Recht, Gerechtigkeit und Wahrheit
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- Erna Bach
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1 Recht, Gerechtigkeit und Wahrheit Elisabeth Holzleithner After Work Forum Graz, Ein Gerechtigkeitsproblem Holzleithner Gerechtigkeit 2
2 Gerechtigkeit Primär für Beziehungen unter Menschen relevant Verteilung von Rechten und Pflichten, Gütern und Lasten was einer Person zusteht Vorsichtige, argwöhnische Tugend (David Hume) Divergieren von Interessen Interessen gerichtet auf dieselben knappen Güter Was über Gerechtigkeit hinausgeht Holzleithner Gerechtigkeit 3 Individuelle Tugend und institutionalisierte Anforderung Eine der vier Kardinaltugenden Mut, Besonnenheit, Weisheit, Gerechtigkeit Erste Tugend sozialer Institutionen (Rawls) Holzleithner Gerechtigkeit 4
3 Gerechtigkeit als Tugend Korrektive Funktion von Tugenden Abwehr lauernder Versuchungen Warum handeln Menschen ungerecht? Rolle des Gerechtigkeitssinns Emotionen Instrumentelle Rationalität versus Vernünftigkeit Holzleithner Gerechtigkeit 5 Gerechtigkeit als institutionelle Anforderung Herausforderungen menschlichen Zusammenlebens unter Anwendungsbedingungen der Gerechtigkeit (John Rawls) Mäßige Knappheit von notwendigen und begehrenswerten Gütern Unterschiedliche Vorstellungen und Ansprüche; Bürden des Urteilens (Rawls) Gerechtigkeit Koordination und Kooperation Holzleithner Gerechtigkeit 6
4 Ebenen institutionalisierter Gerechtigkeit Lokal Geographisch Bereichsbezogen Staat Global Nationalstaaten und andere internationale Akteure Holzleithner Gerechtigkeit 7 Grundmaßstäbe der Gerechtigkeit Jedem das Seine (Platon) Gleiches gleich, ungleiches ungleich behandeln (Aristoteles) Fragen: Was steht einer Person als das Ihre zu? Nach welchen Kriterien ist jemand oder etwas (in einer bestimmten Situation) als gleich oder ungleich zu bewerten? Holzleithner Gerechtigkeit 8
5 Unhintergehbare Gleichheit Jeder Mensch hat das Recht auf gleiche Achtung und Berücksichtigung (Dworkin) Formale Gleichbehandlung Herstellung materieller Gleichheit Kontext: Soziale Hierarchien Holzleithner Gerechtigkeit 9 Multidimensionale Positionierung Kontradiktorische Subjektpositionen Citizenship Politische & Soziale Berechtigung Alter Soziale Position Sozio ökonomisch; Respektabilität Sex Genitalien Hormone Chromosomen Gender Stereotypen Prototypen Darstellungen Sexuelle Orientierung homo, hetero, bi queer Gender Identifikation Mit dem Körper Mit den Normen Ethnizität Race Körperliche Eigenheiten & Fähigkeiten Verwandtschaft Bildung & Ausbildung Generativität Elternschaft Verantwortung für andere Position bzgl. Arbeitsmarkt Religion Kultur Weltanschauung Sprache Holzleithner Legal Gerechtigkeit Gender Studies 10
6 Unparteilichkeit Verbot, parteiliche Interessen in Begründung und Anwendung von Regeln der Gerechtigkeit hineinzutragen Verallgemeinerbarkeit eine Regel muss sich als allgemeines Gesetz (Kant) denken lassen können Holzleithner Gerechtigkeit 11 Grundformen der Gerechtigkeit Politische Gerechtigkeit Menschliche Herrschaftsverhältnisse Soziale Gerechtigkeit Zugang zu Ressourcen: Verteilungsgerechtigkeit Tauschgerechtigkeit Korrektive Gerechtigkeit Ausgleich von erlittenem Schaden, Strafe Holzleithner Gerechtigkeit 12
7 Verfahrensgerechtigkeit Gerechte Ergebnisse stellen sich nicht von selbst ein. Verfahren Unvollkommene Verfahrensgerechtigkeit Z.B. im Rechtswesen Vollkommene Verfahrensgerechtigkeit Das Tortenbeispiel Holzleithner Gerechtigkeit 13 Gerechtigkeit: ein leeres Ideal? Schwindendes Vertrauen in die Fähigkeit des Staates, Gerechtigkeit herzustellen Vertrauenswürdigkeit demokratisch legitimierter Institutionen Gemeinsamkeit der Anstrengungen Schilda, der Wein und das Trittbrettfahren Holzleithner Gerechtigkeit 14
