Amt proarbeit Jobcenter Kreis Minden-Lübbecke. Grundsicherung für Arbeitsuchende



Ähnliche Dokumente
Eingliederungsbericht 2010

Arbeitslosengeld II II

Arbeitskreis Fachkräfte gewinnen und halten

Gliederung. Arbeitslosengeld II. Arbeitslosen- & Sozialhilfe. Hintergrund der Sozialreform

Geschäftsergebnisse im Jobcenter StädteRegion Aachen.

Der Arbeitsmarkt im Dezember und Jahresrückblick 2013

Jahresbericht Jahresbericht Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch II (SGB II) im Service-Punkt ARBEIT Rhede

Elternzeit Was ist das?

Chancen für Arbeitnehmer 50plus

Merkblatt SGB II. Merkblatt Was bedeutet Grundsicherung für Arbeitsuchende? Was ist eine Bedarfsgemeinschaft?...

Inhaltsverzeichnis. 4. Jugendhilfe SGB VIII 4.1 Klientel/ gesetzliche Grundlagen 4.2 Maßnahmen 4.3 Ziele 5. Kurzes Resümee 6.

3. Der behinderte Mensch auf dem Arbeitsmarkt

I N S T I T U T F Ü R D E M O S K O P I E A L L E N S B A C H

Arbeitsgemeinschaft für den Musterkreis

Saisonaler Anstieg der Arbeitslosigkeit im Januar Arbeitslose im Bezirk der Agentur für Arbeit Bremen-Bremerhaven / Arbeitslosenquote 10,2%

Befragung zum Migrationshintergrund

BÜRGERSCHAFT DER FREIEN UND HANSESTADT HAMBURG Drucksache 20/ 20. Wahlperiode

Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)

Arbeitsmarkteffekte von Umschulungen im Bereich der Altenpflege

Monatsbericht August 2011

I N F O R M A T I O N

Vorlage Nr. 066/2016

Christof Stock / Vera Goetzkes. SGB II / XII Teil 6 SGB II Anspruchsgrundlagen

Schriftliche Kleine Anfrage

Änderungen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab 1. Januar 2015.

LEONARDO DA VINCI Mobilität. Trainingsmaßnahmen im europäischen Ausland SGB II Kunde

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Hartz IV München. Die Umsetzung des neuen SBG II

SchuldnerAtlas Deutschland 2011

Für l an gzeitarbeitslose i m Ostalbkreis

Personal der Frankfurter Pflegeeinrichtungen 2005

Die gesamtfiskalischen Kosten der Arbeitslosigkeit

Klausur Sozialrecht Thema Arbeitslosengeld II

MERKBLATT Zuschuss zu den Versicherungsbeiträgen der Kranken- und Pflegeversicherung zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit ( 26 SGB II)

SGB II. Fördermöglichkeiten

Die Leistungen der Agentur für Arbeit Hamburg für schwerbehinderte Menschen

Sozialleistungen und Hilfen nach der Geburt

Mustervortrag Erläuterungen. Der Weg ins Studium

Einzelheiten zum Bundes-Teilhabe-Gesetz

Agentur für Arbeit Bad Hersfeld-Fulda - Pressestelle Telefon: oder

Frauen in MINT-Berufen

Mitteilung zur Kenntnisnahme

Selbstständigkeit und Existenzgründung von drittstaatsangehörige Personen

GRUNDSICHERUNG FÜR ARBEITSUCHENDE. Vermittlungsunterstützende. Leistungen

Dem Hungerlohn folgt oftmals die Hungerrente. Sehr geehrte Damen und Herren,

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II INFORMATIONEN FÜR KUNDEN SGBII 52. Arbeitslosengeld II und Renten.

ONLINE-AKADEMIE. "Diplomierter NLP Anwender für Schule und Unterricht" Ziele

Finanzen. Gesamtausgaben steigen in Niedersachsen unterdurchschnittlich. Kräftiger Anstieg der Sachinvestitionen in Niedersachsen

Hinweis in eigener Sache

Thüringer Landtag 5. Wahlperiode

Beschäftigung von Rentnern

Statement. Dr. Jens Sträter zeb/rolfes.schierenbeck.associates

Für (echtes) Bürgergeld!

Pflegedossier für die kreisfreie Stadt Frankfurt (Oder)

Schuldenbarometer 1. Q. 2009

Transfermaßnahmen und Transfergesellschaften

Das Bildungsund Teilhabe- Paket

Tabelle 2: Zahl der ambulanten Leistungsempfänger in den Pflegestufen, Pflegestufe I 0,755 0,806 II 0,518 0,458 III 0,161 0,136

Berechnung der Erhöhung der Durchschnittsprämien

SGB II Grundsicherung für Arbeitssuchende Aufbau einer Arbeitsgemeinschaft

Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Osnabrück

Wohngeld in Düsseldorf. Informationen, Tipps und Berechnungsbeispiele

Neuregelung zum Sozialausweis der Stadt Erfurt in Verbindung mit den Leistungen zur Bildung und Teilhabe nach 28 SGB II und 34 SGB XII

Lothar Schreinert Arge Nürnberg. Analphabetismus und Arbeitsmarkt

Vorbemerkung: Die folgenden Aussagen gelten, soweit nicht ausdrücklich anders vermerkt, für das Gebiet der Stadt München.

Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge Arbeitsfeld III Grundlagen sozialer Sicherung, Sozialhilfe und soziale Leistungssysteme

Richtlinien des Landkreises Cochem-Zell über die Förderung in der Kindertagespflege vom

Vermögensbildung: Sparen und Wertsteigerung bei Immobilien liegen vorn

Leistungen nach SGB II und XII

Richtlinien zur Durchführung der Aufgaben der Stiftung "Resozialisierungsfonds Dr. Traugott Bender"

Was bleibt unterm Strich?

Beispiel überschießendes Kindergeld:

Rhein-Main KOMPASS Der Wirtschaftstrend-Report der Helaba

Bitte bei Antwort angeben

Rentenbesteuerung: Wen betrifft es?

Das große ElterngeldPlus 1x1. Alles über das ElterngeldPlus. Wer kann ElterngeldPlus beantragen? ElterngeldPlus verstehen ein paar einleitende Fakten

Das Vermögen der privaten Haushalte in Nordrhein-Westfalen ein Überblick auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe

Fremdwährungsanteil bei Tilgungsträgerkrediten bei 86 % eine Analyse der Fremdwährungskreditstatistik 1

Lineargleichungssysteme: Additions-/ Subtraktionsverfahren

Kinderarmut. 1. Kapitel: Kinderarmut in der Welt

Ambulant betreutes Wohnen eine Chance!

Informationen aus der Landesrechtsstelle Hessen

Vorbericht zum I. Nachtragshaushaltsplan 2011

Zielsetzung DLZ U25. eingeleitet. 4. Dienstleistungszentrum U25 (DLZ U25) 4.1. Grundannahmen

Hartz und die Folgen für Selbstständige

ZUMUTBARE BESCHÄFTIGUNGEN, 140 SGB III

Was Sie über "kleine Jobs" wissen sollten! Minijob Euro. Chance oder Sackgasse? Tipps und Informationen. Euro-Geldscheine und Münzen

Alterssicherung. Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Gesetz zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung tritt am 1. August in Kraft

Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts

Pep. Perspektiven planen. Chancen geben. Chancen ergreifen. Förderinfomationen für Arbeitergeberinnen und Arbeitgeber

Fragen und Antworten zum neuen Kinderbetreuungsgeld

ES GEHT NICHTS ÜBER EX-AZUBIS, Leiter der Fertigung, Produktbereich Blech, bei

Informationen für: Partner Vereine Schulen Kitas. Das Bildungspaket. Mitmachen möglich machen

Ökonomische Unterstützungsmöglichkeiten - Arbeitslosengeld II -

Zehn Jahre 100 Häuser für 100 Familien ein Erfolgsprogramm feiert Jubiläum

Ohne den gewerkschaftlichen Rechtsschutz hätte ich meine Rechte nicht durchsetzen können.

