Agrarschutz: hilft Bauern in reichen Ländern und schadet Bauern in armen Ländern? Prof. Dr. Mathias Binswanger
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1 Agrarschutz: hilft Bauern in reichen Ländern und schadet Bauern in armen Ländern? Prof. Dr. Mathias Binswanger
2 Landwirtschaft in der Schweiz Produkte sind aufgrund hoher Preise bei Freihandel nicht konkurrenzfähig Hohe Opportunitätskosten: Wertschöpfung in der Landwirtschaft um CHF pro Beschäftigten im Jahr, während es in Pharmaindustrie und Bankenwesen über CHF sind.
3 Freihandel und Landwirtschaft: Komparativer Nachteil in der Schweiz Nach dem Argument der komparativen Vorteile müsste man die Landwirtschaft in der Schweiz aufgeben. Die Opportunitätskosten sind viel zu hoch. Nur mit massiven Subventionen und Grenzschutz lässt sich die Landwirtschaft mit einem hohen Anteil von kleinflächigen Bergbauernbetrieben aufrecht erhalten. Ohne Grenzschutz müssen die Subventionen nochmals massiv verstärkt werden, wenn eine produzierende Landwirtschaft aufrecht erhalten werden soll.
4 Die landwirtschaftliche Tretmühle Willard Cochrane Farm Prices: Myth and Reality (1958)
5 Landwirtschaft in der modernen Wirtschaft: Unattraktive Marktsituation für Bauern 1. Bauern verkaufen ihre Produkte nicht an Endverbraucher sondern an Lebensmittelverarbeiter. Dort treffen viele kleine Anbieter auf eine inelastische Nachfrage weniger grosser Nachfrager (Lebensmittelverarbeiter), die entsprechend Marktmacht besitzen. 2. Die Nachfrager wollen Commodities (Rohmilch, Weizen), wo es egal ist, ob sie vom Bauer A oder B kommen, und keine differenzierten Produkte.
6 Konsumenten
7 Inelastische Nachfrage für Nahrungsmittel Preis Angebot an Nahrungsmitteln p 1 p 2 p 1 x 1 > p 2 x 2 x 1 x 2 Nachfrage nach Nahrungsmitteln Menge an Nahrungsmitteln
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9 Bei weiterer Schrumpfung von 2 Prozent pro Jahr haben wir 2030 noch rund Betriebe
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18 Subventionen der Landwirtschaft landen zu einem grossen Teil bei: vorgelagerten Betrieben (hoher Vorleistungsanteil) nachgelagerten Betrieben (inelastische Nachfrage, Nachfragemacht) Einkommen der Bauern steigt trotz steigenden Subventionen nicht an.
19 Die Landwirtschaft als Bedrohung für die Schweizer Wirtschaft (Nicole Rütti, NZZ, 2015): Landwirtschaftliche Produzentenpreise 40 Prozent über Weltmarktniveau Andere Branchen wie Gastgewerbe, Tourismus oder Nahrungsmittelindustrie werden belastet. Bremsklotz bei Freihandelsabkommen.
20 Bruttomargen im Lebensmittelhandel
21 Beispiel: geplantes Freihandelsabkommen mit Malaysia Anteil am Verbrauch pflanzlicher Öle in der Schweiz
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23 Palmöl und Raps: Vergleich für 2015 Internationaler Preis von Palmöl: CHF 73 je 100 Kilo Normalzollansatz von rohem Palmöl: CHF je 100 Kilo erhoben. Ein Schweizer Importeur musste somit für 100 Kilo importiertes Palmöl ca. CHF 204 bezahlen (inkl. Garantiefondsbeitrag). Durchschnittlicher Preis für Rapsöl: CHF 248 je 100 Kilo.
24 Die NZZ «weiss» stattdessen: (Nicole Rütti, NZZ, 2015): Ernährungssicherheit wird nicht durch intakte Landwirtschaft sondern durch Freihandel gewährleistet. Schweizer Bauern wären ohne staatliche Unterstützung nicht dem Untergang geweiht. Sie müssen nur mehr Bio- und Premiumprodukte produzieren. (Beispiele: Käse, Wein) Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft steigt, weil Beschaffungspreise sinken.