8 Recht und Gerechtigkeit Geschichtliche Perspektiven Frage nach Stellenwert der Gerechtigkeit für das Recht so alt wie das Recht selbst Gerechtigkeit soll Rechtsordnung davor bewahren, bloßes Instrument brutaler Machtausübung zu sein Was anders sind also Reiche, wenn ihnen Gerechtigkeit fehlt, als große Räuberbanden? (Augustinus) Holzleithner Gerechtigkeit 15 Immanuel Kants Legitimation von Recht als Freiheitsordnung Inbegriff der Bedingungen, unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann. Freiheit im Sinne einer verantworteten Selbstbestimmung Recht soll Menschen als Subjekt verantworteter Freiheitanerkennen Menschenrechte Holzleithner Gerechtigkeit 16
9 Holzleithner Gerechtigkeit 17 Rechtspositivismus Trennung von Recht und Moral Gerechtigkeit ist nur für Rechtsgestaltung relevant Frage der Gerechtigkeit hat für die Geltung einer Norm keine Relevanz Radikal wertrelativistische Haltung: Alles kann als gerecht bezeichnet werden alles kann Inhalt einer Norm sein Einwand: Fixpunkte aus leidvollen Erfahrungen Menschenrechte Holzleithner Gerechtigkeit 18
10 Juristische Umsetzung geschichtliche Voraussetzungen Antwortcharakter der Menschenrechte exemplarische Unrechtserfahrungen Situationen und Ereignisse, deren Durchleben durch die Betroffenen oder deren Kenntnisnahme durch Dritte zu einem elementaren und gleichsinnigen Urteil als ungerecht führt, selbst wenn die Betroffenen und die Dritten unterschiedlichen Gruppen und Kulturen angehören (Winfried Brugger) universelles Moment // Wahrheit? Holzleithner Gerechtigkeit 19 Menschenrechte Legitimieren positive Rechtsordnungen Limitieren ihren Inhalt Völkerrechtlich und innerstaatliche positiviert Überschreiten von Geltungsbegründung her diese Positivierung (a priori) In den Menschenrechten zeigt sich die notwendige Anerkennung des Menschen als Subjekt verantworteter Freiheit Holzleithner Gerechtigkeit 20
11 Zum momentanen Stand der Menschenrechte Entwicklung inhaltlicher Konstanten Unhintergehbarer Standard der Rechtskultur Kein endgültig überzeitlicher Katalog von Rechten Offenheit gegenüber sich wandelnden geschichtlichen Herausforderungen Entwicklungen unterworfen neue Menschenrechtssubjekte neue Menschenrechte Holzleithner Gerechtigkeit 21 Idee des liberal demokratischen Rechtsstaats Angemessene Regelungen für die Herausforderungen des Zusammenlebens in pluralistischen, weitgehend marktwirtschaftlichen, von Systemen der sozialen Sicherheit abgefederten und technologisierten Gesellschaften Bemühen des Gesetzgebers: allgemein zustimmungsfähige Lösungen für Probleme Demokratische Realität: Kompromisse, Akzeptieren von Abstimmungsergebnissen Holzleithner Gerechtigkeit 22
12 Legitimität von Recht ist nicht gegeben Legitimität ist eine Aufgabe Bemühen der rechtlichen Institutionen und jeder einzelnen darin tätigen Person individuelle Handlungen und Handlungen Einstellen von Vertrauen in Institutionen Vertrauenswürdigkeit kostbares Gut Holzleithner Gerechtigkeit 23 Gerechtigkeit in der Rechtsanwendung Rechtsanwendung als Fall unvollkommener Verfahrensgerechtigkeit Ideal: Urteil, das für die Betroffenen erträglich und allgemein zustimmungsfähig ist Holzleithner Gerechtigkeit 24
13 Rechtsanwendung und Verfahrensgerechtigkeit Prinzipien Richterliche Unparteilichkeit Anspruch auf rechtliches Gehör Öffentlichkeit von Verfahren Möglichkeit, ein Rechtsmittel einzulegen Strafrecht: Unschuldsvermutung, keine Strafe ohne Gesetz, Rückwirkungsverbot Holzleithner Gerechtigkeit 25 Rechtsanwendung Fragen der Interpretation Inhaltliche Fragen richtige Interpretation des vorliegenden Rechts im Lichte des zu entscheidenden Falls Kanon der Interpretation Interpretation im Lichte von Rechtsprinzipien bei hoher Interpretationsoffenheit oder gar Fehlen von Normen Abwägung Dagegen Rechtspositivismus: jede denkmögliche Interpretation: vom Gericht frei zu wählen Holzleithner Gerechtigkeit 26
14 Rechtsanwendung: Auf der Suche nach der Wahrheit? Unzuverlässiges Erzählen Interessenleitung Lügen Bürden der Vernunft They don t teach it in law school. (Ronda Pearlman, The Wire 05.07) Holzleithner Gerechtigkeit 27
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