Lernen mit Portfolio

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Transkript:

Lernen mit Portfolio Was ist ein Portfolio? Der Gedanke des Lernens und der Bewertung mittels Portfolio ist nicht ganz neu. Wenn sich Künstler/innen, Designer/innen oder Journalistinnen/Journalisten präsentieren bzw. bewerben, bringen sie in einer Mappe einem Portfolio außer den Produkten, die sie geschaffen haben, Rezensionen, Fotografien, Videoaufnahmen und andere Dokumente mit, die ihre Kompetenzen, ihren Werdegang, die Vielfalt ihrer Talente und ihre gesellschaftliche Anerkennung dokumentieren. Das Portfolio der individuellen Kompetenzen stellt einen neuen Ansatz im Lernen und in der Bewertung dar. Ein offener, schülerzentrierter Unterricht bedarf einer differenzierten und individualisierten Form der Bewertung. Die Lernforschung zeigt, dass Leistungsfeststellungen das Lernen beeinflussen direkt und indirekt, positiv und negativ. Positive Auswirkungen auf das Lernen können erzielt werden, wenn das pädagogisch-didaktische Konzept und die Form der Leistungsbeurteilung aufeinander abgestimmt sind. Das Portfolio ermöglicht eine gerechtere und förderorientierte Beurteilung, die im besonderen Maße auch die individuellen Voraussetzungen, die unterschiedlichen Lernwege und vielfältigen Interessen der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt. Die Schüler/innen übernehmen Mitverantwortung für das eigene Lernen, reflektieren bewusst über Lernerfahrungen und Lernfortschritte und gewinnen auf diesem Wege die Fähigkeit zur realistischen Einschätzung der eigenen Leistung. Das Portfolio der individuellen Kompetenzen Das Portfolio ist eine strukturierte Sammlung von ausgewählten, besonders aussagekräftigen und kommentierten/bewerteten Produkten einer Schülerin/eines Schülers, die den Werdegang, die Vielfalt ihrer/seiner Talente, Interessen und erreichten Kompetenzen zeigen. Das Portfolio ist eine Dokumentation des Gelernten. Es zeigt die individuellen Lernwege der Schüler/innen und deren Reflexion über ihre Arbeit auf. Die Produkte sollen den Ausprägungsgrad der erworbenen Kompetenzen ersichtlich machen, aber auch über die Wirksamkeit der didaktischen Maßnahmen Auskunft geben. Das Portfolio begleitet die Schülerinnen und Schüler die gesamte schulische Laufbahn hindurch. Ziel und Funktion des Portfolios: Ziel des Portfolios ist es, die Schüler/innen zu eigenständigen und selbstgelenkten Lernerinnen und Lernern zu machen. Kinder können mit Hilfe des Portfolios ihre Deutsches Schulamt - AG Portfolio 1

Lernfortschritte und ihre Lernerfahrungen bewusst reflektieren, dokumentieren, sich selbst Ziele setzen und das weitere Lernen planen. Das Portfolio macht nach außen sichtbar, welche Kompetenzen der/die Schüler/in erreicht hat. Es zeigt Entwicklungen und Begabungen des Schülers auf und dient der Orientierung auf dem individuellen Lernweg. Durch den Einsatz von Portfolios gewinnen auch Eltern einen größeren Einblick in das Lernen ihrer Kinder und sind verstärkt in ihrer Verantwortung bei der Lernbegleitung gefordert.. Ein neues Verständnis von Lernen und Lehren Lernen erfolgt nicht passiv, sondern ist ein aktiver Vorgang, in dessen Verlauf sich Veränderungen im Gehirn des Lernenden abspielen. Kinder erschließen sich ihre Umwelt ganzheitlich, alle Sinne sind in unterschiedlicher Weise an den Lernprozessen beteiligt. Denken, Fühlen, Handeln und Erleben gehören untrennbar zusammen. Lernen entwickelt sich dabei nicht linear fortlaufend, kleinschrittig von Stufe zu Stufe, sondern geht Umwege, strukturiert vorhandenes Wissen um und integriert Neues. Wenn wir das Prinzip der Selbstorganisation des Lernprozesses ernst nehmen, hat das weitreichende Konsequenzen für den Unterricht. Der/die Lehrende schafft Bedingungen für die Selbstorganisation der Lernenden. Mit anderen Worten, der Lehrer vermittelt nicht mehr das Wissen, das in die Köpfe der Schüler soll, sondern er ermöglicht Prozesse der selbsttätigen, selbständigen Erschließung von Lerninhalten. Lerntheoretisch können die Kriterien für signifikantes Lernen nach Rogers (1974,156 ff) herangezogen werden. Signifikantes Lernen erfasst die ganze Person, ist praktisch und erfahrungsbezogen, behandelt Themen und Einsichten, die Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Es schließt die Reflexion über das Lernen und Bewertung durch den Lernenden mit ein und verändert sein Selbstbild sowie seine Auffassungen und Überzeugungen von der ihn umgebenden Welt. Signifikantes Lernen findet statt wenn: Lernziele transparent gemacht werden und der Lerninhalt vom Lernenden als relevant wahrgenommen wird, der Lernende den Lernprozess verantwortlich mitbestimmt, die ganze Person des Lernenden einbezogen wird, selbstinitiiertes Lernen ermöglicht wird, Unabhängigkeit, Kreativität und Selbstvertrauen gefördert werden, Deutsches Schulamt - AG Portfolio 2

