4.2 Das quadratische Reziprozitätsgesetz

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Transkript:

4. Das quadratische Rezirozitätsgesetz Die Grundlage zur Berechnung des Legendre- (und Jacobi-) -Symbols sind die folgenden beiden Sätze; zunächst aber ein Hilfssatz, mit dem sich zusammengesetzte Moduln auf Primzahlen reduzieren lassen. Hilfssatz 1 Seien s, t Z ungerade. Dann gilt (i) s 1 + t 1 st 1 (mod ), (ii) s 1 + t 1 s t 1 (mod ). Beweis. Ist s = k + 1 und t = l + 1, so st = 4kl + k + l + 1, st 1 = kl + k + l. Ferner s = 4 (k +k)+1, t = 4 (l +l)+1, s t = 16...+4 (k +k+l +l)+1, s t 1 =... + k + k + l + l, und daraus folgt direkt die Behautung. Satz Sei m ungerade. Dann gilt: (i) ( 1 m 1 m ) = ( 1), (ii) ( m ) = ( 1) m 1 Beweis. Wendet man den Hilfssatz auf die Primzerlegung von m an, so darf man o. B. d. A. für beide Behautungen m = rim annehmen. (i) folgt direkt aus dem Euler-Kriterium, Satz 1. (ii) Es ist { ( 1) k k, falls k gerade, k k, falls k ungerade, Andererseits ist ( 1) k k 4 1 = ( 1 )!. ( 1) k k = ( 1 1 )! ( 1), da k = ( 1)( + 1). 5

Da ( )! Produkt von Zahlen < ist, ist es kein Vielfaches von, darf also wegdividiert werden. Durch Gleichsetzen und mit dem Euler-Kriterium folgt also ( 1) 1 ( ) (mod ). Da 3, folgt aus der Kongruenz die Gleichheit. Insbesondere ist genau dann Quadratrest modulo der Primzahl, wenn ( 1)/ gerade, also 1 (mod 16), also 1 oder 7 (mod ). Hautsatz 1 (Quadratisches Rezirozitätsgesetz) Für je zwei verschiedene ungerade und zueinander teilerfremde natürliche Zahlen m und n gilt ( m n )( n m m 1 ) = ( 1). Eine etwas leichter verständliche Form des quadratischen Rezirozitätsgesetzes ist: { ( m n ) = ( n m ) wenn m n 3 (mod 4), ( n m ) sonst. Der Beweis folgt. Zunächst wird die Berechnung an einem Beisiel gezeigt: Ist 7 Quadratrest mod 107? Dies wird durch folgende Rechnung verneint: ( 7 107 ) = (107 7 ) = ( 7 ) = 1. Genauso ist 7 kein Quadratrest mod 11: ( 7 11 ) = (11 7 ) = (4 7 ) = ( 7 )( 7 ) = 1. Also ist 7 auch nicht Quadratrest mod1177, da 1177 = 11 107. Aber ( 7 1177 ) = 1. Der aus dem quadratischen Rezirozitätsgesetz abgeleitete Algorithmus besteht dann aus der folgenden Prozedur: Prozedur JacobiSymbol Eingabearameter m, n = zwei ganze Zahlen. Ausgabearameter jac = ( m n ). Anweisungen Falls n = 0, gib jac = 0 aus. Ende Falls m = 0, gib jac = 0 aus. Ende Falls ggt(m, n) > 1, gib jac = 0 aus. Ende 6

