(a) f(a) g(a) x a g(x) g(a) f(x) f(a) + g(a) x a x a = f(x) x a f(a) g (a) + g(a) f (a) (man beachte die Stetigkeit von f, vergleiche Bemerkung 5.5) 32

133 (b) Zunächst untersuchen wir die Funktion g : D g R, x g(x) auf Differenzierbarkeit. Für a D g und alle x D g mit x a gilt ( g ) (x) ( x a g ) (a) g(x) g(a) (man beachte die Stetigkeit von g) = x a g(a) g(x) = g(x) g(a) x a g(x) g(a) = g(x) g(a) x a Damit ist gezeigt, dass die Funktion g differenzierbar ist mit: ( ) (a) = g (a) g (g(a)) 2 (a D g ) x a (g(a)) 2 g (a) Nun ist f g = f g und wir können die Produktregel (Teil (a)) anwenden. Es folgt, dass f g differenzierbar ist mit: ( ) f (a) = f (a) g ( ) (a) + f(a) g = f (a) g(a) f(a) g (a) (g(a)) 2 ( ) (a) g = f (a) g(a) f(a) g (a) (g(a)) 2 (a D f D g ) Beispiel 5.9. (a) Sei f : R R, f(x) = (x 2 4) ( 3x + 2). Wir können die Ableitung nun auf zwei verschiedene Arten berechnen: Ausmultiplizieren: f(x) = 3x 3 + 2x 2 + 2x 8 f (a) = 9a 2 + 4a + 2 (a R) Produktregel: f (a) = 2a ( 3a + 2) + (a 2 4) ( 3) = 9a 2 + 4a + 2 (a R) (b) Sei g : R R, g(x) = x 2 +x+5. Mit der Quotientenregel (bzw. mit dem Spezialfall aus dem Beweis) folgt: g 2a + (a) = (a 2 + a + 5) 2 (a R) (c) Sei h : R \ { } R, h(x) = 6x2 3 x 3 +. Mit der Quotientenregel folgt: h (a) = 2a (a3 + ) (6a 2 3) 3a 2 (a 3 + ) 2 = 6a4 + 9a (a 3 + ) 2 (a R \ { }) 33

134 5. Differentialrechnung (d) Ist α Z mit α < 0, so ist die Funktion f : R \ {0} R, f(x) = x α = x α nach der Quotientenregel differenzierbar mit f α x α (a) = (x α ) 2 = α x α (x R \ {0}) Beispielsweise ist für f(x) = x 6 = x 6 die Ableitung gegeben durch: f (x) = 6x 7 = 6 x 7 (x R \ {0}) Wir wollen nun auch die Ableitung für weitere uns bekannte Funktionen bestimmen. Für die Exponentialfunktion führen wir dazu eine explizite Rechnung durch Ableitung der Exponentialfunktion Wir berechnen zunächst die Ableitung der Exponentialfunktion an der Stelle a = 0. Dazu benutzen wir die folgende Ungleichung (die wir hier nicht beweisen wollen). Es gilt: exp(x) x x exp x (x R \ {0}) Wegen lim ( x exp x ) = 0 exp 0 = 0 (die Funktion x x exp x ist stetig) x 0 ( ) folgt aus dieser Ungleichung, dass auch lim exp(x) x 0 x = 0 sein muss (man benutze dazu den Einschließungssatz 2.0 bzw. Folgerung 2.2). Also ist exp(x) exp(0) lim = x 0 x 0 und somit ist exp in a = 0 differenzierbar mit exp (0) =. Nun betrachten wir eine beliebige Stelle a R. Dann gilt für alle x R \ {a} (man beachte: für x a hat man y = x a 0): exp(x) exp(a) x a = exp(a) x a exp(x a) exp(0) x a 0 exp(y) exp(0) exp(a) lim = exp(a) exp (0) = exp(a) y 0 y 0 Somit ist die Exponentialfunktion differenzierbar und es gilt: exp (a) = exp(a) (a R) Wir wollen nun auch die trigonometrischen Funktionen auf Differenzierbarkeit prüfen. Die Logarithmusfunktion sowie allgemeine Potenz und Logarithmusfunktionen studieren wir später im Zusammenhang mit der Kettenregel. 5.. Ableitungen der trigonometrischen Funktionen Ohne Beweis geben wir die Ableitung von sin und cos an. Beide Funktionen sind differenzierbar und es gilt: sin (a) = cos(a) und cos (a) = sin(a) (a R) 34

135 Mit der Quotientenregel können wir nun auch die Ableitung von tan = sin cos berechnen. Die Tangensfunktion ist differenzierbar und es gilt: tan (a) = sin (a) cos(a) sin(a) cos (a) cos 2 (a) = sin2 (a) + cos 2 (a) cos 2 (a) = cos 2 (a) (a D tan ) Durch die Kenntnis dieser Ableitungen können wir nun schon für relativ viele Funktionen die Ableitung berechnen. Wir geben einige kompliziertere Beispiele an. Beispiel 5.2. (a) Sei f : R R, f(x) = exp(x) x 3. Nach der Produktregel ist f differenzierbar: f (a) = exp(a) a 3 + exp(a) 3a 2 = exp(a) (a 3 + 3a 2 ) (a R) (b) Sei g : R \ {0} R, g(x) = sin(x) x. Nach der Quotientenregel ist g differenzierbar: g (a) = cos(a) a sin(a) a 2 = cos(a) a sin(a) a 2 (a R \ {0}) Kettenregel und Ableitung der Umkehrfunktion Zur Berechnung von Ableitungen fehlt uns noch die sogenannte Kettenregel. Sie gibt an, wie die Ableitung einer Hintereinanderausführung zweier Funktionen bestimmt werden kann Kettenregel Seien f : D R und g : D R Funktionen mit f(d) D. Ist a D, so dass f in a differenzierbar ist und g in f(a) differenzierbar ist. Dann ist g f in a differenzierbar und es gilt: (g f) (a) = g (f(a)) f (a) Sind f und g differenzierbar, so ist also g f ebenfalls differenzierbar und es gilt: (g f) = (g f) f Beweis. (Skizze) Für x D mit x a gilt (falls f(x) f(a) ist ): (g f)(x) (g f)(a) x a Für x a hat man: f(x) f(a) x a f (a) = g(f(x)) g(f(a)) x a = g(f(x)) g(f(a)) f(x) f(a) f(x) f(a) x a Dies ist nicht unbedingt immer der Fall, denn f muss ja nicht injektiv sein. Ein ausführlicher Beweis müsste dies berücksichtigen 35

