Sylvia Köppen 08.12.2017
Der Parameter ZVD selbst ist unter Druck geraten und sein Image hat gelitten. Definition: der ZVD ist der Blutdruck im rechten Vorhof des Herzens und in den Hohlvenen (Vv. cava superior/inferior) entspricht annähernd dem Füllungsdruck des rechten Ventrikels der ZVD beschreibt also den Druck im rechten Vorhof, der durch das zirkulierende Blutvolumen, den Venentonus und die rechtsventrikuläre Funktion beeinflusst wird Literatur wird der Normwert des ZVD mit 4 16 cmh2o (3 12 mmhg), bzw. in SI-Einheiten 0,4 1,6 kpa angegeben (Umrechnungsfaktoren: 1mmHg = ca. 1,36 cmh2o; 1mmHg = ca. 0,13 kpa) Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 2
Derzeitiger Goldstandard zur Bestimmung des ZVD ist die invasive Messung über einen ZVK im oberen Hohlvenensystem, welche ohne größeren Aufwand auch die wiederholte oder kontinuierliche Messung ermöglicht. Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 3
Indikationen für ZVD Messung Schock Hypovolämie (Trauma, Sepsis etc.) Blutverlust intraoperativ kardiale Instabilität Anlage eines ZVK sollte konsekutiv zur ZVD Messung führen Einzelner Wert lässt wenig Rückschlüsse auf Volumenstatus oder kardiale Funktion. Veränderungen des ZVD im individuellen Patienten können eine wertvolle Information darstellen. Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 4
Steigerung des ZVD Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 5
Erniedrigung des ZVD Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 6
Fehlerquellen bei der ZVD-Messung Bei kaum einem anderen klinischen Parameter ist die korrekte Bestimmung so entscheidend für ein valides Messergebnis wie beim ZVD. Den ZVD muss man, v. a. bei plötzlichen Änderungen, zwingend unter Kenntnis möglicher Fehlerquellen und im klinischen Kontext des Patienten bewerten. Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 7
Fehlerquellen Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 8
Die Bedeutung des ZVD im intensivmedizinischen Alltag lässt sich in 4 Bereiche gliedern: Beurteilung des Volumenstatus Marker einer Rechtsherzbelastung oder Herzinsuffizienz Analyse der zentralen Venenpulskurve Indikator von Komplikationen und Prädiktor des Outcomes Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 9
Einflussfaktoren auf den ZVD transmuralen Druck im Thorax (u. a. intrathorakaler Druck und PEEP) Compliance der Gefäße Gefäßwiderstand das Blutvolumen die Pumpfunktion des Herzens Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 10
Einflussfaktor: transmuraler Druck ZVD üblicherweise als Differenz zwischen dem Intravasalraum und dem Atmosphärendruck gemessen. Für die Füllung des Ventrikels ist jedoch primär der transmurale Druck relevant Transmuraler Druck: Differenz zwischen dem intraventrikulären und dem perikardialen Druck Der intraperikardiale Druck ist jedoch unter klinischen Bedingungen nicht verfügbar. Somit bleibt der tatsächliche transmurale Druck unbekannt. Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 11
Einflussfaktor: intrathorakalen Drucks Korrekte Messung des ZVD müssen die Druckschwankungen im Thorax während eines Atemzyklus unter Spontanatmung beachtet werden Der vom Drucksensor gemessene Druckwert wird beeinflusst von der transmuralen Druckdifferenz (Ptransmural) in der oberen Hohlvene Inspiration sinkt Pintrathorakal, erst endexspiratorisch nähert sich Pintrathorakal dem atmosphärischen Druck an, gegen den der Drucksensor abgeglichen ist. Endexspiratorisch entspricht daher Ptransmural weitgehend dem ZVD ZVD muss daher endexspiratorisch bestimmt werden Patient beatmet: PEEP Bronchialobstruktion: Auto-PEEP, kann der ZVD aufgrund der Steigerung des intrathorakalen Drucks überschätzt werden Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 12
Einflussfaktor: Blutvolumen und Venentonus In einem bestimmten Bereich reagiert der ZVD auf eine Zu- oder Abnahme des Blutvolumens. Abnahme des ZVD: Hämorrhagie oder Dehydratation Steigerung ZVD: Transfusion, Kristalloide, Kolloide Änderung des ZVD in beide Richtungen nur solange erkennbar, bis eine kompensatorische Venodilatation oder Venokonstriktion einsetzt. Volumenelastizität des Gefäßsystems z. B. durch Vasopressoren (Noradrenalin) beeinflusst werden Ein normwertiger ZVD bedeutet keinesfalls, dass eine Normovolämie vorliegt. Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 13
Druck-Volumen-Diagramm des gesamten Niederdrucksystems nach Gabe von Noradrenalin normal Weyland A, Grüne F. Kardiale Vorlast und zentraler Venendruck. Anaesthesist 2009; 58: 506-512 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 14
Einflussfaktor: Venokonstriktion Mobilisierung von Blut durch Venokonstriktion u. a. aus venösen Kapazitätsgefäßen des Splanchnikusgebiets kann dazu führen, dass relevante Blutverluste ohne eine Reduktion des ZVD einhergehen Einflussfaktor: Vasodilatation kompensierten Hypervolämie: normwertiger ZVD (Blut durch eine Vasodilatation im venösen Kapazitätssystem akkumuliert) Weyland A, Grüne F. Kardiale Vorlast und zentraler Venendruck. Anaesthesist 2009; 58: 506-512 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 15
