DAS THEMA: HYPOTHESEN VARIABLEN MESSEN Hypothesen in der Psychologie Variablen Zusammenhänge und Unterschiede Messen und Messtheorie Skalen und Skalenniveaus Stichproben und Population Nehmen wir einmal an... Hypothesen in der Psychologie Was ist eine Hypothese? Merkmale wissenschaftlicher Hypothesen Hypothesen im Forschungsprozess Die Richtung von Hypothesen 1
WAS IST EINE HYPOTHESE? Hypothesen sind vorläufige oder vermutete Antworten auf Forschungsfragen sie verbinden Theorie und Empirie sie können aus dem Alltag kommen oder sich direkt aus Theorien ableiten im Forschungsprozess können sie an verschiedenen Stellen auftreten in der Psychologie sind sie in der Regel nicht deterministisch, sondern probabilistisch (mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zutreffend) Wundern, Raten, Fragen Theorie Forschungshypothese Operationalisierung? Durchführung der Studie und Messung Daten Auswertung Interpretation Implikation für die Theorie Beantworten der Fragen WAS IST EINE HYPOTHESE? Beispiel: die Frustrations-Aggressions-Hypothese (Dollard et al., 1939) Ursprüngliche Formulierung: Frustration erzeugt Aggression à eine deterministische Hypothese; ein Gegenbefund würde sie zu Fall bringen Spätere Formulierung: Frustration erhöht die Wahrscheinlichkeit für Aggression à eine probabilistische Hypothese; sie wird durch einzelne Gegenbefunde nicht zu Fall gebracht 2
MERKMALE WISSENSCHAFTLICHER HYPOTHESEN eindeutig und widerspruchsfrei je genauer Hypothesen formuliert sind, desto interessanter sind sie sie sollten keine logischen Widersprüche beinhalten Neg. Bsp.: Wenn der Hahn kräht auf dem Mist, ändert sich das We;er, oder es bleibt, wie es ist. Pos. Bsp.: Frauen zeigen weniger Aggression als Männer. widerlegbar sie müssen so formuliert sein, dass sie sich prinzipiell widerlegen lassen Neg. Bsp.: Träume sind ein Ausdruck unterdrückter unbewusster Triebe. Pos. Bsp.: Träume beinhalten Erlebnisse des aktuellen Tages. operationalisierbar sie müssen sich in untersuchbare Sachverhalte übersetzen lassen Neg. Bsp.: Der freie Wille ist eine Illusion. Pos. Bsp.: Höherer Fernsehkonsum führt zu höherem Körpergewicht. HYPOTHESEN IM FORSCHUNGSPROZESS Möglichkeit 1: eine Studie soll die Vorhersage einer Theorie untersuchen à die Hypothese wird deduktiv gewonnen à die Hypothese steht vor der Studie fest à die Studie ist hypothesenprüfend Möglichkeit 2: eine Studie ist explorativ (erforschend) à mögliche Hypothesen stehen erst nach der Studie fest à sie werden also induktiv gewonnen à die Studie ist hypothesengenerierend 3
DIE RICHTUNG VON HYPOTHESEN Hypothesen können ungerichtet oder gerichtet sein gerichtete (spezifische) Hypothesen geben die Richtung eines Unterschieds oder Zusammenhangs an: Frauen kaufen mehr Schuhe als Männer Mehr Rauchen führt zu geringerer Lebenserwartung ungerichtete (unspezifische) Hypothesen lassen die Richtung offen: Männer und Frauen unterscheiden sich in der Anzahl gekaufter Schuhe Die Lebenserwartung hängt mit dem Rauchen zusammen à gerichtete Hypothesen können nur in hypothesenprüfenden Studien vorkommen Was sich nicht verändert, ist uninteressant Variablen in der Psychologie Was ist eine Variable? Ausprägungen von Variablen Beobachtbarkeit von Variablen Variablen im Forschungsprozess 4
30.10.13 WAS IST EINE VARIABLE? Erleben und Verhalten lassen sich durch unzählige Merkmale beschreiben, die veränderbar (variabel) sind sie zu beschreiben, erklären, verändern und vorherzusagen ist das zentrale Anliegen der Psychologie Merkmale können von Person zu Person variieren (inter-individuell) oder innerhalb einer Person über verschiedene Zeitpunkte oder Situationen hinweg (intra-individuell) Variablen lassen sich unterscheiden nach der Art ihrer Ausprägungen nach ihrer Beobachtbarkeit nach ihrer Rolle im Forschungsprozess AUSPRÄGUNGEN VON VARIABLEN vier Möglichkeiten der Ausprägungen von Variablen: dichotom: nur 2 mögliche Ausprägungen (Geschlecht, Raucher/Nichtraucher) kategorial/qualitativ: mehrere Ausprägungen, die verschiedenen Kategorien entsprechen (Haarfarbe, Schulabschluss, Musikgeschmack) diskret: Ausprägungen, die sich der Größe nach ordnen lassen (Anzahl von Geschwistern, Schulnoten) kontinuierlich: stufenlose Ausprägungen, die sich der Größe nach ordnen lassen (Alter, Intelligenz) 5
