1 Abwicklung von Flächen 1

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1 Abwicklung von Flächen 1 1 Abwicklung von Flächen 1.1 Grundlagen Viele Werkstücke der technischen Praxis (z.b. Behälter, Übergangsstücke von verschiedenen Leitungsquerschnitten bei Rohren z.b. im Heizungs und Lüftungsbau, usw.) müssen aus ebenen Blechen hergestellt werden. Es ist daher für jeden Techniker wichtig, zu wissen, welche Flächen für derartige Konstruktionen in Frage kommen und wie die Ab(oder Auf-)wicklung durchzuführen ist. Wir geben dazu folgende Denition: Ein Flächenstück Φ heiÿt abwickelbar, wenn es eine globale und injektive Abbildung von Φ in eine Ebene ɛ V : Φ ɛ gibt, sodass jeder Kurve c Φ eine gleichlange Kurve v v in ɛ zugeordnet wird. Die Menge der Bildpunkte bei dieser Abbildung heiÿt Verebnung der Fläche Φ. Eine Fläche heiÿt abwickelbar, wenn sie Vereingungsmenge abwickelbarer Flächenstücke ist. Bemerkung: Anschaulich könnte obige Denition so formuliert werden, dass ein Flächenstück genau dann abwickelbar ist, wenn es ohne zu reiÿen und ohne Falten in die Ebene ausgebreitet werden kann. Eine solche Abwicklung ist keineswegs für alle Flächen möglich. Man denke nur an die Kugel und mache den Versuch ein ebenes Stück Alufolie auf die Kugel aufzuwickeln. Dies wird ohne Falten nicht möglich sein. In der Kugel haben wir damit bereits eine Fläche gefunden, die nicht zu den abwickelbaren Flächen gehört (diese Aussage ist der Grund, warum es so schwierig ist, ebene Karten von der Erdkugel herzustellen!). Um eine Kennzeichnung abwickelbarer Flächen zu nden, geben wir eine: Denition: Eine Fläche Φ heiÿt eine einfach gekrümmte Fläche, wenn jede Tangentialebene von Φ die Fläche längs einer ganzen Flächenkurve berührt. Eine Fläche Φ heiÿt eine doppelt gekrümmte Fläche, wenn jede Tangentialebene von Φ die Fläche Φ lokal in genau einem Punkt berührt. Kegel und Zylinder sind nach dieser Denition einfach gekrümmte Flächen, denn jede Tangentialebene berührt längs einer ganzen Erzeugenden. Die Dierentialgeometrie zeigt, dass die Berührkurven der Tangentialebenen bei einfach gekrümmten Flächen nur Geraden sein können. Mit Zylindern und Kegeln sind aber noch nicht alle einfach gekrümmten Flächen erfasst. Es gibt noch einen weiteren Typ solcher Flächen: die Tangentenächen von Raumkurven. Sie entstehen, wenn man in jedem Punkt einer Raumkurve c die Tangente t an diese Kurve anhängt. Eine Parameterdarstellung der Tangentenächen kann man durch x = x(u) + u x(u) (1) erhalten, wobei x(u) die Kurve c darstellt. Jede Tangentenäche hat längs c einen scharfen Grat; c heiÿt daher Gratlinie der Tangentenäche. Die Tangenten t sind die Erzeugenden dieser einfach gekrümmten Fläche. Jede Tangentialebene berührt längs einer ganzen Erzeugenden (Abb. 1). Die Frage nach allen einfach gekrümmten Flächen beantwortet der nächste Satz, der mit Mitteln der Dierentialgeometrie unschwer zu beweisen wäre: Satz 1.1: Die einzigen einfach gekrümmten Flächen sind die Tangentenächen, die allgemeinen Kegel und Zylinder, sowie alle Flächen, die aus Teilstücken obiger Flächentypen zusammengesetzt sind. Mit Satz 1.1 haben wir auch die gesuchte Kennzeichnung der abwickelbaren Flächen

1 Abwicklung von Flächen 2 6 4 2 0 2 4 6 3 2 1 0 1 2 3 2 0 2 Fig. 1: Tangentenäche an eine Raumkurve Satz 1.2: Nur die einfach gekrümmten Flächen lassen sich so in die Ebene ausbreiten, dass es zu keinen Rissen und Dehnungen ihrer Oberäche kommt. Man bezeichnet die einfach gekrümmten und damit abwickelbaren Flächen auch oft als Torsen. 1.2 Eigenschaften der Abwicklung: In der Denition der Abwicklung wird die zentrale Forderung nach der bogenlängentreuen Abbildung einer Kurve erhoben. Aus der Längentreue läÿt sich unmittelbar die Winkeltreue und Flächentreue folgern. Einen exakte Beweis für diese beiden Eigenschaften kann nur die Dierentialgeometrie liefern 1. Die Winkeltreue bedeutet dabei, dass der Schnittwinkel zweier Flächenkurven - der bekanntlich als Winkel der entsprechenden Kurventangenten zu messen ist - bei der Abwicklung invariant ist. Analoges gilt für die Oberäche. Weiters sieht man unmittelbar ein, dass die Abwicklung geradentreu ist, d.h. eine Gerade auf der Fläche Φ geht in eine Gerade der Verebnung über. Umgekehrt ist diese Behauptung allerdings falsch! (Siehe dazu das Zeichenbeispiel Abbildung 3). Zusammenfassend haben wir also folgende Eigenschaften der Abwicklung: Längentreue Winkeltreue Flächentreue Geradentreue 1 Alle Beweise zu den hier ohne Beweis mitgeteilten Sätzen und Eigenschaften der Abwicklung ndet man in BRAUNER, Konstruktive Geometie, S. 293.

1 Abwicklung von Flächen 3 1.3 Zylinderabwicklung Wir beginnen mit der Abwicklung eines Drehzylinders. Der Zylinder wird zur Abwicklung längs einer Erzeugenden aufgeschnitten. Die Abwicklung des ebenfalls aufgeschnittenen Leitkreises ergibt eine Strecke, deren Länge ermittelt werden muss. Man nennt diese Aufgabe die Rektikation eines Kreises: Die Rektikation eines Kreises mit Radius r, der bekanntlich den Umfang U = 2rπ besitzt, ist mit Zirkel und Lineal nicht exakt ausführbar (Quadratur des Kreises, eine der zentralen Fragen der griechischen Geometrie des Altertums!). Eine brauchbare Näherungskonstruktion stammt von KOCHANSKY (Abb. 1): Ist AB ein Durchmesser des Kreises mit dem Mittelpunkt M, t die Tangente in A und C ein Punkt von t mit AMC = 30, dann erhält man durch Abtragen der Strecke 3r von C über A hinaus einen Punkt D. Die Strecke BD ist etwa gleich r π, also etwa gleich den halben Kreisumfang. Der auftretende Fehler liegt in der Gröÿenordung 6 10 5 r; beträgt also für einen Kreis vom Radius 10 m etwa 0,6 mm. Fig. 2: Kreisumfangskonstruktion nach Kochansky Beispiel 1.1: In Grund- und Aufriss ist ein Drehzylinder Φ (Achse a, Radius r, Leitkreis k) gegeben, der mit einer Ebene ɛ nach einer Ellipse c geschnitten worden ist. Gesucht ist die Verebnung Φ v jenes Zylinderstückes, das zwischen dem Basiskreis und der Ellipse c liegt. Man konstruiere die Wendepunkte der Kurve c v und gebe die Scheitelkrümmungskreise von c v an. Konstruktionsbeschreibung: Aus Symmetriegründen genügt es, den vor der Aufrissebene π 2 liegenden Halbzylinder abzuwickeln. Man erhält eine rationelle Konstruktion der Abwicklung, wenn man wie folgt vorgeht: 1. Einteilung des vorderen Halbkreises von k in 6 gleiche Teile (Hilfspunkte 0,... 6 ). 2. Anwendung der Näherungskonstruktion von KOCHANSKY. 3. Übertragung des rektizierten Halbkreises auf die Trägergerade g von k v ; Einteilung der Rektikation in 6 gleiche Teile (Strahlensatz!); hier geht die Längentreue der Abwicklung ein. 4. Einzeichnen von a -Parallelen durch die Teilungspunkte zur Verebnung der Zylindererzeuenden; hier geht die Winkeltreue der Abwicklung ein. Die punktweise Konstruktion von c v erfolgt nun dadurch, dass man auf den vorbereiteten a -Parallelen durch 0 v, 1 v,..., 6 v die Strecken 00, 11,... 66 abträgt; man erhält damit die Punkte v v v v

1 Abwicklung von Flächen 4 5. Für die Tangentenkonstruktion benutzt man die Winkeltreue der Abwicklung. Der Winkel zwischen der Tangente an die Ellipse in 2 und der Erzeugenden e 2 durch 2 muss erhalten bleiben. Man ermittelt diesen Winkel am besten durch ein Hilfsdreieck T 22 mit T = t π 1. Von allen Seiten des Dreiecks müssen die wahren Längen ermittelt und dann in der Verebnung eingezeichnet werden. Um c v rechnerisch zu erfassen legen wir ein kartesisches Normalkoordinatensystem mit der x-achse durch die Punkte 0 und 6, so dass die y-achse nach rechts zeigt und die z-achse in der Zylinderachse fällt. Dann hat die Kurve c die Parameterdarstellung x = r cos ϕ y = r sin ϕ (2) z = r sin ϕ tan α(α 0, 90 ) Legt man in der Verebnung ein kartesisches Normalkoordinatensystem mit x 0 -Achse durch 0 v und 6 v und y 0 -Achse durch 0 v fest, so erhält man unschwer die Gleichung von c v mit oder nach Elimination des Parameters ϕ x 0 = rϕ y 0 = r sin ϕ tan α (3) x 0 = r tan α sin x 0 r. (4) Damit hat man das Ergebnis: Verebnet man den Mantel eines Drehzylinders und nimmt dabei einen ebenen Schnitt c mit, dann erhält man eine Sinuslinie, deren Wendetangenten die Steigung ± tan α haben. Die Wendetangenten können daher leicht eingezeichnet werden. Sehr häug wird es in der Praxis vorkommen, dass auch Anforderungen an minimalen Materialverbrauch gestellt werden. Dies ist eine Optimierungsaufgabe, die im Normalfall nur nährungsweise gelöst werden kann, es gibt aber bei bestimmten Zylinderabwicklungen eine optimale Lösung. Wir betrachten dazu das 112 Rohrknie in Abbildung 4, das aus zwei Zylindern vom gleichen Radius r besteht, deren Achsen einen Winkel von 112 einschlieÿen. Bevor man mit der Abwicklung beginnt, zeigt eine kleine Überlegung, dass gilt α = α 1, β = β 1 und α+β = 180 (Winkelsumme im Viereck ist 360 und die beiden Winkel an den Enden sind je 90 ). Man wird daher das Rohrknie auseinandernehmen und in der rechts gezeigten Weise wieder zusammenbauen und dann die Abwicklung vornehmen. Man nennt diesen Vorgang oft auch Umsetzen. Es ist unmittelbar klar, dass man auf diese Art und Weise minimalen Materialverbrauch erreicht. Wir beschreiben noch die Abwicklung eines allgemeinen Zylinders Φ, der durch eine beliebige Leitkurve c und eine feste Erzeugendenrichtung gegeben ist (Abb. 5). Es ist zweckmäÿig, c durch einen Normalschnitt k von Φ zu ersetzen. Von k benötigt man die Rektikation k v, die i.a. nur näherungsweise konstruierbar ist. Zur näherungsweisen Konstruktion wird k ein Sehnenzug k einbeschrieben. Φ wird durch ein Prisma Φ ersetzt, das die Erzeugendenrichtung von Φ und k als Leitpolygon besitzt. Die Erzeugenden des Prismas sind normal zu k, die verebneten Erzeugenden normal zu k v. Mit ihrer Hilfe können Zylinderkurven in die Abwicklung übertragen werden.

1 Abwicklung von Flächen 5 Fig. 3: Zylinderabwicklung

1 Abwicklung von Flächen 6 Fig. 4: Umsetzen von Zylindern Fig. 5: Abwicklung eines allgemeinen Zylinders Fig. 6: Abwicklung eines allgemeinen Zylinders 1.4 Die Abwicklung von Tangentenächen Zur Abwicklung einer Tangentenäche (Abb.7) wird ihre Gratlinie c durch ein einbeschriebenes Polygon ersetzt P 0 P 1, P 1 P 2, P 2 P 3. Je zwei benachbarte Polygonsehnen spannen eine Ebene auf P 0 P 1 P 1 P 2 = τ 1 ; es entsteht ein Tangentenächenpolyeder, das die Tangenten- äche annähert. Ein Tangentenächenpolyeder ist durch Drehung seiner Polyederächen um die Polygonsehnen in die Ebene abwickelbar. Fig. 7: Annäherung der Tangentenäche durch eine Polyederäche

1 Abwicklung von Flächen 7 als Scharnier ausgebildet denkt. Dann dreht man die einzelnen Flächen τ 1, τ 2 um diese Scharniere bis sie alle in einer Ebene liegen.... so lange 1.5 Verbindungstorsen Eine für die Praxis wichtige Aufgabe ist die Herstellung von Verbindungstorsen. Gröÿere Behälter usw. werden vorzugsweise aus abwickelbaren Flächenstücken zusammengesetzt. Die Aufgabe lautet somit, zu vorgegebenen Randlinien q 1, q 2 ein abwickelbares Verbindungsstück zu konstruieren. Dieses Verbindungsstück ist anschlieÿend abzuwickeln. Wir behandeln verschiedene Fälle. 1.5.1 Querschnitte in parallelen Ebenen: Fig. 8: Verbindungstorse von Querschnitten in parallelen Ebenen Sind zwei Querschnitte q 1, q 2 in parallelen Ebenen gegeben, so läÿt sich eine abwickelbare Verbindungsäche (Verbindungstorse) wie folgt konstruieren: Man beachtet, dass jede Tangentialebene τ einer Torse diese längs einer geradlinigen Erzeugenden e berührt. τ schneidet die Trägerebenen von q 1 und q 2 daher in parallelen Tangenten t 1, t 2. Daraus folgt: Zwischen q 1 und q 2 entsteht eine abwickelbare Verbindungsäche, wenn man bei q 1 und q 2 Punkte mit parallelen Tangenten geradlinig verbindet. Die Textgur zeigt zwei Querschnitte eines Tragügels samt Verbindungsäche (Abbildung 8). 1.5.2 Querschnitte in nichtparallelen Ebenen: Sind zwei Querschnitte q 1, q 2 in nichtparallelen Ebenen ɛ 1, ɛ 2 gegeben (Abbildung 9), so ndet man eine abwickelbare Verbindungsäche wie folgt: Man ermittelt den Schnittpunkt Q einer beliebigen Tangente t 1 an q 1 mit der Schnittgeraden ɛ 1 ɛ 2. Von Q aus legt man eine Tangente t 2 an q 2. Die Verbindungsebene t 1 t 2 ist Tangentialebene einer Verbindungstorse von q 1 und q 2 ; die Verbindungsgerade der Berührpunkte ist eine Erzeugende. Zur Vermeidung von Selbstdurchdringungen ist die Tangente von Q an q 2 so zu legen, dass q 1 und q 2 auf derselben Seite der Ebene t 1 t 2 liegen. Die Abbildung 10 zeigt eine Fläche mit Selbstdurchdringung. 1.5.3 Der Querschnitt q 2 ist eine ebene Kurve, die Leitkurve q 1 ist eine Raumkurve: Bestimme in diesem Fall in einem Punkt P 1 q 1 die Tangente t P1 und schneide diese mit

1 Abwicklung von Flächen 8 Fig. 9: Verbindungstorse von Querschnitten in nichtparallelen Ebenen Fig. 10: Verbindungstorse mit Selbstdurchdringung gente an q 2. Durch ihren Berührungspunkt P 2 q 2 und P 1 läuft die gesuchte Erzeugende e

1 Abwicklung von Flächen 9 Fig. 11: Verbindungstorse Raumkurve - ebene Kurve aus Abb. 11 entnommen werden: Zerlege das windschiefe Viereck {P 1, Q 1, P 2, Q 2 } - das durch zwei benachbarten Erzeugenden e, e der Verbindungstorse gebildet wird - durch eine Diagonale in zwei Dreiecke und verebne diese beiden Dreiecke; es ist gleichgültig, welche Diagonale im Viereck herangezogen wird. Zum Abschluss dieses Abschnittes behandeln wir noch das Beispiel 1.2: Verbindungstorse: Gegeben sind ein Kreis und ein Rechteck in zwei parallelen Ebenen. Man konstruiere eine Verbindungstorse zwischen den beiden Kurven. Konstruktion: Die Verbindungstorse besteht aus ebenen Stücken (Dreiecken) und Stücken von Kreiskegeln. Die Übergangspunkte zwischen den Flächenstücken werden durch die Berührpunkte der zu den Rechteckseiten parallelen Kreistangenten gefunden. Zur Abwicklung werden die wahren Längen der Dreieckseiten konstuiert und die Kreiskegel durch Pyramiden angenähert.

1 Abwicklung von Flächen 10 Fig. 12: Verbindungstorse