III.3 Lösung der freien Dirac-Gleichung
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- Adolph Schäfer
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1 III.3 Lösung der freien Dirac-Gleichung Dieser Abschnitt geht auf die Lösungen der Gleichung III.6 und einige deren Eigenschaften ein, beginnend mit ebenen Wellen Abschn. III.3.. Dann wird die zweite Quantisierung dieser Lösungen in Abschn. III.3.2 kurz dargestellt. Schließlich befasst sich Abschn. III.3.3 mit zwei Größen, die eine Lösung charakterisieren. III.3. Wellenlösungen Da die Dirac-Gleichung eine lineare Differentialgleichung erster Ordnung ist, sucht man nach Lösungen in Form von ebenen Wellen. Sei also ψx u p e ip x/, III.2 wobei der Dirac-Spinor u p ortsunabhängig ist. Dieser spielt die gleiche Rolle, wie der Polarisationsvektor bei den Lösungen der Maxwell-Gleichungen [vgl. Abschn. IV.2]. Setzt man diesen Ansatz in die Dirac-Gleichung III.6a ein, so kommt dank der Beziehung i µ e ip x/ = p µ e ip x/ / die Gleichung γ µ p µ mc u p = p mc u p =. III.2a Diese Gleichung bedeutet, dass u p Eigenvektor der Matrix p mit dem Eigenwert mc ist. In der Standard-Darstellung lautet die Gleichung p mc 2 p σ ua p =, III.2b p σ p mc 2 u B p mit u A p und u B p einspaltigen zweikomponentigen Vektoren, während p σ p j σ j mit σ j den Pauli-Matrizen. Diese Matrixgleichung gibt sofort p mcu A p p σ u B p =, p σ u A p p + mcu B p d.h. u A p = p mc p σ u B p, u B p = Setzt man die zweite Gleichung in die erste ein, so ergibt sich u A p = p 2 m 2 c 2 p σ 2uA p = p + mc p σ u A p. p 2 m 2 c 2 pi σ i p j σ j u A p. Unter Verwendung der Beziehung σ i σ j = δ ij 2 + i ɛ ijk σ k findet man p i σ i p j σ j = p 2 2, so dass die letztere Gleichung auch als p 2 u A p = p 2 m 2 c 2 u A p geschrieben werden kann. Daraus folgt, dass die Komponenten des Vierervektors p im Lösungsansatz III.2 die Relation p 2 = p 2 m 2 c 2 erfüllen sollen, d.h. p c = ± p 2 c 2 + m 2 c 4 = ±E p. III.22 Somit hat die Dirac-Gleichung III.6a, ähnlich wie die Klein Gordon-Gleichung II.4, zwei Arten von Lösungen, mit positiver Energie p > sowie mit negativer Energie p <. Beide Wellenarten sind durch Viererimpulse p charakterisiert, die der relativistischen Energie Impuls- Beziehung p 2 = p 2 + m 2 c 2 genügen. III. Dirac-Gleichung 32
2 Bemerkungen: Alternativ kann man ausgehend von der Matrixgleichung III.2 sagen, dass diese nur dann nicht-triviale Lösungen hat, wenn die Determinante der Matrix p mc 4 verschwindet, was sofort zur Bedingung III.22 führt. Natürlich ist es ziemlich bedeutsam, dass die Lösungen mit negativer Energie wieder vorkommen, obwohl eines der Ziele Diracs bei der Suche nach einer relativistischen Wellengleichung von erster Ordnung in der Zeit war, solche Lösungen zu vermeiden. III.3. a Lösungen positiver oder negativer Energie Multipliziert man die Gl. III.2a links mit γ, so ergibt sich unter Berücksichtigung der Relationen III.2 p p k γ γ k mcγ u p =, d.h. mcγ p k γ γ k u p = p u p. Diese Gleichung stellt für jeden p eine Eigenwert-Gleichung für die Matrix mcγ p k γ γ k dar. Nach Gl. III.22 sind die möglichen Eigenwerte entweder p = +E p /c oder p = E p /c. Da die Matrix mcγ p k γ γ k spurlos ist, soll jeder Eigenwert zweimal vorkommen. Zunächst werden die Lösungen mit positiver Energie p > betrachtet und als u p e ip x/ geschrieben, mit u p einer Lösung von Gl. III.2a. Dank der Beziehung p mc 4 p + mc 4 = p 2 m 2 c 2 4 kann man für den Dirac-Spinor u p die Form u p = N + p p + mc u annehmen, mit N + p R einer p-abhängigen, vgl. unten Normierungskonstante und u einem p-unabhängigen Dirac-Spinor. Die zwei unabhängigen Spinzustände, entsprechend der oben diskutierten zweifachen Entartung des Eigenwerts p = +E p /c, werden als gewählt, mit ξ ± definiert durch u = ξ± ξ +, ξ. III.23 Mithilfe der Bezeichnung σ ± lautet die Lösung mit Impuls p und positiver Energie p > u p, σ = N + p p + mc ξ σ. III.24 In der Standard-Darstellung der Dirac-Matrizen lautet diese Lösung E p /c + mc ξ σ u p, σ = N + p. III.25 p σ ξσ Sei v p e +ip x/ eine Lösung negativer Energie, wobei jetzt p = +E p /c dank einer Umbenennung p µ p µ, vgl. Absch. II.2.. Man zeigt einfach, dass v p eine Lösung der Gleichung γ µ p µ + mc v p = p + mc v p =. III.26 sein soll. Als Lösungsansatz kann man die Form v p = N p p mc v annehmen, mit N p bzw. v einer Normierungskonstante bzw. einem Dirac-Spinor. Für den Letz- III. Dirac-Gleichung 33
3 teren sind zwei mögliche unabhängige Wahlen v =, wobei ξ + und ξ durch Gl. III.23 gegeben sind. Somit gilt schließlich für die Lösungen mit Impuls p und negativer Energie v p, σ = N p p mc. III.27 In der Standard-Darstellung der Dirac-Matrizen lautet dies p σ ξ σ v p, σ = N p E p /c + mc. III.28 ξ III.3. b Lösungen mit p = Für die Lösungen mit p = geben Gl. III.24 und III.27 unter Verwendung von p = γ p und p = p = mc jeweils p +mc 2 ξσ ξσ u, σ = N + = 2mcN +, p +mc 2 und v, σ = N p mc 2 p mc 2 = 2mcN Diese Ergebnisse erklären im Nachhinein die Stelle von ξ σ in den Dirac-Spinoren u p, σ oben und v p, σ unten. III.3. c Normierung der Lösungen Bisher wurden die Normierungskonstanten N + p und N p in den Lösungen III.24, III.27 nicht spezifiziert. Eine im Folgende nützliche Wahl für diese Konstanten ist N + p = E p /c + mc, N p = Dies führt zu den Lorentz-invarianten Normierungen E p /c + mc.. III.29 ū p, σu p, σ = 2mc δ σσ, III.3a und v p, σv p, σ = 2mc δ σσ ū p, σv p, σ = v p, σu p, σ = III.3b III.3c mit ū, v den Dirac-adjungierten Spinoren. Betrachtet man statt der Letzteren die hermiteschkonjugierten Spinoren, so lauten die Normierungen u p, σ u p, σ = v p, σ v p, σ = 2E p c δ σσ. III.3d Beweis der Beziehungen III.3: Aufgabe 4 III. Dirac-Gleichung 34
