Formelsammlung zur Vorlesung. Kartenentwürfe. Hans Havlicek
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- Ewald Gerber
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1 Formelsammlung zur Vorlesung Kartenentwürfe Hans Havlicek Institut für Diskrete Mathematik und Geometrie der TU Wien Forschungsgruppe Differentialgeometrie und Geometrische Strukturen Internet: Sommersemester 006 Einheitssphäre als Flächenstück (geographische Koordinaten) U := ( π,π) ( π, π ) ist das Parameterrechteck,, u1 = geographische Länge und u = geographische Breite. x 1, x und x 3 sind kartesische Koordinaten. f : U R 3 ist gegeben durch: x 1 (u 1,u ) = f 1 (u 1,u ) = cosu 1 cos u x (u 1,u ) = f (u 1,u ) = sinu 1 cos u (1) x 3 (u 1,u ) = f 3 (u 1,u ) = sinu f(u) =: Σ ist die längs einem Halbmeridian aufgeschnittene Einheitssphäre. Die partiellen Ableitungen von (1) sind: f 1,1 (u 1,u ) = sin u 1 cosu f,1 (u 1,u ) = cosu 1 cosu f 3,1 (u 1,u ) = 0 f 1, (u 1,u ) = cos u 1 sin u f, (u 1,u ) = sin u 1 sin u f 3, (u 1,u ) = cosu () Polarkoordinaten in der Ebene U := ( π,π) R + ist der Parameterbereich der Polarkoordinaten, u 1 = Polarwinkel, u = Abstand vom Ursprung. x 1 und x sind kartesische Koordinaten. Die Funktion f : U R ist gegeben durch: x 1 (u 1,u ) = f 1 (u 1,u ) = u cosu 1 x (u 1,u ) = f (u 1,u ) = u sin u 1 (3) Allgemeiner Ansatz für einen Kegelentwurf Der Winkelstauchfaktor n ist eine Konstante mit 0 < n < 1. Das offene Intervall I ( π, π gibt die Zone an, welche abgebildet wird, und ρ : I R + beschreibt, wie ein (und dann jeder) Meridiankreisbogen in der Karte erscheint. 1 )
2 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe u 1 (u 1 ) = nu 1 u (u ) = ρ(u ) (4) Abstandstreuer Kegelentwurf mit Berührparallelkreis Sonderfall von (4). Der Berührparallelkreis hat die Breite a mit 0 < a < π, I = ( π, π ) : n = sin a ρ(u ) = (cota ) + a u (5) Allgemeiner Ansatz für einen azimutalen Entwurf Grenzfall von (4) für n = 1. Das Intervall I ( π, π ) hat π als Randpunkt und lim = 0: u π/ u 1 (u 1 ) = u 1 u (u ) = ρ(u ) (6) Abstandstreuer azimutaler Entwurf Sonderfall von (6): ρ(u ) = π u (7)
3 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 3 Allgemeiner Ansatz für einen Zylinderentwurf n R + ist eine Konstante, das Intervall I ( π, π ) gibt die Zone an, welche abgebildet wird, und ρ : I R beschreibt, wie ein (und dann jeder) Meridiankreisbogen in der Karte erscheint: x 1 (u 1 ) = nu 1 x (u ) = ρ(u ) (8) Abstandstreuer Zylinderentwurf (Äquator ist Berührparallelkreis) Sonderfall von (8), wobei I = ( π, π ) : n = 1 ρ(u ) = u (9)
