1 Polynome III: Analysis Definition: Eine Eigenschaft A(x) gilt nahe bei a R, falls es ein δ > 0 gibt mit A(x) gilt für alle x (a δ, a + δ)\{a} =: U δ (a) Beispiele: x 2 5 nahe bei 0 (richtig). Allgemeiner: sei ɛ > 0 eine beliebige positive reelle Zahl. Dann gilt x 2 < ɛ nahe bei 0. x 2 0 nahe bei 0 (falsch) x 2 > 0 nahe bei 0 (richtig) x 2 > 1 nahe bei 0 (falsch) 1.1 Fundamentalsatz der Algebra Ein Polynom f (x) hat r Grad( f (x)) viele verschiedene reelle Nullstellen λ 1,..., λ r. Dann läßt sich f (x) darstellen als: mit a j, b j, c j R mit a j c j > 0 f (x) = (x λ 1 )... (x λ r ) (a 1 (x + b 1 ) 2 + c 1 )... (a l (x + b l ) 2 + c l ) Die Faktoren a j (x + b j ) 2 + c j entsprechen den Paaren konjugiert komplexer Nullstellen. Beispiel: Das Polynom f (x) = x 3 1 hat offensichtlich in x = 1 eine Nullstelle. Division mit Rest liefert: x 3 1 = (x 1) (x 2 + x + 1). Dabei ist (x 2 + x + 1) = ((x + 1 2 )2 + 3 4 ) Lemma: Ein Ausdruck der Form a(x + b) 2 + c mit a c > 0 hat überall ein konstantes Vorzeichen. Grund: Sind a, b > 0 so ist der Ausdruck gleich ( a(x + b)) 2 + c 2. Eine Folgerung aus den Ordnungsaxiomen war aber, daß eine Summe von Quadraten, von denen eines echt positiv ist, selbst positiv sein muß. Analog schließt man für a, c < 0. Lemma: Sind λ j und λ j+1 zwei direkt nebeneinander liegende Nullstellen von f (x) mit λ j < λ j+1, dann hat f (x) auf allen x (λ j, λ j+1 ) dasselbe Vorzeichen. Außerdem hat f (x) auf (, λ 1 ) und (λ r, ) jeweils konstantes Vorzeichen. Grund: Es ist x λ k > 0 für k = 1... j und x λ k < 0 für k = j + 1... r für jedes x (λ j, λ j+1 ). Die Faktoren a (b + x) 2 + c haben auf ganz R dasselbe Vorzeichen. Folgerung: Gilt für ein Polynom f (x) an der Stelle a f (a) > 0 (bzw. f (a) < 0), so gilt auch f (x) > 0 (bzw. f (x) < 0) für x nahe bei a. Grund: f (a) > 0 bedeutet, daß a zwischen zwei Nullstellen oder jenseits der größten bzw. kleinsten Nullstelle liegt.
Wähle δ wie folgt: δ := min{a λ j, λ j+1 a}, falls λ j < a < λ j+1 δ := a λ r, falls a > λ r δ := λ 1 a, falls a < λ 1 Dann ist f (x) > 0 für alle x (a δ, a + δ), also f (x) > 0 für x nahe bei a. Zwischenwertsatz 1.Form (für Polynome): Ist f (a) f (b) < 0 für a < b, so gibt es ein z (a, b) mit f (x) = 0. Grund: Wir nehmen an, es läge keine Nullstelle vom f (x) im Intervall (a, b). Dann gilt nach dem Fundamentalsatz der Algebra: λ 0 := < λ 1 λ 2... λ k < a < b < λ k+1... λ r < λ r+1 := + (wegen f (a) f (b) < 0 sind a und b keine Nullstellen von f (x)). Nach obiger Folgerung hat aber f (x) auf (λ k, λ k+1 ) konstantes Vorzeichen, also auch auf [a, b] (λ k, λ k+1 ) Insbesondere kann nicht f (a) f (b) < 0 gelten. 1.2 Zwischenwertsatz für Polynome Zwischenwertsatz 2. Form: Es sei c ein Wert zwischen f (a) und f (b), (mit f (a) = f (b)). Dann gibt es ein z (a, b) mit f (z) = c. Grund: Es gibt die beiden Fälle f (a) < f (b) und f (b) < f (a). In beiden Fällen gilt: f (a) < c < f (b) f (a) c < 0 < f (b) c f (b) < c < f (a) f (b) c < 0 < f (a) c Somit haben f (a) c und f (b) c verschiedenes Vorzeichen. Deswegen gibt es ein z (a, b), mit f (z) c = 0 oder f (z) = c. Beispiel: f (x) = x 3 1 Es ist f (0) = 1, f (1) = 0. D.h. es muß ein c (0, 1) geben, mit f (c) = 1 2. Dies gilt für c = 3 3 2. Bemerkung: Insbesondere haben also Polynome keine Sprungstellen.
