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Transkript:

H RECHTSANWÄLTE STEUERBERATER NEWSLETTER ARBEITSRECHT Inhalt (Juli 2004) Sperrzeit auch bei Abwicklungsvertrag... 1 Drittbeteiligungsgesetz... 2 Neues zu Transfergesellschaften... 2 Mitbestimmung bei Einsatz von Arbeitnehmern in Kundenbetrieben mit Zugangskontrollsystem... 3 Wirksamkeit von Schwarzgeldabreden... 3 Vertragsgestaltung... 3 Vertragsstrafe... 4 Schriftform... 4 Wegfall des Wirtschaftsausschusses... 5 Geschlechtsdiskriminierende Ausschreibung... 5 Frankreich... 5 Sperrzeit auch bei Abwicklungsvertrag Ein neues Urteil des Bundessozialgerichts (v. 18.12.2003 B 11 AL 35/03 R) wird die Personalpraxis bei Entlassungen wesentlich verändern. Eine Sperrzeit von 12 Wochen tritt nach 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Das Lösen des Beschäftigungsverhältnisses ist nicht nur im Fall der Eigenkündigung, sondern auch dann gegeben, wenn der Arbeitslose einen Aufhebungsvertrag abschließt. Vor diesem Hintergrund hatte sich in der Personalpraxis der Abwicklungsvertrag durchgesetzt, dessen Inhalt anders als beim Aufhebungsvertrag nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (diese tritt vielmehr durch eine Kündigung des Arbeitgebers ein), sondern die Regelung der Folgen der Arbeitgeberkündigung ist. Ein solcher Abwicklungsvertrag löste bisher regelmäßig keine Sperrzeit aus, wenn er nicht auf einer vor Ausspruch der Kündigung getroffenen Absprache beruhte. Mit seinem Urteil vom 18.12.2003 hat das Bundessozialgericht nun entschieden, dass auch dann ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von 144 Abs. 1 Nr. 1 SGB III vorliegt, wenn der Abschluss der Abwicklungsvereinbarung zwischen den Parteien vor Ausspruch der Kündigung nicht abgesprochen war. Das Gericht sieht Aufhebungsund Abwicklungsvertrag als im wesentlichen gleichwertige Handlungsformen an und will eine Ausnahme nur für gerichtliche Abwicklungsvereinbarungen (also gerichtliche Vergleiche) gelten lassen. 1

Für die Personalpraxis, in der die sozialversicherungsrechtlichen Folgen häufig eine entscheidende Rolle spielen, bedeutet das Urteil des Bundessozialgerichts den weitgehenden Abschied vom Abwicklungsvertrag. In Zukunft werden Arbeitnehmer wegen der sozialversicherungsrechtlichen Folgen kaum noch bereit sein, sich außergerichtlich zu einigen. Einvernehmliche Lösungen werden in den Kündigungsschutzprozess verlagert. Zudem könnte die Neuregelung des 1 a KSchG an praktischer Bedeutung gewinnen. Denn bei einem Vorgehen nach 1 a KSchG (vgl. dazu Newsletter Februar 2004) wird eine aktive Mitwirkung des Arbeitnehmers an der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gerade nicht verlangt. Nach überwiegender Auffassung in der Literatur löst deshalb ein Vorgehen nach 1 a KSchG keinen Sperrzeittatbestand aus. Eine Äußerung des Bundessozialgerichts dazu steht aber noch aus. Drittbeteiligungsgesetz Der Bundestag hat am 25.03.2004 das "Zweite Gesetz zur Vereinfachung der Wahl der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat" verabschiedet. Durch dieses Gesetz, das am 01.07.2004 in Kraft getreten ist, werden die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetztes 1952 (BetrVG 1952) in das neue "Drittelbeteiligungsgesetz" überführt. Im BetrVG 1952 war die Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat von Kapitalgesellschaften mit als 500 Arbeitnehmern (aber nicht mehr als 2000 Arbeitnehmern) durch Besetzung eines Drittels der Aufsichtsratssitze mit Arbeitnehmern geregelt ( Drittelparität ). Die Inhalte des BetrVG 1952 werden durch die redaktionelle Neufassung in dem Drittelbeteiligungsgesetz kaum geändert. Neu ist ein Verweis auf 125 Abs. 4 AktG. Dadurch ist für den obligatorischen Aufsichtsrat der GmbH nunmehr eindeutig geregelt, dass die in der Gesellschafterversammlung