BEOBACHTBARKEIT VON VARIABLEN zwei Möglichkeiten der Beobachtbarkeit bzw. Messbarkeit von Variablen: manifest: direkt messbar oder beobachtbar (Alter, Geschlecht, Herzfrequenz) latent: nicht direkt messbar oder beobachtbar die Ausprägungen der Variablen müssen erschlossen werden (Intelligenz, Einstellung gegenüber Minderheiten, Wohlbefinden) VARIABLEN IM FORSCHUNGSPROZESS zwei Möglichkeiten der Rolle von Variablen im Forschungsprozess: unabhängig: wird systematisch variiert bzw. als Ursache für eine andere Variable erfasst (z.b. Hintergrundmusik in Supermarkt A, aber nicht in Supermarkt B) à Unabhängige Variable (UV) abhängig: misst den Effekt der Variation der UV (z.b. Umsatz in den Supermärkten A und B) oder beschreibt das interessierende Merkmal à Abhängige Variable (AV) 6
Zusammenhänge und Unterschiede ZUSAMMENHÄNGE UND UNTERSCHIEDE es gibt zwei Untersuchungswelten : Zusammenhänge Unterschiede Wohlbefinden Wohlbefinden Stunden Musikhören pro Tag Wenighörer Vielhörer! Zusammenhangs- und Unterschiedsfragestellungen sind immer ineinander überführbar! 7
Ohne Maßband oder Waage Wie misst man die Psyche? Konstrukte Messen und Messtheorie KONSTRUKTE die meisten psychologischen Variablen sind latent und beruhen auf einer bestimmten Vorstellung von psychischen Zuständen und Prozessen da sie weniger etwas Realem entsprechen, sondern mehr eine konzeptuelle Konstruktion sind, werden sie Konstrukte genannt Konstrukte beinhalten immer eine Vorstellung darüber, wie sie sich messen lassen, welche manifesten Variablen also stellvertretend für sie stehen sollen Beispiel: Intelligenz Intelligenz ist das, was ein Intelligenztest misst. 8
INTELLIGENZ EXKURS Gibt es die eine Intelligenz (so genannter g-faktor) oder mehrere (etwa sprachliche, mathematische usw.)? Typische Aufgaben aus Intelligenztests: MESSEN UND MESSTHEORIE im quantitativen Ansatz müssen alle Variablen gemessen werden Messen ist das Zuordnen von Zahlen zu Sachverhalten (Objekten, Phänomenen, Eigenschaften, Einstellungen oder Ereignissen) und zwar so, dass die Beziehungen zwischen den Zahlen die analogen Beziehungen der Sachverhalte repräsentieren. oder auch: Abbildung des empirischen in ein numerisches Relativ Beispiel: Asch-Experiment UV: 2 Gruppen: (Kontrollgruppe und Experimentalgruppe) AV: Wahlaufgabe Messung: Gruppenkonformes Urteil? (ja/nein) 9
MESSEN Repräsentationssproblem Wie gut lassen sich psychologische Sachverhalte in Zahlen übersetzen? Wie gut können Zahlen das empirische Relativ repräsentieren?... Depression Hoffnung Wohlbefinden Aggressivität Beispiel: Ist Intelligenz etwas quantitativ Erfassbares? Wenn ja, welche Abstufungen sind sinnvoll? Was bedeuten die Abstände zwischen den Zahlen? Kann man mit den Zahlen etwas rechnen und wenn ja, welche Berechnungen sind zulässig? à Skalen und Skalenniveaus MESSEN Repräsentationssproblem terminologie [rolf hörler] keiner kennt sie, und ich weiß sie selber nicht zu sagen, jene ganz besondere tönung des grüns der wiese, des waldes und des baums in meinen augen, die nuancen des blaus von himmel, see und schatten, die dimensionen des klangs in meinen ohren, die räume, die ein gedanke oder eine emp@indung in mir vor@indet, oder was ich meine, wenn ich ein wort wie "liebe" sage. wir sind unübersetzbar. 10
Warum man Haarfarben nicht mitteln kann Daten von verschiedenen Skalen Skalen Skalenniveaus Ratingskalen SKALEN eine Skala beschreibt die Beschaffenheit des empirischen und numerischen Relativs und die Abbildungsfunktion, die beide verbindet je nach Beschaffenheit des empirischen Relativs sind verschiedene Abbildungen in Zahlen sinnvoll bzw. möglich so gelangt man zu vier verschiedenen Skalenniveaus (Messniveaus): Nominalskala (nominales Messniveau) misst die Gleichheit oder Ungleichheit von Ausprägungen Ordinalskala (ordinales Messniveau) misst zusätzlich größer/kleiner-relationen gleiche Abstände = gleiche Bedeutung Intervallskala (metrisches Messniveau) misst zusätzlich die Gleichheit oder Ungleichheit von Differenzen Verhältnisskala (metrisches Messniveau) hat einen natürlichen Nullpunkt misst zusätzlich die Gleichheit oder Ungleichheit von Verhältnissen 11