25 Mehr Exportorientierung?
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27 Wie kann der Bauer selbst wieder stärker an der Wertschöpfung partizipieren? Mehr Marktmacht Mehr Differenzierung Mehr Qualität Mehr Direktverkauf
28 Die Zukunft der Landwirtschaft mit Freihandel in der Schweiz Es bleiben noch drei Arten von Bauern : 1. Bauern in Schaulandwirtschaftsbetrieben, die wie Alphornbläser und Jodlerinnen zum touristischen Image der Schweiz als Heidiland beitragen und einige Nischenprodukte im High- End Bereich herstellen. 2. Staatlich angestellte Landschaftsgärtner, die nichts mehr anbauen. 3. Ein paar hocheffiziente, professionell gemanagte Grossbetriebe im Mittelland (z.b. Schweinezucht und Schweinemast).
29 Landwirtschaft in Entwicklungsländern Standardargument: Umstellung auf produktive, moderne Landwirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung. Für eine hohe Produktivität braucht es moderne Grossbetriebe, welche vor allem Cash Crops für den Export produzieren. Die Exporterlöse sollen dann den Wohlstand erhöhen und den Import von anderen wichtigen Gütern (auch Lebensmittel) ermöglichen. Protektionistische Massnahmen in den Industrieländern verunmöglichen diesen Prozess und verhindern damit die wirtschaftliche Entwicklung in Entwicklungsländern.
30 Weltbank (2003): Abbau der Zölle von 10 bis 15 Prozent in den Industrieländern und ein Abbau der Subventionen generieren über 500 Milliarden zusätzliches Einkommen, wovon 350 Milliarden an die Entwicklungsländer ginge.
31 Zölle in der Schweiz auf Agrargüter aus LDC Kaffee: 0% Kakao: 0% Tee: 0% Rohrzucker: 0% Soja: 0% Mango: 0% Bananen: 0%
32 Probleme einer starken Exportorientierung in der Landwirtschaft Abhängigkeit von ein paar wenigen Produkten, deren Preise stark schwanken Teilweise Aufgabe der Produktion von Lebensmitteln für den heimischen Markt und verstärkte Abhängigkeit von Lebensmittelimporten Abhängigkeit von Vorleistungen wie Saatgut, Düngemittel und Schädlingsbekämpfungsmittel
33 Quelle: UNDP Working Paper Importe und Exporte der Afrikanischen Länder südlich der Sahara
34 Nettoposition im Handel mit Agrargütern
35 Klassifizierung der Länder südlich der Sahara
36 Weltmarktpreis für Kaffee
37 Weltmarktpreis für Kakao
38 globaler Weizenhandel
39 globaler Reishandel
40 Weltmarktpreis für Weizen
41 Weltmarktpreis für Reis
42 Anteil der Nahrungsmittelausgaben am Einkommen Zahlen aus Surveys
43 Lebensmittelausgaben in Städten
44 Beispiel Senegal Involvement in producing cash crops poses a risk of food insecurity to farm households as they may find themselves in the end paying more for expensive food for their own consumption, while losing the opportunity to get higher revenue with food crop production. Zitat aus: Tankari (2017). Cash crops reduce the welfare of farm households in Senegal, Food Security (im Erscheinen)
45 Fazit: Auswirkungen des Agrarfreihandels in EL sind ambivalent Es gibt einige erfolgreiche Beispiele wie Elfenbeinküste oder Ghana. Aber in einer Reihe von Ländern sind die Auswirkungen negativ. Gegenüber den ärmsten Ländern (LDC) gibt es in der Schweiz praktisch keine protektionistischen Massnahmen mehr. Subventionen und Grenzschutz zugunsten der Schweizer Landwirtschaft schaden den Bauern in Entwicklungsländern nicht.
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