II. Zum Jugendbegleiter-Programm

Das Glück wird mehr. Die Sicherheit bleibt. ELTERNZEIT. BVK Bayerische. V ersorgungskammer

Fragen und Antworten: zusätzlicher Beitragssatz

Transkript:

0 Amt proarbeit Jobcenter Kreis Minden-Lübbecke Jahresbericht 2010 Grundsicherung für Arbeitsuchende Minden - Lübbecke - Bad Oeynhausen - Porta Westfalica - Petershagen - Espelkamp - Rahden - Preußisch-Oldendorf Hüllhorst - Hille Stemwede

1 Vorbemerkung Zum Jahresbeginn 2005 wurden Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Sozialgesetzbuch II (SGB II) zu einem Leistungssystem (häufig Hartz IV genannt) zusammengelegt. Die Arbeitsagenturen versorgen Personen, die Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung haben (Sozialgesetzbuch III/SGB III). Langzeitarbeitslose Menschen, die über keine Ansprüche oder keine Ansprüche mehr aus der Arbeitslosenversicherung verfügen, erhalten Hilfestellungen über das Leistungssystem des SGB II. In diesem Leistungssystem erhalten sie Hilfen für den Lebensunterhalt und erfahren Betreuung für eine Ein- oder Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Der Kreis Minden-Lübbecke ist in Ostwestfalen-Lippe der einzige von 67 bundesweit zugelassenen kommunalen Trägern (Optionskommunen). Das heißt, er nimmt die Betreuung langzeitarbeitsloser Menschen in allen Geschäftsfeldern - ohne Einbindung der Arbeitsagentur - wahr.

2 I n h a l t s v e r z e i c h n i s 0. Vorwort 3 1. Arbeitslosigkeit 4 1.1. Arbeitslosenzahlen SGB II und SGB III 4 1.2. Arbeitslosenzahlen SGB II 5 1.3. Erwerbsfähige Hilfebedürftige unter 25 Jahren 6 2. Bedarfsgemeinschaften und Hilfeempfänger 7 2.1 Bedarfsgemeinschaften 7 2.2. Hilfeempfänger 8 2.3. Aufstocker 9 3. Eingliederung 11 3.1 Integration/ Praktikum 13 3.2 Personen mit Erwerbseinkommen 14 3.3 Ausbildung 14 3.4 Qualifizierung 15 3.5 Arbeitsgelegenheiten 15 3.6 Flankierende kommunale Eingliederungsleistungen 16 3.6.1 Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen 16 3.6.2 Schuldnerberatung 16 3.6.3 Suchtberatung 17 3.6.4 psychosoziale Betreuung 17 4. Transferleistungen 18 4.1 Arbeitslosengeld II, Sozialgeld und Kosten der Unterkunft 18 4.2 Unterhalt 20 5. Widersprüche und Klagen 22 6. Besonderheiten 25 6.1 Ausbildungsabschluss bei ZF Lemförde 25 6.2 Generation Gold macht mobil 26 7. Ausblick 28 8. Anhang 29 9. Glossar 30 Hinweis: Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in diesem Text nur die männliche Schreibweise verwendet. Diese schließt automatisch die weibliche Form mit ein. Wir bitten alle Leserinnen und Leser um Verständnis.

3 0. Vorwort 2010 war ein bewegtes Jahr. Die Wirtschafts- und Finanzkrise von 2009 hatte auch in der ersten Jahreshälfte noch deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen. Viele Menschen waren gezwungen den Weg in die Arbeitslosigkeit anzutreten. Entgegen den Erwartungen, konnte die SGB II-Arbeitslosigkeit im Mühlenkreis trotz der Auswirkungen der Krise weiterhin unter dem Durchschnittsniveau in der Region Ostwestfalen und erheblich unter dem Landesdurchschnitt gehalten werden. Dies fand nicht zuletzt seinen Ursprung darin, dass die Einstellungsbereitschaft der heimischen Betriebe zur Mitte des Jahres dafür sorgte, dass die Vermittlerinnen und Vermittler des Amtes proarbeit deutlich mehr arbeitslosen Bezieherinnen und Beziehern von SGB II- Leistungen eine neue berufliche Perspektive aufzeigen konnten. Gegenüber dem Vorjahr konnte ein Anstieg der Integrationen in Arbeit um über 18 % erreicht werden. Die Weiterentwicklung junger Menschen war und ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik des Mühlenkreises. 2010 ist es erneut gelungen den Anteil der Arbeitslosigkeit im SGB II von Jugendlichen auf niedrigem Niveau zu halten. Rd. 3,9 % betrug im Dezember 2010 der Anteil der Jugendlichen an den Gesamtarbeitslosen im SGB II. Damit nimmt der Mühlenkreis im nordrheinwestfälischen Vergleich ebenso wie im Bundestrend eine weit überdurchschnittliche Positionierung ein. Auch in den Folgejahren soll hier ein besonderes Augenmerk insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels liegen. Dies wird allerdings durch die vorgesehene massive Reduzierung der Eingliederungsmittel in der Zukunft erschwert werden. Ein weiteres bewegendes Themenfeld war die Frage nach der Fortführungsmöglichkeit der kommunalen Option. Mit Ablauf des 31.12.2010 endete die gesetzlich vorgesehene Experimentierphase. Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neuorganisation der Grundsicherung für Arbeit den Bestand der vorhandenen Optionskommunen gesichert und darüber hinaus ab 2012 auch 41 weiteren bundesdeutschen Kommunen die Möglichkeit eingeräumt, die Grundsicherungsleistungen zukünftig ohne Einbeziehung der Arbeitsagenturen zu erbringen. Damit ist eine erhebliche Planungssicherheit geschaffen worden und die bisherige erfolgreiche Arbeit kann im Mühlenkreis fortgesetzt werden. Landrat Sozialdezernent Leiter Amt proarbeit Dr. Ralf Niermann Hans-Joerg Deichholz Ralf Bierstedt

4 1. Arbeitslosigkeit 1.1 Arbeitslosenzahlen SGB II und SGB III Die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt in Minden-Lübbecke waren nicht zuletzt an der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen abzulesen. Ausgehend von 2008 mit jahresdurchschnittlich 9.888 Arbeitslosen, waren im Jahresmittel 2009 rund 11.858 Menschen als arbeitslos registriert. Die Konjunkturpakete und die Abwrackprämie führten in 2010 zu einer Belebung des Arbeitsmarktes. Der Jahresdurchschnitt betrug 11.698 registrierte Arbeitslose im Mühlenkreis, das waren 1,3 % weniger als im Vorjahr. 2008-2010 14.000 12.000 10.000 8.000 6.000 gesamt SGB II SGB III 4.000 2.000 0 Jan 08 Feb 08 Mrz 08 Apr 08 Mai 08 Jun 08 Jul 08 Aug 08 Sep 08 Okt 08 Nov 08 Dez 08 Jan 09 Feb 09 Mrz 09 Apr 09 Mai 09 Jun 09 Jul 09 Aug 09 Sep 09 Okt 09 Nov 09 Dez 09 Jan 10 Feb 10 Mrz 10 Apr 10 Mai 10 Jun 10 Jul 10 Aug 10 Sep 10 Okt 10 Nov 10 Dez 10 Die Arbeitslosenquote im Kreis Minden-Lübbecke betrug zum Jahresende über alle Rechtskreise 6,7%. Damit liegt der Kreis Minden-Lübbecke unter der Arbeitslosenquote von Nordrein-Westfalen mit 8,1%. Als arbeitslos gilt, wer zwischen 15 und 65 Jahre alt ist länger als drei Stunden am Tag arbeiten kann nicht an einer Ausbildung oder Qualifizierung teilnimmt nicht durch Betreuung von Familienangehörigen gebunden ist weniger als 15 Stunden pro Woche arbeitet

5 1.2. Arbeitslosenzahlen SGB II Dem starken Anstieg der Arbeitslosen im Rechtskreis des SGB III (Arbeitslosengeld I) im Jahr 2009 und dem darauf folgenden deutlichen Rückgang im Jahr 2010, steht eine sehr moderate Entwicklung im Rechtskreis des SGB II (Arbeitslosengeld II) gegenüber. Im Laufe des Jahres 2010 sank die Zahl der Arbeitslosen im SGB II um 3,0% und liegt damit um 2,2% unter dem Wert vom Januar 2008. Im Dezember 2010 waren insgesamt 10.698 Menschen im Kreisgebiet als arbeitslos registriert. Davon entfielen 3.574 auf den Rechtskreis SGB III und 7.124 auf den Rechtskreis SGB II. Im Jahr 2010 waren durchschnittlich rd. 7.318 Menschen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Prozentual ausgedrückt betrug die mittlere SGB II-Arbeitslosenquote 2010 im Kreis Minden-Lübbecke 4,6 %. Zwar ist diese Quote nicht mit den Werten im Münsterland, hier gab es SGB II-Arbeitslosenquoten von knapp 2 %, vergleichbar, dennoch liegt der Kreis mit seinem Mittelwert unter dem Landesdurchschnitt mit 6,2 % 1 bzw. im Ostwestfalenvergleich unter dem dortigen Mittelwert von 5,1 % 2. Anhand der nachstehenden Tabelle lässt sich der Verlauf der SGB II-Arbeitslosigkeit gut nachvollziehen. Hier wird sehr deutlich, dass die positive Wirtschaftsentwicklung erst in der zweiten Jahreshälfte, verstärkt sogar erst im letzten Quartal im SGB II- Leistungsbereich ankam. Entwicklung der Arbeitslosen im SGB II 2010 7.600 7.500 7.400 7.300 7.200 7.100 7.000 6.900 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 1 vergl. Datenreport des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales NRW (MAIS); Berichtszeitraum Juni bis Sep. 2010 2 s.o.

