Saarbrücken 2011 Rödler 2011

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Transkript:

Saarbrücken 2011 Rödler 2011

Inklusion in eine sich spaltenden Gesellschaft Schulkampf in Hamburg Positionen Annäherung an eine spannungsvolle und ideologisch aufgeladene Diskussion Allgemeine Pädagogik Theoretische Grundierung der Inklusionsforderung Soziale Beziehung als Grundlage von Entwicklung aller Menschen Pädagogisch-didaktisches Handeln mit heterogenen Gruppen ohne Ausgrenzung Dialogische Pädagogik Mehrdimensionale Didaktik Konklusion: Inklusion ist möglich aber nicht voraussetzungslos 2

Definition von Inklusion Sonderpädagogik -> Integrationspädagogik -> Inklusion??? Gesellschaftszustand Heitmeyer Die Finanzkrise: Virtualisierung von Produktivität und die Folgen Wir sind bereit 100te Mrd. für virtuelle Waren (Versprechen, Erzählungen) auszugeben Der konkrete Markt (Produktion, Infrastruktur, Sozialleistungen, Bildung) verliert seine Liquidität und bricht zusammen Das Ressourcenproblem ist ein Problem verfehlter Wertschätzung Neoliberale Steuerung über Output - orientierung Output - orientierung heißt: Ergebnisorientierung ohne Diskussion über Werte oder Wirkung von Wegen. Die Macht der Lobbyisten: Bsp.: nicht-öffentliche Stiftung steuert die Organisation und das Ranking von Bildung Reaktion im Bildungsbereich Mitteilung zur Inklusion in der Rhein-Zeitung und Position der Eltern hierzu Realschule plus: Flucht ins Gymnasium Die Chance der Gesamtschulen? 3

Positionen Inklusion = Anerkennung und Teilhabe ohne Voraussetzung vs. Sonderpädagogik ist Inklusion Gemeinsam: Individual-Paradigma Allgemeine Pädagogik und Integration Die Alternative: das Beziehungsparadigma Buber ( ): Der Mensch wird am Du zum Ich Das ist heute auch bei der vollen Anerkennung ohne weiteres für ausnahmslos alle Menschen nicht gewährleistet! d.h. es braucht hier nicht nur Bereitschaft (Anerkennung) sondern auch besondere Kompetenzen, wie sich das Allgemeine (!) auch unter besonderen Voraussetzungen herstellen lässt. 4

Was ist das ALLGEMEINE der Menschen? Instinktiver Mangel und daraus folgend soziale Abhängigkeit Soziale Abhängigkeit heißt Abhängigkeit von Be-Deutung Bestimmung bietet Orientierung zerstört aber Individualität REINE Anerkennung ohne Stellungnahme verhindert Orientierung Im Spiegel der Menschen, die traditionell dem Harten Kern zugeordnet werden, erscheint die besondere Abhängigkeit ALLER Menschen von Anderen. Menschen brauchen Orientierung UND Freiheit ALLE Menschen sind bio-psycho-soziale Wesen 5

Menschliche Begegnungen realisieren sich auf der Basis mehrperspektivischer gemeinsamer Bedeutungen und ermöglichen so jeweils persönliche Sinnbildungsprozesse Die Bedeutung von qualifiziertem Fragen (Nicht-Wissen)! Eine Dialogische Pädagogik, die den verschiedenen Perspektiven der Beteiligten Wert verleiht, dient einem nachhaltigen Lernen aller. Integrative Pädagogik heißt: Aufzeigen dieser Zusammenhänge und Kampf für eine Allgemeine Pädagogik und die damit verbundenen Voraussetzungen überall da, wo traditionelle Strukturen aussondernd wirken. 6

Die Rolle der LehrerInnen wandelt sich so - durchaus zeitgemäß - vom Wissensvermitteln zu einer Art Moderationsfunktion die die Austauschprozesse um das gemeinsame Lernen der Schüler begleitet. Allerdings muss die Lehrperson nun in der Lage sein, Angebote zu realisieren und didaktisch zu durchschauen (!) die allen Schülerinnen und Schülern als gemeinsamer Gegenstand Ihres Lernens zugänglich sind. d.h. nicht nur das Vorwissen, sondern auch die jeweiligen kulturellen oder individuellen Sinnhaftigkeiten sind zu berücksichtigen! 7

Dies erfordert nicht nur eine allgemein-didaktische Orientierung und Organisation des Unterrichts im beschriebenen Sinne sondern auch eine Erweiterung der fachdidaktischen Kompetenzen! Die Gegenstände eines Faches, die bisher traditionell in der Sachanalyse nur eindimensional entlang ihrer Komplexität entfaltet waren ( vom Einfachen zum Schweren ), müssen nun mehrdimensional auch im Hinblick auf die je möglichen Abstraktionsniveaus und kulturelle und individuelle Bedeutungen entfaltet werden Lernen mit heterogenen Gruppen heißt: eine neue komplexere Durchdringung der Fächer! eine weitere noch ausstehende Aufgabe! 8

Veränderte Pädagogische Diagnostik Weder Defizit- noch Kompetenzorientierung Sondern individuelle situations- bzw. projektbezogene Handlungs- und Tätigkeitsanalysen 9

Inklusion bedeutet Wertschätzung der Kultur schaffenden Bedeutung der Sinnhaftigkeit ALLER Menschen im Austausch mit Anderen. Produktive Effekte und Ergebnisse sind dem gegenüber nachrangig Diese sind dagegen von der Wirtschaft im Sinne der REALISIERUNG der Marktwirtschaft zu fordern! d.h. die öffentlichen Ausgaben müssen dem REALEN Markt dienen Im Gegensatz zu der Bereitschaft die virtuelle Symbolik des Finanzmarktes zu finanzieren, muss die den Menschen existenzielle Symbolik der Kultur menschlicher Begegnung als gemeinsame Lebensgrundlage ALLER Menschen entsprechend bereitwillig finanziert werden Eine besondere Chance bilden hier Bildungsausgaben, da diese verdoppelt wirksam werden Zum einen konkret als Verbesserung der Infrastruktur des realen Marktes im Sinne qualifizierterer Akteure Zum anderen durch die Qualifizierung der symbolischen Austauschprozesse zwischen den Menschen 10

Inklusion ist in einer Gesellschaft, die am Gemeinsinn orientiert ist, möglich! Inklusion in einer allein individuell orientierten Gesellschaft ist NICHT möglich. Inklusion, ernsthaft gefordert, erfordert einen grundlegenden gesellschaftlichen Systemwechsel. 11

Jedes Neue ist unvollkommen; jedes Neue findet für seine Existenz die denkbar ungünstigste Umwelt vor; jedes Neue findet nur wenige Menschen, die es verstehen. Zu diesen wenigen Menschen zu gehören, das sei Eure Aufgabe! Unsere Schule Schulzeitung der Hamburger Berlinertorschule, 07.03.1929 12