Business Excellence: Einsatz von Six Sigma als Instrumentarium des Change Managements



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Transkript:

Fallstudien Business Excellence: Einsatz von Six Sigma als Instrumentarium des Change Managements,,Auf Gott können wir einfach nur vertrauen, alle anderen müssen Daten liefern. W. Edwards Deming, Pionier des statistischen Qualitätsmanagements Überblick Der härter werdende Wettbewerb und die Turbulenzen auf dem Finanzmarkt haben dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen nach einem tragfähigen Konzept suchen, welches die Prozesse im Unternehmen nach den Kriterien Qualität, Zeit und Kosten (unter Berücksichtigung der Kundenanforderungen) optimiert. Seit Ende der 90er-Jahre wird ein neuer Ansatz als Weiterentwicklung und Verbesserung im Rahmen des Total Quality Managements stark diskutiert: Six Sigma. Die wesentliche Kompetenz des Qualitätsmanagements besteht darin, geeignete Methoden zusammenzustellen und systematisch anzuwenden, um Probleme vor ihrem Auftreten zu vermeiden oder im Fall des Auftretens effizient zu lösen. Six Sigma ist hierbei eine besonders wirksame Methodik, um operative und innerbetriebliche Prozesse zu optimieren; sie wird auch Null-Fehler-Qualitätstechnik genannt. Die Six-Sigma-Methodik Six Sigma ist ein umfassendes und flexibles System, um Geschäftserfolg zu erreichen, zu erhalten und zu maximieren. Six Sigma wird einzig vorangetrieben durch ein tiefes Verständnis der Kundenbedürfnisse, eine disziplinierte Verwendung von Fakten, Daten und statistischer Analyse sowie durch große Aufmerksamkeit in Bezug auf Durchführung, Verbesserung und Neugestaltung von Geschäftsprozessen (Pande 2001). Six Sigma ist eine systematische Methode zur Verbesserung von Prozessen mit dem Ziel, die Variation von Produkt- und Prozessmerkmalen zu reduzieren und dadurch eine exponentielle Wertsteigerung des Unternehmens und eine höhere Kundenzufriedenheit zu erzielen. Sie steht als Fachbegriff für einen Prozess, der im Mittel nur 3,4 Fehler bei einer Million Fehlermöglichkeiten erzeugt, und ist im Kern extrem ergebnisorientiert. Six Sigma basiert auf Tabelle 1: Sigma-Niveaus und ihre Bedeutung als Kosten aufgrund von schlechter Qualität (Möller 2002; Harry 2000) Sigma- Niveau Fehler pro 1 Million hergestellte Produkte/ abgelaufene Prozesse Fehlerkosten im Verhältnis zum Umsatz Qualitätsniveau Prädikat 6 Sigma 3,4 < 10 % 99,99966 % Weltklasse 5 Sigma 233 10 15 % 99,98 % 3 Sigma 6210 15 20 % 99,4 % Industriedurchschnitt 4 Sigma 66.807 20 30 % 93,3 % 2 Sigma 308.537 30 40 % 69,2 % Nicht wettbewerbsfähig 1 Sigma 690.000 31 % 26 Performance Deutschland - Österreich - Schweiz

