Einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs und zukunftsfähige Personalstrukturen an den Hochschulen initiieren

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Transkript:

Deutscher Bundestag Drucksache 17/4203 17. Wahlperiode 15. 12. 2010 Antrag der Abgeordneten Krista Sager, Kai Gehring, Priska Hinz (Herborn), Sylvia Kotting-Uhl, Brigitte Pothmer, Beate Müller-Gemmeke, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Agnes Krumwiede, Monika Lazar, Tabea Rößner, Christine Scheel, Maria Klein-Schmeink, Alexander Bonde, Markus Kurth, Ingrid Nestle, Dr. Harald Terpe, Katrin Göring-Eckardt, Elisabeth Scharfenberg und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs und zukunftsfähige Personalstrukturen an den Hochschulen initiieren Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Das deutsche Hochschulsystem bietet dem wissenschaftlichen Nachwuchs keine verlässlichen Perspektiven. Befristete Beschäftigungsverhältnisse für hauptberufliche Wissenschaftler/-innen sind inzwischen der Regelfall an den deutschen Hochschulen. Teilzeit trotz Vollzeitaufgaben, nebenberufliche und prekäre Beschäftigungsverhältnisse breiten sich immer weiter aus. Die Karrierewege bleiben oft bis ins fünfte Lebensjahrzehnt unberechenbar. Die Ungewissheit wiegt um so schwerer, als sie in Altersgruppen reicht, in denen sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Beruf und Familie besonders drängend stellt. Wissenschaft als Beruf verliert damit erheblich an Attraktivität, wie die aktuelle Studie Wissenschaftliche Karrieren des HIS-Instituts für Hochschulforschung hervorhebt, obwohl die Nachwuchswissenschaftler/-innen hoch motiviert sind und sich für das wissenschaftliche Arbeiten und Forschen begeistern. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Internationalisierung der Arbeitsmärkte für Hochqualifizierte muss konstatiert werden: Die Konkurrenzfähigkeit des Arbeitsplatzes Hochschule gegenüber privaten Arbeitgebern oder einer wissenschaftlichen Tätigkeit im Ausland ist gefährdet. Der sinkende Anteil der Grundmittel an der Finanzierung der Hochschulen bei wachsenden Aufgaben in Forschung und Lehre hat die Tendenz befördert, mehr Personal zu möglichst kostengünstigen Bedingungen einzustellen. Die Zahl der Professuren stagniert seit Jahren. Verschärft wird dieses Missverhältnis zwischen abhängigen Nachwuchswissenschaftlern und Nachwuchswissenschaftlerinnen sowie Professoren und Professorinnen durch eine aus internationaler Perspektive exotische Besonderheit: Im deutschen Hochschulsystem existieren unterhalb der Professur keine dauerhaften Beschäftigungsmöglichkeiten für erfahrene Kräfte, in denen Raum für selbständige Forschung und Lehre gegeben ist. Aus dieser Konstellation erwächst die extreme Verengung der Karrierewege für den wissenschaftlichen Nachwuchs. Dieser sog. Karriereflaschenhals konterkariert die Bemühungen der Exzellenzinitiative, des Pakts für Forschung und Innovation und die Internationalisierungsstrategie. Für den hervorragenden wissenschaftlichen Nachwuchs, auf den die Graduiertenschulen, Graduiertenkollegs und Postdoc-

Drucksache 17/4203 2 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode Programme zielen, gibt es nach der Förderung kaum realistische Anschlussperspektiven. In einzelnen Disziplinen stellt die geringe Attraktivität der Hochschulkarriere bereits jetzt ein ernsthaftes Problem dar. Im internationalen Wettbewerb um die besten Nachwuchskräfte und in der Konkurrenz mit privatwirtschaftlichen Arbeitgebern verlieren die deutschen Hochschulen zunehmend den Anschluss. Schon heute sind Sonderprogramme nötig, um hervorragende Nachwuchskräfte für die Rückkehr nach Deutschland zu gewinnen. Aber die Programme drohen ins Leere zu laufen, wenn sich die Perspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht verbessern. Die Personalstrukturen an den Hochschulen gefährden damit die Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Wissenschafts-, Forschungs- und Innovationssystems, das auf die Ausbildungsleistung der Hochschulen und