Schulstruktur und Bildungsungleichheit
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- Tristan Adler
- vor 6 Jahren
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1 Schulstruktur und Bildungsungleichheit Die Bedeutung von bundeslandspezifischen Unterschieden beim Übergang in die Sekundarstufe I Theresa Büchler GESIS Kolloquium 5. Juli 2016 Mannheim
2 Inhalt Ausgangslage Bildungsungleichheiten zwischen den Bundesländern Theoretischer Hintergrund Zwei zentrale Aspekte - der gemeinsamen Beschulung - sstatus der Grundschulempfehlung Vorhersagen und Befunde I Vorhersagen und Befunde II Zusammenfassung Daten und Operationalisierung Befunde Fazit/ Ausblick 2
3 Ausgangslage Zusammenhang zwischen SES und Bildungserfolg nach wie vor stark ausgeprägt Übergang von Grundschule in weiterführende Schulen der Sekundarstufe I als zentrale Determinante von Bildungserfolg Systematische Länderunterschiede im Bildungserfolg (Kompetenzen/ Zertifikate/Übergänge) 3
4 Bildungsungleichheiten zwischen den Bundesländern Soziale Zusammensetzung; Infra- und/oder Wirtschaftsstruktur Bildungshoheit in Deutschland (bildungspolitische Angelegenheiten werden auf Landesebene geregelt): Substanzielle Unterschiede zwischen Schulsystemen das deutsche Schulsystem gibt es nicht Inhaltliche und strukturelle Ebene Bildungsdschungel, Flickenteppich, Kleinstaaterei 4
5 Theoretischer Hintergrund Primäre und sekundäre Effekte als Erklärung persistierender Bildungsungleichheit Primäre Effekte = herkunftsbedingte Leistungsunterschiede Sekundäre Effekte = leistungsunabhängige Effekt von SES auf Bildungsentscheidung (Statuserhalt) Schichtspezifische Kosten-Nutzen-Kalkulationen (Erfolgswahrscheinlichkeit und Bildungsnutzen) Annahme: primäre und sekundäre Effekte variieren in Abhängigkeit der Ausgestaltung der Schulsysteme Ziel von Bildungsreformen: Abbau sozialer Ungleichheiten 5
6 Zwei (zentrale) Aspekte der gemeinsamen Beschulung sstatus der Grundschulempfehlung 6
7 Vorhersagen und Befunde I der gemeinsamen Beschulung (differenzielle Lern- und Entwicklungsmilieus, Baumert/Köller 1998) Ausgleich unterschiedlicher Ausgangsbedingungen durch heterogenes Lernumfeld Begabungsgerechte Förderung und maximales Lernergebnis durch frühe Homogenisierung Befunde für Deutschland uneinheitlich - Grundschuldauer: u.a. ELEMENT (2008) - Orientierungsstufe International: Negativer Zusammenhang zwischen früher Selektion und Ausmaß an sozialer Ungleichheit; kein Nachweis, dass spätere Selektion mit geringerem Leistungsniveau einhergeht Fokus: Primärer Herkunftseffekt (Leistungsniveau vs. Leistungszuwachs) 7
8 Vorhersagen und Befunde II sstatus der Grundschulempfehlung Verbindlichkeit führt zu Abbau soz. Ungleichheiten, weil sekundäre Effekte abgefedert werden - Reduktion sekundärer SES-Effekte durch verbindliche GE - Herkunftseffekte stärker, wenn Elternwille frei ist (Bratti et al. 2012; Dollmann 2009, Gresch et al. 2009; Neugebauer 2010) Verbindlichkeit verstärkt Ungleichheiten, weil Kinder aus bildungsfernen Familien vom Gymnasium abgelenkt werden - Keine Verstärkung sekundärer Effekte durch Abschaffung von verbindlicher GE - Kein Rückgang von sekundären Effekten durch Einführung von verbindlicher GE (Jähnen/Helbig 2015) Fokus: Sekundärer Herkunftseffekt 8
9 Zusammenfassung Institutionelle Struktur des Bildungswesens konstituiert Regelungen, die Entscheidungsmöglichkeiten und Grenzen definieren Empirische Evidenz gemischt - Institutionell-strukturelle Rahmenbedingungen oft nur unzureichend berücksichtigt (kategorial, statisch) - Bildungsexpansion; Modell-/Einzelfallstudien Nach wie vor: Einfluss schulstruktureller Unterschiede auf individuellen Bildungserfolg? (Umfassende) Operationalisierung schulstruktureller Unterschiede und Analyse entsprechender Faktoren als Herausforderung 9
10 Datengrundlage, Operationalisierung SOEP: Wellen 1984 bis 2010 (Übergangskohorten 1993 bis 2007) AV: Gymnasium im Alter 15 (Ref.: Nein) Zentrale Uvs: - Anhand von Schulgesetzen lassen sich Unterschiede zwischen Schulsystemen im Verlauf abbilden - Analyseebene sind nicht Länder, sondern Ausprägungen charakteristischer Merkmale zwischen 1985 und 2010 der gemeinsamen Beschulung sstatus der Grundschulempfehlung Bundesland und Jahr des Übergangs in Sekundarstufe I als Ausgangspunkt für Bedingungen des Übergangs. 10
