Adipositas, Diabetes und Schlaganfall Prof. Dr. Joachim Spranger

Ähnliche Dokumente
Diabetes mellitus und kardiovaskuläres Risiko: Welches ist die optimale Therapie?

Unterschiede in der Therapie im Lebensverlauf: Diabetes mellitus

Diabetologie Intensiv 2015 Haben Sulfonylharnstoffe und Glinide noch eine Berechtigung in der Therapie des Typ 2-Diabetes?

Kardiovaskuläre Vorerkrankung Wie schütze ich meine Typ 2 Diabetiker

Herzzentrum Klinik III für Innere Medizin. Diabetestherapie bei KHK: Überhaupt noch indiziert? Evren Çağlayan

Neue Medikamentengruppen bei kardiovaskulärem Syndrom SGLT2-Inhibitoren

Moderne Diabetestherapie evidence based medicine oder managed care? Martin Pfohl

Optimale Blutzuckereinstellung bei kardial erkrankten Menschen mit Diabetes - Wege und Ziele

Im D s D c s h c u h n u g n e g l e de d r e Di D ab a e b t e es e t s he h r e ap a i p e:

Update Antihypertensiva

Stellungnahme der DDG zu den Ergebnissen der ACCORD- und ADVANCE- Studien

Antidiabetika in der Real World. Burkhard Göke München

Metabolische Effekte der Adipositaschirurgie

Neue Zielwerte in der Therapie der Hypertonie

Herz und Endokrinium. HELIOS Kliniken Schwerin. Praktische Konsequenzen für die Therapie des Diabetes mellitus


5. Prophylaxe-Seminar des KNS

Beschluss. Fragestellung Vergleichende Nutzenbewertung einer längerfristigen Behandlung mit Repaglinid gegen eine Behandlung mit Sulfonylharnstoffen

Diabetes Typ 2 die Volksseuche -die europäischen Zahlen-

Herzzentrum Klinik III für Innere Medizin Neue An'diabe'ka Was muss der Kardiologe wissen?

Zulassung für JANUMET (Sitagliptin/Metformin) zur Behandlung des Typ-2-Diabetes in der Europäischen Union

Diabetes mellitus und Herzinsuffizienz - Therapieempfehlungen. Medizinische Klinik und Poliklinik I Direktor: Prof. Dr. S. Frantz

Primärprävention kardialer Morbidität

Diabetes mellitus Relevante Qualitätsdaten mit Blick auf Prävention und Therapie

Gewichtsabnahme und ohne Induktion von Hypoglykämien

Statine bei Dialysepatienten: Gibt es

Behandlung der arteriellen Hypertonie - Wie lautet der Zielwert 2016?

Schlafapnoe. Dr. W. Strobel

Typ 1... Andere Situationen... Und nicht vergessen. Patient, 53j: Diabetes Typ 2 seit 5 Jahren Hat das gute alte Insulin ausgedient?

Mittwoch, 14 bis 18 Uhr: für Praxispersonal Lehrverhaltenstraining. Donnerstag, 9 bis 17 Uhr: für Praxispersonal Lehrverhaltenstraining

Gewichtseffekte und Vorteile beim Hypoglykämierisiko des humanen-glp-1 Analogons Liraglutid auch bei additiver Gabe von Insulin detemir

Was ist normal? ao.univ.prof.dr. Michael Krebs

Priv.-Doz. Dr. Joachim Feldkamp Klinik für Innere Medizin Endokrinologie und Diabetologie, Pneumologie, Infektiologie

Fachklinik für Innere Medizin

Anhang III Änderungen an den Zusammenfassungen der Merkmale des Arzneimittels und den Packungsbeilagen

Einsatz neuer Medikamente: GLP1-Analoga & DPP4-Hemmer

Man ist so alt wie seine Gefäße Koronare Herzkrankheit Schlaganfall Prävention Diagnostik - Therapie

3. Prophylaxe-Seminar des KNS

Was ist Neu in der Kardiologie?

