Grenzwerte-Stetigkeit-Differentiation einer Funktion Wir betrachten ab jetzt nur noch Funktionen f : D(f) R (Uneigentliche) Grenzwerte von Zahlenfolgen Nrn. 41-45 46 Grenzwert einer Funktion f in x 0 x 0 [a, b] D(f) Die Zahl x 0 ist also als Grenzwert erreichbar durch Zahlenfolgen x n, n N, für die (für alle n N) x n D(f) und x n x 0 gilt. Eine Zahl c heißt Grenzwert der Funktion f an der Stelle x 0, wenn für JEDE Folge (x n, n N) mit x n x 0 gilt: f(x n ) c. n n Schreibweisen GW lim x x 0 f(x) = c oder f(x) c für x x 0 Für einen linksseitigen Grenzwert werden nur Folgen mit x n < x 0, für einen rechtsseitigen Grenzwert werden nur Folgen mit x n > x 0, zugelassen. Schreibweisen LGW Schreibweise RGW lim f(x) = c oder f(x) c x x 0 für x x 0 lim x x 0 + für x x 0+ Existieren links- und rechtsseitiger Grenzwert, und sind beide gleich der einen Zahl c, so ist auch der Grenzwert gleich c (und umgekehrt). GW = LGW = RGW Rechenregeln für Grenzwerte wie Nr. 45 Bsp. 1a x für 0 x < 1 x 0 = 1, f(x) = 3/4 für x = 1 x 2/3 für 1 < x 2 LGW: lim f(x) = lim x = 1 x 1 x 1 FW: f(1) = 3/4 RGW: lim x 1+ f(x) = lim x 1+ (x 2/3) = 1/3 Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 1 von 13
Als Sonderfälle für die Stelle x 0 und den (dann uneigentlich genannten) Grenzwert c einer Funktion sind auch die idealen Zahlen ± zugelassen, d.h. der uneigentliche Grenzwert lim f(x) = ± (sog. Polstellen) und die Grenzwertbildung lim f(x) x x 0 x [bzw. lim f(x)] für alle uneigentlichen Grenzwerte von Folgen x n [bzw. x x n ] Bsp. 2 f(x) = 1/x, D(f) = R >0, lim (1/x) = +, lim (1/x) = 0. x 0+ x + 47 Stetigkeit einer Funktion f in x 0 x 0 [a, b] D(f) Stetigkeit von f in x 0 : lim x x 0 f(x) existiert und f(x 0 ) = lim x x 0 f(x) LGW=FW=RGW Linksseitige Stetigkeit von f in x 0 : LGW=FW lim f(x) existiert und f(x 0) = lim f(x) x x 0 x x 0 Rechtsseitige Stetigkeit von f in x 0 : FW=RGW lim f(x) existiert und f(x 0) = lim f(x)? x x 0 + x x 0 + Ist f linksseitig stetig in x 0 und rechtsseitig stetig in x 0, so ist f auch stetig in x 0 (und umgekehrt). Ist f an jeder Stelle x 0 D(f) stetig (bzw. linksseitig stetig bzw rechtsseitig stetig), so heißt f stetig (bzw. linksseitig stetig bzw. rechtsseitig stetig). Bsp. 1 b Die Funktion f aus Bsp. 1 a ist unstetig in x 0 = 1 (wird auch bei keiner anderen Festsetzung des Funktionswertes f(1) stetig in x 0 = 1), wäre aber bei der Festsetzung f(1) := 1 linksseitig stetig in x 0 und bei der Festsetzung f(1) := 1/3 rechtsseitig stetig in x 0 = 1. Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 2 von 13
48 Regeln für stetige Funktionen α R konstant Sind f und g stetig in x 0, dann auch αf, f ± g, f g und, wenn g(x 0 ) 0, f/g. Ist g stetig in x 0 und f stetig in x 1 = g(x 0 ), dann ist f(g(x)) stetig in x 0. Entsprechende Regeln gelten für die linksseitigen bzw. rechtsseitige Stetigkeit. 