gefassten Beschlüsse jedem Aufsichtsratsmitglied auf Verlangen mitzuteilen sind. Außerdem sind dem Aufsichtsrat aufgrund der neu aufgenommenen Bezugnahme auf 170 AktG der Jahresabschluss und der Lagebericht unverzüglich nach ihrer Aufstellung vorzulegen. Neu sind auch die in 3 Drittelbeteiligungsgesetz aufgenommenen Definitionen zum Arbeitnehmer- und Betriebsbegriff, die denen des Betriebsverfassungsgesetzes entsprechen. Weitergehende Änderungen, die hier nicht im einzelnen dargestellt werden sollen, bestehen in der Konkretisierung des Wahlverfahrens. Bei Interesse an Einzelheiten informieren und beraten wir Sie gern. Neues zu Transfergesellschaften Die Arbeitsverwaltung gewährt Kurzarbeitergeld nicht nur bei einem vorübergehenden, sondern auch bei einem dauerhaften Arbeitsausfall. Dieses bisher sogenannte strukturelle Kurzarbeitergeld (jetzt: Transferkurzarbeitergeld) entsprach in seiner Höhe dem Arbeitslosengeld und wird solchen Arbeitnehmern gezahlt, die im Falle eines Personalabbaus von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Will ein Arbeitgeber solche Leistungen im Rahmen eines von ihm beabsichtigten Personalabbaus nutzen, ist er zur Co-Finanzierung verpflichtet. Er muss die betroffenen Arbeitnehmer von seinem operativen Geschäftsbetrieb organisatorisch trennen und u.a. während der Laufzeit der Kurzarbeitergeldzahlungen Qualifizierungsmaßnahmen für den betroffenen Belegschaftskreis finanzieren. Meist werden die betroffenen Mitarbeiter durch den Abschluss von Aufhebungsverträgen in externe Beschäftigungsund Qualifizierungsgesellschaften überführt. Die so vollzogene Trennung von Mitarbeitern ist für den Arbeitgeber in der Regel zwar meist teuerer als der Abschluss klassischer Sozialpläne. Andererseits braucht der Arbeitgeber keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Auf diesem Weg 2

vermeidet er langwierige Kündigungsschutzrechtsstreitigkeiten und daraus resultierende Prozessrisiken. Seit dem 01.01.2004 kommt diese alternative Form des Personalabbaus gem. 216 b SGB III auch für Kleinbetriebe unabhängig von der Zahl der Beschäftigten und unabhängig von der Existenz eines Betriebsrats in Betracht. Allerdings hat der Gesetzgeber den zeitlichen Leistungsumfang dieser Form des Kurzarbeitergeldes von bisher max. 24 Monaten auf nunmehr max. 12 Monate gekürzt. Mitbestimmung bei Einsatz von Arbeitnehmern in Kundenbetrieben mit Zugangskontrollsystem Will der Arbeitgeber ein Zugangskontrollsystem einführen, bei dessen Benutzung Daten der Arbeitnehmer festgehalten werden, hat der Arbeitgeber den Betriebsrat im Hinblick auf das Mitbestimmungsrecht gemäß 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG (Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, dass Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen) zu beteiligen. Nach einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (v. 27.01.2004 1 ABR 7/03) hat der Betriebsrat auch dann mitzubestimmen, wenn ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer anweist, sich in einem Kundenbetrieb der dort eingerichteten Zugangskontrolle zu unterziehen. Dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates soll nicht entgegenstehen, dass das Zugangskontrollsystem im Kundenbetrieb eingerichtet ist. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann der Arbeitgeber nicht einwenden, die Verhältnisse in dem Betrieb des Kunden seien ihm selbst vorgegeben. Als Vertragspartner des Kunden könne der Arbeitgeber so das Bundesarbeitsgericht beeinflussen, unter welchen Bedingungen seine Arbeitnehmer dort zu arbeiten haben. Der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts hat erhebliche Auswirkungen für die Praxis. Einerseits wird der Kunde häufig nicht gewillt sein, auf seine Kontrollvorrichtungen zugunsten eines Auftragnehmers zu verzichten. Zum anderen kann der Auftragnehmer einen Auftrag regelmäßig nicht nur wegen der Kontrollen ausschlagen. Er muss also rechtzeitig Einvernehmen mit dem Betriebsrat herstellen eine weitere Managementaufgabe, die hier das Bundesarbeitsgericht den Unternehmen auferlegt. Wirksamkeit von Schwarzgeldabreden Vereinbaren Arbeitsvertragsparteien die Zahlung einer Vergütung ohne Abzug von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, handelt es sich um eine typische Schwarzgeldabrede. Eine solche Vertragspraxis kann in verschiedener Hinsicht gegen gesetzliche, insbesondere strafgesetzliche Bestimmungen verstoßen. Das Bundesarbeitsgericht hält eine solche Vereinbarung trotzdem nicht für generell unwirksam (BAG v. 26.02.2003 5 AZR 690/01). Sie ist nur insoweit unwirksam, als sie die Nichtabführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen anbelangt. Im übrigen bleibt der Arbeitsvertrag wirksam. In solchen Fällen wird gesetzlich die Vereinbarung eines Nettoarbeitsentgeltes unterstellt (vgl. 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV). Obwohl also eine Schwarzgeldabrede grundsätzlich nicht zur Nichtigkeit des Arbeitsvertrages führt, ist vor derartigen Vereinbarungen eindringlich zu warnen. Denn neben der Haftung für Steuern und Sozialabgaben drohen strafrechtliche Sanktionen. Vertragsgestaltung Zwei neuere Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts geben erste wichtige Hinweise für die Vertragsgestaltung nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform. 3

Vertragsstrafe Wegen des Klauselverbots nach 309 Nr. 6 BGB unwirksam ist, sich die Zahlung einer Vertragsstrafe für den Fall versprechen zu lassen, dass der andere Vertragsteil sich vom Vertrag löst war umstritten, ob die Aufnahme von Vertragsstrafenregelungen in vorformulierten Arbeitsverträgen dennoch nach 310 Abs. 4 Satz 2 BGB zulässig ist. Nach dieser Vorschrift sind bei der Anwendung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen. Was ist nun aber unter dem Merkmal Besonderheiten im Arbeitsrecht zu verstehen? Mit Urteil vom 04.03.2004 hat das Bundesarbeitsgericht (8 AZR 196/03) entschieden, dass bei der Vereinbarung von Vertragsstrafen in vorformulierten Arbeitsverträgen eine derartige Besonderheit des Arbeitsrechtes besteht. Das Bundesarbeitsgericht sieht es als Besonderheit an, dass ein Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung gemäß 888 Abs. 3 ZPO nicht durch Zwangsgeld oder Zwangshaft angehalten werden kann. Allerdings darf eine Vertragsstrafe den Arbeitnehmer entgegen dem Gebot von Treu und Glauben nicht unangemessen benachteiligen. Demgemäss sei eine Vertragsstrafe für den Fall des Nichtantritts der Arbeit in Höhe eines vollen Bruttomonatsgehalts im Fall einer zweiwöchigen Kündigungsfrist während der Probezeit regelmäßig zu hoch. Für die Praxis bedeutet diese Entscheidung die grundsätzliche Zulässigkeit von Vertragsstrafenregelungen. Die Festsetzung einer einheitlichen Vertragsstrafe für unterschiedliche Vertragsverstöße (Nichtantritt der Arbeit, Arbeitsverweigerung, Lösung vom Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der Kündigungsfrist, Verstoß gegen Verschwiegenheitsverpflichtung etc.) ist allerdings nicht mehr möglich ist. Erforderlich werden differenzierte Klauseln. Bei der Überprüfung und Neugestaltung beraten wir Sie gern. Schriftform In einer anderen Entscheidung ( Az.: 9 AZR 302/02) hat das Bundesarbeitsgericht zum Verhältnis betrieblicher Übung und Schriftformklauseln in Arbeitsverträgen Stellung genommen. Eine betriebliche Übung entsteht, wenn die Arbeitnehmer die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers in der Regel die Gewährung von Sonderzahlungen als Angebot werten können, ihnen solle diese Leistung auf Dauer eingeräumt werden. Dieses als Vertragsangebot zu wertende Verhalten des Arbeitgebers wird von den Arbeitnehmern meist stillschweigend angenommen, 151 BGB. Die betriebliche Übung stellt damit einen Fall der konkludenten Vertragsänderung dar. Höchstrichterlich geklärt ist bisher, dass eine betriebliche Übung dann nicht zu einer konkludenten Änderung des Arbeitsvertrages führen kann, wenn ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung nur schriftliche Vertragsänderungen zulassen. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr klargestellt, dass die Verwendung einer einfachen Schriftformklausel im Arbeitsvertrag, nach der Änderungen und Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen, nicht das Entstehen einer betrieblichen Übung verhindert. Anders verhalte es sich dagegen bei einer Schriftformklausel, die nicht nur Vertragsänderungen von der Schriftform abhängig mache, sondern auch die Änderung der Schriftformklausel ihrerseits einer besonderen Form unterstelle, indem sie die mündliche Aufhebung der Schriftformklausel ausdrücklich ausschließe. Durch Verwendung einer doppelten Schriftformklausel können also durchaus stillschweigende Vertragsänderungen im Wege der betrieblichen Übung wirksam verhindert werden. 4

Wegfall des Wirtschaftsausschusses Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Verringerung der Mitarbeiterzahl den Fortbestand eines bestehenden Wirtschaftsausschusses berührt. Die Arbeitgeberin beschäftigte zunächst mehr als 100 Arbeitnehmer. Bei ihr war daher ein Wirtschaftsausschuss gemäß 106 BetrVG gebildet. Nach einem Personalabbau im Sommer 2002 sank die Mitarbeiterzahl auf 82 Arbeitnehmer. Die Arbeitgeberin informierte in der Folgezeit den Wirtschaftsausschuss nicht mehr über wirtschaftliche Angelegenheiten. Sie war der Meinung, das Amt des Wirtschaftsausschusses habe wegen der Verringerung der Belegschaft geendet. Das Bundesarbeitsgericht gab der Arbeitgeberin Recht (v. 07.04.2004 7 ABR 41/03). Nach 106 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist in allen Unternehmen mit in der Regel mehr als 100 ständig beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Das Gesetz enthält aber keine Regelung darüber, ob der Wirtschaftsausschuss fortbesteht, wenn diese Mindestanzahl später unterschritten wird. In 107 Abs. 2 Satz 2 BetrVG ist lediglich geregelt, dass die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses vom Betriebsrat für die Dauer seiner Amtszeit bestimmt werden. Das Bundesarbeitsgericht kam zu dem Ergebnis, dass das Amt des Wirtschaftsausschusses automatisch endet, wenn die Belegschaftsstärke nicht nur vorrübergehend auf weniger als 101 Arbeitnehmer absinkt. Der Wirtschaftsausschuss besteht in diesem Fall nicht bis zur Beendigung der Amtszeit des Betriebsrats fort. Bundesagentur für Arbeit bedient. Gesucht wurde mit der Stellenanzeige eine Volljuristin, auch Wiedereinsteigerin in Teilzeit. Der Bewerber klagte auf eine Entschädigung. Hiergegen verteidigte sich die Rechtsanwaltskanzlei mit dem Argument, die Formulierung der Stellenausschreibung beruhe auf einem Fehler der Bundesagentur für Arbeit. Das Bundesarbeitsgericht ließ diesen Einwand nicht gelten (v. 05.02.2004 8 AZR 112/03). Nach 611 a Abs. 2 BGB hat ein Bewerber einen Anspruch auf Entschädigung, wenn er wegen seines Geschlechts nicht eingestellt wird. Macht der Arbeitnehmer Tatsachen glaubhaft, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lassen, trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass nicht auf das Geschlecht bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Als Indiz für eine Geschlechtsdiskriminierung kommt u.a. eine geschlechtsspezifische Stellenausschreibung in Betracht. Bedient sich dabei der Arbeitgeber dritter Stellen, muss er sich deren geschlechtsspezifische Ausschreibung zurechnen lassen. Dies gilt nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch dann, wenn