4 III.3. d Vollständigkeitsrelation Für die Beschreibung von eilchenstoß-experimenten, in denen der Spin der beteiligten eilchen nicht gemessen wird entsprechend der Mehrheit der Experimente, ist es nützlich, die Summe über Spinzustände 9 σ = ± zu kennen. Es gelten die Vollständigkeitsrelationen u p, σū p, σ = p + mc 4 III.33a und v p, σ v p, σ = p mc 4. Diese Beziehungen lassen sich einfach nachprüfen. Beispielsweise lautet einer der Beiträge zur 4 4-Matrix auf der linken Seite der Gl. III.33a unter Nutzung der Gl. III.24 und III.3 u p, σū p, σ = N + p 2 p ξ σ ξ + mc 4 σ p + mc 4. ξσ ξ Dabei ist σ gleich einer diagonalen 4 4-Matrix, und zwar ξσ ξ σ { diag,,, für σ = + = diag,,, für σ =, so dass ξσ ξ σ 2 =. Dann ergibt sich in der Standard-Darstellung p u p, σū p, σ = N + p 2 +mc 2 p σ 2 p +mc 2 p σ p σ p +mc 2 p σ p. +mc 2 Dies gibt gerade das Resultat III.33a. III.3.2 Zweite Quantisierung der Wellenlösungen III.33b Wie bei den Lösungen der Klein Gordon-Gleichung erfolgt die korrekte Deutung der Lösungen der Dirac-Gleichung über die zweite Quantisierung. Dabei wird die allgemeine Lösung der Gleichung geschrieben als eine Linearkombination aller möglichen ebenen Wellen der ype u p, σ e ip x/ und v p, σ e +ip x/ mit jeweiligen Amplituden: [ ψx = c p,σ u p, σ e ip x/ + d d p,σ v p, σ eip x/ ] 3 p 2π 3 2E p /c. In einem zweiten Schritt werden diese komplexen Zahlen c p,σ, d p,σ durch Operatoren ĉ p,σ, ˆd p,σ mit geeigneten Vertauschungsrelationen ersetzt. Man zeigt, da diese Relationen auf Antikommutatoren {, } beruhen sollen: {ĉ p,σ, ĉ q,σ } = δ 3 p q δ σσ, { ˆd p,σ, ˆd q,σ } = δ 3 p q δ σσ, III.34a während alle anderen Antikommutatoren verschwinden } { {ĉ p,σ, ĉ q,σ = ˆd p,σ, ˆd } q,σ = =. III.34b 9 Diese Bezeichnung wird im Abschn. III.3.3 a unten gerechtfertigt. III. Dirac-Gleichung 35
5 Die Wahl zwischen Kommutatoren für eilchen mit ganzzahligem Spin und Antikommutatoren für eilchen mit halbzahligem Spin ist natürlich nicht beliebig, sondern folgt aus zwei Forderungen. Erstens soll die Energie positiv sein, so dass den Moden mit negativer Energie Erzeugungsoperatoren assoziiert werden sollen. Dazu soll die heorie lokal sein, d.h. Operatoren bezüglich Raumzeit-Punkte x, x, getrennt durch ein raumartiges Intervall x x 2 <, sollen miteinander antikommutieren. Somit lautet der Dirac-Feldoperator [ ˆψx = ĉ p,σ u p, σ e ip x/ + ˆd d p,σ v p, σ eip x/ ] 3 p 2π 3 2E p /c und dessen Dirac-adjungiertes Feld [ ˆ ψx = ĉ p,σ ū p, σ eip x/ + ˆd p,σ v p, σ e ip x/ ] d 3 p 2π 3 2E p /c. III.35a III.35b Bemerkung: Die Dimension des Dirac-Feldes lässt sich aus Gl. III.3a, III.34a und III.35a erkennen: [ ˆψ] = [ L 3/2 ], wie bei einer Schrödinger-Wellenfunktion. In einem System natürlicher Einheiten hat ˆψ die Dimension von E 3/2. Ähnlich wie beim Klein Gordon-Feld in Abschn. II.3.2 kann man zwei physikalische Operatoren benutzen, um die Deutung der Leiteroperatoren ĉ p,σ, ˆd p,σ zu erkennen. Beispielsweise kann man den Hamilton-Operator entsprechend der Dirac-Gleichung schreiben als 2 Ĥ = ĉ p,σĉ p,σ ˆd [ p,σ ˆd E p d 3 p = ĉ p,σĉ p,σ + ˆd ˆd ] p,σ p,σ δ 3 E p d 3 p. III.36 p,σ Interpretiert man ĉ p,σ, ˆd p,σ als Vernichtungsoperatoren, und ĉ p,σ, ˆd p,σ als Erzeugungsoperatoren, so sind ĉ p,σĉ p,σ und ˆd ˆd p,σ p,σ Besetzungszahloperatoren: jede eilchenart trägt positiv zur Gesamtenergie bei. Interessanterweise kommt der Beitrag des Vakuums hier mit einem Minus-Vorzeichen, im Vergleich zum Plus-Vorzeichen in Gl. II.5. Bemerkungen: Die einzigen