Gesetzliche Schuldverhältnisse. Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard)

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Transkript:

Privatdozent Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 1

Wiederholung: Die unechte GoA PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 2

4 Unechte GoA unechte GoA = Eigengeschäftsführung, 687 BGB fremdes Geschäft wird als eigenes behandelt Fehlen eines Fremdgeschäftsführungswillens Voraussetzung: objektiv fremdes Geschäft keine Eigengeschäftsführung bei neutralem Geschäft: dieses wird gerade erst durch Fremdgeschäftsführungswillen zu subjektiv fremden Geschäft keine Eigengeschäftsführung bei auch-fremden Geschäft: Geschäft wird erst durch vermuteten Fremdgeschäftsführungswillen ein fremdes PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 3

4 Unechte GoA 687 BGB Unechte Geschäftsführung (1) Die Vorschriften der 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei. (2) 1 Behandelt jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, dass er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend machen. 2 Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach 684 Satz 1 verpflichtet. PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 4

4 Unechte GoA 1. Irrtümliche Eigengeschäftsführung, 687 Abs. 1 BGB Vorschriften der GoA ( 677 ff. BGB) unanwendbar Erkennbarkeit oder Verschulden des Irrtums sind unerheblich stattdessen: 812 ff., 823 ff., 987 ff. BGB PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 5

4 Unechte GoA 2. Geschäftsanmaßung, 687 Abs. 2 BGB keine Schutzbedürftigkeit des Geschäftsführers Hintergrund: besondere Schutzbedürftigkeit des Geschäftsherrn aufgrund des Wissens und Vorsatzes des Geschäftsführers 687 Abs. 2 BGB: Wahlrecht des Geschäftsherrn 812 ff., 823 ff., 987 ff. BGB Ansprüche aus berechtigter und unberechtigter GoA PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 6

4 Unechte GoA Ansprüche des Geschäftsherrn 687 Abs. 2 ivm. 681 S. 2, 667 BGB: Herausgabe des Erlangten 687 Abs. 2 ivm. 678 BGB 812 ff., 823 ff., 987 ff. BGB Ansprüche des Geschäftsherrn wenn Geschäftsherr Rechte aus 687 Abs. 2 BGB geltend macht Aufwendungsersatz, 687 Abs. 2 S. 2 ivm. 684 S. 1 BGB wenn Geschäftsherr Rechte aus 687 Abs. 2 BGB nicht geltend macht keine Ansprüche (ggf. Verwendungsersatz gem. 994 ff. BGB) 812 ff. BGB (-) wegen Wertung des 687 Abs. 2S. 2 BGB PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 7

Der hilfsbereite Nachbar Auf seinem abendlichen Spaziergang entdeckt der Schreiner S, dass bei seinem verreisten Nachbarn die zum Teil verglaste Wohnungstür eingeschlagen und beschädigt ist. Als er nachsehen will, was geschehen ist, verletzt er sich ohne Verschulden an den Splittern der eingeschlagenen Glasscheibe. S muss sich daraufhin von seinem Arzt behandeln lassen, wodurch Kosten ihv. 300 entstehen. Um Wasserschäden und Plünderungen zu verhindern, setzt S am nächsten Tag eine neue Tür ein. Sein 17 Jahre alter Sohn K stellt fest, dass der Eingangsbereich mit Textmarker beschmiert worden ist. Er kauft Farbe und streicht die betroffenen Stellen neu. Nachdem N zurückgekehrt ist, verlangt S von ihm 500 für die Tür, 200 Werklohn und die Arztkosten. K verlangt von N Ersatz des Kaufpreises für die Farbe ihv. 100 und 50 für seine Malerarbeiten. Zu Recht? PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 8

I. Ansprüche des S gegen N 1. Vertrag (-) 2. 677, 683 S.1, 670 BGB a) Geschäftsbesorgung & fremdes Geschäft b) Fremdgeschäftsführungswillen c) Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung d) objektiv nützlich und in dessen Interesse e) wirklicher Wille (-) f) mutmaßlicher Wille (+) g) Zwischenergebnis PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 9

h) Aufwendungen aa) Materialkosten der neuen Tür Aufwendungen isd. 670 BGB (+) bb) Arbeitskraft: (1) Grundsatz: kein Ersatz, da GoA unentgeltlich 662 (2) Ausnahme: Tätigkeit in beruflicher Sphäre des Geschäftsführers, 1835 III analog cc) Arztkosten P: nicht freiwillig entstanden, sondern Schaden (unfreiwillige Vermögenseinbuße) Lösung: Erweiterung des Aufwendungsbegriffs in Anlehnung an 110 Abs. 1 HGB PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 10

110 Abs. 1 HGB Macht der Gesellschafter in den Gesellschaftsangelegenheiten Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, oder erleidet er unmittelbar durch seine Geschäftsführung oder aus Gefahren, die mit ihr untrennbar verbunden sind, Verluste, so ist ihm die Gesellschaft zum Ersatze verpflichtet. ersatzfähig sind mit der Übernahme der Geschäftsführung typischerweise verbundene Schäden (sog. risikotypische Begleitschäden) Argument: freiwillige Übernahme eines Schadensrisikos ist nichts anderes als eine freiwillige Aufwendung i) Ausschluss nach 241a Abs. 1 Var. 2 BGB bzgl. Material- und Arbeitskosten (-) PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 11