6 Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in den einzelnen Regionalteams lässt sich anhand der nachstehenden Grafik gut ablesen. Nachdem auch im Kreisgebiet die Erholung der Wirtschaft spürbar wurde, ist die Zahl der Arbeitslosengeld I -Empfänger in allen Regionalteams deutlich gesunken. Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt 2010 in den Regionalteams 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Minden- Lübbecke Bad Oeynhausen Espelkamp Lübbecke Minden Petershagen Porta Westfalica ALG II 7.318 1.087 1.042 935 3.093 525 2.899 ALG I 4.380 739 768 729 1.314 345 1.091 1.3. Erwerbsfähige Hilfebedürftige unter 25 Jahren Die Entwicklung der Arbeitslosigkeit Jugendlicher zeigte sich im Kreis Minden-Lübbecke weiterhin recht freundlich. Erneut konnte in NRW mit einer Quote von 4,9 % 3 ein hervorragender Wert erreicht werden. Zum Vergleich: Der Landesdurchschnitt bewegte sich bei 8,9 % 4 und in Ostwestfalen lag er sogar bei 9,8 % 5 3 s. Datenreport MAIS Stand Juni bis Sept. 2010 4 s. Datenreport MAIS Stand Juni bis Sept. 2010 5 s. Datenreport MAIS Stand Juni bis Sept. 2010

2. Bedarfsgemeinschaften und Hilfeempfänger 2.1. Bedarfsgemeinschaften 7 Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften zeigt an, wie viele Familien oder Einzelpersonen mit eigenem Hausstand im Leistungsbezug der Grundsicherung für Arbeit stehen. Sie gibt keinen Aufschluss über die tatsächliche Anzahl der leistungsbeziehenden Menschen. Sie zeigt vielmehr an, wie viele Haushalte von Transferleistungen abhängig sind. Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften erreichte im April 2010 mit knapp 11.300 ihren Dreijahreshöchststand. Von diesem Zeitpunkt an sank die Anzahl wieder, zuerst rasch und ab dem Hochsommer langsamer bis auf 10.565 Ende Dezember. Entwicklung der Bedarfsgemeinschaften 2008 bis 2010 im Vergleich 11.500 11.000 10.500 10.000 2008 2009 2010 9.500 9.000 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez Die Zahl der Bedarfsgemeinschaften hat um 1,5 % gegenüber dem Dezember 2009 abgenommen. Dieser Rückgang liegt über dem Vergleichswert für das Bundesgebiet. Kreis Dez 2009 Kreis Dez 2010 Bund Anzahl Bedarfsgemeinschaften 10.731 10.565 Veränderung in % von Dez 09 auf 10-1,5 % - 1,1 % Durchschnittliche Hilfeempfängerzahl pro Bedarfsgemeinschaft Kreis Dez 2009 Kreis Dez 2010 Bund Dez. 2010 2,11 2,02 1,87

8 Der Rückgang der Leistungsempfänger verlief zeitgleich mit der Abnahme der Bedarfsgemeinschaften. Dabei verließen überproportional mehr Bedarfsgemeinschaften mit einer als hilfebedürftig gezählten Person sowie große Familien den SGB II- Bezug, so dass die durchschnittliche Hilfeempfängerzahl pro Bedarfsgemeinschaft sank. Anzumerken ist, dass auch Alleinerziehende, deren Kinder durch Unterhalt und Kindergeld ausreichende Einkünfte haben, als so genannte 1-Personen-Bedarfsgemeinschaft gezählt werden. Anteil Bedarfsgemeinschaften mit 1 Person Dez 2008 Dez 2009 Dez 2010 Kreis Minden-Lübbecke 47,8 % 52,6 % 49,1 % Bund 52,5 % 54,6 % 55,5 % 6 2.2. Hilfeempfänger Den eigentlichen Stand der Entwicklungen eines Trägers im SGB II spiegelt die Zahl der Leistungsbezieher wider. Sie bildet all diejenigen Menschen ab, die finanzielle Unterstützungsleistungen aus dem SGB II erhalten. Wie die Zahl der Bedarfsgemeinschaften ging die Zahl der Leistungsbezieher zurück. Prozentual gesehen war der Rückgang größer als auf Bundesebene. Im Vergleich zum Dezember des Vorjahres waren 1.268 Menschen weniger von SGB II-Leistungen abhängig. Dies entspricht einer Verminderung von 5,6 Prozent. Wie bei der Bedarfsgemeinschaftsentwicklung liegt der Kreis Minden-Lübbecke damit über dem Entwicklungstrend auf Bundesebene. Entwicklung der Hilfeempfängerzahl 2008 bis 2010 24.500 24.000 23.500 23.000 22.500 22.000 2008 2009 2010 21.500 21.000 20.500 20.000 Jan Feb Mrz Apr Mai Jun Jul Aug Sep Okt Nov Dez 6 aktuellster verfügbarer Stand Sept. 2010

9 Anzahl Leistungsempfänger/-innen Veränderung in % von Dez 09 auf Dez. 10 Anzahl Alg-II-Empfänger/-innen Anzahl Sozialgeld-Empfänger/-innen Kreis Dez 2009 Kreis Dez 2010 Bund 22.649 21.383-5,6 % - 2,2 % Kreis Dez 2009 Kreis Dez 2010 Veränderung in % von Dez 09 auf Dez 10 16.136 15.883-1,9 % 6.513 5.500-15,6 % Während die Anzahl der Alg II-Empfänger lediglich um 1,9 % innerhalb eines Jahres sank, ging die Zahl der Sozialgeld-Empfänger um 15,6 % zurück. Zu den Sozialgeld-Empfängern zählen vor allem Kinder und Jugendliche. Die starke Erhöhung des Mindestunterhalts nach der Düsseldorfer Tabelle Anfang 2010 in Verbindung mit Kindergeld und Wohngeld ließ einen Teil dieser Gruppe aus dem SGB II-Bezug herausfallen. Hinzu kamen statistische Verfeinerungen in der Zählweise. 7 Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Altersstruktur der Bevölkerung und der Hilfeempfänger des Kreises Minden-Lübbecke. Altersstruktur Kreis Minden-Lübbecke Anteil an Kreisbevölkerung 8 Anteil an Leistungsempfängern im Jahresdurchschnitt 2009 0-14 Jahre 19,3 % 27,3 % 25,3 % 15-24 Jahre 15,3 % 16,0 % 15,6 % 25-64 Jahre 65,4 % 56,7 % 59,1 % Anteil an Leistungsempfängern im Jahresdurchschnitt 2010 Es wird deutlich, dass weiterhin über ein Viertel der Leistungsempfänger Kinder sind, die der SGB-II-Leistungen bedürfen. Dieser Anteil wurde durch die bereits erwähnten Verbesserungen beim Unterhalt kleiner. 2.3. Aufstocker Viele Menschen erhalten neben ihrer Erwerbstätigkeit finanzielle Unterstützung aus dem Leistungssystem SGB II, da das Einkommen nicht ausreicht, um den gesamten Lebensunterhalt sicherzustellen. Sie werden in diesem Bericht als Aufstocker bezeichnet. Bei der Betrachtung der Vergleichsmonate Dezember 2009 und 2010 ist bei dieser Personengruppe eine Zunahme von 3,7 % zu beobachten. Wie anhand der nachstehenden Tabelle 7 Bestimmte Personen ohne SGB-II-Leistungsbezug in SGB-II-Bedarfsgemeinschaften konnten herausgefiltert werden und die Anzahl der Sozialgeldempfänger zwischen 15 und 25 Jahren konnte genauer ermittelt werden. Hierdurch kam es zu Verschiebungen in Richtung Alg-II-Bezug. 8 aktuellster verfügbarer Stand: 31.12.2009; Prozentsätze bez. auf 0 bis unter 65-Jährige

