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Transkript:

Gliederung A. Grundlagen B. Die Rechtsformen des Verwaltungshandelns I. Überblick II. Der Verwaltungsakt III. Die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage IV. Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt V. Die isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen VI. Der fehlerhafte Verwaltungsakt VII. Bestandskraft, Widerruf und Rücknahme von Verwaltungsakten VIII. Die Zusicherung IX. Die Rechtsverordnung X. Der Realakt und das informelle Verwaltungshandeln XI. Die allgemeine Leistungsklage und die Unterlassungsklage XII. Der verwaltungsrechtliche Vertrag XIII. Verwaltung in Privatrechtsform C. Das Verwaltungsverfahren D. Das Verwaltungsrechtsverhältnis 2

Verwaltung in Privatrechtsform Verwaltungsprivatrecht Fiskalische Hilfsgeschäfte Erwerbswirtschaftliche Tätigkeit Formenwahlfreiheit? Grundrechtsbindung? B.XIII Verwaltung in Privatrechtsform 3

Rechtsdogmatische Grundfragen des privatrechtlichen Verwaltungshandelns 1. Abgrenzung von öffentlichem und privatem Recht Vgl. bereits unter A. II 1. 2. Reichweite der öffentlich-rechtlichen Bindungen Nach umstrittener Auffassung besteht in allen Fällen privatrechtlichen Verwaltungshandelns als Mindeststandard gem. Art. 1 Abs. 3 GG eine Bindung an die Grundrechte, insbesondere an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (Problem der Fiskalgeltung der Grundrechte ). 4

I. Die rein fiskalische Tätigkeit der Verwaltung 1. Privatrechtliche Hilfsgeschäfte (Bedarfsdeckung) Nur ausnahmsweise besteht für die Bedarfsdeckung des Staates ein gesetzliches Enteignungsrecht. Lehrbuchbeispiel: Behördlicher Kauf von Büromaterial Gesamtvolumen öffentlicher Aufträge in Deutschland ca. 350 Milliarden Euro pro Jahr Bindung an den Gleichheitssatz des Art. 3 GG Einfachgesetzliche Bindung an das Vergaberecht (Vergabe öffentlicher Aufträge, 97 ff. GWB). 5

I. Die rein fiskalische Tätigkeit der Verwaltung 2. Erwerbswirtschaftliche Betätigung Flughafen Frankfurt-Hahn GmbH (Länder Rheinland- Pfalz 82,5 % und Hessen 17,5 %) Errichtung eines Hotels durch die Stadt Bonn Grundsatz: Bund und Länder sind berechtigt, sich in privaten Handlungsformen wirtschaftlich zu betätigen. Sie sind jedoch an die Grundrechte, insbesondere an Art. 3 GG gebunden (BGH, NJW 2004, 1031 ff.). Art. 12 GG gewährt privaten Konkurrenten kein Abwehrrecht gegenstaatliche Wirtschaftsbetätigung. 6

I. Die rein fiskalische Tätigkeit der Verwaltung Vgl. jedoch für die Kommunen 107 Abs. 1. Satz 1 GemO (1) Die Gemeinde darf sich zur Erfüllung ihrer Aufgaben wirtschaftlich betätigen, wenn 1. ein öffentlicher Zweck die Betätigung erfordert, 2. die Betätigung nach Art und Umfang in einem angemessenen Verhältnis zu der Leistungsfähigkeit der Gemeinde steht und 3. bei einem Tätigwerden außerhalb der Wasserversorgung, des öffentlichen Verkehrs sowie des Betriebes von Telekommunikationsleitungsnetzen der öffentliche Zweck durch andere Unternehmen nicht besser und wirtschaftlicher erfüllt werden kann. 7

I. Die rein fiskalische Tätigkeit 3. Vermögensverwaltung der Verwaltung Fiskalische Verwaltung des staatlichen Vermögens, etwa durch 1.die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben oder 2.die Bundeswertpapierverwaltung. 3.Illustrativ auch BFH, NVwZ-RR 2010, 712: Entgeltliche Gestattung der Aufstellung eines Automaten durch die Universität. Wesentliche Bindungen im Rahmen der privatrecht-lichen Verwaltungstätigkeit ergeben sich aus Art. 3 GG. 8