[Jetzt sind m, n 0 teilerfremd, also jac = ±1.] jac = 1. Falls n < 0, ersetze n durch n. Falls n gerade, dividiere n durch die größtmögliche Zweierotenz k. Falls m < 0, ersetze m durch m, falls n 3 (mod 4), ersetze jac durch jac. [Ab jetzt sind m und n teilerfremd und n ist ositiv und ungerade;] [außer dass am Ende der Fall m = 0 und n = 1 eintreten kann.] Falls m > n, ersetze m durch m mod n. Solange n > 1: Falls m gerade: Dividiere m durch die größtmögliche Zweierotenz k. Falls (k gerade und n ±1 (mod )) ersetze jac durch jac. [Jetzt sind m und n ungerade und teilerfremd, 0 < m < n.] [Das quadratische Rezirozitätsgesetz ist anwendbar.] Falls (m 3 (mod 4) und n 3 (mod 4)) ersetze jac durch jac. Setze d = m, m = n mod m, n = d. Dieser Algorithmus lässt sich ähnlich wie der Euklidische Algorithmus analysieren: Man benötigt höchstens 5 log(m) Schritte, wobei jeder Schritt im wesentlichen aus einer Ganzzahl-Division besteht. Da die Größe der Oeranden dabei schnell abnimmt, kommt man insgesamt auf einen Aufwand von O( log(m) ). Das ist deutlich schneller als die Anwendung des Euler- Kriteriums. Nun zum Beweis des quadratischen Rezirozitätsgesetzes. Von den vielen bekannten Beweisen wird hier einer durchgeführt, der auf der Theorie der endlichen Körer beruht. Hilfssatz Sei eine ungerade Primzahl und a zu teilerfremd. Dann sind äquivalent: (i) a ist Quadratrest mod. (ii) Die Multilikation mit a ist eine gerade Permutation von F. Beweis. Die Multilikation sei mit µ a : F F, x ax mod, bezeichnet. Dann ist a µ a ein injektiver Gruenhomomorhismus µ : F S in die volle Permutationsgrue. Ist a rimitiv, so hat µ a genau zwei Zykel: {0} und F. Da ungerade ist, hat µ a das Vorzeichen σ(µ a ) = ( 1) = 1, ist also ungerade. Da a die Grue F erzeugt, folgt die Gleichheit der Homomorhismen ( ) = σ µ : F {±1}, und daraus die Behautung. 7

Ein weiteres Hilfsmittel ist die Diskriminante eines Polynoms f = a n T n + + a 0 K[T ]. Sie kann in jedem Erweiterungskörer L K gebildet werden, der alle Nullstellen t 1,..., t n von f enthält, und ist dann D(f) = a n n 1 i<j n (t i t j ). (Da sie unter allen Permutationen der Nullstellen invariant ist, liegt sie sogar in K, aber das folgt in dem hier interessanten Fall auch aus der exliziten Berechnung.) Die normale Methode zu ihrer Berechnung aus den Koeffizienten besteht im Vergleich mit der Resultanten von f und der Ableitung f. Für das Kreisteilungsolynom f = T n 1 ist die Berechnung aber ganz einfach: Hilfssatz 3 Das Polynom f = T n 1 K[T ] (mit char K /n) hat die Diskriminante D(f) = ( 1) n() n n. Beweis. Sei ζ eine rimitive n-te Einheitswurzel (in einem geeigneten Erweiterungskörer). Dann ist f = D(f) = Für das Polynom (T ζ i ), ist g(1) = n. Also folgt wie behautet. 0 i<j = ( 1) n() (ζ i ζ j ) = ( 1) n() (ζ i ζ j ) [ ] ζ i (1 ζ k ). i j g = T + + 1 = (T ζ k ) K[T ] D(f) = ( 1) n() [ζ i n] = ( 1) n() n n, Hilfssatz 4 Sei eine ungerade Primzahl und n ungerade und zu teilerfremd. Dann sind äquivalent:

(i) Die Diskriminante von T n 1 F [T ] ist Quadratrest mod. (ii) l = ( 1) ()/ n ist Quadratrest mod. Beweis. Die Diskriminante ist D(f) = l n nach Hilfssatz 3. Ist n = k + 1, so ist D(f) Produkt des Quadratrests l k mit l. Die Diskriminante eines Polynoms f K[T ] ist in dem Erweiterungskörer L K, der die Nullstellen von f enthält, ein Quadrat: D(f) = (f) mit (f) = a n (t i t j ). Aber (f) ändert sich bei einer Permutation der Nullstellen mit dem Vorzeichen der Permutation und liegt daher im allgemeinen nicht in K. Beweis des Hautsatzes. Wegen Hilfssatz 1(i) reicht es, das quadratische Rezirozitätsgesetz für zwei verschiedene ungerade Primzahlen und q zu beweisen. Sei K = F, ζ eine rimitive q-te Einheitswurzel, L = K(ζ) und f = T q 1. Dann definiert ζ ζ eine Permutation der Einheitswurzeln und einen Automorhismus von L über K. Es folgt: i<j σ(µ ) (f) = i<j(ζ i ζ j ) = (f). Damit kann man eine Kette von Äquivalenzen aufstellen: ( 1) q 1 q Quadratrest mod D(f) Quadratrest mod (f) F (f) = (f) σ(µ ) = 1 Quadratrest mod q. Also ist mit Satz (i) wie behautet. q ( q 1 ) = (( 1) q ) = ( q ) ( 1 ) q 1 = ( q q 1 ) ( 1), 9