Nutzen von Rechnungswesen, Kostenrechnung und Controlling in außeruniversitären Forschungseinrichtungen am Beispiel des DLR Manfred J. Senden Bereichsleiter Finanzen und Unternehmenscontrolling
Das DLR Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Raumfahrt-Agentur der Bundesrepublik Deutschland F&E-Geschäftsfelder: Luftfahrt, Weltraum, Verkehr, Energie Hoheitliche Aufgaben: Projektträger und Raumfahrt-Agentur der Bundesrepublik Deutschland Manfred J. Senden; Folie 2
Standorte und Mitarbeiter 5.600 Mitarbeiter arbeiten in 28 Forschungsinstituten und Einrichtungen in 13 Standorten. Hamburg Bremen- Neustrelitz Trauen Berlin- Braunschweig Büros in Brüssel, Paris und Washington. Köln Bonn Göttingen Lampoldshausen Stuttgart Oberpfaffenhofen Weilheim Manfred J. Senden; Folie 3
Gesamtbudget 2007 (Ist) 800 Alle Angaben in Mio. Euro 700 600 153 500 400 300 200 100 0 557 Raumfahrt-Agentur 294 276 Forschung und Betrieb Deutsche ESA-Beiträge BMWi Nationales Raumfahrtprogramm Institutionelle Förderung Drittmittel Manfred J. Senden; Folie 4
Drittmittel DLR 2007 (294 Mio. Euro) Alle Angaben in Mio. Euro 20 19 12 75 nationale staatliche Institutionen Projektträgerschaften inländische Wirtschaftsunternehmen 17 1 27 ausländische Wirtschaftsunternehmen ausländische staatliche Unternehmen ESA 49 EU 74 sonstige Drittmittel des FuE Bereichs andere externe Erträge Manfred J. Senden; Folie 5
DLR-Prozesslandkarte Die Unterstützungsprozesse des DLR Visionen entwickeln, Ziele formulieren, Strategien ableiten Potential fördernd führen & qualifizieren Planen und steuern Qualität der Forschung sichern Ressourcen und Prozesse steuern Management- und Steuerungsprozesse Programmorientiert forschen und entwickeln Auftragsorientiert forschen und entwickeln Kernprozesse vom Kunden zum Kunden (Bund/Land, HGF, Industrie, nationale/internationale Organisationen) Wissen und Technologie transferieren Nationale Interessen vertreten und Forschung fördern Personal managen Aufträge managen Einkaufen Facilities managen IT-Campus & Infrastruktur gestalten Entwickeln u. fertigen im wissenschaftl. Gerätebau Unterstützende Prozesse für die Kernprozesse als interne Kunden (Institute/Einrichtungen, alle Mitarbeiter DLR) Manfred J. Senden; Folie 6
HGF-Finanzstatut Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen werden überwiegend in der Rechtsform GmbH geführt. Sind also per Gesetz zur Führung einer Doppelten Buchführung verpflichtet. Der Zuwendungsgeber hat dies aufgenommen und bereits im Finanzstatut festgelegt, dass DLR (HGF Zentren) verpflichtet sind zu Doppelte Buchführung unter Beachtung der GoB Aufstellung des Jahresabschlusses sowie des Lageberichtes und dessen Prüfung nach den Vorschriften für große Kapitalgesellschaften ( 238 335 HGB) Aufstellung und Abrechnung eines Wirtschaftsplans Führung einer Kosten- und Leistungsrechnung unter Einschluss von Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung Manfred J. Senden; Folie 7
Doppik: Doppelte Buchführung in Konten oder wie sagt Goethe: Welche Vorteile gewährt die doppelte Buchführung dem Kaufmanne! Sie ist eine der schönsten Erfindungen des menschlichen Geistes, und ein jeder guter Haushalter sollte sie in seiner Wirtschaft einführen. J. W. von Goethe, Wilhelm Meisters Lehrjahre (erstes Buch, 10. Kapitel, 1795) Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), gemalt von Joseph Karl Stieler 1828 Quelle: Wikipedia Manfred J. Senden; Folie 8
