Ziel dieses Kapitels ist es, die wichtigsten privatrechtlichen Rechtsformen zu beschreiben und insbesondere die folgenden Fragen zu beantworten:



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Rechtsformen 23 3 Rechtsformen 3.1 Allgemeine Bemerkungen Die Rechtsformwahl ist eine Entscheidung mit konstitutivem Charakter. So werden mit der Festlegung auf eine bestimmte Rechtsform wesentliche unternehmerische Grundlagen gesetzt. Ziel dieses Kapitels ist es, die wichtigsten privatrechtlichen Rechtsformen zu beschreiben und insbesondere die folgenden Fragen zu beantworten: Wie lässt sich die jeweilige Rechtsform kurz beschreiben? Welche spezifischen Regelungen gelten hinsichtlich des Eigenkapitals? Wie sind Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht geregelt? Wie ist die Haftung geregelt? Wie erfolgt die Verteilung von Gewinnen und Verlusten? Wie ist die jeweilige Rechtsform zu beurteilen? Eingangs sind einige Grundlagen zu setzen. So soll zunächst das Begriffspaar Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht erläutert werden. Sodann soll die Einteilung der privatrechtlichen Rechtsformen dargestellt werden.

Rechtsformen 24 Die Geschäftsführungsbefugnis bezeichnet die im Innenverhältnis, das heißt im Verhältnis der Gesellschafter zueinander, bestehende Befugnis, Geschäftsführungsmaßnahmen wahrnehmen zu dürfen oder zu müssen. Von der Geschäftsführungsbefugnis ist die Vertretungsmacht streng zu unterscheiden. Die Vertretungsmacht bezieht sich auf das Außenverhältnis, das heißt auf das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Dritten. Sie bezeichnet die Befugnis, Geschäftsführungsmaßnahmen im Außenverhältnis wahrnehmen zu dürfen. Beide Befugnisse sind weiter zu differenzieren. Die Geschäftsführungsbefugnis kann als Einzelgeschäftsführungsbefugnis oder als Gesamtgeschäftsführungsbefugnis ausgestaltet sein. Einzelgeschäftsführungsbefugnis liegt vor, wenn ein Gesellschafter ohne vorherige Zustimmung seiner Mitgesellschafter Geschäftsführungsmaßnahmen wahrnehmen kann. Gesamtgeschäftsführungsbefugnis bedeutet hingegen, dass es zur Wahrnehmung von Geschäftsführungsmaßnahmen einer gemeinsamen Willensbildung der Gesellschafter bedarf. Die Vertretungsmacht tritt in den Erscheinungsformen Einzelvertretungsmacht und Gesamtvertretungsmacht auf. Bei der Einzelvertretungsmacht bindet die Willenserklärung eines Gesellschafters die Gesellschaft. Voraussetzung hierfür ist, dass er im Namen der Gesellschaft handelt. Die Gesamtvertretungsmacht ist hingegen dadurch gekennzeichnet, dass alle vertretungsberechtigten Gesellschafter gegenüber Dritten eine gemeinsame Willenserklärung abgeben müssen. Die bei den einzelnen Rechtsformen im Folgenden dargestellten rechtlichen Regelungen in Bezug auf die Geschäftsführungsbefug-

Rechtsformen 25 nis und Vertretungsmacht haben dispositiven Charakter. Der Gesellschaftsvertrag kann hier also Regelungen vorsehen, welche die gesetzlichen Bestimmungen abändern. Dies gilt ebenso für die Verteilung von Gewinnen und Verlusten. Die privatrechtlichen Rechtsformen sind in Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften zu differenzieren.

Einzelunternehmen 26 Der wesentliche Unterschied zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften besteht darin, dass Kapitalgesellschaften über eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen. Das heißt, sie sind selbständige Träger von Rechten und Pflichten. Ein weiterer Unterschied besteht dahingehend, dass die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften grundsätzlich beschränkt haften, wohingegen bei fast jeder Personengesellschaft die Regelung vorherrscht, dass mindestens ein Gesellschafter unbeschränkt haftet. Darüber hinaus gibt es auch steuerliche Unterschiede. So unterliegt der Gewinn einer Kapitalgesellschaft als eigene Rechtspersönlichkeit der Körperschaftsteuer. Den Gewinn einer Personengesellschaft muss nicht das Unternehmen, sondern die einzelnen Gesellschafter versteuern. Diese geben den anteiligen Gewinn im Rahmen ihrer Mitunternehmerschaft in ihrer persönlichen Einkommensteuererklärung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. 3.2 Einzelunternehmen 3.2.1 Einzelunternehmer Beschreibung Das Geschäft eines Einzelunternehmers gehört dieser Person und wird von dieser geleitet. Eigenkapital Das Eigenkapital des Einzelunternehmers wird alleine durch die Person des Einzelunternehmers aufgebracht.