SKALENNIVEAUS Skalenart Mögliche Aussagen Messniveau Rechenoperationen Beispiele Nominalskala nominal Gleichheit oder Ungleichheit Ordinalskala ordinal größer-kleiner Relationen Intervallskala metrisch Gleichheit oder Ungleichheit von Differenzen Verhältnisskala! Gleichheit oder Ungleichheit von Verhältnissen = / Familienstand, Wohnort < /> Ranking von Unis, Tabellenplatz im Sport + / - Intelligenzquotient, Feindseligkeit ggü. Ausländern : / Länge, Gewicht, Alter das Ziel ist es oft, mindestens Messungen auf metrischem Messniveau zu erreichen, da diese Daten für weitere Berechnungen geeignet sind (z.b. Mittelwerte) SKALENNIVEAUS Achtung bei Nominalskalen: auch hier kann man den Ausprägungen Zahlen zuordnen (Codierung) diese zeigen aber nur die Gleichheit oder Ungleichheit an und können nicht in Berechnungen einfließen Codierung: 1 2 3 4 5 6 12
SKALENNIVEAUS das Skalenniveau ergibt sich immer aus der Beschaffenheit des Sachverhaltes, der gemessen werden soll Unsicherheit gibt es oft bei der Unterscheidung zwischen Ordinal- und Intervallskala (Beispiel: Schulnoten als Indikator für Leistung) hilfreich: Überlegung ob gleiche Abstände zwischen den Zahlen gleichen Abständen in der Ausprägung des Sachverhaltes entsprechen sec 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 Schwimmer 1 Rang 1 Schwimmer 2 Rang 2 Rang 3 Schwimmer 3 SKALENNIVEAUS QUIZ Ihre Kontonummer Ihr Kontoauszug als Maß für Ihren Kontostand Ihr Kontoauszug als Maß dafür, wie vermögend Sie sind die Nummern, die Sie auf dem Einwohnermeldeamt ziehen Ihr Klausurergebnis in Methodenlehre I als Maß für Ihre Methodenkenntnisse Ihre Antwort auf die Aussage Abtreibung sollte generell erlaubt werden (stark dagegen = 1, dagegen = 2, weiß nicht = 3, dafür = 4, stark dafür = 5) als Maß der Einstellung zum Thema Abtreibung 13
RATINGSKALEN häufig werden Personen nach einer Einschätzung (Rating) zu einem Sachverhalt gefragt à Ratingskala auf einem vorgegebenen Merkmalskontinuum soll der Befragte die Ausprägung markieren, die seine subjektive Empfindung am besten wiedergibt Ratingskalen unterstellen in aller Regel Intervallskalenniveau grafische, numerische, verbale & kombinierte Skalen unipolare & bipolare Skalen Wie viele Ausprägungen sind sinnvoll? Nur ein Teil des Ganzen Stichproben Stichprobe und Population 14
STICHPROBE UND POPULATION Für wen soll die Aussage bzw. das Ergebnis einer Studie gelten? à Population (Grundgesamtheit) (z.b. alle Menschen, Raucher, Depressive, Männer, Angstpatienten, Europäer...) Stichproben sollen die Population so gut wie möglich repräsentieren das wird erreicht durch zufälliges Ziehen aus der Population Problem wenn zufällige Ziehungen nicht möglich sind: Störvariablen selektive Stichproben: bestimmte Personen fehlen systematisch HYPOTHESEN VARIABLEN MESSEN STECKBRIEF Hypothesen sind vorläufige Antworten auf Forschungsfragen, die sich aus Theorien ableiten lassen oder durch Studien erst generiert werden Variablen sind alle Merkmale, die veränderbar sind Ziel der Psychologie ist das Beschreiben, Erklären, Vorhersagen und Verändern von Merkmalsausprägungen Variablen können direkt messbar (manifest) oder nur indirekt messbar (latent) sein latente Variablen heißen auch Konstrukte es gibt zwei Untersuchungswelten : Zusammenhänge und Unterschiede Messen ist das Zuordnen von Zahlen zu empirischen Sachverhalten je nach Beschaffenheit des Sachverhaltes sind mit den Zahlen verschiedene Aussagen und Berechnungen möglich à man spricht von Skalenniveaus in der Forschung werden Stichproben verwendet, um Aussagen über Populationen zu machen Stichproben sollten repräsentativ sein, was durch zufälliges Ziehen erreicht wird 15