Venenpulskurve Beziehung zwischen EKG- und ZVD-Kurve (HF 70/min und ZVD 9mmHg) Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 16
Venenpulskurve Systole Diastole a- Kontraktion des rechten Vorhofs,folgt im EKG auf die P-Welle c- Kontraktion des rechten Ventrikels mit Vorwölbung der Trikuspidalklappe in den rechten Vorhof x- Druckabnahme durch Verschiebung der Ventilebene v- passive Füllung des rechten Vorhofs bei geschlossener Trikuspidalklappe y- Bluteinstrom in den Ventrikel Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 17
Venenpulskurve Trikuspidalinsuffizienz: Verlust der c-welle durch Regurgitation von Blut in den rechten Vorhof während der Ventrikelkontraktion Vorhofflattern: repetitive a-wellen durch Kontraktion des Vorhofs Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 18
Venenpulskurve Vorhofflimmern: Verlust der a-welle durch funktionellen Stillstand des rechten Vorhofs. AV-Block III : prominente a-welle bei Kontraktion des rechten Vorhofs gegen die geschlossene Trikuspidalklappe (Propfungswelle). Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 19
Venenpulskurve Perikardtamponade: Reduktion der passiven Vorhoffüllung (x-senke und y- Senke) durch Erhöhung des intraperikardialen Drucks. Fehllage des zentralen Venenkatheters mit Wandkontakt zur V. cava superior führt zur Ausbildung eines sog. Treppen-ZVD Heßler M. et al. Intensivmedizin up2date; 2015: 11.197-209 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 20
n=1.500 Blutvolumenmessungen bei kritisch kranker unterschiedlichster Ätiologie Ziel: Korrelation zwischen ZVD und Blutvolumen sowie HZV und MAP herzustellen Ergebnisse Eine Korrelation zwischen dem statischen ZCD und dem zirkulierenden Blutvolumen hat niemals bestanden, allenfalls Extremwerte sind ein guter Indikator für den hämodynamischen Zustand eines Patienten Der ZVD ist als Surrogatparameter für den Volumenstatus ungeeignet Extrem niedrige ZVD-Werte machen eine Hypovolämie und eine erniedrigte Vorlast zwar wahrscheinlich, hohe Werte schließen diese jedoch keinesfalls aus Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 21
Richtige Messung vorausgesetzt, kann für den ZVD gelten: Ein Unterschreiten des Zielwerts (ZVD <5 mmhg) belegt einen Volumenmangel, das Erreichen des Zielwerts (ZVD >10 mmhg) keine Gewähr für eine ausreichende Vorlast bietet Gelman S. Venous function and central venous pressure. Anesthesiology 2008; 108: 735-748 Janssens U, Graf J. Volumenstatus und zentraler Venendruck. Anaesthesist 2009; 58: 513-519 Weyland A, Grüne F, Kardiale Vorlast und zentraler Venendruck. Anaesthesist 2009; 58: 506-512 Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 22
Evidenz zur Beurteilung des Volumenstatus S3 Leitlinie Intravasale Volumentherapie beim Erwachsenen S3 Leitlinie Intensivmedizinische Versorgung herzchirugischer Patienten Hämodynamisches Monitoring und Herz-Kreislauf S3-Leitlinie Infarkt-bedingter kardiogener Schock Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 23
Evidenz zur Beurteilung des Volumenstatus Early goal-directed therapy. Die 2012 von der SSC veröffentlichten Leitlinien zur Therapie der Sepsis empfehlen auch heute noch den Gebrauch des ZVD als Zielparameter einer Volumentherapie bei schwerer Sepsis und septischem Schock Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 24
Fazit Den ZVD muss man, v. a. bei plötzlichen Änderungen, zwingend unter Kenntnis möglicher Fehlerquellen und im klinischen Kontext des Patienten bewerten. Berücksichtigung intrathorakaler Druckverhältnisse Berücksichtigung dynamischer Faktoren (u. a. Venentonus) Als alleiniger Parameter ist der ZVD nicht geeignet, Aussagen über den Volumenstatus oder die Volumenreagibilität zu treffen. Die Steuerung einer Volumentherapie einzig am ZVD ist passé und wahrscheinlich schädlich, da eine mögliche venöse Volumenüberladung zu Organfunktionsstörungen beitragen kann. Ein normwertiger ZVD bedeutet keinesfalls, dass eine Normovolämie vorliegt. Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 25
Fazit Eine am ZVD orientierte Volumentherapie ist bei der Sepsis oft mit einer Flüssigkeitsakkumulation verbunden. Dies ist ein hochsignifikanter Prädiktor der Mortalität und Organschädigung beim kritisch Kranken. Der ZVD und die zentrale Venenpulskurve sind weiterhin relevante diagnostische Werkzeuge, u. a. bei der Diagnostik einer Perikardtamponade. Hier gilt, dass insbesondere extrem hohe oder niedrige ZVD-Werte eine diagnostische Relevanz haben, während intermediäre Werte selten hilfreich sind. die Messung des ZVD kann das Gesamtbild eines Patienten vervollständigen und eventuell eine Aussage zur Prognose ergänzen. Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 26
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Universitätsmedizin Leipzig (2009): Thema, Datum 27