II. Verwaltungsprivatrecht Erfüllung von Aufgaben der Leistungsverwaltung in privatrechtlichen Formen. Es sind zu unterscheiden: 1.Privatrechtliches Handeln von Behörden (Beispiel: Lieferverträge der Stadtwerke Trier AöR) 2.Privates Handeln des Staates in privaten Organisationsformen Beispiel: Deutsche Bahn AG Dabei besteht im Rahmen des Zivilrechts eine Bindung an die zentralen Grundsatznormen des öffentlichen Rechts: Grundrechte, Zuständigkeiten, rechtstaatliche Verwaltungsgrundsätze wie Verhältnismäßigkeit, Ermessensbindung und Vertrauensschutz (so etwa BGH, NVwZ 2010, 531, 533 ff.). keine Flucht ins Privatrecht möglich 9

III. Die-Zwei-Stufen-Theorie Bei der Subventionierung Privater sowie bei der Benutzung öffentlicher Einrichtungen besteht grund-sätzlich eine Formenwahlfreiheit der Verwaltung. Denkbar sind jeweils die rein öffentlich-rechtliche Ausgestaltung, die rein privatrechtliche Ausgestaltung sowie eine zweistufige Ausgestaltung. 10

III. Die-Zwei-Stufen-Theorie Die Zwei-Stufen-Theorie unterscheidet eine öffentlichrechtliche erste Stufe der Entscheidung über das Ob der Subventionierung oder Zulassung sowie eine privatrechtlich ausgestaltete zweite Stufe über das Wie der Durchführung der Subvention oder das Nutzungsverhältnis. Rechtsschutz gegenüber der Entscheidung auf der ersten Stufe (Klage auf Zulassung zur Einrichtung oder auf Subvention) sowie gegenüber deren Rückabwicklung (Entscheidung über die Rückforderung) ist daher gemäß 40 VwGO vor den Verwaltungsgerichten zu suchen. 11

III. Die-Zwei-Stufen-Theorie 1. Subventionierung Privater Die Subventionsentscheidung kann öffentlich-rechtlich erfolgen, die Abwicklung hingegen insbesondere im Fall der Einschaltung einer privaten Bank in einen Darlehensvertrag durch privatrechtlichen Vertrag. In diesem Fall bildet die vorgelagerte Entscheidung über das Ob einen jedenfalls durch den Antragsteller anfechtbaren Verwaltungsakt, während die zweite Stufe dem Zivilrecht unterliegt. 12

III. Die-Zwei-Stufen-Theorie Mit der öffentlich-rechtlichen Aufhebung des Bewilligungsbescheids (1. Stufe) wird der Vertrag (2. Stufe) unwirksam und ist zivilrechtlich abzuwickeln (BVerwG, NJW 2006, 536 ff.). Das Vorliegen zweier Stufen ist im Einzelfall zu prüfen. In der Klausur dürfte im Sachverhalt meist eine staatliche Entscheidung über das Ob (1. Stufe) erkennbar sein. Sog. verlorene Zuschüsse (nicht zurückzuzahlende Zuwendungen) werden jedoch stets einstufig öffentlichrechtlich ausgekehrt (BGH, NVwZ 1985, 517 ff.). 13

III. Die-Zwei-Stufen-Theorie 2. Benutzung öffentlicher Einrichtungen Ausgestaltung der Benutzung öffentlicher Einrichtungen Private oder öffentlich-rechtliche Organisationsform? (z.b. Anstalt oder GmbH?) Im zweiten Fall: Private oder öffentlich-rechtliche Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses? Satzung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen? Gebühr oder vertraglich vereinbartes Entgelt? Beendigung des Benutzungsverhältnisses durch Widerruf beendet oder durch Kündigung? Im Zweifel spricht eine Vermutung für öffentlich-rechtliches Handeln. 14

III. Die-Zwei-Stufen-Theorie Aber: Selbst bei einer zivilrechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses ist die vorgelagerte Zulassungsentscheidung (Entscheidung über das Ob ) nach der Zwei-Stufen-Theorie öffentlich-rechtlich. Dies gilt auch den Zulassungsanspruch in 8 II GemO: (2) Alle Einwohner einer Gemeinde sind im Rahmen des geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen und verpflichtet, die Lasten zu tragen, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zu der Gemeinde ergeben. 15