Einzelunternehmen 27 Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht In der Rechtsform des Einzelunternehmers bedarf es bezüglich der Geschäftsführungsbefugnis sowie der Vertretungsmacht keiner Regelungen. Haftung Bei dem Einzelunternehmer haftet der Inhaber sowohl mit seinem Geschäftsvermögen als auch mit seinem gesamten Privatvermögen. Diese Haftungsform wird auch als unbeschränkte Haftung bezeichnet. Gewinne und Verluste Gewinne aus der Unternehmertätigkeit stehen dem Einzelunternehmer alleine zu, allerdings muss er auch Verluste alleine tragen. Beurteilung Der Einzelunternehmer führt sein Geschäft eigenverantwortlich ohne Rücksicht auf Interessen weiterer Gesellschafter nehmen zu müssen. Er kann somit sehr flexibel und schnell entscheiden. Allerdings trägt ausschließlich er die Folgen seiner Entscheidungen.

Einzelunternehmen 28 3.2.2 Stille Gesellschaft Beschreibung Eine stille Gesellschaft entsteht, wenn sich eine oder mehrere Personen in Form einer Einlage am Handelsgewerbe eines anderen beteiligt. Die stille Gesellschaft ist somit nur in Verbindung mit einer anderen Gesellschaft möglich. Der oder die als stiller Gesellschafter Bezeichneten treten nach außen nicht in Erscheinung. So ist diese Unternehmensform für außen stehende Dritte nicht erkennbar. Die stille Gesellschaft ist gesetzlich im HGB geregelt. Die entsprechenden Vorschriften sind die 230 bis 236 des Handelsgesetzbuches (HGB). Eigenkapital Das Eigenkapital setzt sich aus der Summe der Einlagen der (stillen) Gesellschafter zusammen. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht Der stille Gesellschafter ist von der Geschäftsführung der (Haupt-) Gesellschaft ausgeschlossen. Er hat lediglich ein Kontrollrecht. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht liegen, je nachdem an welchem Handelsgewerbe sich der stille Gesellschafter beteiligt, bei dem Einzelunternehmer, den Gesellschaftern der OHG oder den Komplementären der KG.

Personengesellschaften 29 Haftung Der stille Gesellschafter haftet nur in Höhe seiner Einlage. Er haftet nicht gesamtschuldnerisch und nicht unmittelbar. 2 Gewinne und Verluste Soweit vertraglich nichts anderes geregelt ist, ist der stille Gesellschafter "den Umständen nach angemessen" am Gewinn zu beteiligen. Eine Beteiligung am Verlust kann vertraglich ausgeschlossen werden. Beurteilung Der stille Gesellschafter tritt nach außen nicht in Erscheinung. Damit ist die Möglichkeit geboten, zusätzliches Eigenkapital aufzunehmen, ohne dass eine Eintragung in das Handelsregister erforderlich wird. 3.3 Personengesellschaften 3.3.1 Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Beschreibung Bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR), die in den 705 bis 740 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt ist 2 Zu den Begriffen "Gesamtschuldnerisch" und "Unmittelbar" siehe Kapitel 3.3.1.

Personengesellschaften 30 und auch als BGB-Gesellschaft bezeichnet wird, handelt es sich um die vertragliche Vereinigung von Personen zur Erreichung eines gemeinsamen Zweckes. Dabei können die Gesellschafter sowohl eine vorübergehende als auch eine dauerhafte Beziehung eingehen. Beispiele hierfür sind Arbeitsgemeinschaften im Baugewerbe und Wohnungseigentümergemeinschaften. Eigenkapital Bei der GbR wird das Eigenkapital von den Gesellschaftern aufgebracht. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht Werden keine gesonderten Vereinbarungen getroffen, gelten die gesetzlichen Regelungen. Nach dem Gesetz besteht Gesamtgeschäftsführungsbefugnis und Gesamtvertretungsmacht. Haftung Wie bei dem Einzelunternehmer haften die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts neben dem Gesellschaftsvermögen auch mit ihrem Privatvermögen. Des Weiteren haften sie gesamtschuldnerisch und unmittelbar. Gesamtschuldnerisch heißt, dass alle Gesellschafter für die gesamten Schulden der Gesellschaft haften. Unmittelbar bedeutet, dass die Gläubiger von jedem Gesellschafter die Zahlung fälliger Schulden verlangen können, wobei dem in Anspruch genommenen Gesellschafter das Recht zusteht, im Innenverhältnis einen entsprechenden Ausgleich zu verlangen also Regress zu nehmen.