10 ersichtlich, basiert die Zunahme erfreulicher Weise im Wesentlichen auf einer Ausweitung von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen. Die abgebildete Beschäftigungsquote zeigt den Anteil der Aufstocker an den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen. Der Wert ist im Vergleich zu Dezember 2009 um rd. 1,7 % gestiegen. Dez 2008 Dez 2009 Dez. 2010 Aufstocker 4.830 4.958 5.139 davon Mini-Jobs bis 400 Euro 2.853 3.071 3.102 Beschäftigungsquote 31,6 % 30,7 % 32,4 %

11 3. Eingliederung Die Integration in Arbeit ist vorrangiges Ziel des Gesetzes. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind insbesondere darauf auszurichten, dass durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird, die Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird. Vorrangiges Ziel ist es also, den hilfesuchenden Menschen durch Integration in Arbeit dazu zu befähigen, den Lebensunterhalt ohne staatliche Unterstützung selbst sicherzustellen. Besonderen Wert legt der Kreis Minden- Lübbecke dabei auf möglichst nachhaltige Integrationen in den Arbeitsmarkt. Nicht immer ist eine Arbeitsmarktintegration unmittelbar möglich. Die Gründe dafür können vielfältig sein. Da spielt die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes ebenso eine Rolle wie die persönlichen Umstände und Voraussetzungen bei den Leistungsbeziehern. Sofern Vermittlungshemmnisse bei den Kunden bestehen, die eine Arbeitsmarktintegration verhindern, wendet der Kreis Minden-Lübbecke verschiedenste arbeitsmarktpolitische Instrumente an, um die Arbeitsfähigkeit überhaupt oder wieder herzustellen. Das zur Verfügung stehende Instrumentarium umfasst neben intensiven Begleitungen bei Vermittlungen auch Zuschüsse an Arbeitgeber, Vermittlung von Praktika, Vermittlung in Ausbildung, Qualifizierungsmaßnahmen und Aktivierungsmaßnahmen, wie z.b. Arbeitsgelegenheiten. Prozentuale Verteilung des Eingliederungstitels auf Förderschwerpunkte 35% 30% 25% 20% 18% 19% 28% 24% 15% 18% 29% 32% 2010 2009 15% 10% 6% 5% 5% 3% 3% 0% Vermittlung, berufliche Eingliederung Qualifizierung spezielle M aßnahmen für Jüngere REHA-Leistungen Beschäftigung schaffende M aßnahmen M obilitätsförderung

12 Insgesamt wurden im Jahr 2010 für arbeitsmarktpolitische Eingliederungsmaßnahmen 19 Mio. eingesetzt. Lag noch 2009 bei der Mittelverwendung ein deutlicher Schwerpunkt auf Beschäftigung schaffenden Maßnahmen, wurden 2010 verstärkt Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen eingesetzt. Hier hat sich wiederholt die Flexibilität der Optionskommunen bewiesen, kurzfristig die Maßnahmeschwerpunkte den geänderten Rahmenbedingungen anzupassen. Seit 2005 hilft der Kreis Minden-Lübbecke als Optionskommune eigenverantwortlich Arbeitslosengeld II- Empfängern bei der Integration in Arbeit. In den vergangenen Jahren konnten durchschnittlich pro Jahr rd. 5.000 Menschen einer Beschäftigung zugeführt werden. Im Jahr 2010 konnten insgesamt 4.602 Menschen in eine Tätigkeit und 397 junge Menschen in eine Ausbildung, also insgesamt 4.999 Menschen in Beschäftigung vermittelt werden. Integration in Arbeit und Ausbildung 6.000 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 0 2007 2008 2009 2010 Integration und Aktivierung 5.000 4.602 4.500 4.000 3.500 3.548 3.351 3.000 2.500 2.446 2.000 1.500 1.000 500 397 681 536 692 1.226 1.277 2010 2009 0 Arbeit Ausbildung Praktikum Qualifizierung Arbeitsgelegenheit

13 3.1. Integration und Praktikum Die konjunkturelle Erholung ist im Jahr 2010 auch im SGB II-Bereich erkennbar. So ist die Zahl der Integrationen in den Arbeitsmarkt gegenüber 2009 deutlich angestiegen. Weniger erfreulich ist die Entwicklung im Ausbildungsbereich. Hier ist die Zahl der Ausbildungsaufnahmen deutlich zurück gegangen. Der deutliche Anstieg der Aufnahmen von nicht geförderten sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten spiegelt den erholten Arbeitsmarkt wieder. sozialversicherungspflichtige Tätigkeit ohne Förderung 1.706 2.743 Existenzgründung sozialversicherungspflichtige Tätigkeit mit Förderung 54 114 641 641 2009 2010 sozialversicherungsfreie Tätigkeit 1.084 1.164 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 Zur Vorbereitung einer Integration in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist es für Arbeitgeber möglich, dem potentiellen Arbeitnehmer in einem maximal 4-wöchigen Praktikum die Möglichkeit zu geben, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Auch kann so getestet werden, ob Arbeitnehmer, Stelle und Arbeitgeber zusammen passen. Dies ist ein wesentliches Kriterium, um möglichst nachhaltige Integrationen zu erreichen. Vermittlung in Praktikum 38 66 114 über 25 Jahre, weiblich über 25 Jahre, männlich unter 25 Jahre, weiblich unter 25 Jahre, männlich 318

14 3.2. Personen mit Erwerbseinkommen Eine Arbeitsaufnahme insbesondere im Niedriglohnbereich bedeutet nicht zwingend ein Ende der Hilfebedürftigkeit. Für diese Menschen sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, ergänzende SGB II-Leistungen zu gewähren. Seit Januar 2006 ist die stetige Zunahme dieser Entwicklung zu beobachten. Die Höhe des dem Bedarf gegenübergestellten Einkommens steigt allerdings nicht im gleichen Maße, sondern wird im Schnitt immer geringer. 5.400 4.100.000 5.200 5.000 4.800 4.600 4.400 4.200 Personen mit angerechnetem Einkommen Höhe des angerechneten Einkommens 4.000.000 3.900.000 3.800.000 3.700.000 3.600.000 3.500.000 3.400.000 4.000 Jan Feb Mrz Apr 08 08 08 08 Mai Jun Jul 08 08 08 Aug 08 Sep 08 Okt 08 Nov Dez 08 08 Jan 09 Feb Mrz Apr Mai Jun Jul 09 09 09 09 09 09 Aug Sep 09 09 Okt 09 Nov Dez 09 09 Jan Feb 10 10 Mrz Apr Mai Jun Jul 10 10 10 10 10 Aug Sep 10 10 Okt 10 Nov Dez 10 10 3.300.000 Daher ist auch die Aussage über die Verweildauer von Personen im Hilfebezug nach SGB II keine abschließende Aussage über die Langzeitarbeitslosigkeit. Es wird an dieser Stelle deutlich, dass Arbeit in persönlicher Vollzeit nicht immer ausreicht, um auskömmlich für den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft sorgen zu können. 3.3. Ausbildung Der Optionskommune ist es aufgrund gesetzlicher Regelungen verwehrt, auf junge SGB II-Leistungsbezieher frühzeitig, bspw. bereits während der Schulzeit zuzugehen, um sie auf eine Ausbildung vorzubereiten. So kommt es oftmals zu einem Bruch in der Betreuung, die erst nach der Berufsvorbereitung durch die Agentur für Arbeit wieder aufgenommen werden kann. Im Rahmen der wieder aufgenommenen Betreuung wird eine Vermittlung in Ausbildung angestrebt. 159 Übergang in Ausbildung 28 36 über 25 Jahre, weiblich über 25 Jahre, männlich unter 25 Jahre, weiblich unter 25 Jahre, männlich 174