Selbsteinschätzung und Selbstbeurteilung von grundlegender Bedeutung sind. Pädagogischer Leistungsbegriff Die Orientierung am einzelnen Kind hat zur Folge, dass nicht alle Kinder zur gleichen Zeit das Gleiche lernen müssen. Das bedeutet, dass Kinder mit ihren unterschiedlichen Voraussetzungen gesehen, und dass ihnen daher individuelle Lernzeiten, individuelle Lernziele und Lernwege zugestanden werden. Dazu müssen Lehrpersonen die einzelnen Kinder und ihre Lernwege verstehen und ihre Lernprozesse beobachten. Lernen wird als aktive und selbstgesteuerte Leistung gesehen und nicht als passive Folge von Belehrung. Die Schüler/innen sollen dabei eigene Wege gehen dürfen, Neues erforschen, Umwege und Fehler machen dürfen. Der Lernprozess, (wie das Kind lernt) zählt genau so wie das Lernprodukt. Das Portfolio und der individualisierte Lernplan Die Arbeit mit Portfolio steht im engen Zusammenhang mit den individualisierten Lernplänen der Schülerinnen und Schüler. Der individualisierte Lernplan, ILP, ist ein internes Dokument, das vom Lehrerteam in Zusammenarbeit mit der Familie und der Schülerin/dem Schüler ausgearbeitet wird. Er wird auf der Grundlage des Lehrplans, des Schulprogramms und der individuellen Ausgangslage für jede/n Schülerin/Schüler definiert. Der ILP macht Ziele und Inhalte für Schüler/innen und Eltern in einer verständlichen Sprache transparent. Die Schüler/innen werden in die Planung von Aktivitäten (Projekten, Lehrausgängen, ) und Organisationsformen (Gruppen-, Partnerarbeiten, ) mit einbezogen und besprechen mit den Lehrpersonen mögliche Formen der Dokumentation im Portfolio. Was enthält ein Portfolio? Schüler/innen-Produkte zu erworbenen Kompetenzen (Sach-, Lern-, Sozial- und Selbstkompetenzen) Reflexionen der Schüler/innen zum Lernen und Bemerkungen zu persönlichen Arbeiten Beobachtungen und Ergebnisse der systematischen Beobachtung zu verschiedenen Lernbereichen Rückmeldungen von Lehrerinnen und Lehrern Aussagekräftige Ergebnisse von Überprüfungen Deutsches Schulamt - AG Portfolio 3

