auch aus Sicht der Krankenkassen ist dies hier heute eine erfreuliche Veranstaltung.

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Transkript:

Es gilt das gesprochene Wort. Es gilt das gesprochene Wort. Es gilt das gesprochene Wort. Sehr geehrte Frau Ministerin, meine Damen und Herren, auch aus Sicht der Krankenkassen ist dies hier heute eine erfreuliche Veranstaltung. Herr Prof. Meyer-Lindenberg hat bereits Einiges über die Bedeutung der psychischen Erkrankungen gesagt. Auch unsere Zahlen zeigen dies sehr deutlich: Psychische Erkrankungen rangieren mittlerweile unter den fünf häufigsten medizinischen Gründen für eine Arbeitsunfähigkeit bei gesetzlich Versicherten 1. Von 2002 bis 2012 haben die Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen kontinuierlich zugenommen, nahezu um 67 Prozent 2. Während ein Krankheitsfall bei gesetzlich Versicherten im Schnitt 12,7 Tage dauert, registrieren die Krankenkassen bei psychischen Erkrankungen 35,7 Tage. 3 Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin schätzt die so entstandenen Produktionsausfälle für 2011 auf 46 Mrd. Euro. Das sind 3,1 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Diese Zahlen und Fakten zeigen: Aus Sicht der Krankenkassen ist es besonders wichtig der Frage nachzugehen, wie man psychisch kranke Menschen durch neue medizinische Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten besser versorgen kann. 1 Vgl. z. B. AOK Fehlzeitenreport 2013 und BKK Gesundheitsreport 2013 2 Badura et al. Fehlzeiten-Report 2013 (S. 263). Datengrundlage: AU-Fälle der AOK-Mitglieder 2012. 3 Ebenda. Datengrundlage: AU-Fälle und tage der GKV-Pflichtmitglieder ohne Rentner.

Seite 2/5 Oder noch besser: wie man diese Erkrankungen durch geeignete Präventionsmaßnahmen verhindern kann. Daher freue ich mich, dass die hier vorgestellten Forschungsprojekte eine klare Ausrichtung auf die Versorgung von psychischen Erkrankungen haben. Diese Erkrankungen gehören gemessen an ihren gravierenden Folgen für die betroffenen Menschen, deren Angehörige und nicht zuletzt auch für die Sozialsysteme zu den versorgungspolitischen Herausforderungen der Gegenwart. Ganz besonders freut mich, dass bei der Vergabe der Forschungsmittel nicht nur die Vernetzung der Forschenden eine große Rolle gespielt hat. Auch die Vernetzung in der Versorgung psychisch Kranker ist ein wichtiges Element der geförderten Projekte, so z. B. bei jenen Projekten des Forschungsnetzes, die auf integrierte Behandlungsprogramme setzen. Aber auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Versorgung von Menschen mit Suchterkrankungen und Angststörungen - eine der häufigsten psychischen Störungen - ist aus Sicht der Kassen zielführend. Forschungsansätze, die nah an der Praxis und an den vorhandenen Strukturen sind, sind für uns sehr wichtig. Versorgungsforschung leidet ja häufig unter mangelnder akademischer Anerkennung und unzureichender Finanzierung. Von daher ist diese Förderung ein wichtiges Signal. Aber natürlich ist auch die methodisch hochwertige klinische Forschung für uns von großer Bedeutung. Leider erleben wir es allzu häufig, dass allein mit dem Eti-

