17. Münsteraner Verwaltertage Die Einführung der Umsatzsteueroption - Beschluss oder Vereinbarung
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- Henriette Baumhauer
- vor 8 Jahren
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1 17. Münsteraner Verwaltertage Die Einführung der - Beschluss oder Vereinbarung Prof. Dr. Florian Jacoby Münster,
2 Beispiel 1 E1 vermietet sein Teileigentum an einen Handwerker [Arzt]. E2 vermietet sein Wohneigentum an M und F. E3 vermietet (nur) seinen Stellplatz an X Müssen/dürfen E1, E2, E3 zusätzlich zur Miete 19% USt. ausweisen? Folie 2
3 Grundlage des UStG: Vermieter 1 UStG: Steuerbare Umsätze (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. (...) 4 UStG: Steuerbefreiungen: Von den unter 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: (...) 12. a) die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken (...) Nicht befreit sind (...) die Vermietung von Plätzen für das Abstellen von Fahrzeugen (...), 9 UStG: Verzicht auf Steuerbefreiungen (1) Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g, Nr. 9 Buchstabe a, Nr. 12, 13 oder 19 steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. (2) Der Verzicht auf Steuerbefreiung nach Absatz 1 ist bei der (...) Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken ( 4 Nr. 12 Satz 1 Buchstabe a) (...) nur zulässig, soweit der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Folie 3
4 Lösung Beispiel 1 E1 ist nicht umsatzsteuerpflichtig ( 4 Nr. 12a UStG), kann aber durch Verzicht auf die Befreiung zur Umsatzsteuer optieren ( 9 Abs. 1 UStG), solange Mieter nicht selbst [als Arzt] befreit ist ( 9 Abs. 2 UStG). E2 ist nicht umsatzsteuerpflichtig ( 4 Nr. 12a UStG), kann auch nicht zur Umsatzsteuer optieren, weil M und F keine Unternehmer sind, die in der Wohnung Unternehmen betreiben ( 9 Abs. 1 UStG). E3 ist umsatzsteuerpflichtig ( 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, 4 Nr. 12 Satz 2 UStG) Folie 4
5 Beispiel 2 E1 hat von der Gebrauch gemacht. Auf die Miete von EUR hat er EUR USt. vereinnahmt. Ebenfalls in 2011 hat er dem U für Elektrikerarbeiten am Teileigentum EUR nebst EUR USt. gezahlt. In welchem Umfange muss E1 USt. an das Finanzamt abführen? Lösung: E1 muss keine Umsatzsteuer abführen, weil er von der von ihm vereinnahmten USt. ihv EUR die gezahlten EUR als Vorsteuer abziehen kann. Folie 5
6 Vorsteuerabzug 15 Abs. 1 UStG Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen: 1. die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Die Ausübung des Vorsteuerabzugs setzt voraus, dass der Unternehmer eine nach den 14, 14 a ausgestellte Rechnung besitzt. (...) Folie 6
7 Rechnungsinhalt ( 14 Abs. 4 UStG) Eine Rechnung muss folgende Angaben enthalten: den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers, die dem leistenden Unternehmer vom Finanzamt erteilte Steuernummer oder die ihm vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, das Ausstellungsdatum, eine fortlaufende Nummer mit einer oder mehreren Zahlenreihen, die zur Identifizierung der Rechnung vom Rechnungsaussteller einmalig vergeben wird (Rechnungsnummer), die Menge und die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung, den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung; in den Fällen des Absatzes 5 Satz 1 den Zeitpunkt der Vereinnahmung des Entgelts oder eines Teils des Entgelts, sofern der Zeitpunkt der Vereinnahmung feststeht und nicht mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt, das nach Steuersätzen und einzelnen Steuerbefreiungen aufgeschlüsselte Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung ( 10) sowie jede im Voraus vereinbarte Minderung des Entgelts, sofern sie nicht bereits im Entgelt berücksichtigt ist, den anzuwendenden Steuersatz sowie den auf das Entgelt entfallenden Steuerbetrag oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis darauf, dass für die Lieferung oder sonstige Leistung eine Steuerbefreiung gilt und in den Fällen des 14b Abs. 1 Satz 5 einen Hinweis auf die Aufbewahrungspflicht des Leistungsempfängers. Folie 7
8 Gefahr 14 Abs. 2 UStG: Unberechtigter Steuerausweis Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt. Der nach den Sätzen 1 und 2 geschuldete Steuerbetrag kann berichtigt werden, soweit die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden ist. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und nach dessen Zustimmung in entsprechender Anwendung des 17 Abs. 1 für den Besteuerungszeitraum vorzunehmen, in dem die Voraussetzungen des Satzes 4 eingetreten sind. Folie 8
9 Beispiel 3a/b a) E1 hat zum Umsatzsteuerausweis der Miete optiert. Vom Verwalter erhält er die Jahresabrechnung (samt umlegbarer Kosten i.h.v EUR). Wie hat E1 dem Mieter diese Kosten zu berechnen? Lösung: Da die Nebenleistungen der Hauptleistung folgen, muss E1 dem Mieter EUR nebst 190 EUR USt. in Rechnung stellen. b) E1 hat vom Verwalter die auf die WEG lautenden Rechnungen mit USt.-Ausweis erhalten. Kann er darauf ein Vorsteuerabzug gründen? Lösung: Nein, die Leistungen wurden nicht für E1 ausgeführt. Folie 9