136 5. Differentialrechnung f(x) f(a) (denn f ist stetig) (Satz 4.3) g(f(x)) g(f(a)) g(y) g(f(a)) lim = lim = g (f(a)) x a f(x) f(a) y f(a) y f(a) Zusammen folgt die Behauptung. Mithilfe der Kettenregel können wir weitere Funktionen differenzieren. Wir betrachten einige Beispiele: Beispiel 5.4. (a) Sei f : R R, f(x) = cos(3x + 5). Nach der Kettenregel ist f differenzierbar: f (a) = sin(3a + 5) 3 = 3 sin(3a + 5) (a R) (b) Sei g : R R, g(x) = exp( x 2 ). Nach der Kettenregel ist g differenzierbar: g (a) = exp( a 2 ) ( 2a) (a R) 5.5. Ableitung der Umkehrfunktion Wir betrachten eine bijektive Funktion f : D W (mit D, W R) und eine Stelle a D, an der f differenzierbar ist. Es stellt sich die Frage nach der Differenzierbarkeit der Umkehrfunktion f : W D an der Stelle f(a) W. Falls f in f(a) differenzierbar ist, so gilt nach der Kettenregel: ( f ) (f(a)) f (a) = ( f f ) (a) = (denn es ist ja ( f f ) (x) = x für x D) Damit ist klar, dass f nicht in a differenzierbar sein kann, wenn f (a) = 0 ist. Ist jedoch f (a) 0, so kann man in der Tat zeigen, dass dann f tatsächlich in a differenzierbar ist und dass damit die Formel ( f ) (f(a)) = f (a) (a D mit f (a) 0) gilt. Man beachte, dass man dies (mit b = f(a)) wie folgt umformulieren kann: ( f ) (b) = f (f (b)) ( b W mit f ( f (b) ) 0 ) Wir wollen den Beweis hier (formal) nicht ausführen, die Formel aber wie folgt begründen: Der Graph von f geht aus dem Graphen von f durch Spiegelung an der ersten Winkelhalbierenden hervor. Falls f an einer Stelle a differenzierbar mit Ableitung f (a) 0 ist, so hat f im Punkt (a, f(a)) die Tangentensteigung m = f (a). Die Tangente an den gespiegelten Graphen im Punkt (f(a), a) ist natürlich die gespiegelte Tangente. Wenn man aber eine Gerade mit Steigung m 0 an der ersten Winkelhalbierenden spiegelt, erhält man eine Gerade mit Steigung m. Daher ist 36

137 ( ) f (f(a)) = m = f (a). Wir veranschaulichen dies an der Funtkion ( y ) f : R (0, ), f(x) = exp(2x 4) und f : (0, ) R, f (y) = ln Dann ist f (x) = 2 exp(2x 4) (Kettenregel). Wir betrachten die Stelle a = 2. Dann ist f(a) = und f (a) = 2. Im Punkt (2, ) hat f also eine Tangente mit Steigung m = f (a) = 2 0. Somit hat f im Punkt (, 2) eine Tangente mit Steigung m = 2. Es folgen einige weitere Beispiele: Die Funktion f : [0, ) [0, ), f(x) = x 2 ist bijektiv und differenzierbar (in allen Stellen des Definitionsbereiches). Die Umkehrfunktion ist die Wurzelfunktion: f = : [0, ) [0, ), f (y) = y Für x [0, ) gilt f (x) = 2x. Für y (0, ) gilt damit f ( f (y) ) 0 und folglich: ( f ) (y) = f (f (y)) = f ( y ) = 2 y Für y = 0 ist jedoch f ( f (y) ) = 0 und damit ist f an der Stelle 0 nicht differenzierbar (dies entspricht dem Ergebnis aus Beispiel 5.4 (g)). Die Logarithmusfunktion ln : (0, ) R ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion exp : R (0, ). Wegen exp (x) = exp(x) 0 (x R) 37

138 5. Differentialrechnung ist ln auf (0, ) differenzierbar und es gilt: ln (y) = exp (ln(y)) = exp (ln(y)) = y (y (0, )) Da wir nun auch die Ableitung der Logarithmusfunktion kennen, können wir (mit der Kettenregel) auch die Ableitung allgemeiner Potenz- und Exponentialfunktionen bestimmen. Beispiel 5.6. (a) Sei r R fest und sei f : (0, ) R, x x r = exp (r ln x). Nach der Kettenregel ist f differenzierbar mit: f (x) = exp (r ln x) r x = xr r x = r xr (x (0, )) Beispielsweise hat also die Funktion f (x) = x 5 2 Ableitung f (x) = 5 2 x 3 2. Entsprechend hat die Funktion f 2 (x) = x 7 3 Ableitung f 2 (x) = 7 3 (b) Sei a (0, ) fest und sei x 0 3. an einer Stelle x (0, ) die an einer Stelle x (0, ) die g : R R, x a x = exp (x ln a). Nach der Kettenregel ist g differenzierbar mit: g (x) = exp (x ln a) ln a = a x ln a (x R) Beispielsweise hat also die Funktion g (x) = (8e) x an einer Stelle x R die Ableitung g (x) = (8e) x ln(8 e) = (8e) x (ln 8 + ). (c) Die Funktion h : (0, ) R, h(x) = x x = exp (x ln x) ist nach Ketten- und Produktregel differenzierbar mit ( h (x) = exp (x ln x) ln x + x ) = x x (ln x + ) (x (0, )) x Es gilt also insbesondere h ( ) e = 0. Die Funktion h hat also an der Stelle e eine zur x-achse parallele Tangente. 38

139 Hier sieht man bereits, dass die Funktion an der Stelle, an der die Ableitung = 0 ist, ein Extremum (hier Minimum) annimmt. Dies muss jedoch nicht immer so sein. Die genauen Zusammenhänge erarbeiten wir im folgenden Abschnitt. Wir schließen diesen Abschnitt mit der Bemerkung, dass die Ableitung einer differenzierbaren Funktion selbst wieder eine Funktion ist, die man gegebenenfalls wieder ableiten kann Höhere Ableitungen Ist f : D R, x f(x) differenzierbare, so ist f : D R, x f (x) ebenfalls eine Funktion. Falls f wiederum differenzierbar ist, so sagt man, dass f zweimal differenzierbar ist und schreibt f (x) für die Ableitung von f an einer Stelle a D. Dies lässt sich beliebig fortführen, falls die mehrfachen Ableitungen von f immer wieder differenzierbar sind. ( Man schreibt auch f (k) für die k-te Ableitung von f (k N ). ) Beispielsweise betrachten wir f : R R, f(x) = exp( x 2 ). Dann gilt für alle x R: f (x) = exp( x 2 ) ( 2x) f (x) = exp( x 2 ) (4x 2 2) f (x) = exp( x 2 ) ( 8x 3 + 2x) f (4) (x) = exp( x 2 ) (6x 4 48x 2 + 2) 39

