Bericht über die Schuldenentwicklung der öffentlichen Haushalte
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- Ferdinand Becker
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1 23. August 2006 Bericht über die Schuldenentwicklung der öffentlichen Haushalte Die rasante Zunahme der Schulden in den neunziger Jahren führte dazu, dass die Bruttoschulden von Bund, Kantonen und Gemeinden im Jahr 2004 die Höhe von 239 Milliarden erreichten. Dies entspricht einer Bruttoverschuldungsquote von 53,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) oder anders ausgedrückt einer Pro-Kopf-Verschuldung von 32'000 Franken. Der Zinsendienst verschlingt jährlich sieben Milliarden oder knapp sieben Prozent der Steuereinnahmen. Dies schmälert entsprechend stark den Budgetspielraum. Im internationalen Vergleich steht die Schweiz immer noch gut da, jedoch war die Zunahme der Verschuldung in den neunziger Jahren viel ausgeprägter als in anderen Staaten. Dies bedeutet ein Verlust an Standortattraktivität. Damit die Stabilisierung der Verschuldungsquote nachhaltig gelingt, ist es unabdingbar die laufenden und vorgesehenen Verpflichtungen in die Beurteilung mit einzubeziehen und die erforderlichen Reformen (insbesondere bei der Sozialen Sicherheit) rechtzeitig an die Hand zu nehmen. Nur auf diese Weise sind die Finanzen der öffentlichen Haushalte dauerhaft ins Gleichgewicht zu bringen und Spielraum für die Bewältigung neuer Herausforderungen zu schaffen. Die Phase mit dem stärksten Schuldenwachstum wurde Anfang der neunziger Jahre eingeleitet. Die Bruttoverschuldungsquote der öffentlichen Haushalte in Prozent des BIP stieg von 29,9 Prozent (1990) auf 49,9 Prozent (2000). In absoluten Zahlen entsprach dies einer Zunahme um knapp 110 Milliarden auf insgesamt 207 Milliarden. Im Jahr 2004 lag die Bruttoschuld bei 239 Milliarden bzw. bei 53,5 Prozent des BIP. Untenstehende Grafik zeigt die rasante Entwicklung der Bruttoschulden seit 1990 sehr deutlich.
2 2 Grafik 1: Entwicklung der Bruttoschulden der öffentlichen Haushalte in Mrd. CHF Bund Kantone Gemeinden Quelle: EFV. Die Bundesschuld nahm dabei am deutlichsten zu und lag 2004 bei knapp 130 Milliarden. Damit war der Bund für mehr als die Hälfte aller Schulden von Bund, Kantonen und Gemeinden verantwortlich. Erklärung des Schuldenanstiegs am Beispiel der Bundesschuld Zwischen 1990 und 2004 erhöhte sich die Bundesschuld um 88 Milliarden. Für diesen massiven Schuldenanstieg waren folgende Faktoren verantwortlich: 40 Prozent der Schuldenzunahme sind auf Defizite in der Finanzrechnung zurückzuführen. Ein weiteres Drittel steht im Zusammenhang mit der Bereinigung von Altlasten. Darunter fallen insbesondere die Sanierung und Refinanzierung der SBB sowie die Übernahme der Deckungsfehlbeträge der Pensionskassen von Bund, Post und SBB und die Rekapitalisierung der RUAG. Über zehn Prozent geht auf die Finanzierung von Tresoreriedarlehen zurück, welche direkt über die Bilanz gewährt wurden und die noch nicht zurückbezahlt sind oder abgeschrieben werden mussten. Der grösste offene Posten stellen die seit 1998 dem Fonds für Eisenbahngrossprojekte (FinÖV) zur Verfügung gestellten Tresoreriemittel dar. Ausserdem wurde der ALV ein Tresoreriedarlehen gewährt, das über künftige Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge refinanziert werden muss.