hervorragenden wissenschaftlichen Nachwuchs angewiesen ist. II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, gemeinsam mit den Bundesländern in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz einen Pakt für den wissenschaftlichen Nachwuchs und zukunftsfähige Personalstrukturen an den Hochschulen zu vereinbaren. Wesentliche Elemente des Paktes sollen sein: 1. Angesichts der wachsenden Studierendenzahlen, der erweiterten Forschungs- und Managementaufgaben und der gestiegenen Anforderungen an die Lehre im Zuge der Bologna-Reform sind in verbindlichen Schritten zusätzliche Professuren einzurichten, bis die Studierenden-Professoren-Relation internationalen Standards entspricht. Die anstehenden Nachverhandlungen zum Hochschulpakt II sind bereits dafür zu nutzen. Der Wissenschaftsrat hat bereits für 2008 einen Fehlbedarf von bundesweit 4 000 Professuren errechnet, um wenigstens zur Studierenden-Professoren-Relation der Schweiz aufzuschließen. 2. Die Personalstrukturen an den deutschen Hochschulen müssen international wettbewerbsfähig werden. Für Daueraufgaben in Forschung und Lehre sind mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse einzurichten. Auch jenseits der Professur muss es an den Hochschulen für qualifizierte und erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unbefristete Beschäftigungsmöglichkeiten geben, in denen Raum für selbständige Forschung und Lehre gegeben ist. 3. Die Tarifsperre im Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist aufzuheben. Ein Wissenschaftstarifvertrag bzw. Spartenregelungen in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes sind mögliche Wege, um wissenschaftsadäquate Wege zu mehr unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen zu entwickeln. Die Dienstherreneigenschaft sollte an die Hochschulen und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen schrittweise übertragen werden. Für die gemeinsame Verhandlungsführung empfiehlt es sich, dass sich die Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zu einem Arbeitgeberverband Wissenschaft zusammenschließen. 4. Um die Juniorprofessur qualitativ und quantitativ zu stärken, ist ein neues Programm zur Förderung der Juniorprofessur aufzulegen. Juniorprofessuren sind grundsätzlich mit Tenure-Track-Regelungen zu versehen, so dass bei positiver Evaluierung ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis entsteht und das Evaluationsverfahren tatsächlich die Habilitation ersetzt. 5. Die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter sollen in Äquivalenz zu den Juniorprofessuren der Statusgruppe der Professorinnen und Professoren zugeordnet werden und als Mitglied der Universität das Promotionsrecht erhalten.

Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 3 Drucksache 17/4203 6. In den Drittmittelprogrammen des Bundes und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) müssen Anreize für mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse gesetzt werden, zum Beispiel durch einen Risikoaufschlag für befristete Stellen, die im Rahmen dieser Drittmittelprogramme eingerichtet werden. Der Risikoaufschlag wird als frei verfügbare Pauschale an die Hochschule ausgezahlt, wenn die befristete Beschäftigung in eine unbefristete Beschäftigung umgewandelt wird. Er wird in monatlichen Raten an den oder die ehemals befristet Beschäftigten oder Beschäftigte ausgezahlt, solange er oder sie nach Ablauf der befristeten Beschäftigung keiner hauptberuflichen Beschäftigung nachgeht. Der Risikoaufschlag ist aus den Programmkostenpauschalen und den Overheadkostenpauschalen zu finanzieren. 7. In der Postdoc-Phase soll die Förderung über sozial abgesicherte Stellen gegenüber Stipendien absoluten Vorrang haben, abgesehen von der Förderung kurzzeitiger Auslandsaufenthalte. Die Programme der von der öffentlichen Hand finanzierten Förderer sind entsprechend anzupassen. 