Diabetes mellitus The silent killer. Peter Diem Universitätspoliklinik für Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährung Inselspital - Bern

Programm und Übersicht

Zusammenhänge zwischen Übergewicht / Gewichtszunahme und Stoffwechselerkrankungen

Der komplexe Gefäßpatient

Diabetestherapie. Fall der Woche Silvia Schwab

SAKAM Seminar

Der Diabetes liegt mir am Herzen

Bewertung relevanter pharmakodynamischer Interaktionen von Antidiabetika

- die vergleichende Nutzenbewertung einer langfristigen Behandlung mit Pioglitazon oder Rosiglitazon vs. Placebo,

DURCH DEN DSCHUNGEL DER THERAPEUTISCHEN MÖGLICHKEITEN

Antihyperglykämische Therapie des TYP 2 DIABETES

3. Prophylaxe-Seminar des KNS. Walter Zidek. Differentialindikation von Antihypertensiva. W. Zidek. Med. Klinik IV

Neue Wirkstoffe und Therapieansätze zur Behandlung von Typ-2-Diabetes

Programm und Übersicht

Hypertonie. Prof. Dr. David Conen MPH Innere Medizin

Leitliniengerechte Behandlung am Beispiel des Metabolischen Syndroms Basiswissen Skript

Diabetes mellitus. Risikofaktor

U N I V E R S I T Ä T S M E D I Z I N B E R L I N

Innovative und multifaktorielle Therapie des Diabetes mellitus Typ 2

Aspirin auch bei Typ-2-Diabetikern nur gezielt zur Sekundärprävention einsetzen

Diabetes mellitus Typ 2 kardiovaskuläre Risikofaktoren

DIABETES NEUE THERAPIEMÖGLICHKEITEN

Nutzen und Sicherheit von DPP-4-Inhibitoren und GLP-1-Analoga bei Typ2-Diabetes. Carsten Otto, Bahnhofstraße 98, Gräfelfing

Beschluss vom: 15. Dezember 2016 gültig bis: unbefristet In Kraft getreten am: 15. Dezember 2016 BAnz AT B6

INDIVIDUELLE DEFINITION DER ZIELWERTE?

Therapie des Typ 2 - Diabetes. W. A. Scherbaum

HERZLICH WILLKOMMEN ST. GALLER DIABETES SYMPOSIUM.

Omega-3-Fettsäuren. aus biochemischer und medizinischer Sicht 4. ERNÄHRUNGSSYMPOSIUM 28. APRIL 2016

DMP und patientenrelevante Outcomes: von Surrogatparametern zu erkrankungsspezifischen Endpunkten

Frau A.G. 53 Jahre alt Neue Medikation vom Hausarzt

Vorkommen und Risiken der Herzinsuffizienz Stellenwert von KHK, Diabetes und Hypertonie

27/06/2011. Stellenwert der 'neuen' Antidiabetika. Patientin x / Typ 2 - Denk 3 (Update 2011) Therapie des T2DM: Sulfonylharnstoffe

TOP Papers Innere Medizin / Intensivmedizin. Martin J. Hug Apotheke des Universitätsklinikums Freiburg

Bewährte Medikamente neu betrachtet

Tabletteneinstellung Neuigkeiten in der Diabetestherapie


Mittwoch, 14 bis 18 Uhr: für Praxispersonal Wissensvertiefung und Lehrverhaltenstraining im Rollenspiel

Kontroversen und neue Daten zur medikamentösen Therapie des Typ 2-Diabetes U. Brödl

Unerklärliche Todesfälle und der Zusammenhang zu Hypoglykämien

Verschiedene Strategien der Hypertonie-Behandlung Behandlungsschwellen und ~ziele - für alle Patienten gleich?

Evidenz in der Präventionsmedizin

Endokrinologie. Erkrankungen der hormonbildenden Organe

Adipositas-Chirurgie aktueller wissenschaftlicher Stand. S. Theodoridou Krankenhaus Sachsenhausen Frankfurt a.m.

Diabetes mellitus und Ernährung Mythen und Fakten. Gesundheitsmesse Dr. med. Sven Becker

Max. Sauerstoffaufnahme im Altersgang

Aktuelle Regelungen der Arzneimittel- Richtlinie des G-BA zu Wirkstoffen in der Indikation Diabetes mellitus

Strukturierte Blutzucker- Selbstmessung bei Diabetes Typ 2 Eine Anleitung für die tägliche Messpraxis

Begründung zu den Anforderungen

KHK mit Angina pectoris: Ivabradin reduziert kardiale Ereignisse

Informationsveranstaltung, Hofheim 11/11. Z. Rashed

Pharmakologie und Toxikologie

Fallbeispiele. Fallbeispiel 1

Update Diabetische Herzpatienten

Beschluss. I. Die Anlage XII wird in alphabetischer Reihenfolge um die Wirkstoffkombination Empagliflozin/Metformin wie folgt ergänzt:

Diabetes mellitus Typ 2 Erstdokumentation

DMP & Co was haben wir erreicht, was ist zu tun?