Eigenwerte der Besetzungszahloperatoren ĉ p,σĉ p,σ und ˆd p,σ ˆd p,σ sind entweder entsprechend der Abwesenheit von eilchen mit Impuls p und Spinzustand σ oder. Im Gegensatz zu den eilchenoperatoren für Spin--eilchen sind höhere Besetzungszahlen in einer Mode hier nicht möglich, entsprechend dem Pauli-Prinzip. Sei n ein Eigenwert eines Operators ĉ ĉ, wobei ĉ und ĉ antikommutieren, und n ein zugehöriger Eigenvektor: ĉ ĉ n = n n. Aus {ĉ, ĉ } = ˆ folgt n n = ˆ ĉĉ n = n ĉĉ n. Wenn n, dann gilt n = n ĉ ĉ n, so dass ĉĉ n = n ĉĉ ĉ ĉ n =, wobei die zweite Gleichung aus ĉ ĉ = 2 {ĉ, ĉ } = folgt. Somit bleibt n n = n, d.h. n =. Allgemeiner lassen sich eilchen mit ganzzahligem Spin durch kommutierende Operatoren beschreiben, was zu einer Bose Einstein-Statistik führt: sie sind also Bosonen. Dagegen sollen eilchen mit halbzahligem Spin durch antikommutierende Operatoren beschrieben werden, und genügen deshalb der Fermi Dirac-Statistik: solche eilchen sind Fermionen. In supersymmetrischen heorien entspricht jedem bosonischen Freiheitsgrad ein fermionischer Freiheitsgrad. Dank den entgegengesetzten Vorzeichen der bosonischen und fermionischen Beiträge zur Vakuumsenergie verschwindet dann die Letztere. 2 Durch die Feldoperatoren ausgedrückt lautet der Hamilton-Operator Ĥ = c ˆ ψt, x i γ + mc ˆψt, x d 3 x = c ˆψt, x iγ γ + mc γ ˆψt, x d 3 x. III. Dirac-Gleichung 36
6 Multipliziert man die Dirac-Gleichung III.6a von links mit ψx, und die Dirac-adjungierte Gleichung III.9 von rechts mit ψx, und addiert man beide Gleichungen, so findet man i µ [ ψxγ µ ψx ] =, entsprechend einer Kontinuitätsgleichung für die Viererstromdichte Somit ist i 2m j µ i Dirac x 2m ψxγ µ ψx. ψt, xγ ψt, x d 3 x eine Erhaltungsgröße. Aus Gl. III.35 folgt ˆN = i ˆ ψt, xγ ˆψt, x d 3 x = [ĉ 2m p,σĉ p,σ ˆd ˆd ] p,σ p,σ d 3 p, III.37 III.38 d.h. die beiden eilchenarten tragen mit entgegengesetzten Vorzeichen zur Erhaltungsgröße bei: die mit ˆd, ˆd -Operatoren beschriebenen eilchen sind die Antiteilchen zu denen, die durch ĉ, ĉ beschrieben sind. Bemerkung: Im Gegensatz zur -Komponente der Klein Gordon-Viererstromdichte II.8 ist jdirac x immer eine positiv definite reelle Zahl. Somit kann ρ Dirac x j Dirac x/c als eine Wahrscheinlichkeitsdichte interpretiert werden, ähnlich der mit einer Schrödinger-Wellenfunktion assoziierten Wahrscheinlichkeitsdichte. Zusammenfassend wirken die verschiedenen Leiteroperatoren wie folgt: ĉ p,σ vernichtet ein eilchen mit Impuls p und Spinzustand σ, das also im Anfangszustand eines Stoßprozesses vorhanden sein muss. Somit steht dieser Vernichter für ein einlaufendes eilchen. ĉ p,σ erzeugt ein eilchen mit Impuls p und Spinzustand σ, das sich also im Endzustand einer Kollision befinden wird: dieser Erzeugungsoperator repräsentiert ein auslaufendes eilchen. ˆd p,σ vernichtet ein in einem Streuprozess einlaufendes Antiteilchen mit Impuls p und Spinzustand σ. ˆd p,σ erzeugt ein in einem Streuprozess auslaufendes Antiteilchen mit Impuls p und Spinzustand σ. III. Dirac-Gleichung 37
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