Abb. 1: Reduzierung der Prozessabweichung durch das Six-Sigma-Niveau Untere Spezifikationsgrenzen Fehler statistischen Verfahren und eignet sich dazu, Produkte, Dienstleistungen und die entsprechenden Prozesse, in denen sie entstehen, nahezu fehlerfrei zu gestalten. Das Sigma Niveau (Standardabweichung) beschreibt die Fähigkeit eines Prozesses, fehlerfreie Ergebnisse zu liefern die Prozessqualität. Die Prozesse werden so geformt, dass am Ende der Bemühungen genau das herauskommt, was der Kunde wünscht. Six-Sigma-Verbesserungen werden über ihre Wirkung auf die Kundenzufriedenheit und Wertschöpfung gemessen (Achenbach 2006; Pande 2001). Eines der Verdienste der Six-Sigma-Methode ist eine veränderte Betrachtungsweise und Definition eines Fehlers oder dessen, was als akzeptable Qualität zu bewerten Six-Sigma Qualitätsniveau (99.99966 %) Sigma = Standardabweichung (Quadratwurzel der Varianz) Prozess mit niedrigem Sigma-Niveau Obere Spezifikationsgrenzen ist. Als Fehler gilt all das, was die heutigen und zukünftigen Kundenanforderungen nicht vollständig erfüllt; somit wird die Qualität eines Produkts oder Prozesses nicht mehr von den intern definierten Spezifikationsgrenzen bestimmt (Lazarus 2001). Durch die konsequente Orientierung an ihren Anforderungen wird den Kunden höchste Priorität gegeben. Die Erwartungen der Kunden bestimmen das Produkt, die Qualität und die dahinter liegenden Prozesse. Die Unternehmen, die die Six- Sigma-Methode einsetzen, haben daher einen Blick von außen auf ihren Service, ihre Performance, ihre Preisgestaltung, ihre Zuverlässigkeit und ihre Abläufe (Töpfer 2003). Die Idee dieser Methode entstand bei Motorola bereits im Jahr 1979. Der leitende Mitarbeiter Art Sundry erklärte bei einem Managementmeeting: Das eigentliche Problem bei Motorola ist, dass unsere Qualität zum Himmel stinkt! (Harry 2001). Sundrys Erklärung war der Auslöser für den Beginn einer neuen Epoche bei Motorola und führte zur Entdeckung des äußerst wichtigen Zusammenhangs zwischen höherer Qualität und niedrigeren Kosten bei der Fertigung von Produkten aller Art. Erst im Jahr 1981 machte Robert W. Galvin (Gründer von Motorola), der inzwischen die klaren Anzeichen von Unzufriedenheit seitens seiner Kunden erkannt hatte, die umfassende Kundenzufriedenheit zum grundlegenden Ziel seines Unternehmens. Er setzte als Ziel eine zehnfache Verbesserung der Prozessleistung innerhalb von fünf Jahren. Am Ende des Fünfjahresplans hatte Motorola 220.000 US-Dollar investiert, während Kosteneinsparungen von 6,4 Mio. US-Dollar erreicht wurden. Trotz dieses bezeichnenden Erfolgs war die Prozessleistung der Konkurrenten immer noch besser als die von Motorola (Magnusson 2001). Communication, der Hauptproduktionsbereich von Motorola, wurde daher 1985 aufgefordert, einen Vorschlag für ein Verbesserungsprogramm zu entwickeln. Die Verantwortlichen präsentierten ihre Ideen in einem Dokument mit dem Titel Six Sigma Mechanical Design Tolerancing. Zu dieser Zeit verfügte Motorola über Performance Deutschland - Österreich - Schweiz 27

Daten, die zeigten, dass der Konzern auf einem Leistungsniveau von vier Sigma war; innerhalb der nächsten fünf Jahre, so schätzte der Bereich Communication, würde das den Vorsprung der Konkurrenten verringern. Dem Gründer von Motorola gefiel die Bezeichnung Six Sigma, da sie sich wie ein japanischer Autoname anhörte. Der Bereich Communication legte 1986 ein Six-Sigma-Programm auf mit dem Ziel, innerhalb von sechs Jahren sechs Sigma und damit eine umfassende Kundenzufriedenheit zu erreichen. Der Grundgedanke war, dass in Prozessketten die Gesamtausbeute (Throughput Yield) klein sein kann, auch wenn die Ausbeute einzelner Prozessschritte bei 99 Prozent liegt. Im Januar 1987 startete Motorola das ehrgeizige Six Sigma Quality Program, das folgende Zielvorgaben umfasste: eine zehnfache Verbesserung der Produkt- und Servicequalität bis 1989 eine hundertfache Verbesserung bis 1991 das Erreichen von Six Sigma bis 1992 Motorola hat für seine Six-Sigma-Initiative als erstes Unternehmen 1988 den Malcolm Baldrige National Quality Award erhalten. Im Jahr 1992 wurde Six Sigma zu einer unternehmensweiten Erfolgsgeschichte bei Motorola, da in den meisten Bereichen die gesetzten Ziele erreicht wurden. Zu dem Zeitpunkt lag die Produktion bei fünf Sigma. Der Vorsitzende George M. C. Fisher erläuterte, dass Motorola bedeutende Einsparungen in den Herstellungskosten erreicht habe, 700 Mio. US-Dollar 1991 und 2,4 Milliarden US-Dollar seit Beginn der Six-Sigma-Initiative (Magnusson 2001). Abb. 2: Der DMAIC-Zyklus (Achenbach 2006) Aufbau eines Monitoring- Systems (Regelkarten), statistischer Vorher-nachher-Vergleich, Dokumentation der Ergebnisse und Erfahrungen sowie Empfehlungen (Flussdiagramm, Standardisierung, Aufbau einer Wissensdatenbank) 5. Control Sicherstellen der Nachhaltigkeit, Erhaltung der Prozessfähigkeit; Kontrollplan 1. Define Problembeschreibung: Prozess, Kundenanforderung, Ziele, Zeitplan, Team Klärung des Projekts (Projektcharter), Abgrenzung des Projektfelds (SIPOC), Übersicht zu den wichtigen Kundenkriterien (Affinitätsdiagramm, Kano, CTQ, VOC) Kreative, effektive und effiziente Lösung (Kreativitätstechniken, Brainstorming), Auswahl und Vorbereitung der passenden Lösung (Simulation, Betroffenenanalyse, Nutzwertanalyse, FSS), Implementierung der Lösung (Implementierungsplan) 4. Improve Entwicklung und Implementierung der Lösung DMAIC- Zyklus 3. Analyse Analyse der Ursachen; Handlungsplan entwickeln 2. Measure Messung der Prozessleistung und Vergleich mit den Kundenanforderungen Auswahl relevanter Variablen (Priorisierungsmatrix), Definition der Stichprobe, Datenerhebungsplan, Sicherung der Messfähigkeit (Prozessfähigkeit, Gage R&R), Messung und Aufbereitung der Daten (Histogramm, Pareto, FMEA, Sigma) Darstellung der Daten und des Prozesses (deskriptive Statistik, Prozessfähigkeit, Prozessmapping/-modellierung), Hypothesen zu Ursachen und Wirkungen des Problems (Hypothesentests, Ursache-Wirkungs-Diagramm, DoE) 28 Performance Deutschland - Österreich - Schweiz

