1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Die Welt als Phänomen Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die Phänomenologie Edmund Husserls 3) Die Sozial phä

Ähnliche Dokumente
1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Symbol ischer I nteraktionismus Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die Welt der Dinge 3) Die Gesel lschaft der

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Das von der Lebenswelt Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die ssoziologie des Al ltagswissens 3) Die Sozial is

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Die Form der Wechselwi rkung Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Formen der Vergesel lschaftung 3) Wechselwi r

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Konnuni katives Handel n Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Theorieansatz und Handlungsperspektive 3) Komuni kati

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Das Wissen von der Lebenswelt Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Ei ne Phi losohie des 'gesunden Menschenverst

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Handl ungstypen sozialen Handel ns Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Handlungstypen und Wertgeltung 3) Ver

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Bleibt alles im Rahmen Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die Rahmenanalyse 3) I m Theater der Rollen 4) Zusa

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Verhalten - Handeln - Soziales Handeln Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Verhalten 3) Handeln 4) Soziales Hand

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Vom ' Ich' zum ' Man' Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die Sozial psychologie der I nteraktion 3) Vom ' Ich'

2 Hauptvertreter sind George Herbert Mead ( ) und sein Schüler Herbert Blumer ( ). Mead geht grundlegend davon aus, dass der Mens

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Ei nführende Bemerkungen / Überbl ick Programm: 1 ) Wieso Kommuni kation? 2) Einordnung in die Soziolog

Wi ntersemester 07/08 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" PD Dr. Udo Thiedeke Die Komplexität der Soziologie

Wi ntersemester 2006/07 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziales Handel n" PD Dr. habi l. Udo Thiedeke Soziales Handel n als soziologisches Programm 0

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" I nteraktions- und Gesel lschaftssystem Programm: 1 ) Einleitung 2) Das I nteraktionssystem 3) I ntera

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Autopoietische soziale Systeme Programm: 1 ) Einleitung 2) Perspektivwechsel soziologischer Theoriebi

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Fällt alles aus dem Rahmen? Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die sel bstverständl iche Wi rkl ichkeit 3) Rah

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Was si nd I nteraktionen? Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) I mpl izite I nteraktionsmögl ichkeiten 3) Expl i

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rolle des Handelns Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Der homo sociologicus und seine Rolle 3) Der "doppelte

2 "Gesel lschaftl iche Differenzierung" mei nt mehr als nur sozialstrukturel le Gl iederung. Der Begriff bezeichnet das spezifische Strukturmuster der

2 Zensuren si nd gut quantifizierbar und auch außerhal b des Erziehungssystems anschlussfähig. So dienen sie: 1 ) den ausgewählten Schülern sel bst al

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Kommuni kationsmedien I : Mediendifferenzierung Programm: 1 ) Einleitung 2) Medien als Problemlösung 3)

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Organisations- und Gesel lschaftssystem Programm: 1 ) Einleitung 2) Das Organisationssystem 3) Organis

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Zusammenfassung und Kriti k Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Zusammenfassung 3) Kritik - Am Ende unserer Annähe

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Soziale Kommuni kation und i ndividuel les Bewusstsei n Programm: 1 ) Einleitung 2) Soziale Kommuni ka

1 Vorlesung: "Die Medien der Gesel lschaft" Die Medien als Mani pulateure Programm: 1 ) Die Medien als Manipulateure 2) Die Medien der Kultu

Grundlagen der Phänomenologie Husserls

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Kommuni kationsmedien I I : Symbol isch general isierte Kommuni kationsmedien Programm: 1 ) Einleitung

Soziale Kommunikation. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Sommersemester 2011 PD Dr. phil. habil. Udo Thiedeke

IMPULSREFERAT Das Bewegende spüren. Offenheit und Verstehen der phänomenologische Zugang zur Person

Sommersemester 08 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Die Medien der Gesel lschaft" PD Dr. phil. habil. Udo Thiedeke Medienwi rkl ichkeit I : 'alte' und '

1 Vorlesung: "Die Medien der Gesel lschaft" Das Medi um als Botschaft und Apparat Programm: 1 ) Die Medien als Medium 2) Das Medium ist die B

Phänomenologie. Wissen Wissenschaft Wissenschaftstheorie. Prof. Dr. Anselm Böhmer MBA Allgemeine Pädagogik

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Sinn und doppelte Kontingenz Programm: 1 ) Einleitung 2) Sinn 3) Doppelte Konti ngenz 4) Zusammenfass

Wi ntersemester 07/08 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" PD Dr. Udo Thiedeke Sel bstorganisation und Sel bstreproduktion

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Handl ungsrational ität als Nutzen Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Der uti l itaristische Behaviorismus 3) S

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Handl ungsrational ität als Wert Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Soziale Tatbestände 3) Die Struktur der Hand

Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Macht Programm: 1 ) Einleitung 2) Das SGKM Macht 3) Die Macht und das politische System 4) Zusammenfass

Theorienvergleich: Symbolischer Interaktionismus/Phänomenologie

Einführung in die Kulturwissenschaft

Einführung in die Kulturwissenschaft

Medien, Formen und Erwartungen. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2011/12 PD Dr. phil. habil.