Ergebnis: Die Materialkosten für die Tür ihv. 500 die Arbeitskosten für das Einsetzen einer neuen Tür ihv. 200 und die Arztkosten ihv. 300 stellen ersatzfähige Aufwendungen dar. PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 12

II. Ansprüche des K gegen N 1. Vertragliche Ansprüche 2. 683 S. 1, 670 BGB a) Geschäftsbesorgung (+) b) fremdes Geschäft aa) Objektiv fremdes Geschäft Streichen des Eingangsbereiches (+) bb) Neutrales Geschäft (+) cc) Fremdgeschäftsführungswillen (+) c) ohne Auftrag Kauf der Farbe (-) d) Übernahme des Geschäfts durch Minderjährigen PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 13

e.a: 104 ff. BGB analog dann Anspruch aus GoA hier (-) a.a: 104 ff. BGB analog nur bei rechtlichen Hilfsdiensten dann Anspruch aus GoA hier (-) h.m.: 104 ff. BGB nicht analog anwendbar 104 ff. dienen vor allem dem Schutz des Minderjährigen Anwendbarkeit der 104 ff. hätte zur Folge, dass dem Minderjährigen Ansprüche aus GoA versagt werden Minderjähriger ausreichend über 179 Abs. 2 S. 2 BGB und 682 BGB geschützt PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 14

6. 681 BGB 7. Aufwendungsersatz gem. 670 a) Kaufpreis (+) b) Arbeitskraft, 662 BGB, Wertung des 1835 III BGB (-) 8. Ergebnis K kann nur Ersatz der Aufwendungen für den Kauf der Farbe ihv. 100 verlangen. PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 15

Der übereifrige Helfer A verreist für 4 Wochen in den Urlaub und bittet den Nachbarn B, seine Blumen zu gießen. Hierfür händigt er ihm seinen Wohnungsschlüssel aus. B vermietet die Wohnung an Touristen. Welche Rechte hat A? PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 16

Anspruch des A gegen B auf Erlösherausgabe aus angemaßter Eigengeschäftsführung, 687 II 1, 681 S. 2, 667 BGB I. Geschäftsführung (+) II. Fremdgeschäftsführungswille (-) III. Eigengeschäftsführung 1.irrtümlich, 687 I BGB (-) 2. angemaßt, 687 II 1 BGB (+) IV. Rechtsfolge Herausgabe des Erlangten (vereinnahmte Miete ) 667 BGB PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 17

Anspruch des B gegen A auf Aufwendungsersatz aus angemaßter Eigengeschäftsführung, 687 II 2, 684 S. 1, 812 ff. BGB I. 687 II 1 BGB (+) II. Ausübung des Wahlrechts des 687 II 1 BGB durch A, 687 II 2 BGB (+) III. Rechtsfolge: Aufwendungsersatzanspruch, 684 S. 1, 812 ff. BGB Aber: begrenzt auf erforderliche Aufwendungen hier: keine Aufwendungen ersichtlich denkbar: Kosten für Reinigungsmittel etc., dann aber Erforderlichkeit problematisch PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 18

Der klassische Flugreisefall (BGH NJW 1971,609) Der am 5. September 1950 geborene Beklagte flog nach Erwerb eines entsprechenden Flugscheins am 27. August 1968 mit einer Linienmaschine der Klägerin von M nach H. Dort gelang es ihm, mit den Transitpassagieren das Flugzeug wieder zu besteigen und an dem Weiterflug nach N Y teilzunehmen, ohne daß er im Besitz eines Flugscheins für diese Strecke gewesen wäre. In New York wurde ihm die Einreise in die USA verweigert, weil er kein Visum hatte. Die Klägerin ließ ihn daraufhin eine Zahlungsverpflichtungserklärung über 256 US-Dollar unterzeichnen, stellte ihm einen Flugschein für die Rückreise aus und beförderte ihn noch am selben Tag mit einer ihrer Linienmaschinen nach M. Die Mutter des Beklagten, seine gesetzliche Vertreterin, hat die Genehmigung für Rechtsgeschäfte, die der Beklagte mit der Klägerin geschlossen hat, verweigert. PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 19

Im vorliegenden Verfahren verlangt die Klägerin vom Beklagten die Zahlung der tariflichen Flugpreise für die Strecken H/N Y = 1.188 DM und N Y/M = 1.024 DM (zuzüglich Mahnkosten und Zinsen) aus Vertrag, unerlaubter Handlung, ungerechtfertigter Bereicherung und Geschäftsführung ohne Auftrag. Zu Recht? PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 20