Rechnungswesen I Doppelte Buchführung Primärdatenerfassung und Elimination pagatorischer Zufälligkeiten Ertragslage statt zufällige Einnahmenlage Forderungsmanagement (50% Drittmittel) Verschuldungsgrad/Vermögenslage (langfristige Liquiditätssicherung) Nutzung von Standardsoftware Überleitung auf Einnahmen und Ausgaben für den Landeshaushaltsplan bleibt weiterhin erforderlich Summarische Überleitung mittels Veränderung der Forderungen, Verbindlichkeiten und Rückstellungen möglich (modifizierte Kapitalflussrechnung) Manfred J. Senden; Folie 9
Rechnungswesen II Handelsrechtlicher Jahresabschluss Rechenschaftslegung Prüfung der Geschäftsführung (nicht durch Rechnungshof) gemäß 53 HGrG Prüfung durch Abschlussprüfer Manfred J. Senden; Folie 10
Kostenrechnung Kostenarten-Rechnung Kostenstellen-Rechnung Kostenträger-Rechnung (KTR) als Vollkostenrechnung Vorkalkulation Mitlaufende Kalkulation Nachkalkulation Projektverfolgung/-management Bewertung unfertiger Leistungen Nachweis: keine Quersubventionierung (Transparenzrichtlinie) Ohne KTR keine Gemeinkostenerstattung bei Zuwendungsgebern umgekehrt macht ohne Drittmittelgeschäft KTR-Rechnung und als Vorsystem doppelte Buchführung wenig Sinn: Aber was will das Hochschulmanagement erreichen? Vorgabe? Kostenrechnung als preispolitisches Instrumentarium Manfred J. Senden; Folie 11
Controlling Die Steuerung des DLR erfolgt dezentral durch sich selbst steuernde Einheiten, die sich an den aus den Unternehmenszielen abgeleiteten und vereinbarten Zielen orientieren. Harmonisierung von internem und externem Rechnungswesen (keine kalkulatorischen Kosten, Ausnahme kalkulatorische Abschreibungen über Null) Ergebnissteuerung: Institut als Profit Center (Institutsergebnisrechnung bei voller Deckungsfähigkeit) mit eigener Ergebnisverantwortung und Anreizmechanismus Unternehmensplanung, Planergebnis, mittelfristige Ergebnisplanung (MEP) Kostensteuerung (Infrastruktur als Cost Center) Dezentrales Controlling: Abteilungsebene, Großanlagen, Kostenträger Manfred J. Senden; Folie 12
Beispiel Institutsergebnisrechnung Manfred J. Senden; Folie 13
Fazit Nur kaufmännische Buchführung bietet: Aber Darstellung der tatsächliche Vermögens- und Ertraglage Vollkosten als Grundlage Selbstkostenpreise Internes Steuerungsinstrument bei dezentraler Ergebnisverantwortung und Flexibilität Notwendigkeit der Überleitung in kamerales System bleibt bestehen Ohne Drittmittel stiften KTR-Rechnung und doppelte Buchführung wenig Nutzen (eventuell Binnenverrechnung zwischen Kostenstellen) Aber: Was will das Hochschulmanagement erreichen? Wollen Sie Ihre eh -da-kosten steuern? Kostenrechnung sollte nicht aus der Kameralistik abgeleitet werden. KoRe muss Teil eines geschlossenen kaufmännischen Systems sein. Manfred J. Senden; Folie 14
Vielen Dank Manfred J. Senden; Folie 15
Back up Manfred J. Senden; Folie 16
EU, Erstattungsfähige Kosten (7. FRP) Erstattungsfähig sind alle Kosten, die: Während der Projektlaufzeit tatsächlich entstanden sind, Nach den üblichen Buchführungsgrundsätzen und Verwaltungsregeln des jeweiligen Partners abgerechnet wurden (aber nicht speziell für die EU gemacht), für den alleinigen Zweck der Erreichung der Ziele der Maßnahme aufgewendet wurden, den Prinzipien der Wirtschaftlichkeit, Effizienz und Effektivität folgen und im Buchhaltungssystem des jeweiligen Partners dokumentiert wurden. Manfred J. Senden; Folie 17