49 Stetigkeit von Grundfunktionen Die Grundfunktionen x, x r (r Q), e x und ln x sind stetig. Damit sind auch Funktionen stetig, die nach obigen Regeln (Nr. 48) aus stetigen Grundfunktionen zusammengesetzt sind. Sie werden sehr selten andere als derartig zusammengesetzte Funktionstypen benötigen. Allerdings wird dabei oft nicht der maximale Definitionsbereich genutzt werden, sondern nur ein Stück (Teilintervall). Bei der Zusammensetzung solche Stücke können an zumindest einigen Nahtstellen Unstetigkeiten auftreten: Stückweise Stetigkeit endlich viele Stücke Eine Funktion, die stückweise (mit angrenzenden Stücken) definiert ist und die in jeder Stelle ihres Definitionsbereiches mit Ausnahme mindestens einer Stückgrenze (Nahtstelle) steitig ist, nennen wir stückweise stetig. Funktionen, die bis auf endlich viele Stellen stetig sind, an den Unstetigkeitsstellen aber rechtsseitig stetig sind (und einen linksseitigen grenzwert besitzen), spielen in vielen Anwendungen eine besondere Rolle. Beispiele hierfür sind Treppenfunktionen wie Rundungsfunktionen [x], x, x und empirische Verteilungsfunktionen/kumulierte Häufigkeitsverteilungen Statistik Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 3 von 13
Methode: Einsetzen zur Grenzwertberechnung stetiger Funktionen Oft wird es nicht darum gehen, die Stetigkeit einer Funktion (an einer Stelle x 0 ) nachzuweisen, weil diese Eigenschaft schon aus allgemeinen Regeln gefolgert werden kann. Vielmehr wird umgekehrt das Wissen um die Stetigkeit eines Ausdrucks in x 0 dazu benützt, den Grenzwert dieses Ausdrucks in x 0 auszurechnen, nämlich durch simples Einsetzen von x 0 (verwenden der Definitionsgleichung der Stetigkeit (Nr. 47)). Bsp. 3a 1. x für 0 x < 1 f(x) = 3/2 für x = 1 x 2 2 3 für 1 < x 2 Bsp. 3b LGW in x 0 = 1 : lim f(x) = lim x = 1 = 1 x 1 x 1 RGW in x 0 = 1 lim x 1+ f(x) = lim x 1+ (x2 2 3 ) = 12 2 3 = 1 3 Die Funktion f aus Bsp. 3a ist wiederrum unstetig in x 0 = 1 (wird auch bei keiner anderen Festsetzung von f(1) stetig in 1), wäre aber bei der Festsetzung f(1) := 1 linksseitig stetig in 1 und bei der Festsetzung f(1) := 1/3 rechtsseitig stetig in 1. Als Sonderfälle für die Stelle x 0 und den (dann uneigentlichen) Grenzwert einer Funktion sind wiederum die idealen Zahlen ± zugelassen, d.h wenn diese (uneigentlichen) Grenzwerte existieren die Ergänzung f(x 0 ±) := lim x x0 ± f(x) = bzw. und die beiden Grenzwertbildungen f( ) := lim x f(x) bzw. f( ) := lim x f(x). Bsp. 4 1 0+ =, 1 0 =, 1 ± = 0, e =, e = 0, ln( ) =, ln(0+) =, =. Die Grenzwerteigenschaft stetiger Funktionen berechtigt dazu, den Funktionswert eines (im Modell) stetigen f an einer rechnerisch ungüstingen oder praktisch nicht realisierbaren Stelle Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 4 von 13
x durch den Funktionswert an einer rechnerisch günstigeren oder praktisch realisierbaren Stelle x 0 abzuschätzen: Nährung für f(x) bei stetigen Funktionen: x x 0 f(x) f(x 0 ) Solche Nährungen können sehr grob sein und sie erfassen nicht die Abhängigkeit der Änderungen von f(x) von den Änderungen von x. Ausgangspunkt einer Marginalanalyse Was mensch genauer haben möchte, ist etwas von der Form f(x) f(x 0 ) c (x x 0 ) also eine Aussage über eine (ungefähre) proportionale Abhängigkeit der Abweichung