11 4 Jahre vs. 6 Jahre vs. bedingt gemeinsam in Kl. 5 & 6 der Grundschulzeit (4 vs. 6 Jahre) Orientierungsstufe (unabhängig vs. abhängig) Schulformen der Sekundarstufe I (Zwei- vs. Dreigliedrigkeit) Elternwille vs. Lehrerentscheidung vs. eingeschränktes Elternwahlrecht Zugang zu den Schulformen der Sek. I (sstatus der GE: verbindlich vs. unverbindlich) Verbleib: Probezeit, Querversetzung/Abschulung (=eingeschränktes Elternwahlrecht) 11
12 sstatus Elternwille Eingeschränktes Elternwahlrecht Lehrerentscheidung Beschulungsdauer 4 Jahre gemeinsame Beschulung 6 Jahre gemeinsame Beschulung Teilweise gemeinsame Beschulung in Klasse 5 und 6 BW BAY BB BE HB HE HH MV NI NRW RP SH SL SN ST TH
13 sstatus Elternwille Eingeschränktes Elternwahlrecht Lehrerentscheidung Beschulungsdauer 4 Jahre gemeinsame Beschulung 6 Jahre gemeinsame Beschulung Teilweise gemeinsame Beschulung in Klasse 5 und 6 BW BAY BB BE HB HE HH MV NI NRW RP SH SL SN ST TH
14 sstatus Elternwille Eingeschränktes Elternwahlrecht Lehrerentscheidung Beschulungsdauer 4 Jahre gemeinsame Beschulung 6 Jahre gemeinsame Beschulung Teilweise gemeinsame Beschulung in Klasse 5 und 6 BW BAY BB BE HB HE HH MV NI NRW RP SH SL SN ST TH
15 Befunde: Beschulungsdauer Binäre logistische Regression (Korrekturverfahren/KHB- Methode) Weitere Kontrollen - HISEI (9-13) - Grundschulempfehlung - Jahr des Übergangs - Anteil Gymnasiast*innen zum Zeitpunkt des Übergangs - Äquivalenzeinkommen - Geschlecht - Migrationshintergrund - Geschwisterfolge 15
16 Besuch des Gymnasiums im Alter von 15 Jahren (binäre logistische Regression; KHB-Methode) M1 M2 M3 ( Reduced ) ( Reduced ) ( Full ) Log-odds Log-odds Log-odds Sozio-ökonomischer Status HISEI 0,08*** 0,04*** 0,04*** (0,005) (0,005) (0,006) gemeinsame Beschulung (Ref.: 4 Jahre) 6 Jahre 1,07*** 0,55*** 0,55*** (0,215) (0,210) (0,209) 6 Jahre, wenn nicht Gymnasium nach Kl. 4-0,02-0,01-0,01 (0,183) (0,182) (0,183) Interaktionseffekte 6 Jahre x HISEI -0,01 (0,011) Verbundene HS/RS x HISEI -0,00 (0,010) Grundschulempfehlung Realschule 1,70*** 1,71*** (0,404) (0,405) Gymnasium 5,12*** 5,12*** (0,397) (0,398) Anteil Gymnasiasten zum Zeitpunkt des Übergangs 0,11*** 0,01 0,01 (0,036) (0,036) (0,036) Konstante -5,89*** (1,340) N 2,286 2,286 2,286 Pseudo-R 2 0,179 0,513 0,514 *** p<0,01, ** p<0,05, * p<0,1. Standardfehler in Klammern. 16
17 Selektionszeitpunkt und Besuch des Gymnasiums in Abhängigkeit der sozialen Herkunft HISEI 6 Jahre gemeiname Beschulung nicht Gym: gem. Beschulung in Kl. 5&6 4 Jahre gemeinsame Beschulung 17
18 Befunde: sstatus Binäre logistische Regression (KHB-Methode) Weitere Kontrollen - Jahr des Übergangs - Äquivalenzeinkommen - Geschlecht - Migrationshintergrund - Geschwisterfolge 18
19 Besuch des Gymnasiums im Alter von 15 Jahren (binäre logistische Regression; KHB-Methode) M1 ( Reduced ) Log-odds M2 ( Reduced ) Log-odds M3 ( Full ) Log-odds Sozio-ökonomischer Status HISEI 0,08*** 0,04*** 0,04*** (0,006) (0,005) (0,007) sstatus (Ref.: Lehrer) Elternwahl frei 0,79*** 0,65*** 0,65*** (0,161) (0,159) (0,159) Elternwahl eingeschränkt 1,24*** 1,19*** 1,20*** (0,214) (0,215) (0,215) Interaktionseffekte frei x ISEI -0,01 (0,011) Eingeschränkt x ISEI -0,00 (0,010) Grundschulempfehlung Realschule 1,63*** 1,63*** (0,404) (0,404) Gymnasium 5,17*** 5,17*** (0,397) (0,397) 0,02 0,02 Anteil Gymnasiasten zum Zeitpunkt des Übergangs 0,07*** (0,028) (0,028) (0,028) Konstante -6,08*** (1,164) N 2,286 2,286 2,286 Pseudo-R 2 0,181 0,522 0,523 Quelle: SOEP v29 (eigene Berechnungen). *** p<0,01, ** p<0,05, * p<0,1. Standardfehler in Klammern. 19
20 Bedeutung des sstatus für den Besuch des Gymnasiums HISEI freier Elternwille kein Elternwille eingeschr. Elternwille (ggf. Abschulung) 20
21 Fazit/Ausblick Nach wie vor Forschungsbedarf Wie lassen sich widersprüchliche Befunde erklären? Statuserhaltmotiv für untere Schichten überschätzt (auch wg. Bildungsexpansion)? Reichweite von sstatus und Beschulungsdauer als bildungspolitisches Steuerungselement (Chancengerechtigkeit)? Bedeutung der inhaltlichen und pädagogischen Gestaltung (Unterrichts- und Lehrplangestaltung) 21
22 Vielen Dank! 22
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