09. November 2010 Forschungsdesign, Erhebungsverfahren Dr. Peter Bott, Dipl. Soziologe Bundesinstitut für Berufsbildung AB 2.2 Qualifikation, berufliche Integration und Erwerbstätifgkeit
Empirische Sozialforschung: Anwendungsbezug (Markt-, Meinungs-, Wahlforschung etc.), Forschungsökonomie (Rahmenbedingung: Verhältnis von Zeit und Geld) Frage: Was ist mit welchen Mitteln in welcher Zeit erreichbar? Thema der Untersuchung (häufig Bewerbung um Themen innerhalb von Programmen) Antrag: Inhaltl. Planung, Zeit, Mittel, erwartete Ergebnisse
Design: Entwurf, Muster, Modell, Formgestaltung Verfahren: Methode, Instrument Die zentrale Frage vor Beginn jeder Forschung lautet also: In welcher Form und mit welcher Methode kann die Thematik am besten (Forschungsökonomie nachvollziehbar machen!) untersucht und analysiert werden? Berücksichtigung und Einhaltung von in der scientific community anerkannten wissenschaftlichen Standards!!!
Frage: Wie lautet die zu untersuchende Fragestellung und was soll mit den Ergebnissen erreicht werden? Voraussetzungen: - Literatur zum Forschungsgegenstand berücksichtigen - theoretische Einbettung klären und darstellen (eigener Standpunkt!) - methodisches Vorgehen und beabsichtigte Analyseverfahren offen legen (Nachvollzug gewährleisten: Reliabilität (Zuverlässigkeit), Validität (Gültigkeit), Intersubjektivität -> Daten in FDZ: Sekundär- und Reanalysen ermöglichen) Netzwerkbildung - mögliche Kooperationspartner einbinden und benennen
Art der Projektplanung und durchführung: Je nach Fragestellung und Anlage der Untersuchung mono- bzw. multiinstitutionell (Kooperationspartner) Netzwerkbildung: National, EU, International Finanzen: (Zeithorizont) Haushaltsanmeldung, Ausschreibung der Leistung (>125.000 EU-weit), Vergaberecht (Fristen z.b. Bindungsfrist) etc. Abnahme von Leistungen, Zwischenergebnisse, Endergebnisse,Termine (Jahresende!)
Zwei grundsätzliche Ansätze: Quantitativ (Zahlen) Qualitativ (Worte bzw. Texte) Analyse i.d.r.computer unterstützt Mixed methods Interpretation des Datenmaterials: Theoriebezug Vorwissen Adäquanz der Erhebungs- und Analysemethoden
Annahme: Über den Untersuchungsgegenstand ist nur sehr wenig bekannt Frage: Welches empirische Vorgehen wählen Sie? Exploratives Vorgehen (bei eher geringem Vorwissen) Interpretative, hypothesengenerierende Verfahren Standardisiertes Vorgehen (bei eher fundiertem Vorwissen) Elaborierte, hypothesentestende Verfahren
Anlage der Untersuchung (je nach Fragestellung): Querschnittlich (ein Messzeitpunkt) Längsschnittlich (mehrere Messzeitpunkte) Panel (Einthemen-, Mehrthemenpanel) Problem: Panelmortalität Die Anlage der Untersuchung hat wesentlichen Einfluss auf die Kosten! z.b. NEPS (national educational panel study: Konsortium Ltg. Uni Bamberg) zu Bildungsverläufen Vom Kindergarten bis zur Rente (rd. 60 Mio. über mehrere Jahre)
Anlage der Untersuchung: (z.b. amtliche Statistik) Grundgesamtheit (z.b. Bevölkerung: Volkszählung, Zensus) Stichprobe (z.b. Mirkozensus: 1% der Bevölkerung) Problem: Info über Grundgesamtheit (Hochrechnung), Art der Stichprobe, Wahrscheinlichkeitstheorie, Statistik Die Anlage der Untersuchung hat wesentlichen Einfluss auf die Kosten!
Zusammenfassung Teil I: Forschungsdesign: Quantitativ bzw. qualitativ Explorativ bzw. elaboriert, standardisiert Längsschnitt bzw. Querschnitt Grundgesamtheit bzw. Stichprobe
Erhebungsverfahren: Befragung (qualitativ / quantitativ) Arten: face to face, schriftlich (auch online), telefonisch Pretest: Verständlichkeit der Fragen, Länge des Instrumentes, Form (z.b. Codeplan separat oder integriert), Filterführung etc. Klassisch: Fragebogen (postalisch in Papierform) Nachteil: Dauer bis zum Vorliegen der Ergebnisse Alternativ: CAPI (Computer assisted personal Interview) CATI (Computer assisted telephone Interview) Vorteil: Schnelle Verfügbarkeit der Ergebnisse
Vorüberlegungen: Wer soll befragt werden? (z.b. Hierarchie in Betrieben) Wie gelange ich an die Adressen (ggf. auch e-mail)? Begleitschreiben + Datenschutz (s.u.) Wer kann als Türöffner fungieren? Organisation des Rücklaufs -> Datenschutz Befragungsdaten und Adressdaten trennen Anzahl der Mahnaktionen Incentives -> Kosten (z.b. Telefonkarten, Kurzbericht etc.)
Allgemeine Grundsätze bei Befragungen: Keine Abfrage von Informationen, die anderweitig verfügbar sind! Vermeidung von indiskreten Fragen! Frageformulierungen müssen auf die Probanden abgestimmt sein! Befragungsabbrüche vermeiden! Interviewerschulungen durchführen! Mehrfachbefragungen in kurzen Zeiträumen verhindern! etc.
Delphi Befragungen: Spezielle Form der Expertenbefragung zu Zukunftsthemen bzw. -entwicklungen Offene Befragung in mehreren Wellen Eher exploratives Vorgehen mit relativ hohem Aufwand und vagen Ergebnissen
Beobachtung (je nach Fragestellung): Teilnehmend bzw. nicht teilnehmend -> Rolle des Beobachters Vorwissen und theoretische Bezüge sind zur Interpretation des beobachteten Sachverhaltes wichtig! (z.b. Marsmännchen auf der Erde) Beispiel: Rüdiger Lautmann; Teilnehmende Beobachtung in der Strafjustiz Teilnehmende Beobachtung versus andere Methoden in der Justizanalyse in: Jürgen Friedrichs (Hrsg.) Teilnehmende Beobachtung abweichenden Verhaltens; Ferdinand Enke Verlag Stuttgart, 1973, S. 110 ff.
Inhalts- bzw. Dokumentenanalyse Qualitativ und/oder quantitativ z.b. Wahlkampfreden zur Analyse politischer Parteien Beispiel 1: Schulische Integration deutschstämmiger Aussiedlerkinder aus Polen - Analyse von Schülerakten (simulierter Längsschnitt) (FB Erzwiss., FU Berlin; Studie im Auftrag des Berliner Schulsenats)
Beispiel 2: Programm des BMBF: Früherkennung von Qualifikationsentwicklungen Ansatz des BIBB: Ordnungsrelevanz Stellenanzeigenanalysen im Breitband anschliessend Branchenanalysen über Methodenmix Stellenanzeigenanalysen (Wunsch) + Inserentennachbefragungen (Wirklichkeit)
Zusammenfassung Teil II: Erhebungsverfahren: Befragung, Delphi Beobachtung Inhalts- bzw. Dokumentenanalyse Beispiele zur Dokumentenanalyse
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