Systemtheorie, Diskurs theorie und das Recht der Transzendentalphilosophie

DIE PHÄNOMENOLOGIE UND DAS PROBLEM DER GRUNDLEGUNG DER ETHIK

1 Vorlesung: "Soziale Kommuni kation" Liebe Programm: 1 ) Einleitung 2) Das SGKM Liebe 3) Die Liebe der Gesellschaft 4) Zusammenfassung 1 ) E

Das Wesentliche spüren

Inhalt. Einleitung 11

Literatur zur Vorlesung Praktische Philosophie (1), Methodische Grundlagen:

Uwe Schulz SELBSTBESTIMMUNG UND SELBSTERZIEHUNG DES MENSCHEN

Freiheit und Gnade" und weitere Beiträge zu Phänomenologie und Ontologie

Die Sozialphänomenologie von Alfred Schütz

Richard Grathoff Milieu und Lebenswelt

Name: wan dert im Wald. Wo ist das selt sa me Wesen? Dort ist ein selt sa mes We sen. An ei ner La ter ne. An ei ner Tan ne. sind La te rnen.

DIE PHÄNOMENOLOGIE UND DAS PROBLEM DER GRUNDLEGUNG DER ETHIK

Was ist? Was soll sein? Was wirkt?

Wi ntersemester 2006/07 Zusammenfassung zur Vorlesung: Vorlesung: "Soziales Handel n" PD Dr. habi l. Udo Thiedeke Gesel lschaft mit System

Soziale Kommunikation. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Sommersemester 2011 PD Dr. phil. habil. Udo Thiedeke

Peter L. Berger und Thomas Luckmann. - Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit -

Aus: Peter Fischer Phänomenologische Soziologie. Oktober 2012, 144 Seiten, kart., 12,50, ISBN

1 Vorlesung: "Die Medien der Gesel lschaft" Aufmerksamkeitsmedien I : I ndividual medien Programm: 1 ) Die I ndividualmedien 2) Medien der Mü

DENKEN : DIE GROSSEN FRAGEN DER PHILOSOPHIE

INHALT TEIL I: HINTERGRÜNDE 1. EINLEITUNG: DER MANN, DER GOETHE RAUCHTE WARUM DER ANDERE? WARUM DER ANDERE BEI BACHTIN?...

PHÄNOMENOLOGIE UND IDEE

Georg Simmel, Rembrandt und das italienische Fernsehen

Soldat im Ersten Weltkrieg, zuletzt an der italienischen Front; mehrfach ausgezeichnet.

Grundlagen der soziologischen Theorie

Phänomenologie im Dialog

Einführung in die Soziologie virtualisierter Vergesellschaftung

Österreichische Psychologie. Franz Brentano ( ) Biografisches. Biografisches Franz Brentano. Entfremdung von der Kirche

EDMUND HUSSERLS >FORMALE UND TRANSZENDENTALE LOGIK<

Der Begleiter. ob schwarz, $ E # . " . E E . E & O O \ \ .! B O. % O O \ $ -# z. .. {,, z {z { { z . F & O O & O O. & O O - % O O

Vorlesung Theoriegeschichte der Ethnologie 3: Fortsetzung Durkheim & Georg Simmel. Prof. Dr. Helene Basu

1 Vorlesung: "Soziales Handel n" Die Rational ität sozialen Handel ns Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die Wertrational ität der "Protestantis

Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2013/14 Prof. Dr. phil. habil.

Über den Reflexionsbegriff und die Funktion der Reflexion in der Moralität und Sittlichkeit bei Hegel

Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2015/16 Prof. Dr. phil. habil.

Phänomenologie - Philosophie. Edmund Husserl ( ) Zentrale Begriffe: Lebenswelt Intentionalität Epoché

II DIE GRUNDLAGEN DER PHILOSOPHIE EDITH STEINS 31

Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2015/16 Prof. Dr. phil. habil.

Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Sommersemester 2017 Prof. Dr. phil. habil.