4 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 4 Beschreibung durch gleiche Koordinaten α ist ein Kartenentwurf mit der Definitionsmenge f(u ), wobei U U ein Gebiet ist. Dann gibt es genau eine Abbildung f : U R mit f (u 1,u ) = α(f(u 1,u )) für alle (u 1,u ) U. (10) Kurz: Jeder Kugelpunkt und sein Bildpunkt in der Karte werden durch gleiche Koordinaten (u 1,u ) U beschrieben. Angabe der Affinität α p α ist ein Kartenentwurf und a = (a 1,a ) U fest gewählt. Die Affinität α p bildet die Tangentialebene der Sphäre in p = f(a 1,a ) auf die Kartenebenen ab und leistet: f(a) = p α(p) = f (a), p + f,i (a) α(p) + f,i(a) für i = 1,. (11) Erste Grundform für geographische Koordinaten Vgl. dazu (1) und (): g 11 (u 1,u ) = cos u, g 1 (u 1,u ) = 0, g (u 1,u ) = 1. (1) Hauptverzerrungstangenten und Hauptverzerrungen in p = f(a) Für a U sind G(a) = (g jk (a)) und G (a) = (g jk (a)) invertierbare symmetrische Matrizen. y 1 f,1 (a) + y f, (a) ist Richtungsvektor einer Hauptverzerrungstangente in p (y 1,y ) R ist Eigenvektor der Matrix G (a)g 1 (a). (13) Die zugehörige Hauptverzerrung ist: y 1 f,1(a) + y f,(a) y 1 f,1 (a) + y f, (a) = y 1g 11(a) + y 1 y g 1(a) + y g (a) y 1g 11 (a) + y 1 y g 1 (a) + y g (a) (14) Kennzeichnung der Winkeltreue in p = f(a) α ist konform in p α p ist Ähnlichkeit λ > 0 : λ g jk (a) = g jk(a) für j,k = 1,. (15) Genau für λ = 1 ist der Kartenentwurf im Punkt p sogar isometrisch.
5 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 5 Hauptverzerrungen Diese Formeln gelten nur dann, wenn die Längen- und die Breitenkreistangenten in allen Punkten von f(u ) Hauptverzerrungstangenten sind. λ 1 (u 1,u ) = f,1(u 1,u ) f,1 (u 1,u ) = g 11(u 1,u ) g 11 (u 1,u ), (16) λ (u 1,u ) = f,(u 1,u ) f, (u 1,u ) = g (u 1,u ) g (u 1,u ). (17) Erste Grundform für Kegelentwurf und azimutalen Entwurf (allgemein) Vgl. (4) und (6). Bei einem azimutalen Entwurf ist n = 1 zu setzen. ( ) g 11(u 1,u ) = n ρ (u ), g 1(u 1,u ) = 0, g dρ(u ) (a) =. (18) du Hauptverzerrungen für Kegelentwurf und azimutalen Entwurf (allgemein) Vgl. (4) und (6). Bei einem azimutalen Entwurf ist n = 1 zu setzen. λ 1 (u 1,u ) = nρ(u ), λ (u 1,u ) = dρ(u ) cosu du. (19) Erste Grundform für Zylinderentwurf (allgemein) Vgl. (8). ( ) g 11(u 1,u ) = n, g 1(u 1,u ) = 0, g dρ(u ) (a) =. (0) du Hauptverzerrungen für Zylinderentwurf Vgl. (8). λ 1 (u 1,u ) = n cosu, λ (u 1,u ) = dρ(u ) du. (1) Abstandstreuer Kegelentwurf mit zwei längentreuen Breitenkreisen Sonderfall von (4) mit I = ( π, π ). Die beiden Breitenkreise sind gegeben durch π < a < b π, wobei aber cos a > cos b : n = cos a cos b b a, ρ(u ) = b + (b a ) cos b cos a cos b u. ()
6 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 6 a = 10 N, b = 0 N. a = 5 N, b = 55 N. a = 35 N, b = 65 N. Grenzfall, wobei ein Breitenkreis zum Nordpol degeneriert. a = 50 N, b = 90 N.
7 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 7 Abstandstreuer Zylinderentwurf mit zwei längentreuen Breitenkreisen Sonderfall von (8), wobei I = ( π, π ). Die beiden Breitenkreise sind gegeben durch ±a mit 0 < a < π : n = cos a, ρ(u ) = u. (3) a = 0 N a = 50 N a = 80 N Konformer Kegelentwurf Sonderfall von (4), wobei I = ( π, π ) : ( π ρ(u ) = C tan ±n 4 + u ) mit C > 0. (4) Für ein seitenrichtiges Bild ist bei ±n das negative Vorzeichen zu wählen.
