Das Pflegestärkungsgesetz II Welche Veränderungen bringt es? Nils Freitag Dipl.-Sozarb. Pflegeberater

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Transkript:

Nils Freitag Dipl.-Sozarb. Pflegeberater

Inhalt: 1. Pflegebedürftigkeitsbegriff und Einstufungsverfahren im neuen Recht 2. Die Überleitung pflegebedürftiger Personen in das neue System 3. Leistungsarten nach Inkrafttreten der Reform 4. Besonderheiten bei Pflegegrad 1 5. Gegenüberstellung der wichtigsten Leistungsbeträge unter Berücksichtigung der Überleitungsregeln 6. Der Entlastungsbetrag und Angebote zur Unterstützung im Alltag 7. Die soziale Sicherung der Pflegepersonen 8. Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil bei vollstationärer Pflege 9. Ein (persönliches) Fazit

1. Pflegebedürftigkeitsbegriff und Einstufungsverfahren im neuen Recht Leistungsansprüche bemessen sich künftig nicht mehr nach 3 Pflegestufen, sondern nach 5 Pflegegraden künftig unerheblich: Einschätzung, wieviel Zeit eine Laienpflegekraft pro Tag für die erforderlichen Hilfen aufwenden muss Prüfung der eingeschränkten Alltagskompetenz (z.b. bei Demenz), da entsprechende Einschränkungen bereits bei der Feststellung des Pflegegrads berücksichtigt werden künftig entscheidend: Welche gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten liegen vor? Bedarf die Person deshalb dauerhaft (mind. 6 Monate) der Hilfe durch andere?

typische Beeinträchtigungen bei geistigen oder seelischen Erkrankungen und Behinderungen z.b. bei Demenz werden deutlich besser berücksichtigt als bisher zentraler Kritikpunkt am bisherigen Recht der Pflegeversicherung: Beschränkung auf Hilfebedarfe, die typischerweise bei körperlichen Erkrankungen vorliegen Benachteiligung von Menschen mit geistigen oder psychischen Erkrankungen / Behinderungen wird durch Reform endlich beseitigt

für Leistungsanspruch war bisher maßgeblich der Hilfebedarf in den Bereichen: Körperpflege Ernährung Mobilität (Hauswirtschaft) künftig prüft MDK Vorliegen von Beeinträchtigungen und Fähigkeitsstörungen aus 6 (Lebens-)Bereichen bzw. Modulen: Mobilität (allerdings mit anderen Bewertungskriterien als im alten System) Selbstversorgung (beinhaltet Einschränkungen bezüglich Körperpflege und Nahrungsaufnahme)

daneben treten 4 neue Prüfbereiche, die erstmalig auch geistige, psychische und soziale Probleme erfassen: Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (z.b. Erkennen von nahestehenden Personen, örtliche und zeitliche Orientierung, Erkennen von Gefahren, Verstehen von Aufforderungen ), Verhaltensweisen und psychische Problemlagen (z.b. Unruhe, Aggression, Ängste, Wahnvorstellungen, Abwehr von Hilfen ), Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (z.b. Hilfebedarf bei Medikamenteneinnahme, Verbandswechsel, Sauerstoffgabe, Arztbesuche ) Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte (z.b. Tagesgestaltung, Beschäftigung, Pflege sozialer Kontakte )

Prüfbereiche / Module enthalten jeweils zwischen 5 und 16 vom MDK einzeln zu prüfende Kriterien Kriterien werden - je nach Ausprägung von Beeinträchtigungen Einzelpunkte zugeordnet Je größer der Hilfebedarf desto höher der Wert der Einzelpunkte Ein Beispiel: Das Modul Mobilität mit 5 Kriterien und jeweils 0 bis 3 Einzelpunkten:

Module Selbstversorgung und Gestaltung des Alltagslebens: ebenfalls Abstufungen von selbständig bis unselbständig im Modul kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Abstufungen von Fähigkeit vorhanden bis nicht vorhanden im Modul Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Abstufungen von nie oder sehr selten bis täglich im Modul Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: komplexes Bewertungsschema anhand Anzahl benötigter Hilfestellungen in bestimmten Zeiträumen

Vom Einzelpunkt zum Pflegegrad: 1. Addition der Einzelpunkte für jedes Modul 2. Gewichtung der Summen der Einzelpunkte für jedes Modul 3. Addition der gewichteten Punkte der Module zu Gesamtpunkten 4. Zuordnung der Gesamtpunkte zu einem Pflegegrad

Gewichtung der Module: 15% 10% 15% 20% 40% Mobilität Kognitive und kommunikative Fähigkeiten oder Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Selbstversorgung Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen Alltagsleben und soziale Kontakte Die Module Kognitive und kommunikative Fähigkeiten und Verhaltensweisen und psychische Problemlagen werden zusammen betrachtet; es fließt nur der höhere der beiden gewichteten Punktwerte mit 15 % in die Gesamtwertung ein!