15 3.4. Qualifizierung Auch im Jahr 2010 wurde ein großes Angebot von Qualifizierungsmaßnahmen vorgehalten, wobei ein Schwerpunkt im Bereich der assistierten Vermittlung lag. 241 Qualifizierungsangebote 341 über 25 Jahre, weiblich über 25 Jahre, männlich unter 25 Jahre, weiblich unter 25 Jahre, männlich 1.114 1.655 3.5. Arbeitsgelegenheiten Arbeitsgelegenheiten dienen in der Regel der Heranführung an den Arbeitsmarkt. Die Einrichtung von Arbeitsgelegenheiten ist an enge gesetzliche Regelungen geknüpft. Sie müssen im öffentlichen Interesse und zusätzlich sein. Außerdem sollen sie nicht zum Abbau von Arbeitsplätzen führen. Um diesen nur schwer erfüllbaren Kriterien nachzukommen, prüft der Kreis Minden-Lübbecke seit 2005 anhand eines strengen Schemas die Einrichtung von Arbeitsgelegenheiten. Dieses Schema ist mit den arbeitsmarktpolitischen Akteuren vor Ort abgestimmt. Die Anwendung soll eine Wettbewerbsverzerrung und eine Verdrängung regulärer Arbeitsplätze vermeiden. Bei jeder beantragten Arbeitsgelegenheit wird die Gemeinnützigkeit des Trägers und des geplanten Einsatzes überprüft. Werden Arbeitsgelegenheiten im öffentlichen Bereich beantragt, kommt das Prüfschema zum Einsatz. Nach Einrichtung einer Arbeitsgelegenheit finden regelmäßige Überprüfungen der Einhaltung von beantragten und bewilligten Tätigkeiten durch das Qualitätsmanagement des Amtes proarbeit statt. 76 Eintritt in Arbeitsgelegenheiten 144 417 über 25 Jahre, weiblich über 25 Jahre, männlich unter 25 Jahre, weiblich unter 25 Jahre, männlich 589

3.6 Flankierende kommunale Eingliederungsleistungen 16 Der Gesetzgeber hat 2005 festgelegt, dass das bestehende Portfolio an bundesseitig finanzierten arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen durch kommunale Eingliederungsleistungen zu ergänzen sei. Bei diesen vom Gesetzgeber geforderten Angeboten handelt es sich im Wesentlichen um Maßnahmen, die bereits vor Einführung des SGB II schon von kommunaler Seite erbracht wurden. Der Kreis Minden-Lübbecke hält die diesbezüglichen Leistungen nicht selbst vor, sondern arbeitet mit kompetenten und anerkannten freien Trägern zusammen. Die Beratungen erfolgen auf der Basis gemeinsam entwickelter und definierter Verfahrensanweisungen und Leistungsmodule. In Abhängigkeit von den konkreten Problemlagen sehen die unterschiedlichen Leistungsmodule ein jeweils differenziertes Angebot an passgenauen Hilfen vor, die in Abstimmung mit dem Fallmanagement in Anspruch genommen werden können. Mit allen Trägern wurde eine Leistungs- und Prüfungsvereinbarung abgeschlossen. Die Betreuungen werden in verschiedenen Modulen durchgeführt und einzelfallbezogen abgerechnet. Sie werden zeitnah begonnen und abgeschlossen. 3.6.1 Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen Kinderbetreuung wurde im Bedarfsfalle durch die Betreuungsmöglichkeiten der Jugendämter im Kreisgebiet sichergestellt. Für den Fall, dass fehlende Kinderbetreuung eine Arbeitsaufnahme verhindert, erfolgt eine Abstimmung mit den Jugendämtern im Kreisgebiet um eine möglichst passgenaue Einzelfalllösung zu finden. Dies kann die Vermittlung an bestehende Einrichtungen oder ein Angebot der Tagespflege sein. Suche und Vergabe der Betreuungsmöglichkeiten wird diesen Fällen eine erhöhte Priorität eingeräumt. Falls die Pflege eines Angehörigen eine Arbeitsaufnahme verhindert, wird seitens des Kreises bei der Suche nach einem geeigneten Pflegeangebot unterstützend beraten und ein entsprechendes Angebot vermittelt. 3.6.2 Schuldnerberatung Ein vielfaches Vermittlungshemmnis stellen Überschuldungen dar. Zum einen zeigen sich Arbeitgeber nicht immer aufgeschlossen, Menschen mit Verschuldung in ihr Unternehmen aufzunehmen. Zum anderen liegen oft Demotivationslagen bei den hilfesuchenden Leistungsempfängern vor. Für diese Fälle hält der Kreis Möglichkeiten zur Beratung und zum Abbau der Problemlagen bereit.

17 Die Schuldnerberatung wird durch den Sozialdienst katholischer Frauen e.v. und Pari Sozial -gemeinnützige Gesellschaft für paritätische Sozialdienste mbh angeboten. Im Jahr 2010 wurden für 682 Beratungsfälle 202.000 aufgewendet. 3.6.3 Suchtberatung Die hier angesprochene Suchtberatung bezieht sich ausschließlich auf legale Drogen wie Alkohol oder Spielsüchte. Die Suchtberatung wird durch die drei Diakonischen Werke Minden, Lübbecke und Vlotho e.v. und durch das Kreisgesundheitsamt angeboten. Im Jahr 2010 wurden für 32 Beratungsfälle 9.000 aufgewendet. 3.6.4 Psychosoziale Betreuung Psychosoziale Betreuung ist eine für die Eingliederung in Arbeit erforderliche, längerfristige persönliche Unterstützungsleistung in Form von Beratung und Sozialarbeit einschließlich der Weitervermittlung an Fachstellen für Menschen, deren psychische Struktur die Teilhabe am sozialen Leben erschwert oder verhindert. Die psychosoziale Betreuung wird durch das ArbeitsLebenZentrum e.v. angeboten. Im Jahr 2010 wurden für 151 Beratungsfälle 57.000 aufgewendet. Für Wohnungsnotfälle wird eine psychosoziale Betreuung im Rahmen eines Modellprojekts von der Fachstelle Wohin angeboten. Ein Wohnungsnotfall kann z.b. eine bestehende oder drohende Wohnungslosigkeit oder eine erforderliche Verbesserung der Wohnsituation beinhalten. Im Jahre 2010 wurden für 148 Haushalte im Rahmen der Projektunterstützung 18.000 aufgewendet.

18 4. Transferleistungen Den mit Abstand größten Kostenblock im SGB II-System stellen die Transferleistungen für das Arbeitslosengeld II/Sozialgeld und die Sozialversicherungsbeiträge sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung dar. 4.1 Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld, Kosten der Unterkunft Während Arbeitslosen-/Sozialgeld und Sozialversicherungsleistungen rd. 78 % der Aufwendungen ausmachen, werden für Eingliederungsleistungen und Verwaltungsaufwand nur 22 % ausgegeben. In etwa stagnieren die Kostenblöcke auf dem hohen Niveau von 2009. Die sinkenden Fallzahlen ab Mai 2010 schlagen sich in der Ausgabenentwicklung nicht sichtbar nieder. 90.000.000 80.000.000 70.000.000 82.094.000 68.827.000 65.925.000 71.112.000 71.855.000 60.000.000 50.000.000 40.000.000 41.403.000 41.307.000 41.418.000 43.386.000 44.161.000 30.000.000 20.000.000 10.000.000 0 2006 2007 2008 2009 2010 Arbeitslosengeld II Kosten der Unterkunft und Heizung Auffällig ist, dass sich Arbeitslosengeld II und die Kosten der Unterkunft bis 2008 aufeinander zu bewegt haben. Eine Ursache dafür sind die im Gesetz angelegten Anrechnungsregeln für Einkünfte der Hilfebezieher. Diese sind immer zuerst der Bundesleistung gegenzurechnen und erst wenn sich die Bundesleistung kostenneutral erweist, können weitere Einkünfte auf die Unterkunftskosten angerechnet werden. So werden in vielen Fällen, in denen Hilfeempfänger Einkommen erzielen und aufstockend Arbeitslosengeld II-Leistungen beziehen, ausschließlich kommunale Leistungen gezahlt. Auf diese Weise tragen die Kommunen die Regelsatzer-

