Bildung machen - Möglichkeiten und Grenzen in einer Wissensgesellschaft
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- Ewald Albert
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1 Bildung machen - Möglichkeiten und Grenzen in einer Wissensgesellschaft 1. Ludwigsburger Symposium Lernen am Unterschied Bildungsmanagement September
2 Bildung machen - Möglichkeiten und Grenzen in einer Wissensgesellschaft Wissensgesellschaft Bildung ehedem und heute Bildung eine Reform? Bildung geschieht nicht Bildung muss man machen : ein Fazit 2
3 Wissensgesellschaft Wissensgesellschaft was ist das? 3
4 Wissensgesellschaft Primärer Sektor Sekundärer Sektor Tertiärer Sektor Agrargesellschaft Industriegesellschaft Dienstleistungsgesellschaft Mediengesellschaft Informationsgesellschaft Wissens -gesellschaft 4
5 Wissensgesellschaft Wissensgesellschaft i. e. Sinne - Expansion der Forschung - Expansion der wissenbasierten - Wirtschaftsaktivitäten - Professionalisierung von Wissensarbeitern vgl. Daniel Bell: Die nachindustrielle Gesellschaft 1985 (engl. 1973) 5
6 Wissensgesellschaft Belastungsprofil der Wissensarbeiter - Wissen wird kontinuierlich revidiert, - wird daher nur als vorläufig angesehen, - ist nicht wahr, sondern nützlich, und - lässt sich von Nichtwissen nicht trennen. (vgl. Helmut Willke: Systemisches Wissensmanagement. 1998, S. 21) 6
7 Wissensgesellschaft Bildung in der Wissensgesellschaft wie geht das? 7
8 Wissensgesellschaft 8» Seht liebe Leut hie steht der Mann, so alle Künst eingießen kann. «Kupferstich aus dem 17. Jahrhundert, Stadtbibliothek Nürnberg 8
9 Wissensgesellschaft 9 schnelles und effizientes Lernen ( ) in der Shuttle-Box Aus: Projekt Auditorisches Lernen und Dopamin im Cortex, Holger Stark, IfN Magdeburg 9
10 10 Wissensgesellschaft» Die erste Erziehung muss also rein negativ sein. Sie besteht keineswegs darin, Tugend und Wahrheit zu lehren, sondern darin, das Herz vor dem Laster und den Geist vor dem Irrtum zu bewahren. Wenn es euch gelänge, nichts zu tun und nichts geschehen zu lassen, wenn es euch gelänge, euren Zögling gesund und kräftig bis zu seinem zwölften Lebensjahr zu bringen, ohne dass er seine rechte von seiner linken Hand zu unterscheiden vermöchte, so würden sich die Augen seines Verständnisses vom ersten Augenblick an unter eurer Obhut der Vernunft öffnen. «Jean-Jacques Rousseau: Emile oder Über die Emile Erziehung als Gärtner
11 11 Wissensgesellschaft Die Finnland-Saga Aus: The Education System of Finland 11
12 12 Wissensgesellschaft Bildungs-Träume (auch nach PISA) Bildung als Werkstatt Unterdifferenzierte Ursache-Wirkungs- Vermutungen Alles geht! Bildung als Schonraum Unreflektierter (Selbst-)Bildungsoptimismus Alles wird! 12
13 13 Wissensgesellschaft Bildungsrealität: Was wird gelernt, wie wird es gelehrt? Und warum soll man das wissen? 13
14 14 Bildung ehedem und heute» Also lautet ein Beschluß: Daß der Mensch was lernen muß. Nicht allein das Abc Bringt den Menschen in die Höh, Nicht allein im Schreiben, Lesen Übt sich ein vernünftig Wesen; Nicht allein in Rechnungssachen Soll der Mensch sich Mühe machen; Sondern auch der Weisheit Lehren Muß man mit Vergnügen hören. «Wilhelm Busch: Max und Moritz 14
15 15 Bildung ehedem und heute Was war Bildung ehedem? 15
16 16 Bildung ehedem und heute Bildung ist Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit (Immanuel Kant: Was ist Aufklärung?, 1784) 16