140 5. Differentialrechnung Extremstellen und Monotonieverhalten Wir kommen nun zu einigen der (vielfältigen) Anwendungen der Differentialrechnung. Wir behandeln in diesem Abschnitt Kriterien für das Vorhandensein von lokalen Extremstellen und kommen dann (über den sogenannten Mittelwertsatz) zur Bestimmung der Monotonieintervalle für differenzierbare Funktionen. Wir beginnen mit der Definition des Begriffs der (globalen/lokalen) Extremstelle. Definition 5.8. Sei D R und f : D R eine Funktion. Eine Stelle a D heißt globale Maximumstelle von f, falls f(a) f(x) für alle x D gilt. globale Minimumstelle von f, falls f(a) f(x) für alle x D gilt. lokale Maximumstelle von f, falls ein δ > 0 existiert mit f(a) f(x) für alle x D mit x a < δ. lokale Minimumstelle von f, falls ein δ > 0 existiert mit f(a) f(x) für alle x D mit x a < δ. globale/lokale Extremstelle von f, falls a eine globale/lokale Maximumstelle oder eine globale/lokale Minimumstelle von f ist. Bemerkung 5.9. (a) Sagt man einfach Extremstelle (bzw. Minimumstelle oder Maximumstelle), so ist normalerweise eine globale Extremstelle gemeint. (b) Ist a eine lokale/globale Extremstelle von f, so nennt man den Punkt (a, f(a)) auch lokales/globales Extremum (Minimum bezw. Maximum). (c) Jede globale Extremstelle ist natürlich auch eine lokale Extremstelle. (d) Eine lokale Extremstelle a von f ist eine globale Extremstelle der eingeschränkten Funktion D (a δ, a + δ) R, x f(x) für ein geeignetes δ > 0. (e) Im allgemeinen muss eine Funktion nicht unbedingt Extremstellen haben. Wir wissen allerdings nach Satz 4.28, dass jede stetige Funktion f : [a, b] R (minestens) eine globale Minimumstelle und (mindestens) eine globale Maximumstelle besitzt. (f) Ist f : I R streng monoton auf einem Intervall I, so befinden sich im Inneren von I keine lokalen Extremstellen von f. Gehören die Randpunkte von I zum Intervall dazu, so sind sie globale Extremstellen. Beispiel (a) Die Funktion f : R R, f(x) = x 4 hat ein globales Minimum in (0, 0) (denn es ist f(x) f(0) für alle x R). Es existieren keine weiteren lokalen Extrem- 40

141 stellen, insbesondere gibt es kein globales Maximum. (b) Die Funktion g : R R, g(x) = x x 2 hat folgenden Graphen: Man erkennt, dass 2 eine lokale (aber keine globale) Maximumstelle ist (man kann zum Beispiel δ = 3 (oder kleiner) wählen, δ = 4 wäre aber ungeeignet). Weiterhin ist 4 eine lokale (keine globale) Minimumstelle (δ = 2 ist möglich) und 2 ist eine globale Maximustelle. Eine globale Minimumstelle existiert nicht. (c) Die Funktion h : [0, ), h(x) = x cos(πx) hat folgenden Graphen: 4

142 5. Differentialrechnung Man erkennt, dass die Funktion in allen ungeraden a N lokale Minimumstellen hat und in allen geraden a N lokale Maximumstellen hat. Außerdem ist 0 eine weitere lokale Minimumstelle und im Intervall (0, 0.5) befindet sich eine weitere lokale Maximustelle. Globale Extremstellen existieren nicht. Wir betrachten nun die Tangenten an den Funktionsgraphen in den lokalen Extremstellen a aus den vorigen Beispielen. Dies ist nur dann möglich, wenn die Funktion an der Stelle a differenzierbar ist. Ist dies der Fall, so beobachtet man stets (wenn a kein Randpunkt des Definitionsbereiches ist), dass die Tangente parallel zur x- Achse verläuft. Dies bedeutet, dass die Steigung der Tangenten = 0 sein muss, oder (anders gesagt) dass f (a) = 0 gilt. Dies führt uns zu folgendem Satz. Satz 5.2. (Notwendiges Kriterium für lokale Extremstellen) Sei D R und f : D R eine Funktion. Falls a D eine Stelle im Inneren von D ist (d.h. es existiert ein δ > 0 mit (a δ, a + δ) D) und f in a differenzierbar ist, so gilt das folgende (notwendige) Kriterium für das Vorhandensein einer lokalen Extremstelle: a ist lokale Extremstelle von f f (a) = 0 Beweis. Nehmen wir an, dass a eine lokale Maximumstelle von f ist. Dann gibt es also eine Zahl δ > 0 mit f(x) f(a) für alle (a δ, a + δ). Da f differenzierbar ist, gilt außerdem: Nun gilt: f(x) f(a) lim = f f(x) f(a) (a) und lim = f (a) x a x a x a x a Für den Grenzwert x a betrachtet man x (a δ, a). Für diese x gilt: f(x) f(a) und x < a f(x) f(a) x a 0 Folglich ist auch f (a) = lim x a f(x) f(a) x a 0. Für den Grenzwert x a betrachtet man x (a, a + δ). Für diese x gilt: f(x) f(a) und x > a f(x) f(a) x a 0 Folglich ist auch f (a) = lim x a f(x) f(a) x a 0. Zusammen folgt f (a) = 0, wie behauptet. Bemerkung (a) Die Umkehrung von Satz 5.2 ist im allgemeinen falsch. Beispielsweise hat die Funktion f : R R, x x 3 keine lokalen Extremstellen (denn die Funktion 42

143 ist auf ganz R streng monoton wachsend). Allerdings ist f (x) = 3x 2 (x R) und damit ist f (0) = 0. Im Punkt (0, 0) liegt daher eine waagerechte Tangente vor, der Punkt ist aber kein Extrempunkt. (b) Es ist durchaus möglich, dass eine Funktion an einer lokalen Extremstelle a D nicht differenzierbar ist (und demzufolge kann auch f (a) = 0 nicht gelten). Man betrachte beispielsweise die Betragsfunktion, die an der Stelle a = 0 sogar ein globales Minimum hat (es ist x 0 für alle x R), dort aber nicht differenzierbar ist. (c) Für Randpunkte ist das Kriterium aus Satz 5.2 ebenfalls nicht anwendbar. Man betrachte beispielsweise die Funktion f : [0, ) R, x 2x 5. Dann hat f ein globales Maximum im Punkt (0, 5), es gilt allerdings f (0) = 2 0. Satz 5.2 ist sehr gut geeignet, um mögliche Extremstellen zu bestimmen. Der Satz garantiert, dass lokale (und damit auch globale) Extremstellen differenzierbarer Funktionen (wenn überhaupt) nur an Stellen mit Ableitung = 0 oder an Randstellen liegen können. Wir geben dazu einige Beispiele: Beispiel (a) Betrachte die Funktion: f : R R, h(x) = 5 x x4 + 3 x x2 + 8x 4 Dann ist f auf ganz R differenzierbar mit: f (x) = x 4 + 7x 3 + x 2 27x + 8 = (x ) 2 (x + 3) (x + 6) (x R) Einen solchen Punkt bezeichnet man als Sattelpunkt. 43

144 5. Differentialrechnung Es gilt also: f (x) = 0 x { 6, 3, } An den Stellen 6, 3, hat die Funktion f also eine waagerechte Tangente. Damit kommen nur diese Stellen überhaupt als Extremstellen in Frage (Randstellen gibt es hier nicht). Betrachtet man den Graphen von f, so stellt man fest, dass 6 eine lokale Maximustelle, 3 eine lokale Minimumstelle und keine lokale Extremstelle ist. (b) Die Funktion g : R R, g(x) = exp(x) x ist auf ganz R differenzierbar mit g (x) = exp(x) (x x) ( x ) 2 (x R) Damit ist g (x) = 0 x x = 0 x = 2 x = 3 2 Damit kommen nur die Stellen 2 und 3 2 als lokale Extremstellen in Frage. Betrachtet man den Graphen der Funktion, so stellt man fest, dass 2 eine lokale Maximumstelle ist und 3 2 eine lokale Minimumstelle ist: 44

