Bildungsarmut und Ausbildungslosigkeit
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- Wilhelmine Möller
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1 Bildungsarmut und Ausbildungslosigkeit Karin Kurz Georg-August-Universität Göttingen Jahrestagung der bag arbeit Berlin, 11. November 2014
2 Relevanz des Themas Bildungssystem als zentrale gesellschaftliche Institution, die über spätere Lebenschancen entscheidet. Denn Erreichbarkeit beruflicher Positionen hängt primär von Bildungszertifikaten ab. In Deutschland stärker noch als in anderen Ländern. Bildungsarmut im Sinne der Verfügung über ein Minimum an allgemeiner Schulbildung zeichnet spätere Einkommensarmut vor. Berufliche Ausbildung: entscheidende Voraussetzung für existenzsicherndes Einkommen. 2
3 Fragen / Themen 1. Wie haben sich Bildungsarmut und Ausbildungslosigkeit entwickelt? 2. Berufliche Ausbildung: Wie haben sich die Ausbildungschancen entwickelt? Wovon hängen sie ab? 3. Modellprojekte: Helfen Projektklassen niedrig qualifizierten SchülerInnen, einen Ausbildungsplatz zu finden? 4. Fazit 3
4 1. Entwicklung: Schulabschlüsse SchulabgängerInnen: ohne Hauptschulabschl. 2001: 8%, % mit Hauptschulabschluss 2001: 24%, % (StatistischesBundesamt2013: 7; Schulstatistik) Datenreport (2013: 74) 4
5 1. Entwicklung: Lesekompetenzen von 15-Jährigen PISA 2012 Kompetenzstufe Ia: PISA 2000: ca. 55% PISA 2009: 49,4% PISA 2012: 43,8% Prenzel et al. (2013: 237) 5
6 1. Entwicklung: allgemeine und beruflichen Abschlüsse: Quelle: Jacob/Kleinert/Kühirt (2013: 51). Datenbasis: Mikrozensus 6
7 1. Entwicklung: qualifikationsspezifische Arbeitslosenquote Rückgang von Bildungsarmut und Ausbildungslosigkeit, ABER: Beschäftigungschancen für gering Qualifzierte haben sich verschlechtert! Quelle: IAB (2013: 3) 7
8 2. Berufliche Ausbildung: Sektoren Neuzugänge zu allen Sektoren beruflicher Erstausbildung 1995 bis 2013 Quelle: Bildungsbericht (2014: 99) 2011 begannen 57% einer (synthetischen) Alterskohorte eine Ausbildung im dualen System (Frauen: 47%, Männer 66%) (vgl. Statistisches Bundesamt 2013: 22) 8
9 2. Berufliche Ausbildung: Übernahmequote im Anschluss an die Ausbildung Quelle: IAB-Kurzbericht 20/14: S. 6 9
10 2. Berufliche Ausbildung: Lücke zwischen BewerberInnen und Ausbildungsstellen Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Themen/Ausbildungsstellenmarkt/Ausbildungsstellenmarkt-Nav.html; abgerufen
11 2. Berufliche Ausbildung: Lücke zwischen BewerberInnen und Ausbildungsstellen Quelle: Bundesagentur für Arbeit. Themen/Ausbildungsstellenmarkt/Ausbildungsstellenmarkt-Nav.html; abgerufen
12 2. Berufliche Ausbildung: Gründe für Nichtbesetzung von Ausbildungsstellen Quelle: IAB-Kurzbericht 20/14: S. 5 12
13 2. Berufliche Ausbildung: Kompromisse der Ausbildungsbetriebe Quelle: IAB-Kurzbericht 20/14: S. 6 13
14 2. Berufliche Ausbildung: Bildungsniveau und Eintritt in Berufsausbildung oder Übergangssystem (2011) (Fach-)Hochschulreife Übergangssystem Mittlere Reife 74% 44% 16% 3% Duale Ausbildung 25% 45% 55% 69% Kein Hauptschulabschluss Hauptschulabschluss Schulische Berufsausbildung 1% 11% 29% 28% 100% 100% 100% 100% Nur Jugendliche, die eine Berufsausbildung aufgenommen haben oder in das Übergangssystem gewechselt sind. Quelle: Statistisches Bundesamt (2013: 13) 14
15 2. Berufliche Ausbildung: Die Chancen von AltbewerberInnen Datenreport zum Berufsbildungsbericht (2014: 93) 15
16 2. Berufliche Ausbildung: Die Chancen von AltbewerberInnen 31% der Ausbildungswilligen der SchulabgängerInnen sind AltbewerberInnen (BiBB-Übergangspanel 2012) Chancen auf einen Ausbildungsplatz für AltbewerberInnen niedriger Was erhöht die Chancen? Mittlerer Bildungsabschluss; gute/befriedigende Mathematiknoten Regional gutes Ausbildungsangebot Teilnahme an Einstiegsqualifizierung! Schriftliche Bewerbung Was senkt die Chancen? Migrationshintergrund Gesundheitliche Beeinträchtigung (vgl. Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2014: 96) 16
17 2. Berufliche Ausbildung: Einmündung in berufliche Ausbildung nach Bildung und Migrationshintergrund Quelle: Datenreport zum Berufsbildungsbericht (2014: 85) 17
18 2. Berufliche Ausbildung: Einfluss von Migrationshintergrund Quelle: Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012: S. 44). 18