17 17 Bildung ehedem und heute Bildung ist Verknüpfung unseres Ichs mit der Welt zu der allgemeinsten, regesten und freisten Wechselwirkung (Wilhelm von Humboldt: Theorie der Bildung des Menschen, 1793) 17
18 18 Bildung ehedem und heute Bildung ist Vorbereitung zu einem gemeinnützigen, patriotischen und glückseligen Leben (Johann Bernhard Basedow: Vom richtigen Umgang mit Kindern, 1773) 18
19 19 Bildung ehedem und heute Bildung ist Fähigkeit zur Selbstbestimmung, zur Mitbestimmungsfähigkeit und zur Solidaritätsfähigkeit, Allgemeinbildung (Wolfgang Klafki: Abschied von der Aufklärung?, 1990) 19
20 20 Bildung ehedem und heute Bildungstheoretische Kerngedanken: Bildung als Mündigkeit Bildung als Aneignung Bildung als Verantwortung Bildung als Bürgertum 20
21 21 Bildung ehedem und heute Ziele klassischer Bildungstheorie: Mündigkeit zielt auf individuelle Selbstbestimmung Aneignung zielt auf Kenntnisse und Fähigkeiten Verantwortung zielt auf Haltungen Bürgertum zielt auf politische Selbstbestimmung 21
22 22 Bildung ehedem und heute Anthropologischer Aspekt: Für den Menschen als bildungsfähigem und bildungsbedürftigem Wesen ist Bildung zugleich eine Coping-Strategie der Problembewältigung. 22
23 23 Bildung ehedem und heute Biographischer Aspekt: Angesichts des gesellschaftlichen Wandels ist Bildung ein unabgeschlossener Prozess lebenslangen Lernens. 23
24 24 Bildung ehedem und heute Wo steht die Bildungsdiskussion heute? 24
25 25 Bildung ehedem und heute Standardorientierung Vorgabe des Bildungs- Outputs : Kompetenzen Unterschiedlich komplex Beispiel KMK-Bildungsstandard Deutsch, 9. Klasse Hauptschule: 112 Standards 25
26 26 Bildung ehedem und heute Beispiel aus KMK-Standard Deutsch: - Sich in unterschiedlichen Sprechsituationen sach- und situationsgerecht verhalten : Vorstellungsgespräch/Bewerbungsgespräch, Antragstellung, Bitte, Aufforderung, Beschwerde, Entschuldigung, Dank Heterogene Logik der Standardisierung 26
27 27 Bildung ehedem und heute Bildung eine Besinnung: Standards und mehr Sozialisation Enkulturation Personalisation (Gerhard Wurzbacher 1963) Aber: Wo bleibt das Wissen? 27
28 Bildung ehedem und heute Kleine Erinnerung: Belastungsprofil der Wissensarbeiter - Wissen wird kontinuierlich revidiert, - wird daher nur als vorläufig angesehen, - ist nicht wahr, sondern nützlich, und - lässt sich von Nichtwissen nicht trennen. (vgl. Helmut Willke: Systemisches Wissensmanagement. 1998, S. 21) 28
29 29 Bildung ehedem und heute Bildung: Kompetenzen Kenntnisse Fähigkeiten } Standardfähig! Haltungen (Hartmut von Hentig 2004) 29
30 30 Bildung ehedem und heute Bildung: Haltungen als Maßstab für die Bildung Abwehr von Unmenschlichkeit Wahrnehmung von Glück Verständigungsbereitschaft Bereitschaft zur Selbstverantwortung und zur Verantwortung in der res publica (Hartmut von Hentig 1996) 30
31 31 Bildung ehedem und heute Bildung heute ein erstes Fazit: Einheit von kognitiven, personalen und sozialen Dimensionen Schule ist zentrale Bildungsinstitution Standarddiskussion verdeckt den klassischen Bildungsauftrag 31
32 32 Bildung ehedem und heute Bildung eine Systematik Bildung als Stoff (Kompetenz als Kenntnis) Bildung als Vermögen (Kompetenz als Fertigkeit) Bildung als Prozess (Kompetenz als Haltung) (Hartmut von Hentig) 32
33 33 Bildung ehedem und heute Bildung als Prozess Bildung als Person-Bildung (Kant, Humboldt) Fähigkeit, sich als Bildungssubjekt zu wollen Bildungswillen setzt einen Erkenntnisprozess voraus: Sich als Selbstwert erkennen! Personalisation 33