Alfred Schütz Konstitution sinnhaften Handelns

INHALTSVERZEICHNIS ERSTER TEIL: KANT VORWORT... 7 INHALTSVERZEICHNIS... 9 SIGLENVERZEICHNIS... 15

18. Die Himmel erzählen die Ehre GOtte#.

Andreas Cremonini Lost in data. Der Mensch als sinnhaftes Wesen

Grundlagen der Philosophie

Die Soziologie und das Soziale

Die soziale Konstruktion der Wirklichkeit nach Peter L. Berger und Thomas Luckmann

Husserliana: Edmund Husserl Gesammelte Werke

Inhalt. II. Hegels Phänomenologie des Geistes" Interpretation der Einleitung" und der Teile Bewußtsein", Selbstbewußtsein" und Vernunft"

Einführung in die Soziologie virtualisierter Vergesellschaftung

Philosophie des 19. Jahrhunderts. Emerich Coreth Peter Ehlen Josef Schmidt. Grundkurs Philosophie 9. Zweite, durchgesehene Auflage

Soziologie der Liebe. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2012/13 PD Dr. phil. habil. Udo Thiedeke

Einführung in die Architekturkommunikation Vorlesung im Sommersemester 2016 Prof. Dr. Riklef Rambow

Einführung in die Mediensoziologie. Vorlesung Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Wintersemester 2013/14 Prof. Dr. phil. habil.

Inhalt. Vorwort. Bibliografische Informationen digitalisiert durch

6. Speyerer Forum zur digitalen Lebenswelt: Auf dem Weg ins Maschinenzeitalter Udo Thiedeke (Universität Mainz / Institut für Soziologie)

PHILOSOPHIE Lehrveranstaltungen im Wintersemester 2016/17

Zu den Sachen selbst. Phänomenologie in Pädagogik und Sozialpädagogik. Norbert Huppertz (Hrsg.) Edith Stein Günther Anders Hans Reiner

PHILOSOPHIE Lehrveranstaltungen im Sommersemester 2018

Transkript:

Sommersemester 07 Zusammenfassung zur Vorlesung: "Soziale I nteraktion" PD Dr. Udo Thiedeke Die Welt als Phänomen 1 0.05.07

1 Vorlesung: "Soziale I nteraktion" Die Welt als Phänomen 1 0.05.07 Programm: 1 ) Vorbemerkung 2) Die Phänomenologie Edmund Husserls 3) Die Sozial phänomenologie Alfred Schütz' 4) Zusammenfassung 1 ) Vorbemerkung - Wie ei ngangs geschi ldert, geht der I nteraktionismus davon aus, dass I ndividuen wechselseitig Sozial ität entstehen lassen und dabei die Welt i ntersubjektiv i nterpretieren. - Auch in Georg Simmels Ansatz lassen die I ndividuen durch Wechselwirkung gemeinsame ' Formen der Vergesel lschaftung' entstehen. - Die I ndividuen müssen also über ei ne gemei nsame Weltwahrnehmung verfügen. Bei Si mmel war dies durch die 'sozialen Apriori ' gegeben, aus denen, sei ner Mei nung nach, ei n Bewußtsei n des Sozialen bei den I ndividuen entsteht. - Man kann sich hinsichtlich dieses ' Bewußtseins' allerdings nicht nur mit gegebenen Voraussetzungen (Aprioris) zufrieden geben, sondern phi losophisch der Frage nachgehen, wie wi r die Erschei nungen des Gegebenen, die ' Phänomene', wahrnehmen? - Diese Lehre von den Erscheinungen der Welt und ihrer geistigen Anschauung ist die "Phänomenologie", wie sie vor al lem der Phi losoph Edmund Husserl vertieft und der Soziologe Alfred Schütz für die Soziologie als "Sozial phänomenologie" fruchtbar gemacht haben. 2) Die Phänomenologie Edmund Husserls - Husserl (1 859-1 938), der mit sei ner Phänomenologie an Vorarbeiten von Kant und Hegel anschl iesst, studierte Physi k, Astronomie, Mathemati k und Phi losophie i n Lei p- zig. 1 887 habilitiert er sich in Halle mit einer Arbeit "Über den Begriff der Zahl ", danach lehrt er dort 1 4 Jahre als Privatdozent, bevor er 1 901 einem Ruf nach Göttingen und 1 91 6 nach Freiburg im Breisgau folgte. - Die grundsätzl iche Problemstel lung der Phänomenologie lautet, wie können I ndividuen die Welt subjektiv erkennen? - Husserl versteht i n diesem Zusammehang die Phänomenologie. als wissenschaftl i- che Methode, die den Zugang zur Evidenz des unmittel baren Bewußtsei nserlebens eröffnen soll.

2 - Als wissenschaftl iche Methode ist die Phänomenologie al lerdi ngs nicht naturwissenschaftlich zu verstehen. Anders als etwa Kant, der davon auging, dass wir die ' Phänomena' der Welt nur anhand der ' Nuomena', der Begriffe, erfassen, die wi r uns von ihen machen, meint Husserl, dass wir die Welt als subjektives Sinngebilde, nur i n den erlebten Phänomenen erfassen. - I n sei nem 1 936 erschienenen Buch "Die Krisis der europäischen Wisenschaften und die transzendentale Phänomenologie", bezeichnet er die Phänomoenologie als: "(...) ei ne Phi losophie, die gegenüber dem vorwissenschaftl ichen und auch wissenschaftl ichen Objektivismus auf die erkennde Subjektivität als Urstätte aller objektiven Sinnbildungen und Seinsgeltungen zurückgeht und es unterni mmt, die seiende Welt als Si nn- und Geltungsgebi lde zu verstehen und auf diese Weise eine wesentlich neue Art der Wissenschaftlichkeit und der Philosophie auf die Bahn bringt. " (O.c. : 1 02; Hervorhebungen i m Origi nal) - I m Zentrum der phänomenologischen Methode steht somit der Si nn, den die Subjekte der Welt geben, in dem sie deren Phänomene subjektiv erleben und so einen Ei ndruck vom Wesen der Di nge erlangen. - Die Subjekte nehmen die Welt daher nicht objektiv, sondern subjektiv si nnhaft wahr. Sie transzendieren (überschreiten) die Welt i n i hrer i nterpretierenden Wahrnehmung und blenden sie dadurch aus. - Das dabei fraglos Vorausgesetzte ist laut Husserl die gemei nsame "Lebenswelt". [siehe zu den Grundannahmen der Phänomenologie Husserls Fol ie 1 ] 3) Die Sozial phänomenologie Alfred Schütz' - An den Lebenswelt-Gedanken Husserls schl ießt der Soziologe Alfred Schütz an. - Schütz (1 899-1 959) hatte Ökonomie und Soziologie studiert und dann in einer Wiener Bank gearbeitet. Sei nen soziologischen Ansatz entwickelte er zunächst als Privatgelehrter. Hierbei korrespondierte er u. a. mit Edmund Husserl, den er auch i n Freiburg traf. 1 939 musste Schütz in die USA emigieren, wo er ab 1 943 an der New School of Social Research in New York Soziologie lehrte, bevor er dort 1 952 auf eine Professur für Soziologie berufen wurde. - Schütz gi ng es soziologisch i m Grunde darum, das bei Max Weber ungeklärte Problem des Verstehens des "gemei nten" Handlungssi nns zu bearbeiten. - Hierzu verknüpft er Weber mit Husserl und fragt, wie Subjekte bei der Konstitution i hrer Lebenswelt wechselseitig den gemei nten Si nn verstehen können, den sie i h- rem Handeln zu Grunde legen? - Ganz phänomenologisch geht Schütz davon aus, dass es den subjektiv handel nden Akteuren niemals möglich ist, den gemeinten Sinn der anderen vollständig zu verstehen.