Arbeitsergebnisse, die außerhalb des Unterrichts entstanden sind und Rückschlüsse auf Interessen, Neigungen, Begabungen und Kompetenzen zulassen Wer führt das Portfolio? Das Portfolio wird in Zusammenarbeit mit dem Lehrerteam, dem Schüler/der Schülerin und den Eltern geführt. Die Schüler/innen wirken beim Auswählen und Kommentieren der Arbeitsprodukte mit. Die Führung des Portfolios ermöglicht Reflexionen über Lernentwicklungen und Fortschritte auf zweierlei Weise: Die Materialien, die von der Lehrperson ausgewählt werden, können dem Schüler/der Schülerin einen Überblick bzw. eine Orientierung im Hinblick auf die zu erreichenden Ziele geben (Wo stehe ich? Wo will ich hin?). Die Materialien (persönlich bedeutsame Belege), die die Schüler/innen auswählen und kommentieren, zeigen hingegen die individuellen Wege auf. Das Elternhaus ergänzt die Dokumentation des Entwicklungsverlaufs und übernimmt Mitverantwortung in der Lernentwicklung. Die Einbeziehung des Elternhauses trägt dazu bei, die Schülerin/den Schüler in ihrer/seiner gesamten Persönlichkeit zu sehen und zu bewerten. Die diagnostische, formative und summative Bewertung (Bewertungsbogen) bleibt nach wie vor dem Lehrerteam vorbehalten. Eltern als Partner bei der Portfolioarbeit Die Einführung des Portfolios bedarf kontinuierlicher Elternarbeit. Eine einmalige Information an einem Elternabend oder ein Elternbrief genügen nicht. Eltern müssen die Gelegenheit bekommen, ihre Form der Mitarbeit im Portfolio zu diskutieren. Sie sollen erkennen, dass das Portfolio ihren Kindern hilft, ihre Begabungen und Talente zu entfalten und gezielt für das Lernen einzusetzen. Darüber hinaus sollte den Eltern bewusst gemacht werden, dass sie durch die Portfolioarbeit mehr Verantwortung übernehmen. Das Portfolio hilft den Eltern systematisch, kontinuierlich und in verschiedenen Rollen (Rückmelder/in, Fragensteller/in, ) an der schulischen Entwicklung des Kindes teilzunehmen. Es ist eine Möglichkeit, das Können und die Fortschritte des Kindes im Unterricht zu erfahren und zu unterstützen. Eine weitere wichtige und verantwortungsvolle Aufgabe übernehmen Eltern, indem sie die schulische Dokumentation im Portfolio ergänzen. Das können Dokumentationen von Tätigkeiten in verschiedenen Vereinen, Hobbys, besondere Interessen oder Bestätigungen von belegten Kursen sein. Außerschulische Dokumente ermöglichen Deutsches Schulamt - AG Portfolio 4

einen Einblick in das, was Kinder außerhalb der Schule alles lernen, und runden so das Bild des Lernenden in einem ganzheitlichen Sinn ab. Portfoliogespräche Gespräche im Lehrer/innenteam: Um die Bedeutung des Portfolios zu erkennen, ist es notwendig, dass sich die Lehrpersonen mit den neueren Ergebnissen aus der Lernforschung auseinandersetzen und die offenen Formen eines schülerzentrierten Unterrichts kennen. Der Klassenrat einigt sich auf eine bestimmte Form des Portfolios (Mappe, Schachtel, Heft, ), auf die Art und Weise, wie das Portfolio geführt wird (Wer dokumentiert was zu welcher Zeit?) und legt Kriterien fest, wie Schüler und Eltern in die Portfolioarbeit mit einbezogen werden. In den wöchentlichen Planungsstunden wird die Arbeit mit dem Portfolio besprochen und koordiniert. Gespräche zwischen Schülern und Schülerinnen und Lehrpersonen: Zeit, die der Arbeit mit dem Portfolio gewidmet wird, ist gut investierte Zeit. Die Sammlung und Auswahl von Lernprodukten, die Reflexion über ihre Qualität und das Planen von neuen Lernzielen sind für einen erfolgreichen Lernprozess wichtig. Zu Beginn sollte die Lehrperson jeweils nur mit einem Kind das Gespräch führen, erst in einem zweiten Schritt kann das Gespräch mit kleinen Schülergruppen geführt werden. Diese Gespräche sollen in der Unterrichtszeit stattfinden. Sie können systematisch geplant erfolgen oder sich auch in bestimmten Situationen ergeben. Teamstunden bieten eine gute Gelegenheit, mit einzelnen Kindern ihr Portfolio durchzuschauen, Arbeiten auf ihre Qualität zu reflektieren und mit dem Kind persönliche Lernziele festzulegen. Portfoliogespräche ermöglichen tiefe Einblicke in das Weltbild und Gefühlsleben der Kinder, das die Lehrpersonen respektieren. Mit dem Gespräch und der Analyse der Lernprodukte kann die Lehrperson auch Lernschwierigkeiten und Begabungen feststellen, und nicht zuletzt dient der gemeinsame Rückblick auch der Analyse des Unterrichts: Was wurde verstanden? Was muss noch einmal geklärt werden? Wer braucht noch direkte Hilfe? Gibt es Schülergruppen, die dieselben Bedürfnisse haben, mit denen ich arbeiten muss? usw. Deutsches Schulamt - AG Portfolio 5