19 2. Berufliche Ausbildung: Subjektive Bewertung der eigenen Situation Ende 2012 (SchulabsolventInnen 2012) Quelle: Datenreport zum Berufsbildungsbericht (2014: 91) 19
20 2. Berufliche Ausbildung: Haben sich die Chancen auf eine Ausbildung für niedrig Qualifizierte verschlechtert? Einmündungsquote in betriebliche Ausbildung: BewerberInnen mit max. Hauptschulabschluss 2010: 27,0%; 2012: 31,4% BewerberInnen mit Realschulabschluss 2010: 43,7%; 2012: 43,7% HauptschulabsolventInnen mit schlechteren Chancen als RealschulabsolventInnen, aber leichte Verbesserung. Trotz doppelter Abiturjahrgänge keine Verdrängung von HauptschulabsolventInnen! (vgl. Berufsbildungsbericht 2014: 29) 20
21 2. Berufliche Ausbildung: Lösungsquote und Erfolgsquote von Ausbildungsverträgen nach schulischer Vorbildung (2011) Kein Hauptschulabschluss Hauptschulabschluss Mittlere Reife (Fach-) Hochschulreife Insgesamt Lösungsquote 40% 35% 21% 14% 24% Erfolgsquote 79% 82% 93% 97% 90% Erfolgsquote: Anteil der Auszubildenden, die die Abschlussprüfung bestanden haben. Quelle: Statistisches Bundesamt (2013: 28, 40) 21
22 2. Berufliche Ausbildung: Wovon hängen die Chancen auf einen Ausbildungsplatz ab? Theoretische Überlegungen Mikroebene: Humankapital (Kenntnisse, Fertigkeiten, ) Signalcharakter des (fehlenden) Bildungsabschlusses Diskreditierung Verdrängungswettbewerb Makroebene: Demographische Entwicklungen Konjunkturelle Entwicklungen Regionale Ungleichheiten Beeinflussen Chancen insbes. von Hauptschulabsolventen (Kleinert/Jacob 2012) (vgl. z.b. Solga 2009) 22
23 2. Berufliche Ausbildung: Zwischenfazit Die Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben sich erhöht! Dies gilt auch für HauptschulabsolventInnen! Aber: hoher Anteil der niedrig Qualifizierten in Warteschleife Übergangssystem : damit im Allgemeinen keine Erhöhung der Chancen auf Ausbildung Aber: Teilnahme an Einstiegsqualifizerung : Erhöhung der Ausbildungschancen! Besonders gefährdet: Jugendliche mit Migrationshintergrund 23
24 3. Modellprojekte zur Verbesserung der Chancen von HauptschülerInnen Modellprojekte: Praxisklassen in Bayern, Berufsstarterklassen in Niedersachsen Ziel: Diskreditierung von HauptschulabsolvenInnen durch frühe Praxiskontakte mindern Bsp. Projekt Berufsstarterklassen Niedersachsen ( ) 45 niedersächsische Hauptschulen, 91 Klassen Beginn 2. Halbjahr 8. Klasse regelmäßige Einbindung der SchülerInnen in Betriebe (meist 2 Tage/Woche in Praktikumsbetrieb) (vgl. Baas et al. 2011) 24
25 Quelle: Solga et al. (2012: 3) 25
26 Übergang in Ausbildung innerhalb von 3 Monaten nach Verlassen der Schule Quelle: Solga et al. (2012: 4) Studie Abschlussquote erhöhen-berufsfähigkeit steigern 2 und Vertiefte Berufsorientierung und Praxisbegleitung an Hauptschulen, , SOFI. Datenbasis: 452 HauptschülerInnen in Projektklassen und normalen Hauptschulklassen. 26
27 3. Modellprojekte zur Verbesserung der Chancen von HauptschülerInnen Evaluationsergebnisse Praxisklassen und Berufsstarterklassen (vgl. Baas et al. 2011; Solga et al. 2012): Bessere Chancen auf Ausbildung von SchülerInnen aus Projektklassen. = Klebeeffekt Aber: Hauptschulabschluss wichtig! Noten ebenfalls wichtig! Aber weniger wichtig als bei Kontrollgruppe. Besonders wichtig: Noten für Arbeits- und Sozialverhalten! Erfolg der Praxisklassen (insbes. in Niedersachsen) durch langfristige betriebliche Anbindung der Jugendlichen! 27
28 4. Fazit In den letzten Jahren Verminderung von Bildungsarmut und Ausbildungslosigkeit! Trotzdem: hoher Anteil von ca. 15% junge Erwachsene ohne Ausbildung. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund > 30% Berufliche Chancen mit fehlender Ausbildung haben über die letzten Jahre abgenommen: Prekäre Beschäftigung Hohes Arbeitslosigkeitsrisiko, Langzeitarbeitslosigkeit Weitere Folgen: Armut Geringere Chancen auf Partnerschaft und Familiengründung (Männer!) Gesundheitsrisiken Geringere Lebenszufriedenheit 28
29 4. Fazit Strategien zur Verbesserung der Situation von niedrig Qualifizierten: Praktika ( Einstiegsqualifizierung ) Projektklassen mit hohem Praxisanteil erfolgversprechend Mittlerer Abschluss für alle, um Diskreditierung von HauptschulabsolventInnen zu umgehen. 29
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