145 Wir sind nun in der Lage für differenzierbare Funktionen alle (inneren) Stellen, an denen die Ableitung 0 ist, als Extremstellen auszuschließen (damit sind im Normalfall nur noch wenige mögliche Extremstellen zu untersuchen). Falls jedoch f (a) = 0 ist, so brauchen wir weitere Kriterien, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um eine lokale Extremstelle handelt. Dazu wollen wir Monotonieuntersuchungen mit Hilfe der Ableitung anstellen. Dafür brauchen wir zunächst den Mittelwertsatz, der auch an sich interessant ist. Er besagt, dass zu jeder Sekante einer differenzierbaren Funktion eine parallele Tangente existiert (wenn das Intervall zwischen den Sekantenpunkten ganz zum Definitionsbereich gehört). Satz (Mittelwertsatz) Sei f : D R eine differenzierbare Funktion und seien a, b D mit a < b und [a, b] D. Dann gilt: (a) Ist f(a) = f(b), so existiert eine Stelle x [a, b] mit f (x) = 0. (b) Es existiert immer eine Stelle x [a, b] mit: f (x) = f(b) f(a) b a Bevor wir den Satz beweisen, wollen wir ihn kurz in der folgenden Bemerkung erläutern. Bemerkung (a) Die Aussage in Teil (a) von Satz 5.24 ist ein Spezialfall von Teil (b) und wird zum Beweis benötigt. Man bezeichnet Teil (a) als den Satz von Rolle und Teil (b) als den (ersten) Mittelwertsatz. 45

146 5. Differentialrechnung (b) Der Mittelwertsatz besagt, dass man (wenn [a, b] D f ist) immer eine zur Sekante durch (a, f(a)) und (b, f(b)) parallele Tangente im Bereich [a, b] an den Graphen von f legen kann. Wir veranschaulichen dies an folgendem Graphen: (c) Der Mittelwertsatz kann verallgemeinert werden, indem man die Voraussetzung der Differenzierbarkeit wie folgt abschwächt: Es genügt, dass f in allen Punkten aus (a, b) differenzierbar ist und in den Punkten a und b noch stetig ist. Der Satz ist also beispielsweise auch für die Wurzelfunktion und die Punkte a = 0 und b > 0 anwendbar, obwohl in 0 nicht differenzierbar ist. Beweis. (von Satz 5.24) (a) Nach Bemerkung 5.5 ist f auch stetig und folglich nimmt f auf [a, b] Minimum und Maximum an (siehe Satz 4.28). Falls beide in den Randpunkten a und b angenommen werden, ist f wegen f(a) = f(b) auf [a, b] konstant und dann ist die Ableitung sogar in allen Punkten aus (a, b) konstant = 0. Ansonsten werden Minimum oder Maximum von f auf [a, b] (oder beide) in (a, b) angenommen. Damit gibt es auf jeden Fall eine lokale Extremstelle von f im Inneren, dort muss die Ableitung (nach Satz 5.2) den Wert 0 haben. (b) Es sei λ = f(b) f(a) b a die Sekantensteigung. Man betrachte die Hilfsfunktion: g : D R, g(x) = f(x) λx 46

147 Nach Summen- und Faktorregel ist auch g differenzierbar mit: g (x) = f (x) λ (x D) Außerdem gilt g(b) g(a) = f(b) λ b (f(a) λ a) = f(b) f(a) λ (b a) = 0 und folglich ist g(a) = g(b). Wir können also Teil (a) auf die Funktion g anwenden und somit folgern, dass eine Stelle x (a, b) mit g (x) = 0 existiert. Damit ist aber f (x) = λ, wie behauptet. Der Mittelwertsatz hat zahlreiche Anwendungen. Man kann damit beispielsweise zeigen, dass nur die konstante Funktion die Ableitung 0 hat. Wir leiten auch (exemplarisch) einige Ungleichungen mit dem Mittelwertsatz her, und führen Monotonieuntersuchungen für differenzierbare Funktionen durch. Folgerung Ist I R ein Intervall und f : I R eine differenzierbare Funktion mit f (x) = 0 für alle x I, so ist die Funktion f konstant. Beweis. Wäre f nicht konstant, so gäbe es a, b I mit f(a) f(b). Nach dem Mittelwertsatz (beachte [a, b] I) gäbe es dann aber eine Stelle x (a, b) ( bzw. x (b, a) ) mit f (x) = was nach Voraussetzung nicht sein kann. Folgerung f(b) f(a) b a Es gilt ln(y) y für alle y (0, ) 0, Beweis. Falls y = ist, so ist die Ungleichung klar (0 0). Ist y >, so wenden wir den Mittelwertsatz auf die Funktion ln und die Stellen a = und b = y an und folgern: Es gibt eine Stelle x (, y) mit: ln(y) ln() y = ln (x) = x Durch Multiplikation mit y (> 0) folgt (beachte ln() = 0) die behauptete Ungleichung. Es bleibt der Fall, dass 0 < y < ist. Wir verwenden erneut den Mittelwertsatz mit der Funktion ln, diesmal mit a = y und b = und erhalten eine Stelle x (y, ) mit: ln() ln(y) y = ln (x) = x 47

148 5. Differentialrechnung Durch Multiplikation mit y (< 0) folgt die behauptete Ungleichung. Es gilt sin y y für alle y R. Beweis. Ist y 0 (für y = 0 ist die Ungleichung klar), so existiert nach dem Mittelwertsatz eine Stelle x R (genauer x (0, y) bzw. x (y, 0)) mit: Wegen sin(0) = 0 folgt: sin(y) sin(0) y 0 = sin (x) = cos(x) sin(y) y = cos(x) und durch Multiplikation mit y folgt die behauptete Ungleichung. Es gilt: exp(x)(y x) < exp(y) exp(x) < exp(y) (y x) (x, y R mit x < y) Beweis. Nach dem Mittelwertsatz existiert eine Stelle t (x, y) mit: exp(y) exp(x) y x = exp (t) = exp(t) Wegen der (strengen) Monotonie der Exponentialfunktion folgt nun aber: exp(x) < exp(t) < exp(y) und folglich exp(x) < exp(y) exp(x) y x Durch Multiplikation mity x folgt die behauptete Ungleichung. < exp(y) Mit Hilfe des Mittelwertsatzes folgt ein bekanntes Kriterium über das Monotonieverhalten von Funktionen mit Hilfe der Ableitung. Satz (Kriterium für Monotonie) Ist f : D R eine differenzierbare Funktion und I D ein Intervall. Wir bezeichnen mit I das Innere von I, also das offene Intervall, mit denselben Grenzen, die auch I hat. Dann gilt: Ist f (x) > 0 für alle x I, so ist f streng monoton wachsend auf I. Ist f (x) < 0 für alle x I, so ist f streng monoton fallend auf I. Beweis. Gelte f (x) > 0 für alle x I. Angenommen f Wäre nicht streng monoton wachsend auf I. Dann gäbe es a, b I mit a < b und f(a) f(b). Nach dem Mittelwertsatz gibt es aber eine Stelle x (a, b) (damit gilt auch x I ) mit: 0 f(b) f(a) b a = f (x) > 0 48

