Investition und Finanzierung Vorlesung 2 am 28.10.2010 Seite 21
Die Fisher-Separation Investition und Finanzierung Vorlesung WS 2010/11 Aussage: Unter der Modellprämisse (vollkommener und vollständiger Kapitalmarkt) können Investitionsentscheidungen getrennt von Finanzierungsentscheidungen und Konsumplan getroffen werden. Zu einem einheitlichen Zinssatz können fehlende Beträge aufgenommen und überschüssige Beträge angelegt werden. Seite 22
Folgerungen aus dem Separationstheorem (bei Gültigkeit der Prämissen) Die Anleger können unabhängig von den Investitionsentscheidungen ihre Konsumpräferenzen durch Anlage oder Kreditaufnahme am Kapitalmarkt realisieren. Ein professionelles Management kann unabhängig von den Präferenzen der Anteilseigner entscheiden. Damit ermöglicht es die Trennung von Eigentum der Anteilseigner und Verfügungsmacht der Manager. Real dagegen: Liquiditätsprobleme, Präferenz- und Informationsabhängigkeit, Corporate Governance Seite 23
Neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie (1) Merkmale: Abgehen von rein finanzieller Betrachtung Institutionen als Folge unvollkommener Märkte Reduktion der Abstraktion Ausgangsfrage: Warum existieren Institutionen (z.b. Banken) trotz der entstehenden Kosten? Ursachen: Marktunvollkommenheit, vor allem Informationsasymmetrie Uneinheitliche Preise und Werte Seite 24
Neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie (2) Prämissen des unvollkommenen Kapitalmarktes: 1. Kompliziertes und kostenverursachendes institutionelles System 2. Informationsasymmetrie zwischen Kapitalgebern und nehmern 3. Ungleich verteilte Möglichkeiten der Vertragspartner, Entscheidungen zu treffen 4. Ausnutzen von Informationsvorsprüngen zu Lasten der Gegenpartei (Interessenkonflikt zwischen Transaktionspartnern) Seite 25
Folgen: Neoinstitutionalistische Finanzierungstheorie (3) Moral Hazard-Probleme (Risiko, dass durch die Nutzung der Möglichkeit verborgenen Handelns nach Vertragsschluss dem Kapitalgeber Nachteile entstehen) Gefahr der Adverse Selection Bsp.: Bei Unsicherheit über die Qualität eines Gutes und keine Möglichkeit diese abzubauen wird von einer Durchschnittsqualität ausgegangen und zu Durchschnittspreisen bewertet. Anbieter mit Gütern hoher Qualität nehmen diese vom Markt, weil sie keinen angemessenen Preis erzielen können. Bildung von Institutionen zur Verringerung der Informationsasymmetrie Seite 26
Wiederholungsfragen Kapitel 1 Investition und Finanzierung Vorlesung WS 2010/11 1.) Wodurch unterscheiden sich Investition und Finanzierung? 2.) Welche Gemeinsamkeiten besitzen Investition und Finanzierung? 3.) Was versteht man unter smart capital und stupid money? 4.) Welche Finanzwirtschaftlichen Entscheidungskriterien gibt es? Erläutern Sie diese. 5.) Wodurch unterscheiden sich die klassische Finanzierungslehre und die neoklassische Finanzierungstheorie? 6.) Was ist ein vollkommener Markt? Nennen Sie ein Beispiel. Seite 27
2 Management der Kapitalverwendung (Investition) Seite 28
Der verengte Investitionsbegriff Investition und Finanzierung Vorlesung WS 2010/11 Der verengte Investitionsbegriff leistungswirtschaftlich finanzwirtschaftlich kombinationsbestimmt vermögensbestimmt Zahlungsbestimmt Seite 29