10 Beispiel 4 E1 bittet Verwalter, dass die WE-Gemeinschaft ihm in der Einzelabrechnung die USt. gesondert ausweist. Der Verwalter fragt sich, - ob die WEG das machen kann, insbesondere welche Voraussetzungen nach UStG, welche nach WEG bestehen, - ob die WE-Gemeinschaft dann ggf. allen Eigentümern gegenüber USt. ausweisen muss, - ob die WE-Gemeinschaft verpflichtet sein kann, dem Wunsch des E1 nachzukommen. Folie 10
11 Grundlage des UStG: WE-Gemeinschaft 1 UStG: Steuerbare Umsätze (1) Der Umsatzsteuer unterliegen die folgenden Umsätze: 1. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. (...) 4 UStG: Steuerbefreiungen: Von den unter 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei: (...) 13. die Leistungen, die die Gemeinschaften der Wohnungseigentümer (...) an die Wohnungseigentümer und Teileigentümer erbringen, soweit die Leistungen in der Überlassung des gemeinschaftlichen Eigentums zum Gebrauch, seiner Instandhaltung, Instandsetzung und sonstigen Verwaltung sowie der Lieferung von Wärme und ähnlichen Gegenständen bestehen; 9 UStG: Verzicht auf Steuerbefreiungen (1) Der Unternehmer kann einen Umsatz, der nach 4 Nr. 8 Buchstabe a bis g, Nr. 9 Buchstabe a, Nr. 12, 13 oder 19 steuerfrei ist, als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird. Folie 11
12 Einzeloption Der Unternehmer (WE-Gemeinschaft) kann das Optionsrecht für jede optionsfähige Leistung gesondert ausüben, z.b. - bestimmte Teileigentümer belasten, - andere Teileigentümer und Wohnungseigentümer nicht belasten. Die Entscheidung über die Option obliegt nach Steuerrecht allein dem leistenden Unternehmer, ohne dass Leistungsempfänger ein Anspruch zukommt. Die WE-Gemeinschaft hat dann die Vorsteuer aus Rechnungen, die nicht den optierten Einheiten zweifelsfrei zuzurechnen sind, im Wege einer sachgerechten Schätzung (Umsatzschlüssel, Flächenschlüssel) aufzuteilen, 15 Abs. 4 UStG. Folie 12
13 Kompetenzen in der WE-Gemeinschaft Keine Entscheidungsmacht des Verwalters, sondern nur der Eigentümer ( 21, 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG) Entscheidung der Eigentümer durch Beschluss oder Vereinbarung, dazu allgemein BGH v V ZB 58/99: - Durch Beschlussfassung (= Mehrheitsmacht) können nur solche Angelegenheiten geordnet werden, über die nach dem WEG (= gesetzliche Beschlusskompetenz) oder nach einer Vereinbarung (= Öffnungsklausel) die Wohnungseigentümer durch Beschluss entscheiden dürfen, anderenfalls (= keine Beschlusskompetenz) bedarf es einer Vereinbarung. - Ein ohne Beschlusskompetenz gefasster Beschluss ist nichtig. - Ein mit Beschlusskompetenz gefasster rechtswidriger Beschluss ist grds. wirksam, nur anfechtbar. Folie 13
14 Beispiele fehlender Beschlusskompetenz Änderung der Kostenverteilung für bauliche Maßnahmen (BGH v V ZR 162/10) Instandsetzung der (im Sondereigentum stehenden) Heizkörper in den einzelnen Einheiten (BGH v V ZR 176/10) Begründung einer Haftung des Rechtsnachfolgers durch die Jahresabrechnung für noch offene Beiträge aus dem Vorjahreswirtschaftsplan (LG München v S 4319/10) Begründung von Leistungspflichten außerhalb des Bereichs der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten (BGH v V ZR 82/10) Folie 14
15 Beschlusskompetenz für Verzicht nach 9 Abs. 1 UStG Kompetenz aus 21 Abs. 3, 28 Abs. 5 WEG? Beschlusskompetenz bejahen (treffend) - Jennißen, Die Verwalterabrechnung nach dem Wohnungseigentumsgesetz, 6. Aufl. 2009, Rn Jennißen, in: Jennißen, WEG, 2. Aufl. 2010, 28 Rn Jennißen/Schmidt WEG-Verwalter, 2. Aufl. 2010, Rn. A686 - Bärmann/Merle, WEG, 11. Aufl. 2010, 28 Rn. 83 Unsicher - Fischl, Praxis des Wohnungseigentumsrecht, 5. Aufl. 2010, Rn. E442 Siehe auch - OLG Hamm NJW-RR 1992, BayObLG ZMR 1996, 574 Folie 15
16 Anspruch auf Ausübung der Option Der WE-Gemeinschaft können durch die Option zusätzliche Kosten entstehen insbesondere in Gestalt von - Sondervergütung für Verwalter - Steuerberatungskosten (Erforderlichkeitsgrenze: 4 Nr. 4 StBerG) Übernimmt der betroffene Eigentümer (E1) diese Kosten (bedenke auch: 16 Abs. 3, 21 Abs. 7 WEG), wird ein Anspruch des Eigentümers auf entsprechende Wahrnehmung der Einzeloption bejaht etwa von - BayObLG ZMR 1996, Bärmann/Merle, WEG, 11. Aufl. 2010, 28 Rn. 83 Folie 16
17 Lösung Beispiel 4 Ja, die WE-Gemeinschaft kann nach Steuerrecht auf die Befreiung verzichten und zum USt.-Ausweis optieren. Nach WEG setzt das einen entsprechenden Beschluss der Eigentümer voraus. Der Verzicht kann auf bestimmte Eigentümer beschränkt werden (sog. Einzeloption). Es wird verbreitet ein Anspruch eines einzelnen Eigentümers auf Wahrnehmung der Einzeloption bejaht, sofern er etwaige Kosten trägt. Folie 17
18 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Prof. Dr. Florian Jacoby Direktor der Forschungsstelle für Immobilienrecht, Universität Bielefeld Universitätsstr. 25, Bielefeld Folie 18
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