Leitentscheidung: BVerfGE 13, 318 (328) Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG Legalitätsprinzip, 38, 85 S.1 AO Ermessensfeindlichkeit insb. der Steuerfestsetzung, arg.: strikte Gleichbehandlung, Art. 3 I GG Gesetzmäßigkeit der Besteuerung sehr strenge Bindung an das Steuergesetz Vorrang des Gesetzes Vorbehalt des Gesetzes Verbot der Analogie zulasten des Steuerpflichtigen (str.) Vertragsfeindlichkeit des Steuerrechts (trotz 78 Nr. 3 AO) Gesetzesbestimmtheit Vertrauensschutz (Rückwirkungsverbot) BVerfGE 13, 318 (328): Das Steuerrecht wird von der Idee der,primären Entscheidung des Gesetzgebers über die Steuerwürdigkeit bestimmter generell bezeichneter Sachverhalte getragen und lebt dementsprechend,aus dem Diktum des Gesetzgebers (Bühler/Strickrodt, Steuerrecht, 3. Aufl. [1959], S. 658).
Steuerverwaltungsvorschriften keine Rechtsnormen (z.b. EStG), insb. keine Rechtsverordnungen (z.b. EStDV) binden nur die Finanzverwaltung, nicht den Bürger, nicht die Finanzgerichte Richtlinien, z.b. EStR BMF-Schreiben (BMFS), AfA-Tabellen Erlasse, Verfügungen allgemeine Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung, z.t. mit Zustimmung des Bundesrates, Art. 108 VII GG, binden Bundes- und Landesfinanzverwaltungen P.: Art. 108 VII GG ( ), da vom BMF ausgehend Art. 108 III 2 i.v.m. Art. 85 III GG ( ), da nur Weisungen (= Anordnungen für den Einzelfall) erfasst Praxis: Bund-Länder-Vereinbarung v. 15.1.1970 betr. das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften außerhalb von Art. 108 VII GG: BMFS werden nur herausgebeben, wenn die Mehrzahl der Länder keine Einwendungen dagegen erhoben haben; binden dann Bundes- und Landesfinanzverwaltungen allg. Sachleitungskompetenz der vorgesetzten Behörden (FM, OFD u.dgl.) für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich, Art. 108 I und II GG, vgl. Art. 86 S.1 GG, 3, 8 I FVG; binden nur die jeweilige Finanzverwaltung AO10/2
Finanzrechtsprechung ( Richterrecht ) als Rechtsquelle? Def. Rechtsquelle: Erkenntnisgrund für etwas als positives Recht (A. Ross, 1929), Form, in der das Recht zur Entstehung gelangt und erkennbar in Erscheinung tritt Anlass Maßstab Bindung an gerichtliche Entscheidungen? Richterliche Tätigkeit: Auslegung und Anwendung des Rechts. P.: Lücken, Ungereimtheiten, Widersprüchlichkeiten u.dgl. alltäglich: Rechtsfortbildung intra legem = Rechtskonkretisierung ausnahmsweise: Rechtsfortbildung praeter legem und contra legem Art. 20 III, Art. 97 I GG Art. 3 I GG desselben Gerichts in derselben Rechtssache: 155 FGO, 318 ZPO der Parteien des Rechtsstreits: Rechtskraft inter partes, 110 I 2 FGO darüber hinaus? h.m. eher ( ): gefestigte Rechtsprechung = bloßer Ausfluss der Wirksamkeit des Richters (Badura, StaatsR, D 90; Jakob/Jüptner, StuW 1984, 148 ff.) M.M. (+): Bindung aller gleichrangigen und nachgeordneten Gerichte desselben Rechtsträgers an die Entscheidungsgründe, allerdings nur bei gleichgelagerten Fällen (arg. Art. 3 I GG); Differenzierungen jederzeit zulässig Begründungsgebot bei Abweichungen; nicht: höherrangige Gerichte wg. Überprüfungspflicht (Rechtsmittel) nicht: Legislative (Art. 20 III HS. 1 GG), Exekutive (arg.: andere Funktion Sozialgestaltung) (Leisner, Die allg. Bindung, 1980; Gusy, DÖV 1992, 461 [467 ff.])
Gröpl Allgemeines Steuerrecht 2 Ausnahmen = Bindung über den Einzelfall hinaus Gesetzeskraft: Art. 94 II 1 GG, 31 II BVerfGG Bindung aller Staatsorgane: 31 I BVerfGG 110 I 2 FGO: Bindung des Rechtsträgers der Finanzbehörde 122 II FGO: insb. Beitritt des BMF; Aufforderung zum Beitritt Beteiligtenstellung 110 I Nr. 2 FGO: Bindung der Beteiligten Bindung der Finanzverwaltung bei Abdruck einer Entscheidung des BFH im BStBl. II (P.: BStBl. II als Verwaltungsvorschrift?) Praxis wohl (+), vgl. OFD Hannover, Vfg. v. 15.12.1997; ehem. BfF, Dienstanweisung v. 15.3.2002, BStBl. I 2002, 366 (367), Lange, NJW 2002, 3657 (3658) Vermeidung der Bindung der Finanzverwaltung an Entscheidungen des BFH in der Praxis: Nichtanwendungsgesetze Nichtanwendungserlasse Nichtveröffentlichung im BStBl. II d. h. Änderung des Gesetzesrechts zulässig Grenze: Rückwirkungsverbot, Vertrauensschutz verbindliche Weisungen des BMF an die Finanzverwaltung P. wie oben: keine Befugnis des BMF zu allgemeinen Weisungen Art. 108 III 2 i.v.m. Art. 85 III GG Rechtfertigung des BMF: Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder nicht gelungen AO10/2
Analogie im Steuerrecht (argumentum a simile) Voraussetzungen: planwidrige Gesetzeslücke (Auslegung wegen Grenze des Wortsinns nicht mehr möglich) Vergleichbarkeit der Interessenslage (wertungsmäßige Vergleichbarkeit des nicht geregelten Sachverhalts mit einem Sachverhalt, der unter eine Gesetzesnorm fällt) Rechtsfortbildung praeter legem durch analoge Aufwendung der Gesetzesnorm früher h.m.: Verbot der steuerverschärfenden Analogie Vgl. mit Art. 103 II GG heute h.m.: Lückenfüllung durch Analogieschlüsse grdsl. zulässig BFH BStBl. II 1990, 423 arg.: Gleichheitssatz, Art. 3 I GG aber: Analogie unzulässig, soweit Bürger auf die Grenzen des Wortlauts einer Steuerrechtsnorm vertrauen durfte.