19 höhungen für das eigentlich bundesfinanzierte Arbeitslosengeld II in den Fällen, in denen Hilfeempfänger ergänzend Unterkunftsleistungen beziehen. 2008 2009 2010 Arbeitslosengeld-II/Sozialgeld 46.425.000 49.441.000 49.817.000 Kranken- und Pflegeversicherung 13.867.000 15.962.000 16.170.000 Rentenversicherung 5.633.000 5.709.000 5.868.000 Summe 9 65.925.000 71.112.000 71.855.000 Trotz der in der 2. Jahreshälfte 2010 sinkenden Hilfeempfängerzahlen stiegen die Ausgaben leicht über das Vorjahresniveau an. Anfang 2010 kam es durch die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zu einem höheren Krankenversicherungsbeitrag. Die Erhebung von Zusatzbeiträgen durch einzelne Krankenkassen hingegen hatte mit rd. 7.000 zusätzlichen Ausgaben kaum Auswirkungen. Durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 09. Februar 2010 wurde eine Härtefallregelung eingeführt, wonach auch dann SGB II-Leistungen zu gewähren sind, wenn ein unabweisbarer, laufender und nicht nur einmaliger besonderer Bedarf besteht. Beispiele hierfür sind nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, Putzoder Haushaltshilfen für Rollstuhlfahrer und Kosten zur Wahrnehmung des Umgangsrecht bei getrennter Erziehung von Kindern. Ab Juni wurden diese als Mehrbedarfe nach 21 SGB-II gewährt. Auch diese Regelung hatte mit rd. 17.000 zusätzlichen Aufwendungen nur geringe finanzielle Auswirkungen. Die Kosten der Unterkunft sind aus kommunaler Sicht einer der bedeutsamsten Finanzblöcke. Anders als bei den Arbeitslosengeld II-Leistungen sind diese Aufwendungen im Wesentlichen durch die Kommunen zu finanzieren. Die Ausgaben für Kosten der Unterkunft und Heizung steigen seit 2009 an. Diese Mehrausgaben sind im Wesentlichen auf höhere Fallzahlen und steigende Energiekosten aufgrund des kalten Winters 2009/2010 zurückzuführen. Insgesamt ist in 2010 ein Bruttoaufwand von über 44 Mio. entstanden. Dieser Betrag fällt allerdings nicht in vollem Umfang in die Last der Kommune. Der Bund hatte bei Inkrafttreten des SGB II zugesichert, die kommunale Mehrbelastung durch die Einführung des neuen Leistungssystems in einer Größenordnung von 2,5 Mrd. aufzufangen. Diese Entlastung sollte durch eine prozentuale Beteilung an den Unterkunftskosten vorgenommen werden. Es ist allerdings festzustellen, dass diese Kostenbeteiligungsquote in den vergangenen Jahren sukzessive zurückgeführt wurde. 2010 betrug die Quote noch 23 % und wurde auch nach Verhandlungen im Vermittlungsausschuss nicht angehoben. Für 2011 sind 24,5 % für die Erstattung der Kosten der Unterkunft in der bisherigen Form durch die Verhand- 9 Datenstand 09.02.2011

20 lungen zum Regelbedarfsermittlungsgesetz festgeschrieben worden. Die Entwicklung der Bundesbeteiligung lässt sich anhand der Grafik nachvollziehen. Entwicklung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft 35 31,2 30 25 29,1 29,1 28,6 25,4 24,5 in Prozent 20 15 23 10 5 0 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 4.2. Unterhalt Zu den originären Aufgaben der Optionskommune zählen die Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und die Sicherung des Lebensunterhaltes. Ein oftmals vernachlässigter Bereich ist die Verwirklichung von Ansprüchen, die Leistungsempfänger gegenüber Dritten haben. Nach der Gesetzeslage sind diese vom Kreis geltend zu machen und durchzusetzen, um so den Hilfebedarf zu reduzieren. Die Ansprüche gehen qua Gesetz auf den SGB II-Träger über. Bereits mit Einführung des SGB II im Jahr 2005 hat sich der Kreis Minden-Lübbecke dazu entschieden, eine zentrale Unterhaltsstelle einzurichten. Unter Berücksichtigung der sozialen Schutzvorschriften werden die Unterhaltsansprüche nach den zivilrechtlichen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) berechnet und gegenüber den Unterhaltspflichtigen geltend gemacht. Ist eine gütliche Einigung nicht zu erzielen, werden die Ansprüche gerichtlich durchgesetzt und mit Hilfe einer eigenen Vollstreckungsstelle zeitnah verfolgt. Dies hat in den letzten Jahren zu einer deutlichen Verbesserung der Unterhaltseinnahmen bzw. der Refinanzierung der SGB II-Leistungen geführt.

21 Die Unterhaltspflichtigen werden in der Regel dazu angehalten, den erwirkten Unterhalt an den SGB II- Leistungsempfänger zu zahlen. Diese Einnahmen werden dann auf die Leistungen für den Lebensunterhalt angerechnet. Insbesondere in Fällen von rückständigen Forderungen oder bei anhaltenden Zahlungsverzügen der Unterhaltsverpflichteten, nimmt der Kreis diese Leistungen direkt ein. So wurden im Jahr 2010 rd. 2.933.501 an Unterhaltsleistungen auf die Hilfen angerechnet und 651.080 direkt eingenommen. Im Vorjahr wurden 2.756.496 an Unterhalt auf die Leistungen zum Lebensunterhalt angerechnet und 541.936 direkt eingenommen. Somit konnte die Refinanzierung gegenüber 2009 um insgesamt 286.149 erhöht werden. Dies ist insbesondere im Hinblick auf die vorangegangene Wirtschaftskrise ein überaus positives Ergebnis. Eine Verringerung der Fallzahlen entsprechend der Entwicklung der Hilfeempfängerzahlen konnte bislang nicht vermerkt werden. Die Anzahl der laufenden Unterhaltsfälle ist gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen. Zum 31.12.2009 wurden 2.773 laufende Unterhaltsfälle registriert, zum Ende des Jahres 2010 schlugen 35 Fälle mehr, nämlich 2.808 Fälle zu Buche. 3.000.000 2.500.000 2.000.000 1.500.000 1.000.000 angerechnete Unterhaltsleistungen eingenommene Unterhaltsleistungen 500.000 0 2009 2010

22 5. Widersprüche und Klagen Entscheidungen des SGB II-Trägers können seitens des Leistungsempfängers im Rahmen von Widerspruchsund/oder Klageverfahren bestritten werden. Bei besonders schutzwürdigem Interesse besteht die Möglichkeit eines einstweiligen Anordnungsverfahrens (Eilverfahren) vor dem Sozialgericht. Gegenüber dem Jahr 2009 hat sich die Anzahl der Widersprüche in 2010 um 13,2 % von 691 auf 782 erhöht. Erfreulicherweise konnte die Stattgabequote bei den Widerspruchsverfahren weiter auf 7,3 % reduziert werden. Aufgrund von Personalengpässen hat sich jedoch die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Widerspruches von unter 2 Monaten auf ca. 83 Tage erhöht hat. Vorrangiges Ziel für 2011 ist daher, die durchschnittliche Bearbeitungsdauer wieder zu reduzieren, um dem Widerspruchsführer zeitnah eine Entscheidung mitteilen zu können. 1000 900 800 700 600 500 400 782 691 686 915 615 513 300 200 100 0 21 26 50 76 11 18 erhobene Widersprüche erledigte Widersprüche Zurückweisung 2010 2009 Rücknahme Stattgabe Widerspruch ruht Eine gegenläufige Entwicklung zeigt sich bei den Klagefällen. Hier ist eine Reduzierung von 15,1 % gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Die Zahl der erhobenen Klagen lag im Jahr 2009 bei 332. Im Jahr 2010 sind noch 282 Klagen beim Sozialgericht Detmold erhoben worden. In ca. 40 % der Fälle obsiegte der Kreis und in jeweils ca. 30 % der Fälle wurde der Klage stattgegeben oder ein Vergleich erzielt.

