9. Zürcheroberländer Gastro-Meeting 2009

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Transkript:

9. Zürcheroberländer Gastro-Meeting 2009 Das Reizdarmsyndrom eine behandelbare Erkrankung? Mehr Fragen als Antworten!

Reizdarmsyndrom Funktionelle chron. rez. Erkrankung des Dick-/Dünndarm 55 % keine Symptome nach einem Verlauf von 12 Jahren* Hohe Prävalenz (10 bis 15 % der Bevölkerung) 25 bis 50 % suchen den Arzt auf Abdominalbeschwerden und Stuhlunregelmässigkeiten Exakte Pathogenese ist unbekannt Frau : Mann = 2 : 1 Bakterieller oder viraler gastrointestinalem Infekt (10%) Therapie ist oft ungenügend *Halder SL et al, Natural history of functional gastrointestinal disorders: a 12- year longitudinal population-based study. Gastroenterology 2007;133:799-807.

Reizdarmbeschwerden Abdominalbeschwerden Stuhlgewohnheiten +

Rom III Kriterien Drei oder mehr Episoden mit abdominellen Schmerzen oder Unbehagen während den letzten 6 Monaten mindestens 3 Tage pro Monat + Zwei der folgenden Kriterien Erleichterung durch Defäkation Änderung der Stuhlkonsistenz Änderung der Stuhlfrequenz

Rom III Kriterien Reizdarmsyndrom (RDS) mit vorwiegend Diarrhoe (Männer) mit vorwiegend Obstipation (Frauen) Gemischt (Diarrhoe/Obstipation)

Differentialdiagnose Funktionelle Diarrhoe Funktionelle Obstipation Funktionelle Abdominalbeschwerden Organische Erkrankungen

Differentialdiagnose Kolonkarzinom Chronisch entzündliche Darmerkrankung Mikroskopische-/lymphozytäre Kolitis Zöliakie Laktoseintoleranz Eneteropathogene Keime Parasiten, Clostridium difficile Schilddrüsenstoffwechselstörung

Assoziation/Überlappung Funktionelle gastrointestinale Symptome burning mouth syndrom, Globusgefühl, Dyspepsie, Hypersensistiver LE, Dysmotilität, Sphinkter oddi Dysfunktion, Proktalgia fugax Funktionelle Erkrankungen Fibromyalgiesyndrom, chronic fatigue Syndrom, Beckenbodenschmerzsyndrom, Hyperventilationssyndrom, Spannungkopfschmerzen, nicht kardialer Thoraxschmerz, Angststörung, Somatisierung

Alarmsymptome Hämatochezie (Blutverlust ab ano) Ungeklärter Gewichtsverlust Fieber Beschwerden während der Nacht Anämie Beginn der Symptome > 50 Jahren oder ausgeprägte Änderung des Beschwerdebildes Familienanamnese CRC, IBD, Zöliakie

Abklärungen Labor Blutbild, CRP, Chemie TSH, t-transglutaminase Ak Stuhlmikrobiologie (Parasiten, Clostridien) Laktose- (5-15%) / Fruktoseintoleranz (30-40%) Laktose-/Fruktose-Belastung mit oder ohne BZ- Bestimmung H 2 -Atemtest Genetik (Laktoseintoleranz) Duodenalschleimhautbiopsien (Laktoseintoleranz)

Abklärungen Kolonoskopie Familienanamnese (kolorektales Karzinom oder IBD) Patienten > 45 Jahre Warnsymptome Erhebliche Änderung des Beschwerdebildes Proktologische Untersuchung

Calprotectin Abklärungen >150 mg/kg (>50 mg/kg) Abdomen- und Darmsonografie Kokarden Gastroskopie Dünndarmbiopsien Nahrungsmittelunverträglichkeit Histaminintoleranz Allergien

Calprotectin Protein, das Granulozyten bilden und im Stuhl stabil ist DD. Entzündliche v.s. nicht entzündliche Diarrhoe Aktivität und Verlaufskontrolle bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (IBD)

Histaminintoleranz Verminderter Abbau von biogenen Aminen bei angeborenem oder erworbenem Diaminooxidase- Mangel (DAO) - Pseudoallergie Juckreiz, Rötung, Konjunktivitis, Asthma, Tachycardie, Bauchschmerzen, Durchfall etc. Keine etablierte Diagnostik Die Bestimmung der DAO-Konzentration im Serum kann nicht empfohlen werden (*) Eliminationsdiät Therapie: DAO (Daosin, PelLind) *Wüthrich B. Allergologie 2008; 31: 350.

Histaminintoleranz

Laktose-/Frukroseintoleranz Calprotectin Mayer E. N Engl J Med 2008;358:1692-1699

Abklärungen Fazit Bei Patienten < 45 Jahren, die die Romkriterien erfüllen und keine Warnymptome aufweisen kann die Diagnose mitttels Anamnese, Status und Laboruntersuchung gestellt werden RDS mit vorwiegend Durchfall DD. Zöliakie, atypische chronisch entzündliche Darmerkrankung, mikroskopische/lymphozytäre Kolitis

Therapie Metaanalyse von Patel et al. Neurogastroenterol Motil 2005 Plazebowirkung 44% (16 bis 71%) Fazit Breite Streuung Wichtig für die Behandlung

Therapie Therapie der Symptome Obstipation Durchfall Schmerzen Nahrungsmittel Psychotherapie oder ähnliches Alternativmedizin Geringe Anzahl von randomisierten und kontrollierten Studien

Therapie

Effect of fibre, antispasmodics, and peppermint oil in the treatment of irritable bowel syndrome: systematic review and meta-analysis Alexander C Ford, clinical fellow 1, Nicholas J Talley, professor of medicine 2, Brennan M R Spiegel, assistant professor of medicine 3, Amy E Foxx-Orenstein, associate professor of medicine 4, Lawrence Schiller, clinical professor 5, Eamonn M M Quigley, professor of medicine and human physiology 6, Paul Moayyedi, professor of gastroenterology 1 BMJ 2008;337:a2313

Lösliche Ballasstoffe bspw. Flohsamen (Plantaginis ovatae)-agiolax (LP), Mucofalk, Metamucil (SL, Lim), Colosan (SL), Benefiber NNT 11 Ford, A. C et al. BMJ 2008

Spasmolytika Scopolamin/Hyoscin Buscopan Mebeverin Duspatalin Pinaverium Dicetel NNT 5 Ford, A. C et al. BMJ 2008

Pfefferminzöl (Colpermin) NNT 2.5 Ford, A. C et al. BMJ 2008

Efficacy of 5-HT 3 Antagonists and 5-HT 4 Agonists in Irritable bowel Syndrome: Systematic Review and Meta Anlysis Alexander C Ford Am J Gastroenterol 2009; 104: 1831-1843

Tegaserod NNT 10 Alosetron NNT 8

First line Fazit Quellmittel, Spasmolytika, Pfefferminzöl Second line Loperamid Laxativa Psychopharmaka (SSRI, Trizyklische Antidepressiva) Third line-off label Alosetron (Letronex), Tegaserod (Zelmac)

Zusammenfassung Klinische Diagnose Kolonoskopie > 45 Jahre oder Warnsymptome (Diarrhoe>Obstipation) Therapie Placebo evidence based keine neue Substanzen

Patient ernst nehmen!