A. Hinflug: Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Flugpreises I. Beförderungsvertrag 1. Vertragsschluss? ausdrückliche Willenserklärung (-) konkludente Willenserklärung (-) II. 677, 683 S. 1, 670 BGB wegen berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag 1. Besorgung eines Geschäftes (+) 2. Für einen anderen a) Fremdheit des Geschäftes Beförderung war Sache des Beklagten, nicht der Klägerin. subjektives Interesse (+) objektives Interesse (+/-), beides gut vertretbar PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 21

Argumentation contra objektives Interesse: Es kann nicht im Interesse eines Minderjährigen sein kann, ohne Visum nach Amerika zu fliegen. b) Fremdgeschäftsführungswillen widerlegbare Vermutung bei objektiv fremdem Geschäft (+) keine Kenntnis der Fluglinie: möglicherweise wurde die Vermutung widerlegt (str.) Fluglinie handelte auch in Erfüllung eigener öffentlich-rechtlicher und/oder privatrechtlicher (Beförderungs)Pflichten: vermag daran nach st. Rspr. nichts zu ändern ( auch fremdes Geschäft ). PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 22

3. Berechtigung, 683 BGB objektives Interesse und tatsächlicher oder mutmaßlicher Wille des Geschäftsherrn? a) Objektives Interesse Beförderung nach New York liegt nicht im objektiven Interesse des Minderjährigen = GoA (-) PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 23

III. 823 I (Unerlaubter Handlung) 1. Rechtsgutsverletzung (-) Blockierung eines sonst bezahlten Sitzplatzes (-) Benzinmehrverbrauch 8-9 IV. 823 II i.v.m. 265a StGB, 826 BGB 1. Verletzung eines Schutzgesetzes (+) = Strafbarkeit gem. 265a StGB 2. Rechtswidrigkeit (+) 3. Verschulden (+) 4. Schaden s.o. (-) Benzinmehrverbrauch (-) Überfüllung (-) PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 24

B. Rückflug: Anspruch der Klägerin auf Zahlung des Flugpreises I. 677, 683 S.1, 670 BGB 1. Geschäftsbesorgung & fremdes Geschäft 2. Fremdgeschäftsführungswillen 3. Ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung 4. objektiv nützlich und in dessen Interesse 5. wirklicher Wille (-) 6. mutmaßlicher Wille (+) 7. Zwischenergebnis Voraussetzungen berechtigter GoA liegen vor PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 25

8. Aufwendungen Rechtsgedanke 1835 III BGB: Ersatz des tariflichen Flugpreises! Flugbeförderung gehört zur beruflichen Tätigkeit der Klägerin 9. Ergebnis Anspruch auf Zahlung des Flugpreises für den Rückflug aus 677, 683, 670 BGB (+) PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 26

Trainingsfahrt auf Abwegen (BGH NJW 2015, 2880) Großmutter G fährt ihre Enkelin E, die in der Nachwuchsmannschaft des Fußballvereins V spielt, mit dem Auto zu einem Turnier im Rahmen der Hallenkreismeisterschaft. Auf dem Weg dorthin verunfallte die K mit ihrem PKW und zog sich dabei erhebliche Verletzungen zu. K verlangt vom Verein V, der eine Sportversicherung unterhält, Ersatz der Arztkosten sowie Schmerzensgeld. Zu Recht? PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 27

I. 280 I, 241 II BGB 1. Schuldverhältnis kein Rechtsbindungswillen 2. Ergebnis kein Anspruch aus 280 I, 241 II BGB II. 662, 670 BGB kein Rechtsbindungswillen kein Anspruch aus 662, 670 BGB PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 28

III. 677, 683 S.1, 677 BGB Geschäftsbesorgung (+) für einen Anderen (+/-) beides vertretbar mit Fremdgeschäftsführungswillen (+/-) beides vertretbar ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung, hier spätestens (-) Die Klägerin hat ihre Enkelin nach B. fahren wollen, um dieser die Teilnahme an der Kreismeisterschaft zu ermöglichen. Dies geschah aus Gefälligkeit gegenüber ihrer Enkelin beziehungsweise deren sorgeberechtigten Eltern. An dem Charakter der Fahrt als Gefälligkeit ändert sich nichts dadurch, dass der Transport nicht ausschließlich im alleinigen Interesse der Enkelin und ihrer Eltern, sondern auch im Interesse der Mannschaft und damit des beklagten Sportvereins lag. PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 29

Der "Bringdienst" der minderjährigen Spielerinnen zu auswärtigen Spielen war nach den tatrichterlichen Feststellungen Sache der Eltern beziehungsweise anderer Angehöriger oder Freunde. Dieser übliche Ablauf spricht entscheidend dagegen, den auf freiwilliger Grundlage erfolgten Transport der Kinder zu Auswärtsspielen durch Personen aus ihrem persönlichen Umfeld als auf der Grundlage eines mit wechselseitigen Rechten und Pflichten ausgestalteten Schuldverhältnisses erbracht anzusehen. Vielmehr handelt es sich um eine reine Gefälligkeit, die sich im außerrechtlichen Bereich abspielt. PD Dr. Matthias Wendland, LL.M. (Harvard) 30