1.3 Satz von Rolle für Polynome Satz (von Rolle): Ist f (a) = f (b) für a < b, dann gibt es ein z (a, b), mit f (z) = 0 Grund: Sei O.E. (=ohne Einschränkung) : f (b) = f (a) = 0 (sonst betrachtet man f (x) c, mit c = f (a) = f (b)). Wir nehmen O.E. an, daß a, b benachbarte Nullstellen von f (x) sind, mit a < b (befindet sich eine weitere Nullstelle c in (a, b), so betrachten wir eines der kleineren Intervalle (a, c) oder (c, b)). Dann hat f (x) auf (a, b) konstantes Vorzeichen. Es sei f (x) = (x a) k (x b) l r(x) mit (x a), (x b) teilen r(x) nicht. r(a) und r(b) haben nun dasselbe Vorzeichen (hätten sie verschiedene Vorzeichen, gäbe es nach dem Zwischenwertsatz eine Nullstelle von r(x) dazwischen, also auch eine von f (x)). Mit dem gleichen Argument sieht man, daß r(z) (für z (a, b)) und r(a) das gleiche Vorzeichen haben. r(x) hat also auf dem gesamten Intervall [a, b] ein konstantes Vorzeichen. Nach der Produktregel ist f (x) = k (x a) k 1 (x b) l r(x)+ (x a) k l (x b) l 1 r(x) + (x a) k (x b) l r (x) = (x a) k 1 (x b) l 1 [ k (x b) r(x) + l (x a) r(x) + (x a) (X b) r (x) ] Setze h(x) := k (x b) r(x) + l (x a) r(x)+ (x a) (X b) r (x) Dann ist und h(a) = k (a b) r(a) h(b) = l () r(b) Da r(a) und r(b) dasselbe Vorzeichen haben, müssen h(a) und h(b) verschiedene Vorzeichen haben. Also gibt es ein z (a, b) mit h(z) = 0. Daher gilt : f (z) = (z a) k 1 (z b) l 1 h(z) = 0. 1.4 Mittelwertsatz für Polynome (Mittelwert-) Satz: Für a < b gibt es ein z (a, b) mit f (z) =
Grund: Wir betrachten die Hilfsfunktion [ F(x) := f (x) f (a) ] (x a) Dann ist F(a) = F(b) = 0. Daher existiert nach dem Satz von Rolle ein z (a, b) mit F (z) = 0. Es ist aber F (x) = f (x) also f (z) = Beispiel: Für das Polynom f (x) = x 3 1 gilt: f (0) = 1 und f (1) = 0. f (1) f (0) Die Steigung der Sekante durch die beiden Punkte ist: 1 0 = 1 1 = 1. Die Ableitung ist f (x) = 3 x 2. Die Gleichung 3 x 2 = 1 hat die beiden Lösungen ζ = ± 1. D.h. die Tangente 3 durch den Punkt ζ = 1 2 hat die gleiche Steigung wie die Sekante durch die Punkte (0, f (0)) und (1, f (1)). Lemma: Ist f (a) = 0, so ist f auf einem Intervall (a δ, a + δ) für ein δ > 0 streng monoton. Grund: Da auch f (x) ein Polynom ist, gilt nach obiger Folgerung: Ist f (a) = 0, so ist auch f (ζ) = 0 für ein δ > 0 und alle ζ (a δ, a + δ). Nach dem Mittelwertsatz gilt aber für alle x 1, x 2 (a δ, a + δ) mit x 1 < x 2 : f (x 2 ) = f (x 1 ) + f (ζ)(x 2 x 1 ) für ein ζ (x 1, x 2 ) (a δ, a + δ). Also hat f (x 2 ) f (x 1 ) konstantes Vorzeichen ( = 0) auf (a δ, a + δ). Definition: Eine Funktion f : D R hat in a D ein (striktes) globales Minimum, falls gilt f (x)(>) f (a) ( ) für alle x D. f