34 34 Bildung ehedem und heute Bildung als Person-Bildung: Institutio als Coping-Prozess Familiale Bildung und Erziehung Personalisation Elementarbildung Allgemeinbildung Fachbildung Weiter-/Fort-/Umbildung + Sozialisation/ Enkulturation 34
35 35 Bildung eine Reform? Bildung eine Reform? 35
36 36 Bildung eine Reform? Positive Folgen der Bildungsreform Bsp. Bildungsplan 2004 Output-Orientierung + Kompetenzbegriff = Individualisierung der Lehr-Lern-Strategien 36
37 37 Bildung eine Reform? Input in alle Bildungsinstitutionen: jugendliche Existenz heute Radikale Differenzierung der Jugendkulturen Radikale Ökonomisierung der Jugendkulturen Jugendwahn der Erwachsenengeneration 37
38 38 Bildung eine Reform? Schule kontra Lebenswelt / Medienwelt Wertvorstellungen und Wertvorbilder werden Spaß-Orientierung untergeordnet Schule bietet Noten statt Sinnorientierung Neben Leistungsmessung muss individuelle Leistungsgratifikation treten 38
39 39 Bildung eine Reform? Bildungsreform als gesellschaftliche Selbstbesinnung Lehren und Lernen müssen öffentliche Anerkennung finden PISA als Abbildung der erzieherischen Realität unserer Gesellschaft akzeptieren Ziel: Selbstbewusstsein und Orientierungswissen 39
40 40 Bildung eine Reform? Schule heute: Wofür und wie bilden wir? 40
41 41 Bildung eine Reform? Fixation auf PISA ist Dressur Nachhaltigkeit der Bildung neben Kenntnissen und Fertigkeiten v. a. durch Einstellungen Pädagogischer Imperativ: Habe den Mut, Wertmaßstäbe anzubieten und einzufordern 41
42 42 Bildung eine Reform? Schulentwicklung als Corporate Identity Kompetenzkultur statt Fehlerkultur Optimismus als Berufstugend der Pädagogen Lehrerfortbildung als Bildung in einem fort 42
43 43 Bildung eine Reform? Schule zwischen Freiheit und Kontrolle Schule sucht sich selbst: Selbstevaluation Schule wird gesucht: Fremdevaluation 43
44 44 Bildung eine Reform? Lehrerbildung Baden-Württemberg: Ziele im gemischten Doppel 44
45 45 Bildung eine Reform? Lehrerbildung an den PHen: Pädagogisch-didaktische Schwerpunkte Aktive Übernahme der erzieherischen Vorbildfunktion Aktive Gestaltung des schulischen Profils Aktive Kompetenzförderung, am Kind orientiert 45
46 46 Bildung eine Reform? Lehrerbildung an den Universitäten: Starke Fachausbildung, aber stärkere erziehungs- und bildungstheoretische Orientierung stärkere schulische Praxis-Förderung (Stichwort Betreute Praxis) stärkere didaktische Orientierung in den Fächern 46
47 47 Bildung eine Reform? Lehrerbildung im gemischten Doppel Kooperation PHen Universitäten Ausbildung an Lebensalter der Schüler, nicht an Schularten orientieren Professionalisierung vom Berufsfeld her, nicht aus der Fächerwahl 47
48 48 Bildung eine Reform? Lehr-Lern-Forschung: Neue Themen nach PISA Frühförderung Schulübergang Gymnasium, Sek II Begleitende Unterrichtsforschung Jugendkulturforschung Medienbildung 48
49 Ein Fazit 49 Bildung geschieht nicht Bildung muss man machen : Ein Fazit 49
50 50 Fazit Bildung ist weder Werkstatt noch Schonraum: Sie ist eine klassische pädagogische Aufgabe. Ihr Ausgangspunkt ist die Realität nicht das Wünschbare. Ihr Ziel ist ein ethisches: Die Personwerdung des Individuums. 50
51 51 Fazit Schule, Lehrer, Bildungsinstitutionen überhaupt müssen aus der passiven Opferrolle geführt werden: Lehrer durch Ausbildung und Forschung, Schulen durch Systemevaluation, Bildung durch den öffentlichen Diskurs. 51
52 52 If you think, education is expensive try ignorance. Derek Brok, Präsident Harvard University 52
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