,,Ihren Siegeszug trat die Six-Sigma-Methode Anfang der 90er-Jahre in den USA an. Der frühere CEO von General Electric (GE), Jack Welch, war von der Methodik überzeugt und setzte Mitte bis Ende der 90er-Jahre umfangreiche Six-Sigma- Initiativen um. (...) Nach Angaben von General Electric überstieg der Ertrag aus verbesserter Qualität und zufriedeneren Kunden mit über 2 Milliarden US-Dollar den Aufwand um ein Vielfaches. Performance Deutschland - Österreich - Schweiz 29

Ihren Siegeszug trat die Six-Sigma-Methode Anfang der 90er-Jahre in den USA an. Der frühere CEO von General Electric (GE), Jack Welch, war von der Methodik sehr überzeugt und setzte Mitte bis Ende der 90er-Jahre umfangreiche Six-Sigma- Initiativen um. Der Konzern investierte rund 500 Millionen US-Dollar in Six-Sigma- Projekte (insbesondere in die Schulung von Mitarbeitern); nach Angaben von General Electric überstieg der Ertrag aus verbesserter Qualität und zufriedeneren Kunden mit über 2 Milliarden US-Dollar den Aufwand um ein Vielfaches. Andere renommierte US-Firmen wie z. B. Citigroup, Kodak, TI, Allied Signal und Bank of America erkannten die Bedeutung von Six Sigma. Die Citibank konnte nach eigenen Angaben im Jahr 2000 durch Six-Sigma-Initiativen rund 700 Millionen US-Dollar aufgrund geringerer Aufwendungen und höherer Erträge erzielen; im Privatkundengeschäft konnten die internen und externen Rückfragen um über 80 Prozent, die Durchlaufzeit für eine Kontoeröffnung um 82 Prozent und die Fehlerrate um 92 Prozent gesenkt werden. Inzwischen werden Six-Sigma-Initiativen auch in Europa von vielen Unternehmen (zum Teil mit anderen Bezeichnungen wie z. B. bei der Deutschen Post DHL) erfolgreich eingeführt und Akzeptanz und Ausbreitung nehmen stark zu (Achenbach 2006). Instrumente und Werkzeuge der Six- Sigma-Methodik Alle Six-Sigma-Projekte folgen einem standardisierten Ablauf, der auf dem klassischen Deming- Zyklus PDCA (Plan, Do, Check, Act) basiert. Die Methodik von Abb. 3: Das Belt-Konzept im Rahmen der Six-Sigma-Methodik Champions sind für gewöhnlich Personen aus der oberen Führungsebene, die als Promotoren der Six-Sigma-Initiative im Unternehmen gelten. Sie Initiieren, identifizieren, unterstützen und koordinieren die Six-Sigma-Projekte. Champions Master Black Belt Black Belts Green Belts Sonstige Ressourcen Six Sigma ist im DMAIC-Zyklus mit seinen Phasen Define, Measure, Analyse, Improve und Control verankert. Jede dieser Phasen enthält Werkzeuge, die chronologisch eingesetzt werden, um die Prozesse und Produkte zu verbessern. Das Belt-Konzept Entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung von Six-Sigma-Projekten in einem Unternehmen ist die Frage, ob und wann die kritische Masse von geschulten Six- Sigma-Akteuren erreicht wird. Bei der ersten Phase kommt es darauf an, Mitglieder der Organisation in allen unterschiedlichen Rollen und Funktionen zu schulen. Die Bezeichnungen zur Differenzierung unterschiedlicher Fähigkeitsprofile und Rollen sind dabei zum großen Teil asiatischen Kampfsportarten entliehen und sollen so auf einfache Weise die damit verbundenen Kompetenzen kennzeichnen (Töpfer 2003). Mentor, Trainer und Coach für die Black Belts Leiten Six-Sigma-Projekte Sind in Six-Sigma-Methoden und -Werkzeugen geschult. Führen kleine Six-Sigma-Projekte durch und/oder wirken unter der Leitung von Black Belts mit Geschäftserfolge Die Einsparungen, Mittelzuflüsse und sonstige Geschäftserfolge, die ein Unternehmen mit einer Six-Sigma-Offensive erreichen kann, sind breit gestreut und vielfältig (Töpfer 2004). Die wesentlichen sind (Pande 2001): Reduzierung von Fehlern Kundentreue Kostenreduzierung Produktivitätssteigerung Erhöhung des Marktanteils Verringerung der Durchlaufzeit Kulturwandel Wirken an Six-Sigma-Projekten mit Produkt-/Serviceentwicklung 30 Performance Deutschland - Österreich - Schweiz