hat in a D ein (striktes) lokales Minimum falls (*) gilt für alle x D nahe bei a. (D.h. es gibt ein δ > 0, mit f (x)(>) 0 für alle x (a δ, a + δ)\{a}) D. Für ein Maximum gilt die sinngemäße Definition. Maxima und Minima heißen zusammengefaßt auch Extrema. Satz: Hat ein Polynom f (x) in einem Punkt a R ein Extremum, so gilt: f (a) = 0. Grund: Wir nehmen an, daß f (a) > 0. Dann ist f streng monoton steigend auf einem Intervall (a δ, a + δ). Also kann f in a kein Extremum haben. Achtung: Die Umkehrung dieser Folgerung gilt nicht. f (x) = x 3 ist nahe bei 0 (sogar überall) streng monoton steigend, aber f (0) = 0. Fazit:i) Polynome sind stückweise streng monoton.
ii) Die Monotoniewechselstellen sind genau die (strengen,lokalen) Minima und Maxima. Grund: i) Es sei f (x) ein Polynom vom Grad größer 1 und =: λ 0 < λ 1 <... < λ r < λ r+1 := + die verschiedenen Nullstellen von f (x). Dann hat f (x) auf dem Intervall (λ j, λ j+1 ) konstantes Vorzeichen. Seien nun x 1, x 2 (λ j, λ j+1 ) und x 1 < x 2 dann ist f (x 2 ) = f (x 1 ) + f (ζ)(x 2 x 1 ) für ein ζ (x 1, x 2 ) (λ j, λ j+1 ). Also ist f (x) auf dem Intervall (λ j, λ j+1 ) streng monoton steigend oder fallend, abhängig von dem Vorzeichen von f (x) in diesem Intervall. ii) Hat f (x) beispielsweise ein Maximum in a, mit f (a) > 0, so gibt es ein δ > 0, mit f (x) > 0 und f (a) > f (x) auf (a δ, a + δ). Außerdem ist nach dem obigen Satz in einem Extremum die Ableitung f (a) = 0. Da f (x) zwischen den Nullstellen von f (x) konstantes Monotonieverhalten hat, so kann f (x) nur streng monoton steigend auf (a δ, a] und streng monoton fallend auf [a, a + δ). Hat umgekehrt f in a einen Monotoniewechsel, also ist f z.b. auf (a δ, a] streng monoton steigen und auf [a, a + δ) streng monoton fallend, So ist f (a) der größte Wert auf beiden Teilintervallen, also ein Maximum. Erinnerung: Eigenschaften der Betragsfunktion a b a n b n für alle n N a + b a + b a b a b Beispiel : Gesucht ist eine obere Schranke von f (x) für f (x) = x 7 6 x 4 + x auf [ 2, 1] Lösung: Auf [ 2, 1] gilt: x 2 x 7 6 x 4 + x x 7 + 6 x 4 + x = x 7 + 6 x 4 + x = x 7 + 6 x 4 + x 2 7 + 6 2 4 + 2 = 226 Lemma: Auf einem Intervall [a, b] gilt für ein Polynom f (x) = n k=0 a k x k : Es gibt eine Zahl M, mit : f (x) M für alle x [a, b]. Grund: Es ist für alle x [a, b]. f (x) = a k x k a k x k a k b k =: M Genauere Überlegung: Ein Polynom f (x) hat in einem Intervall [a, b] seine absoluten Maxima und Minima in den Nullstellen von f (x) oder in den Endpunkten a, b. Sei c [a, b] das absolute Minimum mit f (c) = m und d [a, b] das absolute Maximum mit f (d) = M. Dann gilt mit dem Zwischenwertsatz: f ([a, b]) = [m, M]