3 3 Die Schweiz im internationalen Vergleich Aus den internationalen Vergleichen lässt sich Folgendes feststellen: Erstens ist das Niveau der öffentlichen Verschuldung in der Schweiz immer noch vergleichsweise tief. Zweitens war die Zunahme der Verschuldung in den betrachteten 14 Jahren aber viel ausgeprägter als in anderen Staaten, so dass bei einer unveränderten Fortführung der bisherigen Entwicklung die Schweiz die Toleranzgrenze der Maastrichtkriterien von 60 Prozent des BIP bald einmal überschreiten würde. Grafik 2: Veränderung der Verschuldungsquote zwischen 1990 und 2004 in %-Pkt. des BIP Irland Belgien Niederlande Dänemark USA Kanada Luxemburg Spanien Grossbritannien Österreich Schweden Ø OECD Schweiz Deutschland EU, Euroraum Finnland Frankreich Japan Quelle: OECD, EFV. Nettoverschuldung An diesem Bild ändert sich auch nichts, wenn anstelle der Bruttoverschuldung auf die Nettoverschuldung abgestellt wird, d.h. von den Bruttoschulden das Finanzvermögen in Abzug gebracht wird. Die beiden Reihen der Brutto- und Nettoverschuldung haben sich gleichläufig entwickelt. Die Nettoschulden von Bund, Kantonen und Gemeinden lagen 2004 bei 152 Milliarden, oder 34,1 Prozent des BIP. Der Einbezug der Vermögensseite in die Schuldenbetrachtung wirft zum Teil beträchtliche Bewertungsprobleme auf. Zudem stellt sich die Frage nach der Abgrenzung des Finanz- vom Verwaltungsvermögen. Angesichts der vielen Vorbehalte, welche gegenüber der Nettoschulden- Betrachtung gemacht werden müssen, bleibt die Bruttoverschuldungsquote ein brauchbarer Indikator für die Nachhaltigkeit der Finanzpolitik.
4 4 Trotz Stabilisation keine Entwarnung Die konsolidierten öffentlichen Haushalte inkl. Sozialversicherungen rechnen für 2009 mit einem praktisch ausgeglichenen Rechnungsergebnis. Diese deutliche Reduktion der Defizite wird dank der erwarteten konjunkturellen Erholung bei den Einnahmen und den positiven Auswirkungen der Sanierungsmassnahmen auf der Ausgabenseite erreicht. Die Entlastung der öffentlichen Haushalte wird sich entsprechend positiv auf die Schuldensituation auswirken. Trotz dieser Beruhigung an der Schuldenfront, darf noch keine Entwarnung gegeben werden. Die demographische Entwicklung und die Steigerung der Gesundheitsausgaben (welche voneinander nicht unabhängig sind) werden die öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erheblich belasten. In Langfristszenarien wird der finanzielle Mehrbedarf der Sozialversicherungen bis ins Jahr 2025 im Gegenwert von 2,7 BIP- Prozenten geschätzt. Ohne korrigierende Massnahmen auf der Leistungs- und/oder Finanzierungsseite, würden die obligatorischen öffentlichen Sozialversicherungen gewichtige Ausgabenüberschüsse registrieren. Diese würden zu einer Bruttoverschuldung der Sozialversicherungen im Jahr 2025 von rund 125 Milliarden oder 15 Prozent des BIP führen. Dies wird die Handlungsfähigkeit der Finanzpolitik erheblich einschränken. Um den Bundeshaushalt dauerhaft zu sanieren, müssen die eingeleiteten grundlegenden Reformen konsequent umgesetzt werden. Dazu gehören die systematische Überprüfung sämtlicher Aufgabengebiete, das Vorantreiben der Reformen in den grossen Aufgabengebieten (wie z. B IV-und AHV-Revisionen, Steuerreformen, Aufgabenentflechtungen) sowie die Verwaltungsreform. Zudem stehen in den nächsten Jahren in verschiedenen Aufgabengebieten grosse ausserordentliche Zahlungen an (wie z.b. die Ersteinlage in den Infrastrukturfonds und einmalige Zahlungen im Zusammenhang mit der Einführung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA)). Diese sind von der Schuldenbremse ausgenommen und führen zu einer Erhöhung der Verschuldung, falls sie nicht durch Finanzierungsüberschüsse kompensiert werden. Letztlich soll sichergestellt werden, dass die Vorschüsse an den FinöV-Fonds und die gewährten Darlehen an die ALV auch tatsächlich über zweckgebundene Einnahmen beziehungsweise Überschüsse zurück bezahlt werden. Um die Nachhaltigkeit der Finanzpolitik besser messen zu können, soll die Berichterstattung über die Schuldenentwicklung auf der Basis des
5 5 vorliegenden Berichtes weitergeführt und ein solcher in regelmässigen Abständen publiziert werden. Ausserdem erarbeitet die Eidg. Finanzverwaltung zurzeit einen Nachhaltigkeitsbericht auf der Basis der Finanzierungslücke. Diese langfristigen Projektionen sollen helfen, den zu erwartenden finanzpolitischen Handlungsbedarf rechtzeitig zu erkennen. Auskunft: Fritz Zurbrügg, Eidg. Finanzverwaltung, Tel: (031) Eva May, Eidg. Finanzverwaltung, Tel: (031) Ergänzende Dokumente zu dieser Medienmitteilung finden Sie auf unserer Website:
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