Der weiter verengte (zahlungsorientierte) Investitionsbegriff Die Investition ist eine Handlung (oder Bündel von Handlungen), die einen (längerfristigen) Zahlungsstrom auslöst, der mit einer Auszahlung beginnt und in späteren Zeitpunkten zu Einzahlungen und evtl. weiteren Auszahlungen führt. Investitionsalternativen Zeitpunkte A -500 +50 +50 +550 B -400 +200 +300 Typische Darstellung als Zahlungsreihe Zwei untereinander verbundene Probleme sind zu lösen: Wie bewerte ich unterschiedliche Zahlungszeitpunkte? Wie entscheide ich mich zwischen unterschiedlichen Zahlungsströmen? Seite 30
Zielsetzung Erhöhung des Unternehmenswertes (Shareholder Value) unter Beachtung von weiteren Zielen und Nebenbedingungen shareholder value: Im Mittelpunkt unternehmerischer Tätigkeiten steht der shareholder (Eigentümer, Anteilseigner), für den ein ausschließliches Interesse an der Verbesserung seiner Einkommensposition und damit an der Wertentwicklung seines Unternehmens unterstellt wird. Weg zum Ziel: Wert der Investition (Finanzierung) muss höher sein als die (Finanzierungs-)Kosten der Investition oder die Opportunitätskosten Problem: Bewertung der Investition bzw. der Finanzierung Seite 31
Investitionsarten (1) Investition und Finanzierung Vorlesung WS 2010/11 Sachanlageinvestitionen Finanzanlageinvestitionen Grundstücke und Gebäude, Beteiligungen, Wertpapiere, technische Anlagen, Betriebs- Forderungen ausstattung, Vorräte nach: Art des Vermögensgegenstandes Immaterielle Investitionen Patente und Lizenzen, F&E, Aus- Ergänzungsinvestitionen und Weiterbildung, Werbung Erweiterungs-, Sicherungs-, Rationalisierungs- und Umstellungsinvestitionen nach: Investitionsanlass Laufende Investitionen Errichtungsinvestitionen Ersatzinvestitionen, Betriebsgründung, Errichtung Großreparaturen einer Niederlassung Seite 32
Investitionsarten (2) Investition und Finanzierung Vorlesung WS 2010/11 objektbezogene Investitionen 1. Sachinvestitionen: Ermöglichen den Leistungsprozess oder sind daran beteiligt. 2. Finanzinvestitionen: Finanzanlagevermögen, Forderungsrechte wie Bankvermögen und festverzinsliche WP oder Beteiligungsrechte wie Aktien 3. Immaterielle Investitionen: Dienen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Bsp.: Investitionen in F&E wirkungsbezogene Investitionen 4. Nettoinvestitionen: Werden erstmals in Unternehmen vorgenommen wie z.b. Gründungsinvestitionen. 5. Reinvestitionen: Wiederauffüllen eines durch Verbrauch oder Gebrauch geminderten Bestandes wie z.b. Ersatzinvestitionen. 6. Bruttoinvestitionen: Gesamtheit der Netto- und Reinvestitionen. 7. Hierarchiebezogene Investitionen: - strategisch: langfristig - taktisch: mittelfristig - operativ: kurzfristig Sonstige Investitionen 8. Investorbezogene Investitionen: Unternehmen, öffentliche Hand und private Haushalte 9. Umschlagbezogene Investitionen: Unterscheidung nach schnell, mittelfristig oder langsam umschlagender Investition 10. Häufigkeitsbezogene Investitionen: Einzelinvestition und Investitionsfolgen oder Ketten 11. Abhängigkeitsbezogene Investitionen: isolierte und interdependete Investitionen Seite 33
Literaturhinweise zur Vorlesung 2 vom 28.10.2010 Franke, G. / Hax, H.: Finanzwirtschaft des Unternehmens und Kapitalmarkt, 5. Aufl., Berlin 2004, S. 149-163. Bleis, C.: Grundlagen Investition und Finanzierung, 2006, S. 4-5. Götze, U.: Investitionsrechnung, 5. Aufl., Berlin et al. 2006, S. 5-35. Kruschwitz, L.: Investitionsrechnung, 10. Aufl., München 2005, S. 90-92. Perridon, L. / Steiner, M.: Finanzwirtschaft der Unternehmung, 14. Aufl., München 2007, S. 23 f. Schmidt, R. H. / Terberger, E.: Grundzüge der Investitions- und Finanzierungstheorie, 4. Aufl., Wiesbaden 1999, S. 66-78 und S. 99-120. Seite 34