Beispiel: Gewichtung des Moduls Mobilität : (Tabelle zur Gewichtung durch Gesetz vorgegeben)

Ermittlung von Gesamtpunkten durch Addition der gewichteten Punkte Wert der Gesamtpunkte kann zwischen 0 und 100 liegen Schließlich: Zuordnung der Gesamtpunkte zu einem Pflegegrad Gesamtpunkte Pflegegrad ab 12,5 bis unter 27 1 ab 27 bis unter 47,5 2 ab 47,5 bis unter 70 3 ab 70 bis unter 90 4 ab 90 bis 100 5 Können beide Arme und beide Beine nicht genutzt werden (Verlust der Greif-, Stehund Gehfunktion) wird auch unterhalb 90 Gesamtpunkten der Pflegegrad 5 zuerkannt. Für Kinder und Jugendliche bestehen diverse Besonderheiten bei der Zuordnung eines Pflegegrades!

Für weitere 2 Module /Bereiche prüft MDK Grad der Selbständigkeit: Außerhäusliche Aktivitäten (Kriterien sind z.b. die Fähigkeit zum Verlassen des Wohnbereiches und zur Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel) und Haushaltsführung (z.b. Einkaufen, Zubereiten von Mahlzeiten) fließen nicht in den Pflegegrad ein Ermittlung für Beratung, Planung und Organisation bezüglich pflegerischer Versorgung

in Berücksichtigung von Hilfebedarfen, die aus geistigen und psychischen Einschränkungen resultieren, kommt ein neuer, erweiterter Pflegebedürftigkeitsbegriff zum Ausdruck Leistungen der Pflegeversicherung sollen nun auch pflegerische Betreuungsmaßnahmen erbringen bzw. finanzieren, z.b. Hilfen bei Kommunikation, Orientierung, bedürfnisgerechter Beschäftigung, Alltagsgestaltung, Vermittlung von Sicherheit etc. Körperbezogenen Pflegemaßnahmen wird im Verhältnis zur pflegerischen Betreuung kein Vorrang mehr eingeräumt

2. Die Überleitung pflegebedürftiger Personen in das neue System Stichtag für die Geltung neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff / Pflegegrade: 01.01.2017 Personen, die bereits zuvor Leistungen wie Pflegegeld oder Pflegesachleistungen beziehen, müssen nach diesem Stichtag keinen neuen Antrag stellen automatische Überleitung von Pflegestufen in Pflegegrade durch Pflegekassen Überleitung erfolgt großzügiger, als von Experten vorgeschlagen Pflegekasse teilt Versicherten die Zuordnung zu einem Pflegegrad schriftlich mit

Überleitungsschema: Wurde bereits eine Pflegestufe festgestellt, jedoch keine eingeschränkte Alltagskompetenz: Pflegestufe + 1 = Pflegegrad ( einfacher Stufensprung ) Bsp.: Person mit Pflegestufe 1, ohne eingeschr. Alltagskompetenz Pflegegrad 2 Wurden bereits eine Pflegestufe (einschl. Pflegestufe 0) und eine eingeschränkte Alltagskompetenz festgestellt: Pflegestufe + 2 = Pflegegrad ( doppelter Stufensprung ) Bsp.: Person mit Pflegestufe 1 und eingeschr. Alltagskompetenz Pflegegrad 3 Pflegestufe 3 mit Härtefallregelung (besonders hoher Hilfebedarf) wird Grundsätzlich in Pflegegrad 5 übergeleitet

durch Überleitung erhalten bisherige Leistungsbezieher zumindest genauso hohe - in den allermeisten Fällen gar höhere - Ansprüche besonders profitieren Personen mit anerkannter eingeschränkter Alltagskompetenz (bei Demenz, geistiger Behinderung oder psychischer Erkrankung). ergänzende Regelungen zum Besitzstandsschutz stellen sicher, dass auch in Einzelfällen Schlechterstellung durch neues Recht ausgeschlossen ist

3. Leistungsarten nach Inkrafttreten der Reform Welche Leistungen die Pflegeversicherung gewährt bleibt nach Inkrafttreten der Reform weitestgehend unverändert! Pflegesachleistung durch zugelassener Pflegedienste, Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen, Kombinationsleistung, Wohngruppenzuschlag, Verhinderungspflege, Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen, Kurzzeitpflege, Tagespflege, vollstationäre Pflege Wichtig: Die meisten Leistungen werden erst ab Pflegegrades 2 gewährt! Für den Pflegegrad 1 besteht ein eingeschränkter Leistungsbezug!