3 - Da die I nteragierenden aber jewei ls si nnhafte I nterpretationen der Welt erzeugen meint Schütz, dass zwischen ihnen ein intersubjektives Sinnverhältnis bereits in den al ltägl ichen Begegnungen gegeben ist. - Übereinstimmungen der Sinninterpretationen kann es deshalb geben, weil die Alltagsphänomenologi nnen und -logen i hre I nterpretationen i n drei Si nndi mensionen (sachlicher, zeitlicher, sozialer Sinn) entwickeln [siehe Fol ie 2] und weil sie wechselseitig vonei nander annehmen, dass man mit der Wi rkl ichkeit aufgrund ei ner phänomenologischen Typisierung umgeht, i ndem man etwa typische Motive und Motivstrukturen unterstel lt (die sog. um-zu- u. wei l-motive mit i hren Planungs- und Erfahrungsstrukturen). [siehe Fol ie 3] - Dabei typisieren die I nteragierenden i hre Welt i n verschiedenen Stufen der Veral lgemeinerung, so dass sie andere etwa als Person oder in Rollen erleben und Typen des Handl ungsablaufs (Handl ungssituationen) unterscheiden. - Diese Typisierungen werden i n Aussagesätzen gefasst, die so lange gelten, bis gegentei l ige Erfahrungen ei ntreten, wodurch regl rechte Welten der Typisierung oder "Subuniversa des Si nns" (Schütz) entstehen, die sich dari n bemerkbar machen, dass die I ndividuen dort besti mmten Wi rkl ichkeitsakzenten erleben. [siehe zu den verschiedenen Wi rkl ichkeitsakzenten Fol ie 3] - Die verschränkte Si nngeneral isierungen, die bei der Typisierung entstehen, erlauben es den I nteragierenden laut Schütz bei i hren I nteraktionen ei ne "Generalthese der Rezi prozität der Perspektiven" zu Grunde zu legen und so die Perspektiven anderer zu antizi pieren und zugleich von i ndividuel len Bedeutungen abzusehen. - I ntersubjektivität wi rd i m sozial phänomenologischen Ansatz also durch ei ne typisierende Ideal isierung der phänomenologischen I nterpretationen der I nteragierenden, d. h., als gemei nsame si nnhafte Lebenwelt von I nterpretationsannahmen erzeugt. 4) Zusammenfassung - [siehe die schematische Übersicht zur Intersubjektivität der Lebenswelt Folie 5] Literatur Edmund Husserl, 1 962: Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie. Ei ne Ei nleitung i n die phänomenologische Phi losophie. Husserl iana VI. Den Haag. (1 936) Alfred Schütz, 1 971 : Über die mannigfaltigen Wi rkl ichkeiten, i n: Ders. : Gesammelte Aufsätze, Bd. 1. Den Haag. S. 237-298. Alfred Schütz, 1 981 : Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Eine Einleitung in die verstehende Soziologie. Frankfurt/M. (1 932)

Die Welt als Phänomen Folie 1 Grundannahmen der Phänomenologie nach Edmund Husserl - Die Welterkenntnis der Subjekte ist subjektiv nicht objektiv. - Die Phänomene der Welt werden vom Subjekt als si nnhaft wahrgenommen und so i n i hrem Wesen ' transzendent' erlebt. - Die subjektive Wahrnehmung der Phänomene klammert die objektive Existenz der Dinge aus (Epoché). - Das, was al le Subjekte vor der phänomenologischen Reflexion als gegeben voraussetzen, stel lt die gemei nsame "Lebenswelt" dar.

Die Welt als Phänomen Folie 2 Die Si nndi mensionen des Handl ungssi nns nach Alfred Schütz 1 ) Die sachliche Sinndimension (i nhaltl iche Bewertungen vari ieren je nach Situation). 2) Die zeitl iche Si nndi mension (i m 'Vorausbl ick' und i m ' Rückbl ick' auf ei ne Handlungssituation verändert sich deren Bewertung). 3) Die soziale Si nndi mension (Sel bst- und Fremdbeobachtung vari ieren zwischen ' Ego' und 'Alter').

Die Welt als Phänomen Folie 3 Typische Handl ungsmotive und Motivstrukturen nach Alfred Schütz Um-zu-Motive Wei l-motive (begründen den Verhaltensplan (begründen die Verhaltensabsicht Bspw. isst man, um satt zu werden) Bspw. isst man, um satt zu werden, weil man hungrig ist). projektive Motivstrukturen i ntensionale Motivstrukturen (Bspw. Lebenspläne, Arbeitspläne (Bspw. biografische Erfahrun- Termi npläne...) gen, Maxi men, Geschmäcker...) sozialer (i nterpretierender) Akteur

Die Welt als Phänomen Folie 4 Die Wi rkl ichkeitsakzente des Si nns nach Alfred Schütz 1 ) Spezifische Bewußtsei nsspannung (z. B. Erfahrung des Hel l-wach-sei ns) 2) Spezifische Epoché (z. B. Erfahrung der Ausklammerung von Wi rkl ichkeitszweifel n) 3) Spezifische Spontanietät (z. B. Erfahrung des Wirkens in der Außenwelt) 4) Spezifische Sel bsterfahrung (z. B. Erfahrung als wi rkendes Sel bst) 5) Spezifische Sozial ität (z. B. Erfahrung der I nteraktion) 6) Spezifische Zeitperspektive (z. B. Erfahrung der Dauer)

Die Welt als Phänomen Folie 5 Schematische Übersicht zur I ntersubjektivität der Lebenswelt I nterpretative (phänomenologische) Typisierung Akteur A "Ego" Lebenswelt als gemei nsamer Si nnbereich i ntersubjektiver Typisierungen ("Generalthese der Rezi prozität der Perspektiven") Akteur B "Alter" I nterpretative (phänomenologische) Typisierung