Gelingensbedingungen für die integrative Schule

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Kommentare

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Transkript:

Tagung «Integrative Schule ein Zwischenstopp» am 11. Februar 2017 in Chur Gelingensbedingungen für die integrative Schule Forschungsstand Prof. Dr.phil. Klaus Joller-Graf weiterwissen. Ablauf Teil 1 Integration als Teilbereich der Bildungsforschung: Entwicklung und zentrale Erkenntnisse Teil 2 Standortbestimmung als Integrative Schule

Integrationsforschung Phase 1: Effekte der Integration Schulische Fortschritte integrierter Schüler/innen? Auswirkungen auf (nicht-integrierte) Mitschüler/innen? Soziale Integration und emotionale Spannungen? Langzeitwirkung? 3 Effekte der Integration Schulleistung Integrierte Kinder machen grössere Leistungsfortschritte als vergleichbare Kinder in separierten Settings. Keinerlei Leistungseinbussen bei den Mitschüler/innen mit normaler und besonders hoher Begabung. (vgl. Häberlin et al. 1990 und Bless & Klaghofer 1991)

Effekte der Integration Sozial-emotionaler Bereich Integrierte Kinder nehmen innerhalb der Klasse eine ungünstigere soziale Position ein. Sie verfügen über ein geringeres Selbst- und Begabungskonzept als Mitschüler/innen und vergleichbare Schüler/innen in Sonderklasse (Überangleichung zum Ende der Schulzeit). (vgl. Häberlin et al. 1990 und Bless 1995) Effekte der Integration Kosten Kostenvergleich zwischen integrativen (keine Billiglösungen!) und separativen Settings im Kanton Freiburg: Vorteil von 3.3% der Gesamtkosten zu Gunsten der integrativen Lösungen. Langfristige Kostenfolge wurde nicht berücksichtigt. (vgl. Zutter 1990)

Effekte der Integration Langzeitwirkung Höchstes Ausbildungsniveau für Jugendliche der integrierten Schulform, vor denen, die lediglich in der Primarschule integriert wurden. Dann folgen die, welche nur in der Sekundarschule integriert wurden und dann diejenigen, welche auf beiden Stufen separiert wurden. (vgl. Riedo 2000) Integrationsforschung Phase 2: Integration gestalten Merkmale eines integrativen Unterrichts? Handlungsleitende Prinzipien? Rolle als SHP? «Reichweite» heilpädagogischer Arbeit (Begabungsförderung, DaZ etc.) Kooperation zwischen SHP und Klassen- und/oder Fachlehrpersonen? Elternarbeit? 12.02.2017 8

Integrativen Unterricht gestalten Gemeinschaftsförderung Stofforientierung Schülerzentrierung Lehrerzentrierung Entwicklungsorientierung Individualisierung Integrativen Unterricht gestalten Prinzipien eines integrativen Unterrichts Lebensweltbezug Komplementäre Lernanregungen Klarer Zielbezug in der Förderung Rituale und Regeln schaffen Identität Hohe Passung der Förderung Berücksichtigung der Repräsentationsebenen Kooperationen gewinnbringend einsetzen Zeit nehmen für vollständige Lernprozesse Wiederholen und Üben als wichtige Phasen des Lernens Gezieltes und positives Feedback (Lob) Konstruktive Fehlerkultur Reflexion verbessert die Lernleistung!"#$$%&'(&)*+,--./+01+2-3415+ 10

Integrationsforschung Phase 3: Einstellungen und Rahmenbedingungen Einstellungen der Lehrpersonen gegenüber der Integration und Wirkung auf die Integration? Haltung der (kommunalen) Schulbehörden und Wirkung auf die Integration? Grenzen der Integration aufgrund von Rahmenbedingungen? 11 Einstellungen und Rahmenbedingungen Einstellung der Eltern Einstellung der Eltern ggü. der Integration ist besser, je direkter sie von dieser betroffen sind. (vgl. Bless 1995) Akzeptanz der Integration bei den Eltern ist stark von den Kommunikationsbeziehungen zwischen Schule und Eltern abhängig. (vgl. Sander 1998)

Einstellungen und Rahmenbedingungen Lehrpersonen sondern eher aus, wenn sie: grosse Klassen unterrichten (>20) wenig oder keine Erfahrung mit neueren Schul- und Unterrichtsformen haben sich überlastet oder überfordert fühlen mit nicht integrativen Schulbehörden zusammenarbeiten das Sozialklima im Berufsfeld negativ erleben (Greminger et al. 2005, 279ff.) Einstellungen und Rahmenbedingungen Einstellungen der Lehrpersonen korrelieren signifikant mit den Rahmenbedingungen. (Meyer 2011, zit. nach Trumpa et al. 2014, S. 95)

Integrationsforschung Phase 4a: Integrative Sonderschulung Starker Zusammenhang der allgemeinen Zufriedenheit mit dem Vertrauen der Eltern in die Regellehrperson. (Joller-Graf & Tanner 2011) 15 Integrationsforschung Phase 4b: Inklusion Lehrpersonen, welche die Kinder sozial und emotional unterstützen und ihre diskursiven Fähigkeiten fördern, tragen entscheidend zur Inklusion bei. Eine Kultur im Klassenzimmer, in der regelmässig im Alltag über Verletzungen, Ausschluss oder andere, für Kinder emotional belastende Situationen gesprochen wird, fördert die Inklusion massgebend. Zentral für Partizipationsbereitschaft der Kinder ist die Einstellung der Klssenlehrperson. (Gasser, Chilver-Stainer, Buholzer & Perrig-Chiello 2012) 16

Fazit Integration kann erfolgreich gelingen muss aber nicht! 17 Standortbestimmung Integration 18

Ebenenmodell als Grundlage Praxis Strukturen Integrative Kultur 19 Integrative Kultur Geteiltes Integrationsverständnis Solidarität und Schutz von Minderheiten Gemeinschaftsbildung Leistungsbereitschaft und Engagement Gelassenheit, «Unaufgeregtheit» 20

Strukturen Raum und Zeit Integrierende Schulleitung Institutionalisierte Teamarbeit Integrationsfreundliche Schulbehörde Unterstützung bei Bedarf Überinstitutionelle Vernetzung Partizipation mit Erziehungsberechtigten Qualitätsmanagement 21 Praxis Kompetenzorientierter Unterricht Leadership: Agieren, nicht reagieren Rollenklarheit als SHP Binnendifferenzierung und Individualisierung Überprüfung von Lernwirkungen (Beurteilung) Gezielte Förderdiagnostik Soziale Integration Partizipation der Schüler/innen Kooperation Lehr- und Fachpersonen, Schulleitung, Erziehungsberechtigte Pädagogische Beziehung Lehrpersonen Schüler/innen 22

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Und 23