149 Dies kann nicht sein, also muss f doch streng monoton wachsend sein. (Die zweite Aussage lässt sich analog beweisen). Nun können wir Monotonieintervalle differenzierbarer Funktionen bestimmen (sofern wir das Vorzeichen der Ableitung bestimmen können). Es betrachten erneut die Beispiele aus 5.23 (und einige weitere). Beispiel (a) Für ist: f : R R, h(x) = 5 x x4 + 3 x x2 + 8x 4 f (x) = x 4 + 7x 3 + x 2 27x + 8 = (x ) 2 (x + 3) (x + 6) (x R) Nun stellen wir fest: Für x (, 6) ist f (x) > 0. Folglich ist f streng monoton wachsend auf (, 6]. Für x ( 6, 3) ist f (x) < 0. Folglich ist f streng monoton fallend auf [ 6, 3]. Für x ( 3, ) ist f (x) > 0. Folglich ist f streng monoton wachsend auf [ 3, ]. Für x (, ) ist f (x) > 0. Folglich ist f streng monoton wachsend auf [, ). Aus den letzten beiden Aussagen lässt sich folgern, dass f streng monoton wachsend auf [ 3, ) ist (denn gehört zu beiden Intervallen). Man erkennt hier also bereits, dass es in einem Intervall, in dem eine differenzierbare Funktion streng monoton ist ( hier [ 3, ) ) durchaus (isolierte) Stellen geben kann, an denen die Ableitung = 0 ist ( hier die Stelle ). In Satz 5.28 gelten also die Umkehrungen nicht. (Wir werden dies später nochmals präzisieren.) (b) Für ist: g : R R, g(x) = exp(x) x g (x) = exp(x) (x ( ) 2x) x = ( exp(x) 4 x2 + 4) 3 2 ( x ) ( x 3 ) 2 2 (x R) Damit folgt: Für x (, 2) ist g (x) > 0. Folglich ist g streng monoton wachsend auf (, 2 ]. 49

150 5. Differentialrechnung Für x ( 2, 3 2) ist g (x) < 0. Folglich ist g streng monoton fallend auf [ 2, 3 2 ]. Für x ( 3 2, ) ist g (x) > 0. Folglich ist g streng monoton wachsend auf [ 3 2, ). (c) Für die Funktion h : R\{0} R, x x gilt h (x) = x 2 < 0 (x R \ {0}). Folglich ist h streng monoton fallend auf (, 0) und auch streng monoton fallend auf (0, ). Man beachte, dass h nicht streng monoton auf R\{0} ist. ( Die Voraussetzung, dass I ein Intervall und eine Teilmenge des Definitionsbereich ist, ist in Satz 5.28 also unverzichtbar. ) (d) Für ist (nach der Quotientenregel): i : R \ {, } R, i(x) = x5 x 4 i (x) = 5x4 (x 4 ) 4x 3 x 5 (x 4 ) 2 = x8 5x 4 (x 4 ) 2 (x R \ {, }) Das Vorzeichen von i (x) wird durch den Zähler bestimmt, da der Nenner immer positiv ist. Man berechnet: x 8 5x 4 = x 4 (x 4 5) = x 4 ( x 2 ) ( 5 x 2 + ) 5 = x 4 ( x 4 ) ( 5 x + 4 ) ( 5 x 2 + ) 5 Es ist also: i (x) = 0 x { 4 5, 0, 4 } 5 Weiterhin folgt: Für x (, 4 5 ) ist i (x) > 0. Folglich ist i streng monoton wachsend auf (, 4 5]. Für x ( 4 5, ) ist i (x) < 0. Folglich ist i streng monoton fallend auf [ 4 5, ). Für x (, 0) ist i (x) < 0. Folglich ist i streng monoton falllend auf (, 0]. Für x (0, ) ist i (x) < 0. Folglich ist i streng monoton falllend auf [0, ). Aus den letzten beiden Punkten folgt, dass i streng monoton falllend auf (, ) ist. Für x (, 4 5 ) ist i (x) < 0. Folglich ist i streng monoton fallend auf (, 4 5]. Für x ( 4 5, ) ist i (x) > 0. Folglich ist i streng monoton wachsend auf [ 4 5, ). 50

151 Damit können wir auch schließen, dass 4 5 eine lokale Maximustelle, 0 keine lokale Extremstelle und 4 5 eine lokale Minimumstelle ist. Zusammen mit den Grenzwerten: lim i(x) =, lim x i(x) =, lim x i(x) = x lim i(x) =, x lim i(x) =, x lim i(x) = x ergibt sich schon eine (qualitativ) recht genaue Vorstellung vom Graphen der Funktion: Bemerkung (a) Wir hatten zuvor die Frage gestellt, wie man für eine Nullstelle der Ableitung entscheiden kann, ob tatsächlich eine lokale Extremstelle vorliegt. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, die Monotonieintervalle zu untersuchen. Für eine Funktion f : D R und eine Stelle a D im Inneren von D mit f (a) = 0 gilt: Falls f in einem Intervall (u, a] monoton wachsend ist und in einem Intervall [a, v) monoton fallend ist (für u, v R {± } geeignet mit u < a < v und (u, v) D), so ist a eine lokale Maximumstelle. Falls f in einem Intervall (u, a] monoton fallend ist und in einem Intervall [a, v) monoton wachsend ist (für u, v R {± } geeignet mit u < a < v und (u, v) D), so ist a eine lokale Minimumstelle. Falls f in einem Intervall (u, v) streng monoton ist (für u, v R {± } geeignet mit u < a < v und (u, v) D), so ist a keine lokale Extremstelle. 5

152 5. Differentialrechnung Diese Art der Untersuchung haben wir bereits in Beispiel 5.29 (d) erfolgreich durchgeführt. Da die Frage nach den Monotonieintervallen durch eine Vorzeichenuntersuchung der Ableitung beantwortet werden kann, kann man obiges Ergebnis auch folgendermaßen formulieren: Falls f an der Stelle a einen Vorzeichenwechsel von + nach macht, so ist a eine lokale Maximumstelle. Falls f an der Stelle a einen Vorzeichenwechsel von nach + macht, so ist a eine lokale Minimumstelle. Falls f an der Stelle a keinen Vorzeichenwechsel macht, so ist a keine lokale Extremstelle. Wir betrachten nochmals die Funktion i : R \ {, } R, i(x) = aus Beispiel 5.29 (b) zusammen mit ihrer Ableitung x5 x 4 i : R \ {, } R, i (x) = x8 5x 4 (x 4 ) 2 Es gibt allerdings noch ein weiteres bekanntes (hinreichendes) Kriterium für das Vorhandensein lokaler Extremstellen. Dazu benötigt man die zweite Ableitung f einer Funktion f : D R. Ist f zweimal differenzierbar, so gilt für eine Stelle a D im Inneren des Definitionsbereichs: Ist f (a) = 0 und f (a) < 0, so ist a eine lokale Maximumstelle von f. Ist f (a) = 0 und f (a) > 0, so ist a eine lokale Minimumstelle von f. 52