EU, Abrechnung von Personalverrechnungssätzen Personalkosten können auf der Basis von Durchschnittssätzen (Verrechnungssätzen) abgerechnet werden, wenn dies den Buchhaltungsgrundsätzen des jeweiligen Partners entspricht Die Methodik dieser Berechnung muss durch einen Wirtschaftsprüfer bzw. die Innenrevision (im Falle von öffentlichen Einrichtungen) durch ein Zertifikat bestätigt werden, das der Kommission vorzulegen ist Eine weitere Prüfung der Durchschnittssätze ist dann nicht mehr erforderlich Manfred J. Senden; Folie 18
EU,Förderquoten > Direkte Kosten (Einzelkosten) Kostenmodelle fallen weg Forschungsaktivitäten 50% aller erstattungsfähigen Kosten. Ausnahmen: - KMU 75% - Öffentliche Einrichtungen 75% - Universitäten & andere Bildungseinrichtungen 75% - Forschungsorganisationen 75% - Sicherheitsforschung in Ausnahmefällen 75% Demonstrationsaktivitäten 50% der zulässigen Kosten Andere Aktivitäten 100% der zulässigen Kosten Europäischer Forschungsrat (ERC) 100% Koordinierungs- und Unterstützungsaktionen 100% Manfred J. Senden; Folie 19
EU, Förderquoten > Indirekte Kosten (Gemeinkosten) tatsächliche Gemeinkosten pro Projekt werden entsprechend der Förderquoten für direkte Kosten gefördert. Öffentliche Einrichtungen, Forschungseinrichtungen und KMU, die keine analytische Buchführung (Trennung von direkten und indirekten Kosten) anwenden, können für Ausschreibungen bis 2009 einen Pauschalsatz von 60% der direkten Kosten, für Ausschreibungen ab 2010 einen Pauschalsatz von voraussichtlich 40% der direkten Kosten in Anspruch nehmen. Coordination und Support Actions (CSA) erhalten einen Pauschalsatz von 7% der direkten Kosten Werden einmal tatsächliche Gemeinkosten abgerechnet, kann nicht mehr die Option einer pauschalen Finanzierung der Gemeinkosten genutzt werden! Manfred J. Senden; Folie 20
Rollen in Unterstützungsprozessen am Beispiel des DLR Rollen innerhalb der Prozessorganisation Manfred J. Senden; Folie 21
Vollkostenrechnung Kostenträgerrechnung Zuschlagsgrundlage für Pe-Einzelkosten Kat. I Kat. II 3 Kat. DLR-weit tagesgenaue KTR- Zeitaufschreibung aller Mitarbeiter Kat. III + KSt-GK Pe-GK Sa-Gk ILV-GK Umlage-GK Abschreibungs-GK alle Verrechnungssätze sind Planverrechnungssätze + ILV-EK + Großanlagen + Vw-GK auf Personalstunden = Vollkosten / Selbstkosten Manfred J. Senden; Folie 22
Öffentliches Preisrecht VOPR Nr. 30/53 bzw. LSP Preistreppe 3. Selbstkostenerstattungspreis 2. Selbstkostenfestpreis 1. Marktpreis betriebsindividuelles Rechnungswesen, aber wirtschaftliche Betriebsführung Auslastung! Abschreibungen auf Basis histor. AK Wagniskonten Preisüberwachungsstellen (PÜ) Preisprüfungen Selbstkosten mit Marktpreisbestandteilen bei Personal und Anlagen mehrere Nachfrager und stetige Anwendung Manfred J. Senden; Folie 23
Organisatorische Umsetzung Integration von Rechnungswesen und Controlling Forderung: Anpassung im internen Planungs- und Steuerungsprozess sowie im Berichtswesen durch zunehmende externe Einflüsse wie z.b. Finanzierung durch die öffentlichen Hand oder die programmorientierte Förderung (seit 2003) sowie HGB-Abschluss Konsequenz: Anpassung des Planungs- und Steuerungsprozesses sowie des Berichtswesens: Erstellung neuer Berichte (Zentrumsfortschrittsbericht) bzw. Anpassung bestehender Berichte Vereinheitlichung von Verfahren und Begriffen Fazit: Durch die Zusammenführung der Verantwortung für das interne und externe Rechnungswesen und das Controlling in eine Organisationseinheit: schnellere Reaktion auf sich stetig ändernde Rahmenbedingungen Vermeidung von Redundanzen Manfred J. Senden; Folie 24