Personengesellschaften 31 Beispiel "Bürogemeinschaft" Eine Bürogemeinschaft von Rechtsanwälten und Steuerberatern hat einen EDV-Dienstleister mit der Ausstattung der Büroräume mit Computern und Netzwerken beauftragt. Das Unternehmen erledigt die Arbeiten ordnungsgemäß. Nach der Rechnungsstellung vergisst die Gemeinschaft die Bezahlung. Der EDV-Dienstleister wendet sich an den Mitgesellschafter Rechtsanwalt Röder und verlangt die Zahlung. Röder muss den EDV- Dienstleister bezahlen, hat nun aber die Möglichkeit, sich seine Auslagen von den Mitgesellschaftern anteilig erstatten zu lassen. Gewinne und Verluste Ist es im Gesellschaftervertrag nicht anders geregelt, werden sowohl die Gewinne als auch die Verluste nach Köpfen verteilt. Jeder Gesellschafter bekommt den gleichen Anteil am Gewinn und muss auch bei Verlusten den gleichen Teil übernehmen. Die jeweilige Höhe der Kapitaleinlage bleibt somit als Verteilungsmaßstab unberücksichtigt. Beurteilung Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist insbesondere bei Großaufträgen von Bedeutung. Dies liegt daran, dass es für Unternehmer oftmals nicht möglich ist, Großaufträge alleine durchzuführen. Gründe hierfür können in einer beschränkten Kapazität oder in einer angestrebten Risikostreuung liegen. Beispiele sind der Großanlagenbau oder der Zusammenschluss von Banken zu einem

Personengesellschaften 32 Konsortium. Des Weiteren ist die Gesellschaft bürgerlichen Rechts eine Rechtsform, die von den freien Berufen, wie beispielsweise Ärzte und Rechtsanwälte, häufig gewählt wird. 3.3.2 Offene Handelsgesellschaft Beschreibung Bei der Offenen Handelsgesellschaft (OHG) schließen sich mindestens zwei Gesellschafter zum Betrieb eines Handelsgewerbes zusammen. Gesetzlich geregelt ist die OHG in den 105 bis 160 HGB. Eigenkapital Jeder Gesellschafter hat ein eigenes Kapitalkonto, das seiner Einlage entspricht. Die Summe der Einlagen, also die Summe der Kapitalkonten, bildet das Eigenkapital der OHG. Ein Mindestkapital ist nicht vorgesehen. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht Sofern es im Gesellschaftervertrag nicht anders geregelt wurde, ist zur Geschäftsführung jeder Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. Es besteht im Gegensatz zur GbR Einzelgeschäftsführungsbefugnis. Auch im Außenverhältnis kann jeder Gesellschafter der OHG alleine die Gesellschaft verpflichtende Willenserklärungen abgeben. Es besteht Einzelvertretungsmacht.

Personengesellschaften 33 Haftung Die Haftung der OHG-Gesellschafter ist genauso geregelt wie bei den Gesellschaftern der GbR. Jeder Gesellschafter haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft unbeschränkt, unmittelbar und gesamtschuldnerisch. Gewinne und Verluste Wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist, sind im Falle entstandener Gewinne die Einlagen der Gesellschafter mit 4 % zu verzinsen. Hat ein Gesellschafter beispielsweise auf seinem Kapitalkonto einen Betrag von 100.000 ausgewiesen, so erhält er am Ende des Geschäftsjahres 4.000. Ist darüber hinaus weiterer Gewinn vorhanden, wird dieser Restbetrag nach Köpfen verteilt. Der Gewinn wird den Kapitalkonten der Gesellschafter gutgeschrieben oder auf Verlangen bar ausbezahlt. Verluste werden nach Köpfen aufgeteilt und von den Kapitalkonten abgezogen. Dadurch vermindert sich das Eigenkapital. Beurteilung Eine OHG wird in der Regel gegründet, wenn die Gesellschafter vertrauensvoll und dauerhaft zusammen unternehmerisch tätig werden wollen. Jeder Gesellschafter bringt seine Kenntnisse und Fähigkeiten in das Unternehmen ein. Die unbeschränkte und gesamtschuldnerische Haftung bei der OHG erhöht sowohl bei den Banken als auch bei Geschäftspartnern die Kreditwürdigkeit. Die persönliche Haftung stellt für die Gesellschafter allerdings ein hohes Risiko dar.