8. Damit eine erfolgreiche Drittmitteleinwerbung damit einhergehen kann, auch der Hochschule mehr Spielräume zu eröffnen, soll es Professorinnen und Professoren künftig möglich sein, bei DFG-Anträgen und den Drittmittelprogrammen des Bundes Mittel für die anteilige Finanzierung ihrer eigenen Stelle einzuwerben. Diese Möglichkeit soll jedoch nicht mit einer Entbindung von der prinzipiellen Verpflichtung zur Tätigkeit auch in der Lehre verbunden sein. Berlin, den 14. Dezember 2010 Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion Begründung 2008 waren 226 000 Studierende mehr an deutschen Hochschulen eingeschrieben als noch 1999. Das entspricht einem Zuwachs von 13 Prozent. Die Zahl der Hochschulprofessuren stagniert dagegen seit Jahren. Der marginale Zuwachs von 1,6 Prozent geht allein auf die Fachhochschulen zurück. An den Universitäten gab es absolut gesehen sogar 287 Professuren weniger als noch 1999. Verschärft wird dieses Missverhältnis durch die Umstellung auf die Bachelor- und Masterstudiengänge, mit denen der Lehr- und Betreuungsaufwand pro Studierendem stieg. Der Wissenschaftsrat errechnete 2008 für Deutschland einen Fehlbedarf von 4 000 Professuren. In den Hochschulpakten I und II war und ist der gestiegene Betreuungsaufwand allerdings nicht berücksichtigt. Die von Bund und Ländern zur Verfügung gestellten Mittel pro zusätzlichem Studienanfänger/zusätzlicher Studienanfängerin und Jahr liegen deutlich unter den Erfordernissen für gute Studienbedingungen. Zusammen mit der anhaltenden Unterfinanzierung der Hochschulen führen die Hochschulpakte dazu, dass Daueraufgaben in der Lehre zunehmend von Lehrund Forschungsanfängern/Lehr- und Forschungsanfängerinnen mit befristeten Verträgen und nebenberuflichen Lehrbeauftragten übernommen werden. Bei den Hochschulpakten I und II und im Qualitätspakt Lehre wurde es versäumt, Mindeststandards für die Beschäftigungsverhältnisse und Zielzahlen für die Studierenden-Professoren-Relation zu vereinbaren. Im Gegensatz zur Professorenschaft erhöhte sich die Zahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter/-innen zwischen 1999 und 2008 um 36,5 Prozent, die der Lehrkräfte für besondere Aufgaben um 22,1 Prozent. Der Anteil der Teilzeit-

Drucksache 17/4203 4 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode beschäftigten unter den hauptberuflichen wissenschaftlichen Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen stieg von 34 Prozent im Jahr 2000 auf 42 Prozent im Jahr 2008. Ebenso ist die Zahl des nebenberuflichen Personals an den Hochschulen seit 2000 drastisch angewachsen. Allein die Zahl der Lehrbeauftragten stieg um 49,9 Prozent. Parallel zum Lehraufwand wuchsen für die Hochschulen auch die Aufgaben im Bereich der Forschung und des Managements deutlich. Mit der Exzellenzinitiative und den Mittelaufwüchsen bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft, den Programmen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und des Bundes und den Forschungsrahmenprogrammen der Europäischen Union nahm die öffentliche Drittmittelfinanzierung der Hochschulforschung rasant zu. Betrug die Drittmittelquote bei den Hochschulen 1995 noch 14,4 Prozent, so lag sie 2008 bereits bei 25,1 Prozent. Fast die Hälfte des Anstiegs fand in den letzten drei Jahren statt. Zwei Drittel der Drittmittel stammen von der öffentlichen Hand. Die Vergabe zusätzlicher öffentlicher Mittel über wettbewerbliche Verfahren bietet entscheidende Anreize für Innovationen im Wissenschaftssystem. Drittmittel sind eine wichtige Ergänzung, können aber weder Grundmittel ersetzen noch Defizite bei den Personalstrukturen ausgleichen. Es darf nicht übersehen werden, dass Drittmittelprojekte an den Hochschulen und den Lehrstühlen zu deutlich höheren Koordinations- und Verwaltungsaufwänden führen. Drittmittelprojekte binden Arbeitskapazitäten bereits bei der Beantragung und ziehen teils sehr bürokratische Abwicklungsprozedere nach sich. Auch die wachsende Autonomie und die Profilbildung stellen eine erhebliche administrative Herausforderung für die Hochschulen dar. Schließlich kosten zusätzliche Akkreditierungsverfahren und Drittmittelvergaben im Peer-Review-Verfahren zusätzliche Arbeitskapazitäten der Professorinnen und Professoren. Die Vergabe zusätzlicher öffentlicher Mittel über wettbewerbliche Verfahren darf nicht zu einer generellen Befristung der damit eingeworbenen Stellen führen. Für den wissenschaftlichen Austausch, die nötige Flexibilität und Mobilität haben auch befristete Arbeitsverhältnisse im Wissenschaftssystem ihre Bedeutung und Berechtigung. Inzwischen geht der Befristungsanteil aber weit über das erforderliche und sinnvolle Maß hinaus. In den vergangenen Jahren haben der wachsende Anteil der Drittmittel aber auch das Damoklesschwert stagnierender oder sinkender Grundmittel an den Hochschulen zu einem massiven Zuwachs der befristeten Stellen geführt. 2008 hatten bereits 62 Prozent der hauptberuflichen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den Hochschulen nur noch einen befristeten Arbeitsvertrag. Das entspricht einem Zuwachs von 23 Prozent binnen fünf Jahren. Die Hochschulen versuchen, die Unsicherheiten der Finanzierung auf das wissenschaftliche Personal zu verlagern, um sie nicht selbst tragen zu müssen. In dieser Hinsicht ist das Wissenschaftszeitvertragsgesetz komplett gescheitert. Besondere Befristungsregeln gelten für den Wissenschaftsbereich seit Beginn der achtziger Jahre. Gegen die Zunahme befristeter Verträge und insbesondere von Kettenbefristungen wurde bereits 2002 die so genannte 12-Jahresregelung eingeführt. Demnach sollten befristete Arbeitsverträge auf sechs Jahre vor Abschluss der Promotion und weitere sechs nach der Promotion beschränkt werden. Jenseits dieser Zeiten gäbe es das Recht auf unbefristete Arbeitsverträge. Entgegen der Intention führte die 12-Jahresregelung aber mitnichten zu mehr unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen an den Hochschulen. Vielmehr drängte die Regelung faktisch erfahrene Wissenschaftler/-innen aus den Hochschulen, so dass 2007 sogar eine zusätzliche Drittmittelklausel eingeführt wurde, die wiederum zusätzliche Befristungen aufgrund einer Drittmittelfinanzierung ermöglicht. Statt unbefristete Beschäftigungsverhältnisse mit erfahrenen Kräften zu riskieren, greifen die Hochschulen lieber auf frische Kräfte kurz

Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode 5 Drucksache 17/4203 nach dem Master bzw. nach der Promotion zurück, die wieder befristet werden können. Befristete Beschäftigung ist unterhalb der Professur zum Regelarbeitsverhältnis an den Hochschulen geworden. Allein in der anhaltenden Unterfinanzierung der Hochschulen bei wachsenden Aufgaben dürfen aber die Ursachen für die unbefriedigende Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses nicht gesucht werden. Vielmehr sind die verkrusteten Personalstrukturen und Qualifizierungswege nicht mehr geeignet, dem wissenschaftlichen Nachwuchs verlässliche Perspektiven zu geben und die Wissenschaft als Beruf attraktiver zu machen. Mit der Einführung der Juniorprofessur hat sich die damalige rot-grüne Bundesregierung 2001 daran gemacht, die Personalstrukturen und Karrierewege an den Hochschulen zu modernisieren. Zentrale Ziele waren, die Qualifizierungswege zu verkürzen, dem wissenschaftlichen Nachwuchs mehr Selbständigkeit beim Forschen und Lehren einzuräumen sowie die wissenschaftliche Karriere berechenbarer und verlässlicher zu machen, um im internationalen Vergleich die Attraktivität und Innovationsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu stärken. Trotz erheblicher Widerstände aus der Politik und von Teilen der Professorenschaft hat sich die Juniorprofessur inzwischen bundesweit etabliert und ist in der Scientific Community anerkannt. Entscheidend ausgebremst wurde die Reform aber dadurch, dass die parallel geplante bundesweite Abschaffung der Habilitation scheiterte. Die Juniorprofessur konnte so nicht zum neuen Königsweg zur Professur werden. Viele Juniorprofessoren/Juniorprofessorinnen habilitieren parallel zu ihrer Stelle und belasten sich auf diese Weise doppelt. Vor allem in den Geistes- und Sozialwissenschaften sind die Beharrungskräfte stark und blieb die Habilitation faktische Berufungsvoraussetzung. Damit wird die angestrebte Verkürzung der Karrierewege konterkariert. Wegen fehlender Tenure-Track-Regelungen bietet die Juniorprofessur nur sehr eingeschränkt die intendierten verlässlicheren Perspektiven. Wer erfolgreich evaluiert wird so die Idee des Tenure Track, sollte entfristet werden und unbefristet an der Hochschule forschen und lehren können. Bei der Tenure-Track-Evaluation sind im Gegensatz zur Habilitation die Leistungskriterien von Beginn an transparent und in die Bewertung werden auch externe Gutachter/-innen eingebunden. Tenure Track trägt so wesentlich zur besseren Berechenbarkeit wissenschaftlicher Karrieren bei. Tatsächlich sind aber nur 8 Prozent der Juniorprofessuren mit echtem Tenure Track ausgestattet. Schließlich bleibt die Juniorprofessur auch quantitativ weit hinter den einstigen Plänen zurück. Statt 6 000 Stellen, wie noch bei der Einführung geplant, gibt es heute nur etwa 900 Juniorprofessuren. Diese geringe Anzahl wiegt um so schwerer, als die Stellen des oberen akademischen Mittelbaus, der Dozenten und Dozentinnen sowie der Assistenten und Assistentinnen, die die Juniorprofessuren ersetzen sollten, drastisch zusammengestrichen wurden. Zwischen 1999 und 2008 schrumpfte ihr Bestand um 66,5 Prozent bzw. 9 649 Stellen. Aus internationaler Perspektive sind die Personalstrukturen der deutschen Hochschulen ein exotischer Sonderweg. Nur 14 Prozent des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals an den deutschen Universitäten sind selbständige Hochschullehrer/-innen. Die anderen 86 Prozent sind abhängige Wissenschaftler/-innen, die bis ins fünfte Lebensjahrzehnt zum wissenschaftlichen Nachwuchs gezählt und zum Teil auch so behandelt werden. In Frankreich und in England gehören dagegen 65 Prozent und in den USA sogar 82 Prozent des hauptberuflichen wissenschaftlichen Personals zur Gruppe der selbständigen Hochschullehrer/-innen. Mit dem Associated Professor und dem Assistant Professor, dem Senior Lecturer, dem Senior Researcher und dem Lecturer sowie dem Maîtres de Conférences verfügen die Hochschulsysteme der USA, Englands und Frankreichs über ein breites Spektrum selbständiger Hochschullehrer. Die deutsche Kultur der Subalternität bis zur Habilitation, die geringe

Drucksache 17/4203 6 Deutscher Bundestag 17. Wahlperiode Selbständigkeit und die Intransparenz der Karrierewege sind international nicht wettbewerbsfähig. Notwendig sind daher die Ausweitung der Juniorprofessur mit Tenure Track sowie die Einrichtung von Dauerstellen für gute Wissenschaftler/-innen auch jenseits der Professur mit der Möglichkeit zur selbständigen Forschung und Lehre. Die Hochschulen sind gefordert, parallel zu ihrer wachsenden Autonomie ihre Fähigkeiten zur systematischen Personalentwicklung auszubauen. Höhere Bundesmittel, die als leistungsorientierte Drittmittel für die Forschung vergeben werden, können immer nur Ergänzungen sein und die wegbrechende Grundfinanzierung nicht ersetzen. Der Bund muss aber aufhören, durch Steuersenkungen die Haushaltsengpässe der Länder noch zu verschärfen, die angesichts weggebrochener Steuereinnahmen und der verfassungsrechtlichen Schuldenbremse auf den Wissenschaftsbudgets lasten. Trotz wachsender Aufgaben für die Hochschulen kürzen einige Bundesländer wie Bayern, Hessen und Thüringen bereits bei der Grundfinanzierung. Unabhängig von der jeweiligen Regierungskoalition bemüht sich die Bundespolitik seit Jahren, mehr Bundesmittel an die Hochschulen zu bringen. Das entbindet die Länder aber nicht von ihrer Verantwortung, für eine aufgabengerechte Ausstattung der Hochschulen zu sorgen und für eine Grundfinanzierung, die attraktive Beschäftigungsbedingungen auch für den wissenschaftlichen Nachwuchs ermöglicht. Um die die Attraktivität der Wissenschaft als Beruf zu steigern, dem wissenschaftlichen Nachwuchs bessere Perspektiven zu geben und die Personalstrukturen zu modernisieren, bedarf es daher einer konzertierten Aktion zwischen dem Bund, den Ländern, den Wissenschaftsorganisationen und den Hochschulen.

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