f(x) f(x 0 ) von den kleinen Abweichungen x x 0. Hierbei soll der Proportionalitätsfaktor c allenfalls von der Basisstelle x 0 abhängen. Anders formuliert: Der Differenzenquotient f(x) f(x 0) x x 0 soll für jedes x 0 durch eine einzige Konstante ersetzt werden, die für alle x in der Nähe von x 0 ungefähr gültig ist. Bei differenzierbaren Funktionen wird dies mit dem Grenzwert des Differenzenquotienten c := f (x 0 ) möglich: 50 Differenzierbarkeit einer Funktion f in x 0 x 0 [a, b] D(f) liegt vor, wenn der Grenzwert f (x 0 ) := lim f(x) f(x 0 ) x x 0 x x 0, die Ableitung von f in x 0 existiert. Entsprechend werden die einseitigen Grenzwerte des Differentialquotienten verwendet: für die rechtsseitige Ableitung f + (x 0) (rechtsseitige Differenzierbarkeit) der rechtsseitige Grenzwert mit x x 0 +, für die linksseitige Ableitung f (linksseitige Differenzierbarkeit) der linksseitige Grenzwert mit x x 0. Ist f linksseitige differenzierbar in x 0 und rechtsseitig differenzierbar in x 0, so ist f auch differenzierbar in x 0 (und umgekehrt). Ist f an jeder Stelle x 0 D(f) differenzierbar (bzw. linksseitig differenzierbar bzw. rechtsseitig differenzierbar), so heißt f differenzierbar (bzw. linksseitig differenzierbar bzw. rechtsseitig differenzierbar) Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 5 von 13
50a Die Grenzwertbildung für die Ableitung berechtigt zu dem marginalen (grenzwertigen) Ansatz: Nährung für f(x) bei differenzierbaren Funktionen an der Basisstelle x 0 f(x) f(x 0 ) f (x 0 ) (x x 0 ) bzw. f(x) f(x 0 ) + f (x 0 ) (x x 0 ) y = f(x 0 ) + f (x 0 ) (x x 0 ) ist die Tangentengleichung an f in (x 0, f(x 0 )) Bsp.5 (Einseitige) Differenzierbarkeit impliziert (einseitige) Stetigkeit: Eine in x 0 differenzierbare (bzw. linksseitig differenzierbare bzw. rechtsseitig differenzierbare) Funktion ist auch in x 0 stetig ( linksseitig stetig bzw. rechtsseitig stetig). VORSICHT Die Stetigkeit der Funktion f(x), nicht der Ableitung f (x) folgt die Ableitung wird zwar meist, muss aber nicht stetig sein. 51 Differenzierbarkeit von Grundfunktionen Die Grundfunktionen x, x r (r Q), e x und ln x sind in den nachfolgend (als D(f )) angegeben Bereichen differenzierbar. Damit sind auch Funktionen differenzierbar, die nach folgenden Regeln (Nr.44) aus differenzierbaren Grundfunktionen zusammengesetzt sind. Bei der Zusammensetzung Differenzierbarkeitsbereiche beachten Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 6 von 13
51a f(x) D(f) D(f ) f (x) 1 c (konstant) R R 0 2 x R R 0 1 für x < 0 1 für x > 0 3a x k (k N) R R k x k 1 3b x k (k N) R 0 R 0 k x k 1 4a x 1/k (k N gerade) R 0 R 0 1 k x1/k 1 4b x 1/k (k N ungerade) R R 0 4c x r (r Q) R >0 R >0 r x r 1 5 ln x R >0 R >0 x 1 6a e x R R e x 6b x α = e α ln x (α R 0 ) R >0 R >0 α x α 1 6c b x = e x ln b (b R >0, b 1) R R (ln b) b x Fast alle in der ökonomischen Anwendungen betrachteten Funktionen setzen sich unter Verwendung der bei den folgenden Rechenregeln betrachteten Operationen Vielfache [αf(x)], endliche Summen [f(x) ± g(x)], Produkte [f(x) g(x), f(x)/g(x)] und Kompositionen [f(g(x))] aus den obigen Funktionstypen zusammen. (6b-c) sind bereits abstrakte Beispiele für die Anwendung der unten folgenden Kettenregel (KR): Bsp.6 f(x) = x α = e α ln x, f (x) = e α ln x (α x 1 ) = x α α x 1 = α x α 1. Für ein α N oder α Q kennen Sie diese Ableitungsregel, sie gilt auch für beliebiges α R, z.b. ist (x 2 ) = 2 x 2 1 (= 2 e ( 2 1) ln x ). Für f(x) = b x = e x ln b ist nach (KR): f (x) = e x ln b ln b = b x ln b. Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 7 von 13
52 Regeln für differenzierbare Funktionen α R konstant Sind f und g differenzierbar in x 0, dann auch αf, f ± g, f g und wenn, g(x 0 ) 0, f/g. Ist g differenzierbar in x 0 und f differenzierbar in x 1 = g(x 0 ), dann ist f(g(x)) differenzierbar in x 0. Die Ableitungen ergeben sich (auch) aus den Ableitungen der an der neu zusammengesettzen Funktion beteiligten Funktionen, jeweils an der Stelle x 0 : (αf) = αf konstante Faktoren ausklammern (f ± g) = f ± g Summen gliedweise differenzieren (PR) (f g) = f g + f g Produktregel (QR) (f/g) = (f g f g )/g 2 Quotientenregel (KR) (f(g)) = f (g) g Kettenregel Bei entsprechend rechtsseitigen bzw. linksseitigen Voraussetzungen gelten entsprechende rechtsseitige bzw. linksseitige Regeln, z.b. (PR +) (f g) + = f + g + f g + (KR+) (f(g)) + = f +(g) g + (PR ) (f g) = f g + f g (KR ) (f(g)) = f (g) g Bsp. 7 (a) f(x) = (1 + x 2 ) 3, f (x) = 3 (1 + x 2 ) 3 1 (2x) = 6x(1 + x 2 ) 2 (b) f(x) = (1 + x 2 ) 3/2, f (x) = 3 2 (1 + x 2 ) 3/2 1 (2x) = 3x(1 + x 2 ) 5/2 (c) f(x) = (1 + x 2 ) 2, f (x) = 2 (1 + x 2 ) 2 1 (2x) = 2 3/2 x(1 + x 2 ) 2 1 (d) f(x) = ln (1 + x 2 ), f (x) = (2x) (1 + x 2 ) z z (e) f(x) = e (1 + x2 ), f (x) = e (1 + x2 ) (2x) (f) f(x) = ln (1 + e 1+x2 ), f (x) = (1 + e1+x2) = 1 + e 1+x2 Bsp. 7e e 1+x2 (2x) 1 + e 1+x2 Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 8 von 13
Schreibweise f (n) (x), n N 0 für die n-te Ableitung von f Die n-te Ableitung (n 1) einer Funktion f ist suksessive definiert als Ableitung der (n 1)-ten Ableitung von f (wenn es die Ableitung gibt) Anfang: f (0) (x) := f(x), Schritt 1: f (1) (x) := (f (0) ) (x) = f (x), Schritt 2: f (2) (x) := (f (1) ) (x) = f (x), Schritt n: f (n) (x) := (f (n 1) ) (x). 1.-3. Ableitung werden meist mit f, f, f bezeichnet, dann f (4), f (5)... Die Untersuchung des Vorzeichenverhaltens einer Funktion, speziell: von Ableitung einer Funktion, liefert einfache Kriterien für Informationen über die Gestalt einer Funktion. Bereiche/Intervalle, über denen eine Funktion (die Ableitung einer Funktion) negative bzw. positive Werte annimmt oder gleich Null ist ( Nullstelle ), werden besonders benannte Bereiche/Stellen: Nullstellen, stationäre Stellen einer Funktion f Eine Stelle x 0 mit f(x 0 ) = 0 heißt Nullstelle von f Eine Stelle x 0 mit f (x 0 ) = 0 heißt stationäre Stelle von f Jede stationäre Stelle x 0 ist eine mögliche Extremstelle von f, die Tangente in f(x 0 ) ist parallel zur x-achse (y = f(x 0 ), Steigung f (x 0 ) = 0) Nullstelle von f : Vorz./Nullst. von f : Vorz./Nullst. von f : Bestimmung von Urbildern eines Funktionswertes (meist: von Funktionswerten der Umkehrfunktion ). Gegeben: g(x)=c, gesucht: x. Monotoniebereiche von f und Teil der Etremwertbestimmung für f. Kürmmungsbereiche von f und Teil der Extremwertbestimmung für f, Teil der Extremwertbestimmung für f (Wendepunkt für f) Vorzeichen/Nullstellen von f = (f ) liefern also (gleichbedeutend) Monotoniebereiche von f und sind Teil der Extremwertbestimmt für f. Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 9 von 13
Vorzeichen/Nullstellen von f = (f ) = (f ) liefern (gleichbedeutend) Krümmungsbereiche für f, Monotoniebereiche von f... u.s.w.: Wir wenden, für unerschiedliche Funktionen, immer wieder die gleichen Methoden an, nur die Interpretation/Benennung ist je nach differentieller Denktiefe eine andere. Wenn unten von Ableitung in x [a, b] die Rede ist, so sind am Rand x = a (bzw. x = b) die rechtsseitige (bzw. linksseitige) Ableitung gemeint. 53 Monotonie einer differenzierbaren Funktion [Monotonie Nr.14] f (x) > 0 für alle x [a, b] f ist strikt monoton wachsend über [a, b] f (x) < 0 für alle x [a, b] f ist strikt monoton fallend über [a, b] f (x) 0 für alle x [a, b] f ist monoton wachsend über [a, b] f (x) 0 für alle x [a, b] f ist monoton fallend über [a, b] 54 Extrempunkte einer Funktion f Extremum = Min. oder Max. (x 0, f(x 0 )) heißt lokales Maximum von f, wenn um x 0 herum ein Intervall I gebildet werden kann so, dass f(x 0 ) f(x) für alle x D(f) mit x I. (x 0, f(x 0 )) heißt lokales Minimum von f, wenn um x 0 herum ein Intervall I gebildet werden kann so, dass f(x 0 ) f(x) für alle x D(f) mit x I. Ein lokales Maximum (bzw. Minimum) heißt global, wenn der entsprechende Wertevergleich von f(x 0 ) f(x) (bzw. f(x 0 ) f(x)) für jedes x aus dem Definitionsbereich von f richtig ist. x 0 heißt Extremstelle, f(x 0 ) Extremwert, (x 0, f(x 0 )) Extrempunkt. Zur Untersuchung einer Funktion auf Konkavität/Konvexität werden wir nur das folgende (einfach handhabbare) Kriterium der zweiten Ableitung verwenden. Eine weitere Charakterisierung dient uns nur als Interpretationshilfe Thema 6 Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 10 von 13
55 Konvexität/Konkavität, Wendepunkt Krümmung Eine Funktion f heißt (strikt) konvex über [a, b], wenn für je zwei Stellen x 1, x 2 die Verbindungsgerade zwischen den beiden Funktionswerten (strikt) oberhalb der Funktionskurve zwischen x 1 und x 2 liegt. Äquivalent für zweifach differenzierbare Funktionen f: f konvex über [a, b] f (x) 0 x [a, b] f strikt konvex über [a, b] f (x) > 0 x [a, b] Für (strikte) Konkavität wird oben jedes oberhalb durch unterhalb jedes Zeichen durch und jedes Zeichen > durch <. ersetzt, Ein Punkt (x 0, f(x 0 )) an der Stelle x 0 mit Funktionswert f(x 0 ) heißt Wendepunkt, wenn f an der Stelle x 0 seine Krümmung ändert, d.h von strikter Konvexität zu strikter Konkavität wechselt oder umgekehrt. Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 11 von 13