Seite 3/5 kett neu große Heilsversprechen verbunden werden, die der Realität nicht standhalten. Deshalb fordern wir generell, dass Innovationen einer wissenschaftlich angemessenen Nutzenbewertung und Evaluation unterzogen werden. Die entscheidende Frage dabei ist: Was bringen neue Methoden für die Versorgung der Patienten tatsächlich gemessen am Status quo? Welche Chancen und welche Risiken sind für Patienten damit verbunden? Dazu brauchen wir gute klinische Forschung. Meine Damen und Herren, die Versorgung psychisch kranker Menschen ist komplex und muss gut organisiert sein. Unter gut verstehe ich hier: ausgerichtet am Patienten und an der jeweils aussichtsreichsten Behandlung. Zwar haben wir in Deutschland ein vielfältiges und umfangreiches Angebot an ambulanter und stationärer Behandlung für psychisch kranke Menschen. Die umfängliche Finanzierung durch die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme ist international ohne Beispiel. Dennoch müssen wir Defizite in der Versorgung feststellen. Unter anderem haben wir ein Verteilungsproblem. In einigen Regionen gibt es lange Wartezeiten für einen Termin beim Psychotherapeuten. Das müssen wir angehen. Wir streben zudem eine bessere Information und Beratung der Patienten vor Therapiebeginn an, u. a. auch um eine zielgenauere Therapie zu ermöglichen. Bei

Seite 4/5 zeitnahem Zugang zur Versorgung sollen überlange Therapien vermieden und dennoch notwendige Langzeittherapien nicht behindert werden. Ziel ist es vor allem, mehr Transparenz in der ambulanten Versorgung zu schaffen. Das gilt gleichermaßen für die stationäre Versorgung, wo gerade mit einem neuen Vergütungssystem der Versuch gemacht wird, mehr Transparenz in das Versorgungsgeschehen zu bringen. Daher ist unser Anliegen, dass Versorgungsforschung künftig auch strukturelle Fragen aufgreift und beantwortet. Somatische und pharmakologische Grundlagenforschung allein reicht nicht. Gebraucht werden daneben neue Konzepte, die sich mit einzelnen Versorgungsbereichen beschäftigen genauso wie mit dem gesamten System. Unverzichtbar ist eine klare, auf den Nutzen für die Patienten ausgerichtete Umsetzungsperspektive. Hier sehe ich Potenzial für die zukünftige Arbeit des Forschungsnetzes gegen psychische Erkrankungen. Meine Damen und Herren, natürlich ist die beste Krankheit die, die gar nicht erst auftritt. Von daher widmen sich die Krankenkassen auch im Bereich der psychischen Erkrankungen der Prävention. Auch dafür, so unsere Hoffnung, sollten durch das Forschungsnetz Erkenntnisse und Hilfestellungen für die Praxis kommen. Der GKV-Spitzenverband gestaltet mit dem Leitfaden Prävention den Handlungsrahmen für die Leistungen der Krankenkassen in der Primärprävention und

Seite 5/5 betrieblichen Gesundheitsförderung. Hier werden seit einigen Jahren auch quantifizierte Ziele auf epidemiologisch-wissenschaftlicher Grundlage festgelegt. Seither orientieren sich die betrieblichen Präventionsanstrengungen u. a. am Oberziel der Verhütung von psychischen Erkrankungen und Depressionen. Dazu haben wir gemeinsam mit der Unfallversicherung den Forschungsstand zum Thema Psyche und Arbeitswelt aufgearbeitet. Als Ergebnis hat die Initiative Gesundheit und Arbeit (iga) die Erkenntnisse zur Wirksamkeit betrieblicher Gesundheitsförderung aus ca. 350 Studien in einem Report zusammengefasst. Die Ergebnisse fließen z. B. in die Weiterentwicklung der Präventionsangebote der Krankenkassen ein, können also relativ schnell praktische Wirkung entfalten. Leider listet der Report fast nur Studien aus dem angloamerikanischen Raum auf. Hochwertige deutsche Untersuchungen sind hier also mehr als willkommen. Daher würde es mich freuen, wenn das Forschungsnetz Untersuchungen zum Thema psychische Gesundheit im Kontext alltäglicher Arbeits- und Lebensverhältnisse anstoßen würde. Wie schon bei der Kooperation für nachhaltige Prävention einem ebenfalls vom BMBF geförderten und sehr erfolgreichen Projekt sind wir gerne bereit, dazu den Kontakt zu Krankenkassen zu vermitteln und die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis zu befördern.