153 Die Umkehrungen dieser beiden Kriterien sind falsch. Allein mit der Information, dass f (a) = 0 und f (a) = 0 kann man nicht entscheiden, ob a eine lokale Extremstelle von f ist. (Daher ist die Vorzeichenuntersuchung von f im allgemeinen vorzuziehen.) (b) Wir hatten in Satz 5.28 gesehen, dass für eine differenzierbare Funktion f : D R und ein Intervall I D gilt: (f (x) > 0 für alle x I ) (f auf I) (analog natürlich für streng monoton fallend ) Wir wissen schon (siehe Beispiel 5.29 (a)), dass die Umkehrung falsch ist (die Ableitung kann an einigen isolierten Stellen auch = 0 sein). Wir können das Kriterium also wie folgt verbessern: Für eine differenzierbare Funktion f : D R und ein Intervall I D gilt: ( ) f (x) 0 für alle x I (f auf I) und f (x) = 0 nur an isolierten Stellen x I Auch hier gilt im allgemeinen nicht die Umkehrung. Entsprechende Gegenbeispiele sind aber nicht ohne Weiteres anzugeben, so dass wir uns hiermit begnügen wollen. Im Gegensatz zur strengen Monotonie gibt es aber ein einfaches Kriterium für Monotonie, das sowohl notwendig als auch hinreichend ist. Es gilt (wie zuvor f : D R differenzierbar, I D ein Intervall): (f (x) 0 für alle x I) (f monoton wachsend auf I) und (f (x) 0 für alle x I) (f monoton fallend auf I) Gibt es in I also sowohl Stellen an denen die Ableitung positiv ist, als auch Stellen, an denen sie negativ ist, so kann die Funktion auf I nicht streng monoton sein. Die Grenzwertregel von l Hospital Viele Grenzwerte von Funktionen können mit den bisherigen Methoden nicht berechnet werden, da die Grenzwertsätze in manchen Fällen keine Aussage machen. Speziell ist oftmals die Fälle und 0 0 problematisch. Beispielsweise wissen wir exp(x) nicht, was lim x x ist (bzw. ob der Grenzwert überhaupt existiert). Die Grenzwertregel von l Hospital bietet eine Lösungmöglichkeit für dieses Problem an, die in vielen Fällen funktioniert. Das bedeutet, dass es zu jeder Stelle x I mit f (x) = 0 ein δ > 0 existiert mit f (y) 0 für alle y (x δ, x + δ) \ {x}. 53

154 5. Differentialrechnung 5.3. Grenzwertregel von l Hospital Seien a, b R {± } mit a < b und f, g : (a, b) R differenzierbare Funktionen mit g(x) 0 und g (x) 0 für alle x (a, b). Dann gilt: Wenn die Grenzwerte lim f(x) und lim f(x) beide = 0 sind oder beide in x a x a {± } sind und wenn f (x) lim x a g (x) = c R {± } existiert, dann ist auch: f(x) lim x a g(x) = c Wenn die Grenzwerte lim f(x) und lim f(x) beide = 0 sind oder beide in x b x b {± } sind und wenn f (x) lim x b g (x) = c R {± } existiert, dann ist auch: f(x) lim x b g(x) = c Wir verzichten hier auf einen Beweis, da wir hauptsächlich an der Anwendung der Regel interessiert sind. Dazu geben wir einige Beispiele. Zu berechnen ist lim x exp(x) x. Für x gilt: exp(x) und x Damit sind wir im Fall, dass Zähler und Nenner beide gegen konvergieren, es liegt also eine Situation vor, in der die Regel von l Hospital möglicherweise anwendbar ist. Weiterhin gilt (exp(x)) (x) = exp(x) = exp(x) x exp(x) Aus der Regel von l Hospital folgt nun, dass auch lim x x = ist. x Folglich ist lim x exp(x) = 0 (dies folgt nun aus obigem Beispiel mit den Grenzwertsätzen, könnte aber auch mit der Regel von l Hospital hergeleitet werden). Es ist lim (exp(x) x) = 0, denn mit x ist x und somit x Zu berechnen ist lim exp(x) x = x exp( x) 0 = 0 sin x x 0 x. Für x 0 gilt: sin(x) 0 und x 0 54

155 Damit sind wir im Fall, dass Zähler und Nenner beide gegen 0 konvergieren, es liegt also eine Situation vor, in der die Regel von l Hospital möglicherweise anwendbar ist. Weiterhin gilt (sin(x)) (x) = cos(x) = cos(x) x 0 sin x Aus der Regel von l Hospital folgt nun, dass auch lim x 0 x = ist. (Dies entspricht einer Vermutung, die wir schon in Beispiel 4. hatten, bislang aber nicht begründen konnten.) Zu berechnen ist lim x ln x x. Für x gilt: ln x und x Damit sind wir im Fall, dass Zähler und Nenner beide gegen konvergieren, es liegt also eine Situation vor, in der die Regel von l Hospital möglicherweise anwendbar ist. Weiterhin gilt (ln x) (x) = ( x) = x x 0 ln x Aus der Regel von l Hospital folgt nun, dass auch lim x x = 0 ist. Daraus folgt, dass lim x 0 (ln x x) = 0 gilt. Zu untersuchen ist lim cos(x) x 0 x 2. Für x 0 gilt: cos(x) 0 und x 2 0 Damit sind wir im Fall, dass Zähler und Nenner beide gegen 0 konvergieren, es liegt also eine Situation vor, in der die Regel von l Hospital möglicherweise anwendbar ist. Weiterhin gilt (cos(x) ) (x 2 ) = sin x = 2x 2 sin x x 0 x 2 sin x (wir haben ja lim x 0 x l Hospital folgt nun, dass auch lim schon ausgerechnet (siehe oben)). Aus der Regel von (cos(x) ) x 0 (x 2 ) = 2 ist. (Insgesamt war zur Berechnung dieses Grenzwert eine zweimalige Anwendung der Regel von l Hospital notwendig.) Zu untersuchen ist lim x exp(x) x. Für x gilt: 3 exp(x) und x 3 Damit sind wir im Fall, dass Zähler und Nenner beide gegen konvergieren, es liegt also eine Situation vor, in der die Regel von l Hospital möglicherweise anwendbar ist. Weiterhin gilt (exp(x)) (x 4 ) = exp(x) 3x 2 55

156 5. Differentialrechnung Nun konvergieren immer noch Zähler und Nenner gegen, wir müssen also exp(x) eine Untersuchung des Grenzwerts lim x 3x vornehmen. Auch dazu wollen 2 wir die Regel von l Hospital benutzen und rechnen: (exp(x)) (3x 2 ) = exp(x) = 6x 6 exp(x) x x wie wir auch erst nach einer Anwendung von l Hospital (siehe oben) wissen. Insgesamt können wir nun aber folgendermaßen schließen: exp(x) lim = l Hospital x 6 l Hospital exp(x) lim x 6x lim x exp(x) 3x 2 = = l Hospital exp(x) lim x x 3 = Man kann zahlreiche weitere Grenzwerte aus der Regel von l Hospital herleiten. Wir wollen einige Verallgemeinerungen, der oben ausgerechneten Grenzwerte festhalten. Für alle α > 0 gilt: exp(x) lim x x α = und lim x (xα exp x) = 0, falls α N Für alle α > 0 gilt: lim x ln x = 0 und lim xα x 0 (xα ln x) = 0 Konsequenzen aus den Monotonie-Untersuchungen Wir sind in der Lage, für viele differenzierbare Funktionen die Monotonieintervalle und die lokalen Extremstellen zu bestimmen. Außerdem können wir (meistens) die Grenzwerte an den Rändern des Definitionsbereiches berechnen. Damit können wir die Funktionsgraphen gut skizzieren. In diesem Abschnitt beschäftigen wir uns mit weiteren (darauf aufbauenden) Anwendungen. Wir gehen darauf ein, wie man die Anzahl der Lösungen bestimmter Gleichungen angeben kann und beschäftigen uns auch mit der Bestimmung globaler Extrema (dies ist Bestandteil sogenannter Extremwertaufgaben ) Anzahl der Lösungen bestimmter Gleichungen Im Kapitel über Stetigkeit hatten wir den Zwischenwertsatz 4.24 benutzt, um zu begründen, dass bestimmte Gleichungen (die man nicht ohne weiteres lösen kann) Lösungen haben müssen (vergleiche 4.25). Mit Hilfe von Monotonieuntersuchungen können wir nun (zusammen mit Grenzwertuntersuchungen) mehr zur Eindeutigkeit (bzw. zur Anzahl) der Lösungen sagen. Wir betrachten einige Beispiele: (a) Wieviele Lösungen x R hat die Gleichung exp(x) = 2x + 2? Bringt man alle Terme mit x auf eine Seite, so stellt man fest, dass exp(x) = 2x + 2 f(x) = 2, 56

157 wobei: f : R R, f(x) = exp(x) 2x Wir untersuchen nun das Monotonieverhalten und die Grenzwerte von f. Die Funktion f ist differenzierbar mit f (x) = exp(x) 2 (x R), es gilt also: Außerdem gilt f (x) = 0 exp(x) 2 = 0 x = ln 2 x (, ln 2) f (x) < 0 f auf (, ln 2] x (ln 2, ) f (x) > 0 f auf [ln 2, ) Folglich ist ln 2 eine (globale) Minimumstelle von f, es ist f(ln 2) = 2 2 ln 2 < 2. Weiterhin ist lim f(x) = (klar) und lim f(x) =, denn es ist x x f(x) = exp(x) ( 2 x exp x }{{} 0 ) x Der Graph der Funktion sieht also folgendermaßen aus: Man erkennt nun: Es gibt genau eine Stelle x (, ln 2) mit f(x ) = 2. Es gibt genau eine Stelle x 2 (ln 2, ) mit f(x 2 ) = 2. Die Gleichung exp(x) = 2x+2 hat also genau zwei Lösungen in R. Dabei garantiert der Zwischenwertsatz 4.24 zusammen mit den Grenzwerten x ± und dem Funktionswert f(ln 2) an der (Minimum-)Stelle die Existenz der Lösungen, aufgrund des Monotonieverhaltens der Funktion kann man schließen, dass 57

158 5. Differentialrechnung keine weiteren Lösungen existieren. Man überlegt sich genauso: Die Gleichung exp(x) = 2x + λ mit λ R fest, hat: genau zwei Lösungen in R, falls λ > f(ln 2) = 2 2 ln 2 ist. genau eine Lösung in R, falls λ = f(ln 2) = 2 2 ln 2 ist (nämlich die Lösung x = ln 2). keine Lösung in R, falls λ < f(ln 2) = 2 2 ln 2 ist. (b) Zur Gleichung x 2 = 4 cos(x) betrachten wir g : R R, g(x) = x 2 4 cos(x). Damit ist: x 2 = 4 cos(x) g(x) = 0 Es gilt g (x) = 2x+4 sin(x) (x R). Wir interessieren uns nun für die Nullstellen bzw. das Vorzeichen von g (x) (damit wir auf das Monotonieverhalten von g schließen können). Wir stellen fest: Es ist g (0) = 0. Für x (, 2) ist 2x < 4 und 4 sin(x) < 4, also: g (x) < 0. Für x [ 2, 0) ist 2x < 0 und sin(x) < 0, also: g (x) < 0. Zusammen sieht man, dass g (x) < 0 für alle x (, 0) ist, somit ist g streng monoton fallend auf (, 0]. Für x (2, ) ist 2x > 4 und 4 sin(x) > 4, also: g (x) > 0. Für x (0, 2] ist 2x > 0 und sin(x) > 0, also: g (x) > 0. Zusammen sieht man, dass g (x) > 0 für alle x (0, ) ist, somit ist g streng monoton wachsend auf [0, ). Folglich ist 0 eine lokale Minimumstelle der Funktion g. Es gilt g(0) = 4. Zusammen mit den Grenzwerten lim g(x) =, folgt nun, dass g genau zwei x ± Nullstellen x, x 2 R hat, es ist x (, 0) und x 2 (0, ). Diese sind genau die Lösungen der Gleichung x 2 Funktion g im Vergleich mit der Normalparabel. = 4 cos(x). Hier noch der Graph der 58

159 Wir gehen nun der Frage nach, wie man globale Extremstellen von Funktionen bestimmen kann. Wir wissen, dass jede stetige Funktion f : [a, b] R Minimum und Maximum annimmt (vergleiche Satz 4.28). Ist die Funktion differenzierbar, so können die Extremstellen nur Randstellen oder Nullstellen der Ableitung sein. Dies schränkt die Auswahl an zu untersuchenden Stellen stark ein (vergleiche Satz 5.2). Falls der Definitionsbereich kein abgeschlossenes Intervall mehr ist, ist die Existenz der globalen Extrema nicht mehr garantiert. Man kann dann aber in manchen Fällen mit Grenzwertbetrachtungen weiterkommen. Wir betrachten dazu einige Beispiele: Beispiel (a) Gesucht sind: m = min { x 3 2x 5; x [ 3, ] } und M = max { x 3 2x 5; x [ 3, ] } Da die Funktion f : [ 3, ] R, f(x) = x stetig ist, existieren Minimum und Maximum auf jeden Fall. Es gibt also Stellen x m, x M [ 3, ] mit f(x m ) = m und f(x M ) = M. Weiterhin gilt f (x) = 3x 2 2 (x [ 3, ]) und folglich: f (x) = 0 x [ 3,] x = 2 Also kommen für x m und x M nur die Stellen 3, 2, in Frage. Wegen f( 3) = 4, f( 2) =, f() = 6 folgert man (durch Vergleich der Werte): x m = und x M = 2 Damit ist m = f(x m ) = 6 und M = f(x M ) = 59

160 5. Differentialrechnung (b) Gesucht sind Minimum und Maximum der Funktion: g : (0, ) R, g(x) = ln x + x Hierbei ist nicht klar, ob diese Extremwerte existieren (der Definitionsbereich ist kein abgeschlossenes Intervall, somit ist Satz 4.28 nicht anwendbar). Wir müssen in unseren Überlegungen auch noch die Grenzwerte für x 0 und x berücksichtigen. Es gilt: lim g(x) = (klar) und lim g(x) = 0 (l Hospital) x 0 x Weiterhin gilt: g (x) = ln x x 2 < 0, falls 0 < x < = 0, falls x = < 0, falls < x Also ist g streng monoton wachsend auf (0, ] und streng monoton fallend auf [, ). Die Stelle ist folglich eine globale Maximustelle, das Maximum der Funktion ist g() =. Die Funktion hat kein Minimum. (c) Wir betrachten die Funktion: h : R R, h(x) = exp ( x ) x Da die Exponentialfunktion streng monoton wachsend ist, kann man (wenn man an Minimima und Maxima der Funktion h interessiert ist) auch die Extremstellen der (einfacheren) Funktion h : R R, h = x x

161 bestimmen. Wegen h (x) = x2 + 4 (x 2 + 4) 2 < 0, falls < x < 2 = 0, falls x = 2 > 0, falls 2 < x < 2 = 0, falls x = 2 < 0, falls x > 2 erkennt man, dass h auf (, 2], h auf [ 2, 2], h auf [2, ) und folglich auch h auf (, 2], h auf [ 2, 2], h auf [2, ) Damit ist 2 eine lokale Minimumstelle und 2 eine lokale Maximumstelle von h (und auch von h). Man berechnet h( 2) = 6, h(2) = 6 Weiterhin ist: bzw. ( h( 2) = exp ) ( ), h(2) = exp 6 6 lim h(x) = 0 und damit lim h(x) = exp(0) = x ± x ± Daraus folgt, dass 2 und 2 sogar globale Extremstellen der Funktionen h, h sind. Somit ist: max{h(x); x R} = exp ( ) 6 und ( min{h(x); x R} = exp ) 6 6

162 5. Differentialrechnung Man beachte: Die beiden Graphen gehen nicht durch eine Verschiebung auseinander hervor. Die Funktion h ergibt sich aus h durch Anwendung der Exponentialfunktion. Da exp streng monoton wachsend ist, haben beide Funktionen dieselben Monotonieintervalle und dieselben Extremstellen. Wir fassen die Erkenntnisse aus diesen Beispielen zusammen und halten fest, wie die Suche nach globalen Extremstellen für auf Intervallen definierte differenzierbare Funktionen funktionieren kann Globale Extremstellen (a) Für eine auf einem abgeschlossenen Intervall definierte differenzierbare Funktion f : [a, b] R (mit a, b R, a < b) gilt: Die Funktion f nimmt ihr (globales) Maximum und Minimum an (dazu reicht schon die Stetigkeit der Funktion aus). Minimum und Maximum von f werden in einem oder mehreren Punkten der Menge E = {a, b} {x (a, b); f (x) = 0} angenommen. Außerhalb der Menge E liegen keine Extremstellen (nicht einmal lokale). (b) Ist f : (a, b) R differenzierbar und nicht konstant auf einem offenen Intervall ist (mit a, b R {± }, a < b), so können lokale (und damit natürlich auch globale) Extremstellen von f nur in den Punkten der Menge E = {x (a, b); f (x) = 0} liegen. Es ist aber nicht klar, ob überhaupt Extremstellen existieren. Wir nehmen nun zusätzlich an, dass lim x a f(x) und lim x b f(x) existieren. Dann: Falls lim f(x) > f(x 0 ) oder lim f(x) > f(x 0 ) für alle x 0 E gilt, so x a x b hat die Funktion f kein (globales) Maximum. Ansonsten nimmt sie es in einem oder mehreren Punkten aus E an. Falls lim f(x) < f(x 0 ) oder lim f(x) < f(x 0 ) für alle x 0 E gilt, so hat x a x b die Funktion f kein (globales) Minimum. Ansonsten nimmt sie es in einem oder mehreren Punkten aus E an. (c) Falls das Definitionsintervall halboffen ist, so muss man analog zu (b) vorgehen, dabei aber nur einen Grenzwert betrachten. Eine gute Übung ist es ein zu (b) analoges Resultat aufzuschreiben, wenn der Definitionsbereich ein halboffenes Intervall ist. Der Definitionsbereich kann natürlich auch kein Intervall sein, etwa R\{0}. Dann müssen weitere Grenzwerte (an den Definitionslücken) betrachtet werden. 62

163 Die Suche nach globalen Extremstellen ist wesentlicher Bestandteil sogenannter Extremwertaufgaben. Bestimmte Probleme aus verschiedenen Bereichen (z.b. Geometrie, Umwelt) können dadurch gelöst werden, dass man das Maximum oder das Minimum einer geeigneten Funktion bestimmt. Wir geben dazu einige Beispiele: Extremwertaufgaben: (a) Wir suchen das Rechteck, das bei vorgegebenem Umfang U > 0 maximalen Flächeninhalt hat. Ist x eine Seite des Rechtecks, so ist die andere Seite durch 2x + 2y = U y = U 2 x gegeben. Außerdem muss x [ 0, U 2 F : ] gelten. Die Funktion [ 0, U ] ( ) U R, x x 2 2 x = x 2 + U 2 x beschreibt den Flächeninhalt des Rechtecks in Abhängigkeit von x. Wir suchen nun das globale Maximum dieser Funktion. Es ist F (x) = U 2 2x (x [ 0, U ]) 2 und folglich F (x 0 ) = 0 x = U 4. Das globale Maximum von F kann also nur in Punkten der Menge { 0, U 4, U 2 angenommen werden. Wegen } F (0) = 0, F ( ) U = U 2 4 6, F ( ) U = 0 2 wird das Maximum von F im Punkt U 2 U 4 angenommen und hat den Wert 6. (Anmerkung: Das Rechteck maximalen Flächeninhalts bei gegebenem Umfang ist ein Quadrat.) (b) Ein Boot startet im Punkt A = (/0) (Angaben in km) mit der Geschwindigkeit von 3km/h in negative x-richtung. Ein anderes Boot startet in B = (0/3) mit 4km/h in negative y-richtung. Wir berechnen die Positionen, an denen sich die Boote möglichst nahe sind. 63

164 5. Differentialrechnung Zunächst wählen wir als geeignete Variable, von der die zu minimierende Abstandsfunktion abhängen soll, die Zeit t. Die x-koordinate von Boot in Abhängigkeit von t ist x(t) = 3t (dabei wird alles in km und h angegeben). Ebenso ist die y-koordinate von Boot 2 gegeben durch y(t) = 3 4t. Der Abstand der beiden Boote zum Zeitpunkt t ist also gegeben durch d(t) = ( 3t) 2 + (3 4t) 2 (t 0). Um die Rechnung zu vereinfachen, minimieren wir stattdessen die Funktion f = d 2 (man beachte, dass eine Funktion mit nichtnegativen Werten genau dann minimal wird, wenn ihr Quadrat minimal wird). Also betrachten wir: f : [0, [ R, f(t) = ( 3t) 2 + (3 4t) 2 = 25t 2 30t + 0. Es gilt f (t) = 50t 30 (t 0) und damit ist f (t 0 ) = 0 t 0 = 3 5. Wir vergleichen nun die in Frage kommenden Werte: f(0) = 0, f ( ) 3 =, lim f(t) =. 5 t Der kleinste dieser Werte ist f ( 3 5) =. Damit wird auch der Abstand d(t) zum Zeitpunkt t 0 = 3 5h (= 36min) minimal. Dieser minimale Abstand beträgt d ( ) 3 = km. 5 Wegen x ( ) 3 5 = 4 5 befindet sich Boot zum dem Zeitpunkt im Punkt ( 4 5 /0). Wegen y ( ) 3 5 = 3 5 befindet sich Boot 2 zum dem Zeitpunkt im Punkt ( 0/ 5) 3. 64

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