Hauptvorlesung Chirurgie Unfallchirurgischer Abschnitt Polytrauma

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2. Ausnahmeregelungen a. Lebensrettende Massnahmen sollen wie bei anderen Notfällen und wie bisher im nächst gelegenen geeigneten Spital erfolgen.

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Transkript:

Hauptvorlesung Chirurgie Unfallchirurgischer Abschnitt Polytrauma Klinik für Unfallchirurgie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus Hamburg

Polytrauma (Mehrfachverletzung) Gleichzeitig entstandene Verletzung mehrerer Körperregionen od. Organsysteme, wobei wenigstens eine Verletzung oder die Kombination mehrerer lebensbedrohlich ist.

Initialzustand Bewußtlosigkeit? Eintrübung? Pupillenreaktion? Kreislaufstabilität? Hinweise auf Abdominalverletzung? Hinweise auf Wirbelsäulenverletzung? Extremitätenverletzungen, offen?

Schock Hypotonie und Tachycardie Schockindex=Pulsfrequenz/syst. Blutdruck Schockindex von 1 entspricht 30% Blutverlust Blutverlust Thorax Abdomen Becken (bis 5 l) retroperitoneal Oberschenkel (bis 3 l) Unterschenkel (bis 1 l)

Verletzungsmuster Extremitäten 86% Lange Röhrenknochen 39% Schädel-Hirn-Trauma 65% Thorax 49% Abdomen 25% Becken 31% HWS 6% BWS 6% LWS 4% Kilian 1995

Stufenplan I. Sofortiger Übersichts-Check II. Zugänge für lebenserhaltende Maßnahmen III. Sicherung von Oxygenierung und Perfusion IV. Dringliche Diagnostik V. Dringliche Therapie Rüter, Trentz 1995

Dringlichkeit der Diagnostik Thorax Abdomen Schädel-Hirn Wirbelsäule Becken Extremitäten Urogenitaltrakt Abdominelle Sonografie Röntgen der HWS

Diagnostik Röntgen Thorax Schädel HWS BWS LWS Becken Sonografie Abdomen CT Schädel Thorax Abdomen WS Labor Hb, Hkt art. BGA Gerinnung Blutgruppe Sonstige Angiografie i.v. Urogramm Urethrozystografie Becken

Schädel-Hirn-Trauma Schädelfraktur Schädelbasisfraktur Hirndruck / Raumforderung Temporale Fraktur Leitsymptome:Pupillendifferenz / Eintrübung Epidurales Hämatom Subdurales Hämatom

Rippenfrakturen Thorax Sternumfraktur Pneumothorax Erguß Hautemphysem Spannungspneumothorax Lungenkontusion Aspiration Thoraxdrainage über Minithorakotomie Herz-/Gefäßverletzungen Erguß

Abdomen stumpfe - penetrierende Verletzung Freie Flüssigkeit Milzruptur Leberruptur Mesenterialeinrisse Sonografie: freie Flüssigkeit Darmrupturen Pankreasrupturen > Laparotomie Kontrast-CT: freie Flüssigkeit Kontrast-CT: Milzruptur

Abdomen? Prae-OP Post-OP

Urogenitaltrakt Hämaturie Nierenruptur Harnleiterabrisse Blasenruptur Harnröhrenabriß Genitalverletzungen Urethrozystogramm: Blasenruptur

Wirbelsäule Fraktur Instabilität Verlegung des Spinalkanals Neurologische Ausfälle Instabilität C6/C7 LWK 1-Fraktur BWK 3-Fraktur

vorderer Beckenring Becken Symphyse Sakrum Instab. Ringf mit Fixateurr Iliosakralfuge Instabilität? Acetabulum Instabile Beckenfraktur Acetabulumfraktur

Extremitäten Frakturen Luxationen Amputationen Humerusschaftfraktur offen-geschlossen Begleitverletzungen Femurschaftfraktur Distale OS-Fraktur

Versorgungszeitpunkt Frakturen der langen Röhrenknochen sowie instabile Verletzungen der Wirbelsäule, des Beckenrings und der großen Gelenke müssen primär stabilisiert werden. Lagerungsfähigkeit für Intensivbehandlung Schmerz / Streßverminderung Blutstillung

Extremitäten, Frakturbehandlung Fixateur externe > niedrige Belastung Platte >exakte Gelenkrekonstruktion Nagel > hohe Belastung Im Zweifel: Fixateur und sekundärer Verfahrenswechsel

Extremitäten, Frakturbehandlung Sekundärer Verfahrenswechsel Pat. N.B., 16 J.

Scores Glasgow Coma Scale Abbreviated Injury Scale Injury Severity Score Polytrauma-Schlüssel AIS Anatomischer Score (6 Regionen, 6 Schweregrade) ISS Summierender Score (Quadrate der 3 höchsten AIS- Zahlen) PTS Gemischter Score (5 Regionen, Alter, BE, Oxygenierungsindex) GCS Punkte Augenöffnen 4 spontan 3 auf Anrufen 2 auf Schmerz 1 keine Reaktion Verbale Reaktion orientiert 5 desorientiert 4 unverständliche Worte 3 Stöhnen 2 keine Reaktion 1 Motorische Reaktion befolgt Aufforderung 6 lokalisiert Schmerz 5 Beugen-Wegziehen auf Schmerz 4 pathol. Beugen auf Schmerz 3 Strecken auf Schmerz 2 keine Reaktion 1

Fazit Systematische Diagnostik Vorgehen nach Dringlichkeit Teamwork Team aus Unfallchirurgen, Anästhesisten, Neurologen, Radiologen, Neurochirurgen, Urologen, Schwestern, Pflegern, Röntgenassitent/in