Personengesellschaften 34 3.3.3 Kommanditgesellschaft Beschreibung Bei der Kommanditgesellschaft (KG) schließen sich mindestens zwei Personen zum Betrieb eines Handelsgewerbes zusammen. Die Besonderheit der Rechtsform liegt darin, dass mindestens ein Gesellschafter unbeschränkt haftet und mindestens ein Gesellschafter beschränkt haftet. Die unbeschränkt haftenden Gesellschafter werden Komplementäre genannt, die beschränkt haftenden Gesellschafter heißen Kommanditisten. Die gesetzliche Grundlage der KG sind die 161 bis 177a HGB. Eigenkapital Das Eigenkapital setzt sich aus der Summe der von den Gesellschaftern eingebrachten Kapitaleinlagen zusammen. Ein Mindestkapital ist nicht vorgesehen. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht Zur Geschäftsführung sind nur die Komplementäre berechtigt und verpflichtet. Die Komplementäre haben Einzelgeschäftsführungsbefugnis. Die Kommanditisten sind zwar von der Geschäftsführung ausgeschlossen, dafür stehen ihnen aber Kontrollrechte zu. Sie können den Jahresabschluss einsehen und dessen Richtigkeit prüfen. Die Vertretung der Gesellschaft nehmen ebenfalls die Komplementäre wahr. Sie haben Einzelvertretungsmacht. Die Kommanditisten haben keine Vertretungsmacht.

Personengesellschaften 35 Haftung Jeder Komplementär haftet gesamtschuldnerisch, unbeschränkt und unmittelbar. Die Haftung der Kommanditisten ist beschränkt. Sie haften nur mit ihrer Kapitaleinlage. Gewinne und Verluste Ist im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt, sind im Falle entstandener Gewinne die Einlagen der Gesellschafter mit 4 % zu verzinsen. Ein vorhandener Restgewinn soll dem Gesetz nach "angemessen" verteilt werden. Dabei soll berücksichtigt werden, dass die Komplementäre durch die Leitung des Unternehmens mehr Verantwortung tragen und unbeschränkt, unmittelbar und gesamtschuldnerisch haften. Ebenso wird ein vorhandener Verlust in "angemessenem" Verhältnis aufgeteilt und von den Kapitalkonten der Gesellschafter abgezogen. Der Kommanditist haftet wie bereits beschrieben bei Verlusten nur bis zur Höhe seines Kapitalanteils. Beurteilung Auch die KG ist eine typische Unternehmensform für mittelständische Unternehmen. Der Vorteil gegenüber der OHG besteht darin, dass aufgrund der Haftungsbeschränkung bei einem Kommanditisten die Möglichkeit, einen Eigenkapitalgeber zu finden, erleichtert wird. Weiterhin kann durch die Aufnahme von Kommanditisten Eigenkapital zugeführt werden kann, ohne dass Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht hiervon betroffen sind. Trotzdem ist aufgrund der persönlichen Haftung der Komplementäre eine hohe Kreditwürdigkeit gegeben.

Personengesellschaften 36 3.3.4 GmbH & Co. KG Beschreibung Die GmbH & Co. KG ist eine Kommanditgesellschaft, deren einziger Komplementär eine GmbH ist. 3 Sie zählt zu den Personengesellschaften. Eigenkapital Das Eigenkapital der GmbH & Co. KG wird wie bei jeder Kommanditgesellschaft von den Komplementären, hier von der GmbH, und den Kommanditisten aufgebracht. Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht stehen wie bei jeder KG dem Komplementär, also der GmbH, zu. Für die GmbH handeln ihre Organe. Haftung Der Komplementär, hier also die GmbH, haftet unbeschränkt, unmittelbar und gesamtschuldnerisch. Die Gesellschafter der Komplementär-GmbH, welche durchaus dieselben Personen sein können, die auch in der GmbH & Co. KG als Kommanditisten auftreten, haften entsprechend der Rechtsform ihres Unternehmens 3 Zur Beschreibung einer GmbH siehe Kapitel 3.4.2.

Personengesellschaften 37 beschränkt. Die Kommanditisten haften ohnehin nur in der Höhe ihrer Einlage. Folglich liegt eine Personengesellschaft vor, bei der kein Gesellschafter mit seinem persönlichen Vermögen haftet. Gewinne und Verluste Die Verteilung von Gewinnen und Verlusten ist genauso geregelt wie bei der Kommanditgesellschaft. Beurteilung Die GmbH & Co. KG ist eine Rechtsform, die sowohl Merkmale einer Personengesellschaft als auch Merkmale einer Kapitalgesellschaft auf sich vereinigt. Der Hauptvorteil dieser Unternehmensform liegt in der spezifischen Haftungsregelung. Diese bringt allerdings eine geringere Kreditwürdigkeit mit sich. Ebenfalls ist kritisch zu sehen, dass die Rechnungslegung wie bei einer Kapitalgesellschaft zu erfolgen hat, was einen erhöhten Aufwand zur Folge hat.