Antidiabetika in der Kardiologie: Zeit für einen Paradigmenwechsel?

Orale Therapie Alternativen und deren Indikationen aus Sicht der DDG

Kompetenzfeld Hypertonie Epidemiologie der arteriellen Hypertonie

II. Möglichkeiten zur medikamentösen Behandlung des Schlaganfalls

Transkript:

Adipositas, Diabetes und Schlaganfall Prof. Dr. Joachim Spranger Charité-Universitätsmedizin Berlin Adipositas- und Stoffwechselzentrum Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin

The New Yorker 2003 Alex Gregory, January 6, 2003

Prevalence of Obesity in European Adult Males 1980-84 % Obesity < 5 % 5-9.9% 10-14.9% 15-19.9% 20-24.9% 25%

Prevalence of Obesity in European Adult Males 1985-89 % Obesity < 5 % 5-9.9% 10-14.9% 15-19.9% 20-24.9% 25%

Prevalence of Obesity in European Adult Males 1990-94 % Obesity < 5 % 5-9.9% 10-14.9% 15-19.9% 20-24.9% 25% Self Reported data

Prevalence of Obesity in European Adult Males 1995-99 % Obesity < 5 % 5-9.9% 10-14.9% 15-19.9% 20-24.9% 25% Self Reported data

Prevalence of Obesity in European Adult Males 2000-2005 % Obesity < 5 % 5-9.9% 10-14.9% 15-19.9% 20-24.9% 25% Self Reported data

Adipositas in Europa (ZDF, Heute, 20.4.2007; International Association for the Study of Obesity (IASO) ) % Obesity < 5 % 5-9.9% 10-14.9% 15-19.9% 20-24.9% 25% Self Reported data DM bekannt 20% 30% Normoglykämie 20% 30% Nach 70-75 Lebensjahren DM asymptomatisch IGT+IFG

Schlaganfall-Risiko abhängig von der Körperkomposition Gefüllte Symbole: Match für Alter und Geschlecht Offene Symbole: Diabetes, Hypertonie, Rauchen, Körperliche Inaktivität

Adipositas und Schlaganfall-Risiko

Herzinfarkt-Äquivalent Diabetes Schlaganfall Kardiovaskuläre Mortalität 1.373 Kontrollen, 1.059 Patienten mit Typ 2 Diabetes, 7-Jahres Follow-up Haffner SM et al. N Engl J Med 1998;339:229-234.

Hyperglykämie und IMT bei stoffwechselgesunden Probanden Bobbert et al, Diabetes Care, in press

Beobachtungsstudien Adipositas, Hyperglykämie und Diabetes sind mit einem erhöhten Risiko für ischämische Schlaganfälle assoziiert.

Was bedeutet eine Gewichtsabnahme bei Adipositas für das Schlaganfall-Risiko? Knapp 20.000 Patienten mit morbider Adipositas, Retrospektive Analyse (NEJM 2007)

Effekt einer Blutzuckersenkung Meta-Analyse von 6 Studien- Gesamtmortalität Schlaganfall-Risiko Nicht-tödl. Herzinfarkte Kardiovask. Morbidität Lancet 2009

UKPDS 34: Intensive Therapie reduziert den HbA 1c 10 Insulin Chlorpropamide Glibenclamide Metformin Conventional Median HbA 1c (%) 9 8 7 6 0 0 3 6 9 12 15 Years from randomisation Adapted from: Lancet 1998;352:854 65

UKPDS 34: Relative Reduktion des Schlaganfall-Risikos durch Metformin vs konventionelle Behandlung Any diabetes endpoint Diabetes death All-cause mortality MI Stroke 0 10 20 30 40 Relative risk reduction for metformin treatment (%) 50 ** * * * UKPDS 34: Lancet 1998;352:854 65

