Prim. Dr. Elmar Kainz Klinik für neurologisch psychiatrische Gerontologie Delir. Diagnose Ursachen Prävention
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- Volker Bösch
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1 Prim. Dr. Elmar Kainz Klinik für neurologisch psychiatrische Gerontologie Delir Diagnose Ursachen Prävention
2 Zu diesem Skriptum Dieses Skriptum ist zur Unterstützung der Teilnehmer während des Vortrages gedacht. Jede weitere Nutzung ist ohne schriftliche Genehmigung von mir untersagt Die Informationen, die in diesem Skriptum stehen, sind als Diagnose oder Therapieempfehlung ungeeignet. Eine Diagnose oder Therapieempfehlung kann nur ein Arzt im direkten Kontakt machen! Auch für etwaige Druckfehler oder Fehlangaben kann nicht gehaftet werden. 2
3 Ein Delir Ein Delir umfasst Störungen des Bewusstseins, der Kognition, der Psychomotorik und des Schlaf-Wachrhythmus auf dem Boden einer organischen Ätiologie. Das Delir ist eine Folge des Zusammentreffens von erhöhter Vulnerabilität und Triggerfaktoren Iglseder, B./Mann, E., Delir akuter Verwirrtheitszustand, 2010
4 Delir: verwandte Begriffe Akutes Verwirrtheitssyndrom Akute Enzephalopathie Akuter exogener Reaktionstyp nach Bonhoeffer Engl. delirium oder delirant states Durchgangssyndrom oder Funktionspsychose nach Wieck HOPS (Hirnorganisches Psychosyndrom) Organisch begründbare Psychosen Kornhuber, J./Weih, M., Delir, 2011
5 Risikopopulation wer allein, zurückgezogen lebt und wenig soziale Kontakte hat wer abends oder in Dunkelheit die Umgebung nicht erkennt wer seine Lebensgewohnheiten plötzlich ändern muss wer ängstlich ist, von fremden Menschen betreut wird und die neue ungewohnte Informationsfülle nicht mehr verarbeiten kann wer ein körperliches oder seelisches Trauma erlitten hat Inouye SK (2006) Delirium in older persons. N Engl J Med 354(11): aus Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
6 Prädispositionsfaktoren hohes Alter kognitive Behinderung (Demenz) Frailty Multimorbidität sensorische Störungen Anämie Suchtmittelabusus Gebrauch von Benzodiazepin Depression soziale Isolation Inouye SK (2006) Delirium in older persons. N Engl J Med 354(11): aus Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
7 Die Delirinzidenz bei älteren Patienten beträgt bis zu 50% der in einem Akutspital aufgenommenen Patienten postoperativ bis zu 60% (insbesondere Herzchirurgie, hüftnahe Operation in Vollnarkose) 70 90% auf Intensivstationen bis zu 90% in der Terminalphase in der Gesamtpopulation 1 2% und bei >85-Jährigen ca. 14% bei über 65-Jährigen bei der Aufnahme im Krankenhaus 25% im Pflegeheim und in geriatrischer Rehabilitation 40% Sörensen DG, Wikblad K (2007) Patients experiences of being delirious. J Clin Nurs 16(5): Inouye SK, Westendorp RG et al (2013) Delirium in elderly people. Lancet aus Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
8 Prognose Mortalität 23 76% (entspricht akutem Myokardinfarkt oder Sepsis) 1-Jahres-Mortalität ca % Verlängerung der Hospitalisierungsdauer Dauerhafte Verschlechterung der kognitiven Funktionen: 12 Monate nach dem Delir zeigen 41% der Patienten kognitive Defizite Vgl: Inouye SK, Westendorp RG et al (2013) Delirium in elderly people. Lancet aus Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
9 Dauer des Delirs Wenige Stunden bis Monate Meist 1 bis 2 Wochen vgl. Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
10 Delir DIAGNOSE
11 Die Symptome des Delirs Beginn: akut, meist rasch wechselnde Symptomatik starke Fluktuation Bewusstsein: beeinträchtigt Gedächtnisstörungen Orientierungsstörungen Oft optische Halluzinationen, Wahnideen/Wahn Der Patient ist motorisch hypo- oder hyperaktiv. Der Schlaf-Wach-Rhythmus ist gestört Häufig nächtliche Zunahme der Symptome
12 Hyperaktives Delir psychomotorische Unruhe bis zu Erregung Agitiertheit erhöhter Irritabilität Halluzinationen Ängste vegetativen Zeichen Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
13 Hypoaktives Delir Bewegungsarmut Lethargie Somnolenz wenig spontane Kontaktaufnahme Halluzinationen und Desorientierung erst durch Befragen die häufigere Form, wird öfter nicht erkannt Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
14 DD der 3 grossen D in der Gerontologie Delir Demenz Depression Beginn Akut Schleichend Meist langsam Tagesschwankungen Stark Kaum Morgendliches Pessimum Vigilanz Getrübt Klar (bis Normal Spätstadium) Kognition Gestört Global gestört Meist ungestört Aufmerksamkeit Eingeschränkt Wenig eingeschränkt Gedächtnis Defizit in Sofortund Defizit in Kurz- und Langzeitgedächtnis Kurzzeitgedächtnis Eingeschränkt Intakt Schlaf-Wach-Rhythmus Tag-Nacht-Umkehr Fragmentiert Gestört Vegetative Zeichen Vorhanden Meist keine Meist keine Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
15 Confusion Assessment-Methode (CAM) nach Inouye et al.1990 Angehörigen oder Pflegepersonal werden explizit die aufgeführten Fragen gestellt 1. Akuter Beginn und fluktuierender Verlauf 2. Aufmerksamkeitsstörung 3. Inkohärenz 4. Veränderte Bewusstseinslage Kornhuber, J./Weih, M., Delir, 2011
16 Confusion Assessment Method Ja Nein nb 1a akuter Beginn 1b fluktuierender Verlauf 2 Aufmerksamkeitsstörung 3 formale Denkstörung 4 veränderte Bewusstseinslage Bewertung : (1a und 1b) und 2 und (3 oder 4) Delir sicher; (1a oder 1b) und 2 und (3 oder 4) wahrscheinlich
17 Delir URSACHEN
18 Pathophysiologie Cholinerges Defizit und dopaminerger Exzess gelten auf der Transmitterebene als zentrale Mechanismen der Pathophysiologie des Delirs. Auch das serotonerge System spielt eine Rolle in der Genese von Delirien. Klinische Bedeutung hat das Serotonin-Syndrom erlangt. Iglseder, B./Mann, E., Delir akuter Verwirrtheitszustand, 2010
19 Delir auslösende Noxen (in absteigender Stärke) chirurgischer Eingriff anticholinerg wirksame Medikamente psychoaktive Medikamente (Antipsychotika, Antidepressiva, Tranquilizer) Intensivstationsaufenthalt akute Infektion Elektrolytentgleisung, insbesondere Hyponatriämie, Dehydratation Schlafdeprivation Immobilisierung freiheitseinschränkende Maßnahmen Dauerkatheter fremde Umgebung Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
20 Pharmakologische Ursachen Analgetika Antibiotika Antihypertensiva Antipsychotika Benzodiazepine Digitalisglykoside Lithium Parasympatholytika Medikamente gegen Parkinson Steroide, systemisch Priscus Liste! nach: Pils K, Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (Hrsg) (2013) Polypharmazie Facultas, Wien aus Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
21 Delir PRÄVENTION
22 Prävention Reduktion des Delir Risikos um bis zu 40% KKKKKKKKKJKKKKKKKKKJ KKKKKKKKKJKKKKKKKKKJ KKKKKKKKKJKKKKKKKKKJ KKKKKKKKKJKKKKKKKKKJ KKKKKKKKKJKKKKKKKKKJ Siddiqi N, House AO et al (2006) Occurrence and outcome of delirium in medical in-patients: a systematic literature review. Age Ageing 35(4): aus Frühwald, T. u. a., Delir, 2014
23 nichtpharmakologischen Delirprävention Orientierung mit allen Mitteln (großgeschriebene Zimmernummer, Uhr, Datum, Kalender, Familienfotos oder vertraute Gegenstande im Zimmer; unnötigen Raumund Personalwechsel vermeiden) Frühmobilisation Kommunikation fördern (v. a. Gebrauch von Seh- und Hörhilfen) Ausreichende Hydratation und Ernährung Vgl: Kornhuber, J./Weih, M., Delir, 2011
24 nichtpharmakologischen Delirprävention Schlafstörungen in der Nacht vermeiden; wenig Licht im Zimmer (aber nicht finster) Tagsüber Aktivierung Sozialkontakte fördern (Bezugspersonen einbeziehen, um Patienten einen sicheren Rahmen zu bieten; Sitzwachen) Wenn möglich keine Fixierung und Katheter Ruhige, entspannende Umgebung anstreben (Abdunkeln, ruhige Musik, Gerüche) Vgl: Kornhuber, J./Weih, M., Delir, 2011
25 Sofortmaßnahme bei Diagnose Verschiedene organische Ursachen können dieselben Symptome wie ein Delir zeigen oder auch ein Delir verursachen. Diese Ursachen müssen als erstes gefunden und behandelt werden (Labor, ev. CT/MR, ev. EEG, ev. Liquor).
26 Take away Ein Delir ist ein häufiges Ereignis, es kommt bei 25% der >65-Jährigen bei Aufnahme im Krankenhaus vor Es ist ein schwerwiegendes Ereignis mit einer Mortalität ähnlich einem Myokardinfarkt. Es gehört zu den Faktoren, welche am häufigsten das Ergebnis eines stationären Aufenthaltes, bzw. einer Operation verschlechtert. Es ist durch Prävention zu bis zu 40% vermeidbar
27 Delir Danke für die Aufmerksamkeit
28 Literaturverzeichnis Frühwald, T. u. a. (Delir, 2014): Delir: Eine interdisziplinäre Herausforderung, in: Zeitschrift fur Gerontologie und Geriatrie 47 (2014), Heft 5, ; quiz , Iglseder, Bernhard/Mann, Eva (Delir akuter Verwirrtheitszustand, 2010): Delir akuter Verwirrtheitszustand: Diagnostik, Prävention und Therapie, in: Wiener Klin. Wochenschr. Educ. 5 (2010), Heft 2, S , Kornhuber, J./Weih, M. (Delir, 2011): Delir, in: Hans-Jürgen Möller (Hrsg.), Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, 2011, S Möller, Hans-Jürgen (Hrsg.) (Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, 2011): Psychiatrie, Psychosomatik, Psychotherapie, 4., erw. u. vollst. neu bearb. Aufl., Berlin: Springer, 2011
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