8 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 8 Konformer Kegelentwurf mit einem Berührparallelkreis Sonderfall von (4). Der Berührparallelkreis hat die Breite a mit 0 < a < π: ( n = sin a, C = cota tan sin a π 4 + a ) (5) Konformer Azimutalentwurf Sonderfall von (6), wobei I = ( π, π ) : ρ(u ) = C cot ( π 4 + u ) mit C > 0. (6) Stereographische Projektion (6) beschreibt die stereographische Projektion aus dem Südpol auf die zur Äquatorebene parallele Ebene mit der Gleichung x 3 = C 1: insbesondere für C = 1 die Projektion auf die Äquatorebene und für C = die Projektion auf die Tangentialebene im Nordpol.
9 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 9 Konformer Zylinderentwurf Sonderfall von (8), wobei I = ( π, π ) : ( ( π ρ(u ) = ±n log tan 4 + u )) + C mit C R. (7) Für ein seitenrichtiges Bild ist bei ±n das positive Vorzeichen zu wählen. Konformer Zylinderentwurf von Mercator (Seekarte) n = 1, ( ( π ρ(u ) = log tan 4 + u )) (8) Konformer Kegelentwurf mit zwei längentreuen Breitenkreisen Sonderfall von (4) mit I = ( π, π ). Die beiden Breitenkreise sind gegeben durch π < a < b < π, wobei aber cos a > cos b : n = log(cosa ) log(cosb ) log ( tan ( π + )) ( ( b 4 log tan π + )), C = cos b a 4 n ( π tan n 4 + b ) Konformer Zylinderentwurf mit zwei längentreuen Breitenkreisen Sonderfall von (8), wobei I = ( π, π ). Die beiden Breitenkreise sind gegeben durch ±a mit 0 < a < π : n = cosa, ( ( π ρ(u ) = cosa log tan 4 + u )) (9) (30)
10 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 10 Maximale Winkelverzerrung von α p Im Punkt p = f(a) Σ gilt: δ(a) = 4 arctan λ 1 (a) λ (a) π = arcsin Die Bezeichnung der Hauptverzerrungen ist dabei beliebig. λ 1 (a) λ (a) λ 1 (a) + λ (a) (31) Flächenverzerrung von α p Im Punkt p = f(a) Σ gilt mit g(a) := det(g jk ) = detg und g := det(g jk (a) = detg : ω(a) = g (a) g(a) (3) Kennzeichnung der Flächentreue in p = f(a) α ist flächentreu in p α p ist flächentreu g(a) = g (a). (33) Flächentreuer Kegelentwurf Sonderfall von (8), wobei das Intervall I (der maximal mögliche Definitionsbereich für ρ) von der Wahl der Integrationskonstanten C und von n abhängt: ρ(u ) = C ± n sin u mit C R (34) Für ein seitenrichtiges Bild ist bei ± n das negative Vorzeichen zu wählen. Flächentreuer Kegelentwurf mit einem Berührparallelkreis Sonderfall von (37). Der Berührparallelkreis hat die Breite a mit 0 < a < π. Das ergibt Nach einfacher Umformung folgt daraus : n = sin a, C = + cot a. ρ(u ) = 1 + sin a sin a sin u sin a (35)
11 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 11 Flächentreuer azimutaler Entwurf (Lambert) Sonderfall von (6), wobei I = ( π, π ) bzw. Grenzfall von (34) mit n = 1 und C = : ρ(u ) = sin u (36) Flächentreuer Zylinderentwurf Sonderfall von (8), wobei I = ( π, π ) : ρ(u ) = ± sin u n + C mit C R (37) Flächentreuer Zylinderentwurf von Lambert Sonderfall von (37) mit n = 1 und C = 0: ρ(u ) = sin u (38)
12 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 1 Flächentreuer Kegelentwurf mit zwei längentreuen Breitenkreisen Sonderfall von (34), wobei I = ( π, π ). Die beiden Breitenkreise sind gegeben durch π < a < b π, wobei aber cos a > cos b : n = sin a + sinb, C = ( cos a n ) + sin a n (39) a = 50 N, b = 90 N Flächentreuer Zylinderentwurf mit zwei längentreuen Breitenkreisen Sonderfall von (37), wobei I = ( π, π ). Die beiden Breitenkreise sind gegeben durch ±a mit 0 < a < π : n = cos a, C = 0 (40)