23 350 300 250 200 282 332 246 289 150 100 97 101 71 74 74 113 50 0 4 1 erhobene Klagen erledigte Klagen Klage erfolgreich (Kreis) Klage stattgegeben Verfahren ruht Vergleich 2010 2009 Gegenüber dem Jahr 2009 haben sich die Eilverfahren im Jahr 2010 um 20,2 % von 99 auf 79 Fälle verringert. Die Erfolgsquote des Kreises liegt hier bei über 50 % der Verfahren. 120 100 99 103 80 79 69 2010 60 50 48 2009 40 37 26 20 6 5 0 erhobenen Eilverfahren erledigte Eilverfahren Eilantrag erfolgreich Eilantrag stattgegeben Vergleich Insgesamt ist die Fallzahlentwicklung im Vergleich zu anderen Argen und Optionskommunen durchaus positiv zu beurteilen, da vielerorts weitaus höhere Steigerungsraten zu verzeichnen sind.

24 Häufigster Streitpunkt sowohl im Widerspruchs- als auch Klageverfahren sind beim Kreis Minden-Lübbecke die Unterkunfts- und Heizkosten. Durchschnittlich jeder 3. Fall beschäftigt sich mit dieser Thematik. Dies kann mit der weiterhin unbestimmten Rechtslage zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten begründet werden. Weitere Streitgegenstände, die vielfach auftreten, sind die Einkommensanrechnung sowie Rückforderungs- und Sanktionsverfahren. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010 ist in diesem Jahr überdurchschnittlich häufig gegen die Höhe der Regelleistung angegangen worden. Insgesamt 76 Widersprüche bezogen sich auf diese Thematik. Diesen Widersprüchen konnte jedoch nicht abgeholfen werden, da die gesetzliche Grundlage für die rückwirkende Erhöhung der Regelsätze zum 01.01.2011 erst mit Veröffentlichung des Regelbedarfsermittlungsgesetzes in Kraft tritt.

25 6. Besonderheiten 6.1. Ausbildungsabschluss bei ZF Lemförde Die Förderung junger Menschen im SGB II-Bezug ist ein erklärtes Ziel für die Arbeit des Amtes proarbeit Jobcenter. Nicht alle Jugendlichen haben die Chance auf einen regulären Ausbildungsplatz, daher eröffnet ihnen die überbetriebliche Ausbildung die Möglichkeit, eine Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf zu absolvieren. Im Sommer 2010 konnte 16 Prüflingen zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss als Industriemechaniker im Rahmen der überbetrieblichen Ausbildung bei ZF Lemförder gratuliert werden. Fallmanager des Amtes proarbeit haben junge Menschen beraten und gefördert, um ihnen die Ausbildung in Zusammenarbeit ZF Lemförder und dem Verein Zukunft Ausbildung im Mühlenkreis zu ermöglichen. Von den insgesamt 29 Auszubildenden bei ZF Lemförder wurden 14 erstmalig in eine befristete Weiterbeschäftigung für ein Jahr bei ZF Lemförder ü- bernommen. Dies ist besonders wichtig, um aus dem möglichen Kreislauf des SGB II-Bezugs herauszukommen und im Arbeitsleben Fuß zu fassen, damit der Lebensunterhalt unabhängig aus eigenen Kräften und Mitteln bestritten werden kann.

26 6.2. Generation Gold macht mobil Mit dem Leih-Roller zum neuen Arbeitsplatz Drrrrr, der Anlasser surrt und bringt 50 ccm zum aufheulen. Noch schnell den Helm aufgesetzt und los zum neuen Arbeitsplatz. Dass er jetzt jedem Morgen mit dem Roller zur Arbeit fährt, hätte sich Reinhard Bühmann noch vor vier Wochen kaum vorstellen können. Der gelernte Maler ist froh nach 1,5 Jahren Arbeitslosigkeit endlich wieder einen Job gefunden zu haben. Er bewarb sich viel, bekam aber nur Absagen. Mit 51 ist man wohl zu alt für den Arbeitsmarkt resümiert Reinhard Bühmann. Dann kam das Angebot vom Amt proarbeit des Kreises Minden- Lübbecke an dem Projekt Weiter mit Erfahrung - Generation Gold im Mühlenkreis teilzunehmen. Zuerst war ich skeptisch. Dann war es aber doch gut. In Zusammenarbeit mit der Deutsche Angestellten Akademie (DAA) werden über 50-jährige Arbeitslose in dem vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales geförderten Projekt Generation Gold bei der Arbeitssuche unterstützt. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Mitarbeiter einem zuhören und auf einen eingehen. Beim EDV-Kurs wurde mir vernünftig erklärt wie ich mit dem PC umgehen kann. Da hatte ich ja bisher wenig Erfahrung. Bei regelmäßigen Beratungsgesprächen mit einer Arbeitsvermittlerin der DAA wurde Herr Bühmann auf geeignete Arbeitgeber und Einsatzbereiche hingewiesen. Frau Köhler von der DAA kannte eine Dame bei einem Zeitarbeitsunternehmen und dann ging alles ganz schnell: Sie wusste was ich konnte und wollte. So konnte ich innerhalb von wenigen Tagen bereits als Maler anfangen zu arbeiten. Ein Problem musste dabei jedoch noch aus dem Weg geschaffen werden: Der Arbeitsort ist über 20 Kilometer weit entfernt und mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur schwer zu erreichen. Da solche Fälle in der Vergangenheit öfter vorkamen, beschloss das Amt proarbeit in Zusammenarbeit mit der DAA, Generation Gold Teilnehmern einen kostenlosen Leihservice von vier Motorrollern im Kreisgebiet anzubieten. Auch Herrn Bühmann konnte so unbürokratisch geholfen werden. Morgens am ersten Arbeitstag bin ich dann zum Rollerhändler gegangen. Der hat mir alles erklärt, einen Helm gegeben und den Roller vollgetankt.

27 Christiane Köhler von der DAA erklärt: Die fehlende Mobilität ist bei vielen Teilnehmern in unserem Projekt ein großes Hindernis bei der Jobsuche. Mit dem Rollerverleih-Service können wir kurzfristig reagieren und die Fahrt zur Arbeitsstelle in den ersten Tagen der Beschäftigung ermöglichen. Auch für den Weg zu einer Probearbeit bei potentiellen Arbeitgebern können die Teilnehmer dieses Angebot nutzen. Ohne Roller hätte ich die Arbeit nicht annehmen können, sagt Herr Bühmann und braust zufrieden auf seinem Leihfahrzeug in eine neue Zukunft - mit Arbeit.

28 7. Ausblick Während im Jahr 2009 das Bruttoinlandsprodukt um 4 % nach unten tendierte, zeigte sich 2010 ein Aufwärtstrend um 3,5 %. Für 2011 prognostizieren führende Wirtschaftsinstitute ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes zwischen 2,5 und 3 %. Dabei soll nicht nur der Export Triebfeder für die konjunkturelle Erholung sein. Vielmehr ist die Erholung der Konjunktur auch im Binnenmarkt angekommen. Insbesondere die Beschäftigungspläne der Unternehmen sollen nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages 10 weiter nach oben zeigen und dabei zeigt sich nicht nur die Industrie, sondern auch binnenwirtschaftlich orientierte Branchen, wie etwa der Einzelhandel aufnahmebereit 11. Einzig der zunehmende Fachkräftemangel macht eine Besetzung offener Stellen schwierig. Gerade dabei kommt die bundesseitig vorgenommene Anpassung des Eingliederungsetats an seine Haushaltskonsolidierungsbemühungen ungelegen. Für den Kreis Minden-Lübbecke stehen im Jahr 2011 rd. 7 Mio., also rd. 20 %, weniger an Eingliederungsmitteln zur Verfügung. Dies und die Tatsache, dass viele der SGB II- Leistungsbezieher nicht ohne weiteres direkt Zugang zum Arbeitsmarkt finden, sondern nicht unerhebliche Stärkungsbedarfe aufweisen, zeigen die Herausforderungen für das kommende Jahr auf. Niederschwellige Angebote wie z.b. Arbeitsgelegenheiten müssen demnach zurückgefahren werden. Auch wenn dieses arbeitsmarktpolitische Instrument durch vielerlei Publikationen als nicht wirkungsvoll dargestellt wurde, konnten im Mühlenkreis über 20 % der Teilnehmer in eine Beschäftigung integriert werden. Förderungsbedürftige Jugendliche stellten in den vergangenen Jahren immer wieder einen besonderen Schwerpunkt der arbeitsmarktpolitischen Bemühungen dar. Der Kreis Minden-Lübbecke hat in hohem Maße versucht diesen Jugendlichen durch außerbetriebliche Ausbildungen eine Perspektive zu bieten. Auch in diesem Bereich werden Abstriche zu erwarten sein. Deutliche Schwerpunkte werden angesichts der konjunkturellen Entwicklung im kommenden Jahr in der direkten Vermittlungsarbeit liegen. Sowohl die Bemühungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes proarbeit Jobcenter im Mühlenkreis, wie auch das Maßnahmeportfolio 2011 werden von dieser Ausrichtung geprägt sein. Trotz dieser besonderen Herausforderungen ist das Ziel für das kommende Jahr eine weitere Entspannung in der Zahl der Arbeitslosen. Mit Ablauf des Jahres 2010 ging auch die Phase der temporären Trägerschaft als Optionskommune zu Ende. Das System ist nun dauerhaft etabliert. Der Kreis Minden-Lübbecke wird also auch in Zukunft die bisher geleistete erfolgreiche Arbeit (seit 2005 konnten rd. 26.000 Menschen in Arbeit integriert werden) in alleiniger Trägerschaft fortsetzen, um für die langzeitarbeitslosen Menschen in seinem Gebiet die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. 10 Wirtschaftslage und Erwartungen, Ergebnisse der DIHK-Umfrage bei den Industrie- und Handelskammern Jahresbeginn 2011; www.handelskammer-bremen.ihk24.de 11 s. Fußnote 1