4. Besonderheiten bei Pflegegrad 1 definiert als geringe Beeinträchtigung der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten neue Gruppe von Anspruchsberechtigten: Personen, die nach bisherigem Recht keinen Anspruch besitzen, weil Hilfebedarf unterhalb der Mindestanforderungen für eine Pflegestufe liegt laut Bundesregierung ca. 500.000 zusätzliche Leistungsberechtigte vorwiegend Personen mit verhältnismäßig gering ausgeprägten, körperlichen Beeinträchtigungen nicht zu verwechseln mit der Pflegestufe 0 bei eingeschr. Alltagskompetenz (die in Pflegegrad 2 übergeleitet wird)

Ansprüche bei Pflegegrad 1 beschränkt auf: zusätzliche Leistungen für Pflegebedürftige in ambulant betreuten Wohngruppen (Wohngruppenzuschlag, 38 a) Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen ( 40) verschiedene Beratungsleistungen (z.b. Pflegeberatung mit Erstellung eines Versorgungsplanes) Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich (dazu mehr unter Punkt 6) Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich bei vollstationärer Pflege

5. Gegenüberstellung der wichtigsten Leistungsbeträge unter Berücksichtigung der Überleitungsregeln Pflegesachleistung / häusliche Pflegehilfe Pflegestufe Leistungen bis 31.12.2016 Leistungen ab 01.01.2017 Pflegegrad - - (125 *) 1 0 + eingeschr. AK** 231 689 2 I 468 689 2 I + eingeschr. AK 689 1.298 3 II 1.144 1.298 3 II + eingeschr. AK 1.298 1.612 4 III 1.612 1.612 4 III + eingeschr. AK 1.612 1.995 5 III Härtefall 1.995 1.995 5 * bei Pflegegrad 1 Anspruch im Rahmen der Kostenerstattung ** eingeschr. AK = durch Pflegekasse festgestellte erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz

Pflegegeld Pflegestufe Leistungen bis 31.12.2016 Leistungen ab 01.01.2017 Pflegegrad - - 1 0 + eingeschr. AK 123 316 2 I 244 316 2 I + eingeschr. AK 316 545 3 II 458 545 3 II + eingeschr. AK 545 728 4 III 728 728 4 III + eingeschr. AK 728 901 5 III Härtefall - 901 5

Tages- und Nachtpflege Pflegestufe Leistungen bis 31.12.2016 Leistungen ab 01.01.2017 Pflegegrad - - (125 *) 1 0 + eingeschr. AK 231 689 2 I 468 689 2 I + eingeschr. AK 689 1.298 3 II 1.144 1.298 3 II + eingeschr. AK 1.298 1.612 4 III 1.612 1.612 4 III + eingeschr. AK 1.612 1.995 5 III Härtefall - 1.995 5 * bei Pflegegrad 1 Anspruch im Rahmen der Kostenerstattung

Vollstationäre Pflege (im Pflegeheim) Pflegestufe Leistungen bis 31.12.2016 Leistungen ab 01.01.2017 Pflegegrad - 125 * 1 0 + eingeschr. AK - 770 2 I 1.064 770 2 I + eingeschr. AK 1.064 1.262 3 II 1.330 1.262 3 II + eingeschr. AK 1.330 1.775 4 III 1.612 1.775 4 III + eingeschr. AK 1.612 2.005 5 III Härtefall 1.995 2.005 5 * Wählen Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 vollstationäre Pflege, erhalten sie einen Zuschuss in Höhe von 125 Euro monatlich.

6. Der Entlastungsbetrag und Angebote zur Unterstützung im Alltag Entlastungsbetrag in Höhe von 125 pro Monat steht allen Personen in häuslicher Pflege mit Pflegegrade 1 bis 5 zu ersetzt die bisherigen Betreuungs- und Entlastungsleistungen in Höhe von 104 bzw. 208 pro Monat Pflegekasse erstattet nachgewiesene Kosten (eingereichte Belege) für: Tages- und Nachtpflege Kurzzeitpflege Leistungen ambulanter Pflegedienste (in den Pflegegraden 2-5 jedoch nicht im Bereich der Selbstversorgung; bei PG 1 kann Betrag auch für Körperpflege etc. durch Pflegedienst eingesetzt werden) anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag

Angebote zur Unterstützung im Alltag ersetzt bisherige Bezeichnung niedrigschwellige Betreuungs- und Entlastungsangebote Kostenerstattung möglich, sofern Angebot nach Landesrecht anerkannt wurde verauslagte Kosten durch Belege nachgewiesen werden pflegebedürftige Person (Pflegegrad 1 bis 5) häuslich versorgte wird Insbesondere folgende Angebote können anerkannt werden: Demenzgruppen und -cafés Helferinnenkreise zur stundenweise Entlastung Angehöriger bei Betreuung, Anleitung und Beaufsichtigung familienunterstützende Dienste Pflegebegleiter Alltagsbegleiter Serviceangebote für haushaltsnahe Dienstleistungen

Kostenerstattung möglich im Rahmen des Entlastungsbetrages i.h.v. 125 (alle Pflegegrade einschließlich 1) sowie des sogenannten Umwandlungsanspruches (ab Pflegegrad 2) Umwandlungsanspruch bedeutet: bis 40 % des Anspruchs auf Pflegesachleistungen (zugelassene Pflegedienste) kann auch für Angebote zur Unterstützung im Alltag verwendet werden vorrangig bezahlen die Pflegekassen im Rahmen des Sachleistungsanspruches eingehende Rechnungen zugelassener Pflegedienste in Höhe eines am Ende des Monats noch bestehenden Restanspruches auf Sachleistungen ist dann Kostenerstattung für Angebote zur Unterstützung im Alltag möglich bei der Kombinationsleistung mindert die Umwandlung das auszuzahlende Pflegegeld

7. Die soziale Sicherung der Pflegepersonen Pflegt eine Person nicht gewerblich einen oder mehrere Pflegebedürftige mit - mindestens Pflegegrad 2, - (zusammen) wenigstens 10 Stunden wöchentlich und - verteilt über 2 oder mehr Tage in der Woche, so besteht in der Regel Pflichtmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfall-, Rentenund Arbeitslosenversicherung. Für die Rentenversicherung ist weiterhin Voraussetzung, dass die Pflegeperson nicht mehr als 30 Stunden pro Woche berufstätig ist und noch keine Altersrente bezieht. Für die Mitgliedschaft bei der Arbeitslosenversicherung ist entscheidend, dass die Pflegeperson unmittelbar vor Aufnahme der Pflege pflichtversichert war oder Arbeitslosengeld bezogen hat.

8. Der einrichtungseinheitliche Eigenanteil bei vollstationärer Pflege Derzeit gilt: mit höherer Pflegestufe steigen die von den Heimen berechneten Pflegesätze stärker an, als die Ansprüche gegenüber der Pflegeversicherung bei höherer Pflegestufe fällt ein deutlich höherer Eigenanteil an Ab dem 01.01.2017 gilt: Pflegebedürftige in den Pflegegraden 2 bis 5 zahlen innerhalb eines Pflegeheimes gleich hohe sogenannte einrichtungseinheitliche Eigenanteile der aus eigenen Mitteln (bzw. Sozialhilfe) zu finanzierende Anteil für die Pflege bleibt in jedem Pflegegrad gleich

der einrichtungseinheitlicher Eigenanteil wird Preisvergleich zwischen Pflegeheimen vereinfachen und soll die finanzielle Planbarkeit der Heimplatzfinanzierung verbessern voraussichtlich wird der einrichtungseinheitliche Eigenanteil höher liegen, als der Eigenanteil der für niedrige Pflegestufen bis 2016 zu entrichten ist für Heimbewohner mit niedrigen Pflegestufen/Pflegegraden könnten sich höhere finanzielle Belastungen ergeben ist der einrichtungseinheitliche Eigenanteil für einen Heimbewohner im Januar 2017 aber höher als der im Vormonat zu entrichtende Eigenanteil, so hat Pflegekasse fortan einen Zuschlag in Höhe der Differenz zu zahlen Bestandsschutz in Pflegeheimen der einrichtungseinheitliche Eigenanteil wird dagegen vermutlich geringer sein, als der Eigenanteil, der derzeit bei Pflegestufe 3 zu entrichten ist

9. Ein (persönliches) Fazit die Pflegeversicherung wird gerechter Hilfebedarfe aufgrund geistiger und psychischer Einschränkungen werden körperlichen Fähigkeitsstörungen gleichgestellt es bestehen großzügige Überleitungsregeln, ergänzt durch einen umfangreichen Besitzstandsschutz niemand, der bereits Leistungen erhält, wird nach der Reform schlechter gestellt sein für die meisten pflegebedürftige Personen steigen die Ansprüche im besonderen Maße für Menschen mit Betreuungsbedarfen aufgrund geistiger und psychischer Erkrankungen für Personen, die ab 2017 bei einem niedrigem Pflegegrad (2, evtl. auch 3) erstmalig Leistungen im Pflegeheim erhalten, wird die finanzielle Belastung voraussichtlich steigen

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!