UKPDS 34: Relative Reduktion des Schlaganfall-Risikos durch Metformin vs SUs/Insulin Any diabetes endpoint Diabetes death All-cause mortality MI Stroke 20 10 0 10 20 30 Intensive SUs or insulin Metformin * p< 0.05 ** p< 0.01 Risk reduction relative to conventional treatment (%) 40 50 ** * * UKPDS 34: Lancet 1998;352:854 65

Antidiabetika Antihyperglykämische Wirkung ReduktionHbA 1c [%] *** Wirksamkeit zu klinischen Endpunkten UAW* kardiovaskuläre Ereignisse mikrovaskuläre Ereignisse Gewichtszunahme Hypoglykämierisiko Metformin 1,5 + + - - Sulfonylharnstoff 1,5 - + + + Glinide 1 1,5 - - + + Glitazone 0,5 1,4 - - + - Acarbose 0,5 0,8 - - (-) - Sitagliptin 0,6 0,8 - - +/- - Vildagliptin 0,5 0,9 - - +/- - Insulin 1,5 2,5 - + + + Exenatide 0,5 1,0 - - -** -

Hyperglykämie und akuter Schlaganfall 750 nicht-diabetische Patienten mit akutem Schlaganfall (86% ischämisch).. Patienten mit Hyperglykämie (>8mmol/l) Patienten mit Normoglykämie Weir et al, BMJ 1997

Hyperglykämie und akuter Schlaganfall Ca. 900 Patienten mit akutem Schlaganfall 24h-Behandlung mit Glukose- Kalium und Insulin- Infusion vs. isotonische NaCl-Infusion Primärer Endpunkt: 90 Tages-Mortalität Gray et al, Lancet Neurology 2007

Zusammenfassung Adipositasund Diabetes sind mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko assoziiert. Ob eine Gewichtsreduktion das Schlaganfall-Risiko senken kann ist unklar. Eine blutzuckersenkendetherapie reduziert das Schlaganfall-Risiko beim Patienten mit T2DM um ca. 10% (n.s.). Beim übergewichtigen Patienten mit T2DM ist Metformineindeutig Mittel der ersten Wahl und vermindert das Schlaganfall-Risiko. Eine Hyperglykämie verschlechtert das Überleben von Patienten mit akutem Schlaganfall. Ob eine rasche Absenkung des Blutzuckers in der akuten Phase desschlaganfalls das Überleben oder sekundäre Endpunkte verbessert, ist unklar.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit Charité-Universitätsmedizin Berlin Adipositas- und Stoffwechselzentrum Campus Benjamin Franklin Hindenburgdamm 30 12200 Berlin

Effekte von TZDs

PROactive Studien-Design Prospektive, multizentrische, randomisierte, doppelblinde, plazebokontrollierte Parallelgruppenstudie 5.238 Patienten mit Typ 2 Diabetes und bekannter makrovaskulärer Erkrankung Durchschnittlicher Beobachtungszeitraum: 2,85 Jahre Die Patienten erhielten randomisiert entweder Pioglitazon oder Plazebo, jeweils zusätzlich zu der bestehenden Diabetesmedikation.

PROactive: Reduktion des Schlaganfall-Risikos Patienten mit früheren Schlaganfall Patienten ohne früheren Schlaganfall 50% Risikoreduktion Wilcox et al, Stroke 2007

Rosglitazon vermindert nicht die kardiovaskuläre Mortalität Stroke Kardiovaskuläre Mortalität Herzinsuffizienz Lancet 2009

Zusammenfassung Diabetestherapie und Schlaganfall-Risiko Adipositas, Hyperglykämie und Diabetes sind mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko assoziiert. Ob eine Gewichtsreduktion das Schlaganfall-Risiko senken kann ist unklar. Eine blutzuckersenkende Therapie reduziert das Schlaganfall-Risiko beim Patienten mit T2DM um ca. 10% (n.s.). Beim übergewichtigen Patienten mit T2DM ist Metformin eindeutig Mittelder ersten Wahl und vermindert das Schlaganfall-Risiko. Thiazolidindione haben evtl. vorteilhafte Effekte im Hinblick auf das Schlaganfall- Risiko, allerdings wird die Gesamtmortilität nicht substantiell beeinflusst und die Nebenwirkungen sind z.t. erheblich.

Adipositas und Mortalität Lancet 2009

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit