Aufsätze Gewährleistungsrecht beim Kauf gem. 459ff. BGB B. Berst' (Fortsetzung aus Heft 1/1985) Das gilt z. B. auch, wenn sich der Käufer die Tauglichkeit einer Taucherausrüstung für besonderes Tiefseetauchen, die Explosionssicherheit eines Treibstoffs oder die Sicherheit einer Skibindung etc. zusichern lässt. Berechnung der Minderung Die Höhe der Minderung ist gesetzlich festgelegt und wird folgendermaßen berechnet ( 472 BGB). Der vereinbarte Kaufpreis wird in dem Verhältnis herabgesetzt, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde. V verkauft dem K eine fehlerhafte Maschine für 30 000, DM. Der wahre Verkaufswert beträgt nur 20000, DM. Ohne Fehler wäre die Maschine 28000, DM wert. Gemäß 472 BGB muss sich der herabgesetzte Kaufpreis zu dem vereinbarten wie der wirkliche Wert zu dem Wert der Sache ohne Mangel verhalten. x = wirklicher Wert x vereinbarter Preis Wert ohne Mangel x = 20000 x 30000 = 21428,50 DM 28 000 Der Kaufpreis ist auf 21425,50 DM herabzusetzen. Anspruch des Käufers auf Wandlung, Minderung, Schadensersatz wegen Nichterfüllung oder Nachlieferung einer mangelfreien Sache beim Gattungskauf gem. 480 BGB Bei einem Stückkauf schließen die Parteien einen Kaufvertrag über eine ganz bestimmte Sache (das bestimmte Gemälde, das Kfz aus dem Schaufenster mit besonderen Extras). Bei der Gattungsschuld ist der zu leistende Gegenstand noch reaktiv unbestimmt, aber bestimmbar38. Eine Bestimmung der Gattungsschuld kann durch die Parteien anhand irgendwelcher Merkmale vorgenommen werden. Es wird z. B. ein Kaufvertrag über Wein eines bestimmten Anbaugebietes, eines bestimmten Jahrgangs, Getreide oder Obst aus eigener Ernte geschlossen. Anderer Wein oder anderes Getreide gehören dann einer anderen Gattung als der Nachdruck und Vervielfältigung Seite 1/6
vereinbarten an. Gewährleistungsrecht heim Kauf gern.. 459ff. BGB Eine Gattungsschuld liegt z. B. auch dann vor, wenn Waren nach Katalog ausgesucht und bestellt werden, wenn also von einer Serienproduktion auszugehen ist. Die Rechtslage beim Gattungskauf hinsichtlich der Gewährleistungsansprüche entspricht insofern derjenigen beim Stückkauf, als der Käufer Wandlung, Minderung und Schadensersatz verlangen kann. Im Unterschied zum Stückkauf darf der Käufer beim Gattungskauf aber auch Nachlieferung einer mangelfreien Sache verlangen (3 480 Abs. 1 S. 1 BGB). Beim Gattungskauf wird nicht eine individuell bestimmte Sache geschuldet. Liefert der Verkäufer aus der Gattung eine mangelhafte Sache, so hat der Käufer die Rechte aus 480 BGB. K bestellt bei V nach Katalog Holzspielzeug, an dem sich nach kurzer Zeit die Farbe ablöst. Leistet der Verkäufer hingegen Sachen, die nicht der vereinbarten Gattung angehören, (z. B. statt Holzspielzeug wird Spielzeug aus Kunststoff geliefert), so liefert er etwas anderes als geschuldet. Es handelt sich dabei nicht um einen Sachmangel, sondern um eine Falschlieferung. Diese ist nicht als Erfüllung anzusehen, so dass die g 320 ff. BGB gelten, nicht aber 480 BGB. Gemäß 480 Abs. 2 BGB kann der Käufer einer Gattungssache auch Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der Kaufsache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs eine zugesicherte Eigenschaft fehlt bzw. wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen hat. Durchsetzung des Wandlungs- und Minderungsrechts und des Anspruchs auf Nachlieferung Nach 462 BGB kann der Käufer wegen eines Mangels, den der Verkäufer nach den 459/460 BGB zu vertreten hat, Wandlung oder Minderung verlangen. Diese Vorschriften geben nur den Wandlungs- bzw. Minderungsgrund an, sagen aber nicht, wie der Käufer seine Ansprüche durchzusetzen hat. Dies ergibt sich aus den f5 465 ff. BGB. Die Durchsetzung des Wandlungsrechts Der Käufer, der wirksam die Wandlung erklärt, kann über 467 BGB gern. g 346/348 BGB Zug um Zug gegen Rückgabe der Kaufsache den gezahlten Kaufpreis zurückverlangen. Soweit der Kaufpreis noch nicht bezahlt ist, kann man der Kaufpreisforderung die Wandlungseinrede entgegenhalten. Nach 465 BGB ist die Wandlung vollzogen, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers mit ihr einverstanden erklärt. Die Formulierung ist jedoch irreführend. Wird eine mangelhafte Sache geliefert, dann steht nach der Wandlungserklärung dem Käufer ein Rückzahlungsanspruch zu, und zwar auch dann, wenn der Verkäufer Nachdruck und Vervielfältigung Seite 2/6
sich nicht damit einverstanden erklärt. Die Begründung dieses Ergebnisses ist Gegenstand eines Theorienstreits, der jedoch keine praktischen Auswirkungen hat. Die Rechtsprechung gewährt ohne Entscheidung des Theorienstreits einen direkt einklagbaren Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises. Verjährung der Ansprüche wegen mangelhafter Lieferung gern. 5 477 BGB Der Anspruch auf Wandlung, Minderung sowie der Anspruch auf Schadensersatz verjährt bei beweglichen Sachen in 6 Monaten von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahr von der Übergabe ab. Bei Arglist des Verkäufers gilt die normale 30-jährige Verjährungsfrist des 195 BGB. Die Verjährungseinrede des 477 BGB dient in erster Linie dem Schutz der Interessen des Verkäufers. Der Verkäufer haftet für Sachmängel ohne Verschulden. Er muss sich darauf verlassen können, dass der Käufer, der die Kaufsache abgenommen hat, nach Ablauf einer angemessenen Frist keine Ansprüche wegen Sachmängel mehr gegen ihn geltend machen kann. Ist ein längerer Zeitraum verstrichen, lässt sich häufig nicht mehr nachweisen, ob der Mangel bereits bei Gefahrübergang der Kaufsache vorhanden war oder ob er erst später entstanden ist. Der kurzen Verjährungsfrist des 477 Abs. 1 BGB unterliegt nur der Anspruch auf Vollziehung der Gewährleistung, nicht der Anspruch aus der vollzogenen Wandlung. Hat der Käufer also gegen den Verkäufer die Wandlung innerhalb der Frist des 477 BGB erklärt, so gilt für seinen Anspruch aus der Wandlung auf Rückzahlung des Kaufpreises die 30-jährige Verjährungsfrist des 195 BGB'''. Hat der Käufer den Mangel rechtzeitig vor Eintritt der Verjährung gerügt, so kann er auch nach Eintritt der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern, als er bei Wandlung oder Minderung dazu berechtigt sein würde ( 478 BGB). Ausschluss der Gewährleistung 1. Kraft Gesetzes 1. Gemäß 460 S. 1 BGB stehen dem Käufer keine Gewährleistungsrechte zu, wenn er den Mangel bereits hei Vertragsschluß kennt. Das gilt selbst dann, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen hat, da im Falle der Kenntnis das Verschweigen nicht ursächlich für den Vertragsschluß wird40. 2. Grobfahrlässige Unkenntnis schließt grundsätzlich die Sachmängelansprüche gern. 460 S.2 BGB aus. Unter grober Fahrlässigkeit versteht man eine besonders schwere Versäumung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt4'. Wann der Käufer grob fahrlässig handelt, bestimmt sich danach, inwiefern ihm eine Untersuchungspflicht bei Abschluss des Kaufvertrages aufzuerlegen ist. Grundsätzlich besteht keine allgemeine Untersuchungs- und Rügepflicht42. Verlässt sich der Käufer auf Angaben des Verkäufers und verzichtet er daher auf eine Untersuchung, so ist dieses Verhalten, insbesondere bei einem unerfahrenen Nachdruck und Vervielfältigung Seite 3/6
Kunden, in der Regel nicht grob fahrlässig. Anders ist die Sachlage dann, wenn der Käufer besondere Sachkunde hat, über die der Verkäufer nicht verfügt. Der Automobilverkäufer A nimmt einen Gebrauchtwagen in Zahlung und übersieht dabei grobe Mängel. Grob fahrlässig handelt auch der Käufer, der eine Besichtigung der Sache unterlässt, obwohl er auf Mängel hingewiesen worden ist. Beim Kauf gewisser Sachen besteht eine Verkehrssitte, nach der auf jeden Fall eine Untersuchung durch den Käufer zu erfolgen hat (z. B. bei Häusern, Kunstwerken u. ä.). Trotz grober Fahrlässigkeit des Käufers bleiben in 2 Fällen seine Sachmängelrechte bestehen: Gewährleistungsrecht beim Kauf gem. g 459ff BGB 1. bei arglistigem Verschweigen des Fehlers durch den Verkäufer und 2. bei Zusicherung der Abwesenheit eines Fehlers. 3. Ist der Kauf für beide Parteien ein Handelsgeschäft, muss der Käufer die gelieferte Sache unverzüglich untersuchen und gefundene Mängel dem Verkäufer sofort anzeigen. Andernfalls verliert er seine Mängelansprüche gem. g 377/378 HGB. 4. Ein Verzicht auf die Gewährleistungsansprüche liegt darin, dass der Käufer die mangelhafte Sache in Kenntnis des Mangels annimmt ( 464 BGB), ohne sich seine Rechte dabei vorzubehalten. Annahme ist jedes Verhalten, das zu erkennen gibt, dass die Leistung als eine im Wesentlichen vertragsgemäße Erfüllung hingenommen wird. Für weitere Mängel, die dem Käufer bei der Annahme unbekannt sind, gilt 464 BGB nicht43 2. Vertraglicher Ausschluss der Sachmängelhaftung Da die Vorschriften der g 459ff. BGB nicht zwingendes Recht und damit der Parteivereinbarung zugänglich sind, können sie ausdrücklich oder stillschweigend durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden. Eine Ausnahme bildet 476 BGB, wenn der Verkäufer arglistig gehandelt hat. Ausgeschlossen werden Gewährleistungsrechte regelmäßig durch sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen. Das Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erschwert dies allerdings. In den g 10/11 ist ein Katalog von Klauselverboten aufgestellt. Enthalten die in den Vertrag einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine unzulässige Klausel, so bleibt der Vertrag im Übrigen dennoch wirksam, da an die Stelle der unwirksamen Klausel die gesetzliche Regelung tritt ( 6). In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Lieferanten L heißt es u. a.: Bei Mangelhaftigkeit der Kaufsache steht dem Käufer nur ein Anspruch auf Nachdruck und Vervielfältigung Seite 4/6
Nachbesserung zu. K lässt seine Geschirrspülmaschine vom Monteur des L nach 4- wöchigem Gebrauch nachsehen, da Störungen während des Waschvorgangs aufgetreten sind. Diese wiederholen sich mehrfach und die Reparaturversuche des Monteurs bleiben erfolglos. K fragt nach seinen Rechten. Die Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des L gewährt dem Kunden keinen ausreichenden Schutz. Schlagen wie hier die ausdrücklich allein zugelassenen Nachbesserungsversuche fehl, hat der Kunde keine weiteren Rechte wegen der Mangelhaftigkeit der Kaufsache. Deshalb ist nach 11 Nr. 10 b des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Klausel über die Beschränkung des Rechts des Käufers allein auf die Nachbesserung unwirksam, weil sie dem Käufer nicht ausdrücklich das Recht vorbehält, bei Fehlschlagen der Nachbesserung Minderung oder Wandlung verlangen zu können. An die Stelle der unwirksamen Klausel tritt gem. 6 des Gesetzes die gesetzliche Regelung, wonach der Käufer bei einem Sachmangel Wandlung oder Minderung verlangen kann. Zu beachten ist, dass 11 Nr. 10 b des Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur bei Verträgen über neu hergestellte Sachen gilt, also z. B. nicht beim Kaufvertrag über Gebrauchtwagen. Besonderheiten der Gewährleistungsrechte beim Viehkauf gern. 55 481ff. BGB Die Sachmängelhaftung der 55 459ff. BGB gilt nur für den Sachkauf und für Gegenstände, die den Sachen gleichgestellt werden. Sie ist beim Kauf bestimmter Tiere sowohl in den Voraussetzungen als auch in den Rechtsfolgen besonders geregelt. Voraussetzungen beim Viehkauf Bei bestimmten Tieren (Eseln, Pferden, Maultieren, Rindvieh, Schafen und Schweinen) haftet der Verkäufer nur für gewisse Fehler, sog. Hauptmängel und zwar nur dann, wenn sie sich innerhalb der sog. Gewährfristen zeigen (55 481/482 BGB). Diese Hauptmängel sind nicht im BGB geregelt, sondern in der ViehMVO (Verordnung betr. die Hauptmängel und Gewährfristen beim Viehhandel). Diese Regelung ist abschließend und kann nicht um weitere Mängel erweitert werden. Für andere Fehler, sog. Nebenmängel, trifft den Verkäufer keine Gewährleistungspflicht. Ihm steht es allerdings frei, vertraglich dafür eine Gewähr zu übernehmen. Ein Sichzeigen des Mangels bedeutet, dass irgendeine Person, nicht notwendig der Käufer selbst, den Mangel wahrnimmt. Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird nach 5 484 BGB vermutet, dass er bereits bei Gefahrübergang vorhanden war. Für den Kauf anderer, nicht in 481 BGB genannten Tiere (z. B. Hunde, Katzen, Vögel etc.) gelten die allgemeinen Sachmängelvorschriften des BGB. Nachdruck und Vervielfältigung Seite 5/6
Rechtsfolgen der Gewährleistung beim Viehkauf 1. Der Käufer kann nur Wandlung, nicht Minderung verlangen (g 487 Abs. 1 BGB). Besonderheiten ergeben sich aus den 55 487 Abs. 2-4, 488/489 BGB. Die Verjährung regelt 5 490 BGB. 2. Schadensersatz wegen Nichterfüllung kommt in 2 Fällen in Betracht: a) beim Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft und b) bei arglistigem Verschweigen eines Fehlers 463/480 Abs.2/481 BGB. 3. Lieferung eines mangelfreien Tieres anstelle des mangelhaften kann der Käufer beim Gattungskauf verlangen (g 491 BGB). Zum Schluss bleibt noch darauf hinzuweisen, dass die 459 ff. BGB ausschließlich Gewährleistungsvorschriften für den Sachkauf darstellen. Für den Werkvertrag, die Miete usw. gelten besondere Regeln. 38 Ernon-Sire 243 Rdnr. 5. 39 BGH MDR 58, 232; BGH NIX/ 1961, 117; Larenz I1 5 41 a. 40 RGZ 102, 394. 41 RGZ 131, 355; BGHZ 10, 14 (16). 42 RGZ 131, 343 (353); OLG Gelle BB 1957, 910. 43 RGZ 64, 236 (240); 109, 295 (296); BGHZ 50, 364 (367). Nachdruck und Vervielfältigung Seite 6/6