Portfoliogespräche zwischen Schülerinnen und Schülern: Portfoliogespräche der Schüler/innen untereinander sind wunderbare Gelegenheiten zum vertieften Lernen und Verstehen. Beim Durchschauen der Arbeiten wird den Kindern bewusst, dass sich die Welt jedem Kind etwas anders darstellt und dass es nicht eine Wahrheit oder Lösung gibt, sondern viele. Sie lernen gleichzeitig, Qualitätskriterien zu setzen und ihre Arbeiten einzuschätzen. Portfoliogespräche zwischen Eltern und Kindern: Die Eltern werden gebeten, gemeinsam mit dem Kind die Portfoliomappe durchzuschauen. Gute Fragen, die Eltern ihren Kindern dabei stellen können: Was hast du bei dieser Arbeit gelernt? Was hältst du für deine beste Arbeit? Warum? Welche Ziele hast du mit dieser Arbeit erreicht? Woran merkst du, dass du das Lernziel erreicht hast? Indem Eltern der Argumentation ihres Kindes über die Qualität der einzelnen Produkte zuhören und ihm Fragen stellen, können sie ihm helfen, sich seines eigenen Lernfortschrittes bewusster zu werden. Portfoliogespräche zwischen Eltern, Schülern/Schülerinnen und Lehrpersonen: Eltern sollen nicht nur von ihrem Kind das Portfolio regelmäßig vorgestellt bekommen, sondern auch öfters die Gelegenheit haben, gemeinsam mit ihrem Kind und dem Lehrerteam das Portfolio zu besprechen. Diese Gespräche können die klassischen Elternsprechtage ersetzen. Schüler/innen übernehmen in diesen Gesprächen die Hauptrolle und stellen anhand des Portfolios ihre Lernfortschritte vor. Lehrer/innen, Eltern und Schüler/innen können dann gemeinsam die individualisierten Lernpläne evaluieren und die nächsten Lernschritte planen. 10 Thesen zur Arbeit mit dem Portfolio Unterschiedliche Lernwege ermöglichen - Vielfalt der Leistungen anerkennen Verantwortung für das eigene Lernen stärken - reflexive (Selbst-) Bewertung fördern Standards als Stationen auf Lernwegen sehen - dynamische statt statische Leistung Zusammenarbeit fördern und werten - Leistung als Gemeinschaftswerk sehen Leistung öffentlich machen - Präsentation, Wahrnehmung, Rechenschaftslegung und Rückmeldung kultivieren Deutsches Schulamt - AG Portfolio 6

Individuelles Lernen anregen, beobachten, anleiten - Leistungsbewertung als Begleitung von Bildungsprozessen Lernende einbeziehen - dialogische Leistungsbewertung Beraten, ermutigen, Wege aufzeigen - Leistungsbewertung als Lernhilfe Erfahrung zulassen und werten - Leistungsbewertung im Lebens- und Handlungskontext Orientierung an der Sache, statt an Noten und Normen - inhaltlich differenzierte Leistungsbewertung Literatur: Brunner, Ilse: Gerecht beurteilen; Portfolio: die Alternative für die Grundschulpraxis; Veritas, 2000 Vierlinger, Ruppert: Leistung spricht für sich selbst; Konzept der direkten Leistungsvorlage, Heinsberg, 1999 Spitzer, Manfred: Lernen, Gehirnforschung und die Schule des Lebens;Spektrum Verl.; Heidelberg, 2002 Deutsches Schulamt - AG Portfolio 7