wie hier die Anwaltskanzlei im nachhinein geltend gemacht hatte die Bundesagentur für Arbeit von sich aus die geschlechtsspezifische Form der Stellenausschreibung gewählt hatte. Schaltet ein Arbeitgeber bei der Stellenausschreibung Dritte ein, muss er sicherzustellen, dass tatsächlich eine geschlechtsneutrale Ausschreibung erfolgt, wenn nicht ein bestimmtes Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die ausgeschriebene Tätigkeit ist. Geschlechtsdiskriminierende Ausschreibung Ein Rechtsanwalt hatte sich auf eine lediglich in weiblicher Form abgefasste Stellenanzeige einer Rechtsanwaltskanzlei beworben. Die Rechtsanwaltskanzlei hatte sich zur Bewerbersuche der Frankreich Eine kürzlich (09.03.2004) verabschiedete Gesetzesänderung erweitert die strafrechtliche Belangbarkeit von Unternehmen in Frankreich. Bisher konnten u.a. juristische Personen in Frankreich nur 5

dann strafrechtlich belangt werden, soweit die Verletzung des vorliegenden Straftatbestandes auch ausdrücklich für Gesellschaften unter Strafe stand. Dies war u.a. der Fall bei illegaler Beschäftigung von ausländischen Arbeitskräften oder bei Diskriminierung am Arbeitsplatz. Durch das neue Gesetz wird diese Voraussetzung ab dem 01.12.2005 entfallen. Demnach können Unternehmen zukünftig stets strafrechtlich belangt werden, sofern Straftaten durch Unternehmensvertreter in Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit begangen werden. Dies kann insbesondere bei Verstößen gegen zwingende arbeitsrechtliche Vorschriften der Fall sein. Die strafrechtliche Verurteilung einer Gesellschaft zeichnet sich gegenüber der einer Einzelperson durch höhere Geldstrafen aus. Bei gleicher Straftat ist das Strafmaß für Unternehmen fünfmal so hoch wie für natürliche Personen. So beträgt die Höchststrafe für Unternehmen beispielsweise 18.750 bei Behinderung der Arbeit von Arbeitsinspektoren und sogar 225.000, wenn Diskriminierung (z. B. wegen des Alters, des Geschlechts oder der ethnischen Herkunft eines Arbeitnehmers) bei der Einstellung, Fortbildung oder Entlassung von Arbeitnehmern nachgewiesen werden kann. Gesellschaften in Frankreich sollten die Risikobereiche, in denen sie direkt strafrechtlich belangt werden könnten, identifizieren und entsprechende Vorsorge zwecks Vermeidung bzw. Verringerung strafrechtlicher Risiken treffen. Dieser Newsletter beinhaltet keinen Rechtsrat. Die darin enthaltenen Informationen sind sorgfältig recherchiert, geben die Rechtsprechung und Rechtsentwicklung jedoch nur auszugsweise und in gekürzter Form wieder und können eine den Besonderheiten des einzelnen Sachverhaltes gerecht werdende, individuelle Beratung nicht ersetzen. HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK Friedrichstrasse 149 D-10117 Berlin Telefon: +49 (30) 88 00 97 0 Telefax: +49 (30) 88 00 97 99 E-Mail: berlin@heuking.de Avenue Louise 140 B-1050 Brüssel Telefon: +32 (2) 646 2000 Telefax: +32 (2) 646 2040 E-Mail: brussels@heuking.de Weststraße 16 D-09112 Chemnitz Telefon: +49 (371) 38 20 30 Telefax: +49 (371) 38 20 3100 E-Mail: chemnitz@heuking.de Cecilienallee 5 D-40474 Düsseldorf Telefon: +49 (211) 600 55 00 Telefax: +49 (211) 600 55 050 E-Mail: duesseldorf@heuking.de Lindenstraße 37 D-60325 Frankfurt am Main Telefon: +49 (69) 97 56 10 Telefax: +49 (69) 97 56 12 00 E-Mail: frankfurt@heuking.de Bleichenbrücke 9 D-20354 Hamburg Telefon: +49 (40) 35 52 800 Telefax: +49 (40) 35 52 8080 E-Mail: hamburg@heuking.de Magnusstraße 13 D-50672 Köln Telefon: +49 (221) 20 5 20 Telefax: +49 (221) 20 5 21 E-Mail: koeln@heuking.de Prinzregentenstraße 48 D-80538 München Telefon: +49 (89) 5 40 31-0 Telefax: +49 (89) 5 40 31-540 E-mail: muenchen@heuking.de Für weitere Informationen über unsere Sozietät besuchen Sie unsere Homepage: http://www.heuking.de Verantwortlicher Redakteur: Kay Jacobsen 6