13 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 13 a = 0 N Perspektiver Entwurf (azimutal) Sonderfall von (6). Projektionszentrum (0, 0,z), Bildebene x 3 = p. Die Abbildung ist regulär für u arcsin(z 1 ) und definiert für u arcsin z: ρ(u ) = (z p) cos u z sin u (41) Orthographische Projektion (azimutal) Sonderfall von (6) und Grenzfall von (41). Projektion in Richtung der x 3 -Achse, Bildebene x 3 = p. Die Abbildung ist regulär für u 0: ρ(u ) = cosu (4)
14 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 14 Gnomonische Projektion auf die Tangentialebene im Nordpol (azimutal) Sonderfall von (41), wobei z = 0 und p = 1. Die Abbildung ist nicht definiert für u = 0: ρ(u ) = cotu (43) Entwurf von Bonne (allgemein) Es sei C π eine Konstante: u 1 = cos u C u u 1 u = C u (44) Unechter Kegelentwurf von Bonne Sonderfall von (44). Der isometrische Breitenkreis ist durch 0 < a < π gegeben. C = cota + a (45)
15 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 15 a = 0 N a = 70 N Entwurf von Stab-Werner Sonderfall von (44). Dieser unechte Azimutalenwurf entsteht aus (45) für a π : C = π (46)
16 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 16 Unechter Zylinderentwurf von Sanson Der Äquator ist isometrischer Breitenkreis: x 1 = u 1 cos u x = u (47) Entwurf von Mollweide Die Funktion t : ( π, π ) ( π, π ) : u t(u ) erfüllt die Keplersche Funktionalgleichung π sin u = sin(t(u )) + t(u ). Damit gilt: x 1 = π u 1 cost(u ) x = sint(u ) (48)
17 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 17 Entwurf V von Eckert x 1 = x = 1 u 1 (1 + cosu ) π + 1 (49) u π + Illustration zur Mittelpunktseigenschaft: Sanson (oben) Eckert V (mitte) abstandstreuer Zylinderentwurf (unten). Dabei wird der Entwurf von Eckert nicht im richtigen Maßstab wiedergegeben.
18 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 18 Allgemeine Lage der Entwurfsachse Neue Orthonormalbasis Sei n = (n 1,n,n 3 ) ein Punkt der Einheitssphäre, aber weder der Nordpol noch der Südpol. Mit ν := n 1 + n 0 ergibt sich: ( n ẽ (1) = ν, n ) 1 ν, 0 ( n1 n 3 ẽ () =, n ) n 3,ν ν ν ẽ (3) = (n 1,n,n 3 ) (50) Berechnung der Netzlänge und Netzbreite Hat ein Punkt der Einheitssphäre bezüglich der Basis aus (50) die kartesischen Koordinaten ( p 1, p, p 3 ), so können mit Hilfe der Arcusfunktionen ( arctan : R π, π ) ( und arcsin : [ 1, 1] π, π ) seine Netzlänge und Netzbreite folgendermaßen berechnet werden: p 1 > 0 : ũ 1 = arctan p p 1 p 1 = 0, p 0 : ũ 1 = (sgn p ) π p 1 < 0, p > 0 : ũ 1 = π + arctan p p 1 p 1 < 0, p < 0 : ũ 1 = π + arctan p p 1 ũ = arcsin p 3 ( π, π ) { π, π } ( π ),π ( π, π ) ( π, π ) (51) Zur praktischen Berechnung von ũ 1 nahe der Ebene x = 0 wird besser arctan p 1 p = arccot p p 1 herangezogen.
19 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 19 Abstandstreuer Kegelentwurf mit einem Berührparallelkreis (transversal) Stereographische Projektion (transversal) Entwurf von Mollweide (transversal)
20 H. Havlicek: Formelsammlung Kartenentwürfe 0 Abstandstreuer Azimutalentwurf Konformer Kegelentwurf mit Berührkreis (Wien 16 E, 48 N) Entwurf von Sanson (Wien 16 E, 48 N)
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