29 Arbeitslose im SGB II zum 31.12. Erwerbsfähige Hilfebedürftige (ehb) zum 31.12. Integration von ehb in Arbeit im Jahr 2010 2009 2008 2010 2009 2008 2010 2009 2008 Bad Oeynhausen 1.137 1.071 959 2.656 2.653 2.494 743 635 823 Espelkamp 607 563 617 1.277 1.383 1.205 514 374 507 Hille 173 171 116 392 374 320 146 85 141 Hüllhorst 132 133 130 374 386 371 149 116 130 Lübbecke 537 426 516 1.455 1.538 1.462 507 487 511 Minden 2.949 2.910 1.975 6.168 6.064 5.960 1.544 1.337 1.717 Petershagen 452 527 490 982 1.040 946 352 265 281 Porta Westfalica 593 638 588 1.298 1.265 1.155 457 369 469 Preußisch Oldendorf 192 229 163 517 573 517 235 263 301 Rahden 199 207 191 410 479 484 218 180 219 Stemwede 153 163 212 354 381 380 134 117 117 Kreis Minden-Lübbecke 7.124 7.038 5.957 15.883 16.136 15.294 4.999 4.228 5.216

30 Glossar Begriffsdefinitionen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende Aktivierung Arbeitsgelegenheiten Arbeitslose Die Aktivierung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger erfolgt durch Vermittlung in eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme im Rechtskreis des SGB II. Dazu zählen vor allem: - Arbeitsgelegenheiten gem. 16 d SGB II - Qualifizierungsmaßnahmen und Praktikum Die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach 16 d SGB II ist eine Form der Eingliederungsleistung für erwerbsfähige Hilfebedürftige. Diese Eingliederungsmaßnahmen sind auf die individuellen Erfordernisse der Hilfebedürftigen abzustimmen. Arbeitsgelegenheiten müssen im öffentlichen Interesse liegen und soweit zusätzlich und wettbewerbsneutral sein. Sie können als Mehraufwandsvariante (sozialversicherungsfrei) oder als Entgeltvariante (sozialversicherungspflichtig) durchgeführt werden. Entgeltvariante: Es handelt sich um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen bei Unternehmen oder sonstigen Arbeitgebern, bei denen der Hilfebedürftige das übliche Arbeitsentgelt an Stelle des ALG II erhält. Zusatzjobs (Mehraufwandsvariante): Im Rahmen von zumutbaren, nicht sozial-versicherungspflichtigen Beschäftigungen (im sog. Sozialrechtsverhältnis) können von Maßnahmeträgern Zusatzjobs geschaffen werden. Die Zusatzjobs begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts. Während der Teilnahme erhält der erwerbsfähige Hilfebedürftige zuzüglich zum ALG II eine angemessene Mehraufwandsentschädigung. Empfänger von Leistungen nach dem SGB II sind arbeitslos, wenn sie - nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen oder weniger als 15 Stunden pro Woche arbeiten - eine versicherungspflichtige zumutbare Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen zur Verfügung stehen und - sich bei einer Argentur für Arbeit / ARGE / Kommune arbeitslos gemeldet haben. Teilnehmer an Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik gelten nicht als arbeitslos. Nicht als arbeitslos gelten ferner insbesondere Personen, die - mehr als zeitlich geringfügig erwerbstätig sind (mind. 15 Stunden pro Woche), - nicht arbeiten dürfen oder können, - ihre Verfügbarkeit einschränken, - das 65. Lebensjahr vollendet haben, - sich als Nichtleistungsempfänger länger als drei Monate nicht mehr bei der zuständigen Agentur für Arbeit / ARGE / Kommune gemeldet haben, - arbeitsunfähig erkrankt sind, - Schüler, Studenten und Schulabgänger, die nur eine Ausbildungsstelle suchen, - arbeitserlaubnispflichtige Ausländer und deren Familienangehöri-

31 Arbeitslosengeld II (ALG II) Ausbildung Bedarfsgemeinschaften Erwerbsfähige Hilfebedürftige (ehb) gen sowie Asylbewerber ohne Leistungsbezug, wenn ihnen der Arbeitsmarkt verschlossen ist. Arbeitslosengeld II (ALG II) bezeichnet die Geldleistungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige im Rahmen der Grundsicherung. Die Geldleistungen dienen der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts und setzen sich zusammen aus: - Regelleistung ( 20 SGB II) - für ALG II und Sozialgeld gelten einheitliche, pauschalierte Regelsätze, - ggf. Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt ( 21 SGB II), - Leistungen für Unterkunft und Heizung ( 22 SGB II), - befristeter Zuschlag ( 24 SGB II) Hierzu zählt die Aufnahme einer schulischen (z. B. Beginn Studium, Schulausbildung, schulische Reha-Maßnahmen, Techniker-/Meisterausbildung, Altenpflegehelfer/in, usw.) oder betrieblichen Ausbildung. Außer- oder überbetriebliche Ausbildungsverhältnisse fallen ebenfalls unter dem Begriff Ausbildung. Abgänge in allgemeinbildende Schulen werden nicht als Beginn einer Ausbildung gezählt. Eine Bedarfsgemeinschaft bezeichnet Personen, die im selben Haushalt leben und gemeinsam wirtschaften. Eine Bedarfsgemeinschaft hat mind. einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, außerdem zählen dazu: a) weitere erwerbsfähige Hilfebedürftige, b) die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat und der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils, c) als Partner des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen - der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte, - der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner, - eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, d) die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Buchstaben a) bis c) genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Als erwerbsfähige Hilfebedürftige (ehb) gelten gem. 7 SGB II Personen, die - das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, - erwerbsfähig sind, - hilfebedürftig sind und - ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Als erwerbsfähig gilt gem. 8 SGB II, wer nicht durch Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mind. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Hilfebedürftig ist gem. 9 SGB II, wer seine Eingliederung in Arbeit

32 Integration Sozialgeld (SozG) sowie seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, v. a. nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen (Angehörige, andere Leistungsträger) erhält. Eine Integration erwerbsfähiger Hilfebedürftiger erfolgt durch Vermittlung in eine abhängige oder selbständige Erwerbstätigkeit (siehe Erwerbstätigkeit). Daneben werden auch Vermittlungen in Ausbildung als Integration gezählt (siehe Ausbildung). Es handelt sich um die Geldleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts für nicht erwerbsfähige hilfebedürftige Angehörige und Partner, die mit dem ALG II-Bezieher in einer Bedarfsgemeinschaft leben und keinen Anspruch auf Grundsicherung für Ältere oder wegen Erwerbsminderung haben ( 28 SGB II). Sie setzt sich zusammen aus: - Regelleistung ( 20 SGB II) - für ALG II und Sozialgeld gelten einheitliche, pauschalierte Regelsätze, - ggf. Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt ( 21 SGB II), - Leistungen für Unterkunft und Heizung ( 22 SGB II)