Kriterien und Methode für über [a, b] mehrfach differenzierbare Funktionen f 56 Extrempunkt- und Wendepunktbestimmung D(f) = [a, b] 1 Berechne f und f über [a, b] 2 Bestimme die strikten Vorzeichenbereiche ± von f in [a, b] Bereich (+): strikte Zunahme von f, Bereich ( ): strikte Abnahme von f, ggf. Nullstellen x 0 von f (stationäre Stellen von f) berechnen. 3 Extrempunktbestimmung 3-1 Lokale Extrema (falls es Stellen x 0 mit f (x 0 ) = 0 gibt): wenn f (x 0 ) < 0, dann ist (x 0, f(x 0 )) lokaler Maximalpunkt, wenn f (x 0 ) > 0, dann ist (x 0, f(x 0 )) lokaler Minimalpunkt, wenn f (x 0 ) = 0, dann ist (zunächst) keine Entscheidung möglich. 3-2 Globale Extrema: Vergleiche f(a) und f(b) und falls solche es solche überhaupt gibt lokale Extremwerte f(x 0 ). Im Falle f (x) 0 für alle x ]a, b[ sind nur a und b globale Extrema. 4 Bestimme die strikten Vorzeichenbereiche ± von f in [a, b] Bereich (+): strikte Konvexität, Bereich ( ): strikte Konkavität von f, ggf. Nullstellen x 0 von f (Wendepunktkandidaten für f) berechnen. 5 Wendepunktbestimmung (falls es Stellen x 0 mit f (x 0 ) = 0 gibt) (a) Vergleichskriterium, falls auf Basis von Schritt 4 direkt möglich: bei einem Vorzeichendurchgang +0 von f : konvex/konkav-wp bei einem Vorzeichendurchgang 0+ von f : konkav/konvex-wp (b) Ableitungskriterium (falls es Stellen x 0 mit f (x 0 ) = 0 gibt): wenn f (x 0 ) < 0, dann ist (x 0, f(x 0 )) konvex/konkav- Wendepunkt, wenn f (x 0 ) > 0, dann ist (x 0, f(x 0 )) konkav/konvex- Wendepunkt, wenn f (x 0 ) = 0, dann ist (zunächst) keine Entscheidung möglich. Schritte 4-5 sind (methodisch) nur die Anwendung von 1-3 auf f statt auf f. Bsp.8 f(x) = (1 + x) ln(1 + x), D(f) = R 0. Für alle x 0 ist, f (x) = ln(1 + x) + 1 ln(1) + 1 = 1 > 0, f (x) = (1 + x) 1 > 0. Also ist f strikt monoton wachsend, strikt konvex, ohne Maximum, ohne Wendepunkt, globales Minimum ist f(0) = ln 1 = 0. Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 12 von 13
Bsp.9 f(x) = e (x 2)2 /2, D(f) = [ 1, 5], f (x) = e (x 2)2 /2 (2 x) f (x) = e (x 2)2 /2 (2 x) 2 e (x 2)2 /2 = e (x 2)2 /2 ((2 x) 2 1) Vorzeichen der ersten Ableitung: Da e z > 0 für jedes z ist, bestimmt der Faktor (2 x) das Vorzeichen von f : > 0, 2 > x, str. wachsend f (x) = = 0, 2 = x, Nullstelle < 0 2 < x strikt fallend Lokale Extrema: Da f (2) = 1 < 0, ist x = 2 eine Max-Stelle mit Max-Wert f(2) = 1: (2, 1) ist ein lokaler Max-Punkt. Globale Extrema: f( 1) = e 9/2 < 1 globales Min. f(2) = 1 globales Max. f(5) = e 9/2 < 1 globales Min. Vorzeichen der zweiten Ableitung: Da e z > 0 für jedes z ist, bestimmt der Faktor ((2 x) 2 1) das Vorzeichen von f. Vorzeichen des Faktors: z.b. so:(2 x) 2 1 = x 2 4x + 3 hat die Nullstellen x 1 = 1 und x 2 = 3, also ist (2 x) 2 1) = (x 1) (x 3) mit den beiden einzigen Möglichkeiten: + 1 3 + oder Ein Testwert (z.b. x = 0 : ( 1)( 3) = 3 > 0) findet die erste Möglichkeit. Damit sind die Bereiche [ 1, 1] und [3, 5] für Konvexität (+), und [1, 3] für Konkavität ( ), die konvex/konkav-stelle 1 und die konkav/konvex-stelle 3 direkt angegeben. WPunkte:(1, f(1)) und (3, f(3) mit f(1) = e 1/2 = f(3). 1 + 3 Mathematik für Ökonomen Campus Duisburg 13 von 13