Abb. 4: Selektierte Einsatzfelder von Six Sigma im Unternehmen Vertrieb Entwicklung Einsatzgebiete Six Sigma kann in allen Bereichen eines Unternehmens eingesetzt werden; es ist ein unternehmensübergreifendes Konzept mit einer ganzheitlichen Ausrichtung auf die Bedürfnisse und Anforderungen der internen und externen Kunden und betrifft alle Bereiche eines Unternehmens, wie die folgende Abbildung darstellt. Verpflichtung der Geschäftsleitung zu einer Change-Management-Kultur Finanzen Verwaltung Six Sigma Design Service Methodologie Projektmanagement Statistische Werkzeuge Fallstudie Hintergrund Das Unternehmen in dieser Fallstudie ist ein führender europäischer Anbieter innovativer Produkte und Dienstleistungen der Informations- und Telekommunikationstechnik. Es konzentriert sich auf die folgenden drei strategischen Geschäftsfelder: Technology Intelligence Product Intelligence Einkauf Personal Marketing System Integration Intelligence Als hundertprozentige Tochter eines der weltweit operierenden Technologiekonzerne agiert das Unternehmen mit rund 2.500 Mitarbeitern. Um einen hohen Servicegrad zu gewährleisten und im Rahmen der Restrukturierung die Abläufe unternehmensübergreifend schlank und transparent zu gestalten, startete das Unternehmen eine Qualitätsoffensive. Diese Offensive basierte auf dem Konzept von Six Sigma. Diese Fallstudie skizziert die Vorgehensweise bei der Einführung der Six-Sigma-Methodik im Rahmen der oben genannten Offensive. Entscheidende Herausforderungen Die Herausforderungen am Anfang dieser Six-Sigma-Initiative können in den folgenden Fragen zusammengefasst werden: Wie können die Mitarbeiter für eine Change Management-Kultur gewonnen und motiviert werden? Wie können identifizierte Verbesserungspotenziale und Quick Wins kommuniziert werden, ohne dabei den Sympathiebonus zu verspielen? Wie viele und welche Mitarbeiter sollen in der Methodik geschult werden, um nachhaltig die Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung im Unternehmen zu erhalten und weiterhin zu fördern? Durchführung der Initiative Die Unternehmensleitung entschied sich für die Einführung der Six-Sigma-Offensive mit einem Pilotprojekt. Diese bewährte Projektmanagementvorgehensweise war mit folgenden Vorteilen verbunden: Nur die notwendigen Ressourcen (Green Belts und sonstige Mitarbeiter) wurden für die Pilotphase geschult. Damit bestand die rechnerische Möglichkeit, die Investitionen bereits nach kurzer Zeit durch die Ergebnisse der selektierten Projekte zu amortisieren. Performance Deutschland - Österreich - Schweiz 31

Effizientes Wissensmanagement: Die Erkenntnisse aus der Pilotphase könnten für Folgeprojekte verwendet werden. Nach der Pilotphase konnte die Geschäftsleitung in aller Ruhe entscheiden, ob und in welchem Umfang sie Six Sigma weiter einsetzen möchte, ohne vorher ein finanzielles Risiko durch eine kostenintensive flächendeckende Einführung einzugehen. Die folgende Abbildung gibt eine Übersicht über die gewählte Vorgehensweise. Screening Beim Champions Briefing wurden Erfolg versprechende Bereiche bzw. Projektthemen mit hohem Potenzial zur Realisierung von Quick Wins identifiziert. Nach eingehender Überlegung mit Unterstützung von statistischen Erwartungswertanalysen und Vorschlägen von Prozessverantwortlichen wurden Projekte selektiert. Green-Belt- und Basistraining Im Laufe der Green-Belt- und Basisschulungen, die in Blöcke à fünf bzw. zwei Tage unterteilt und in Form von Workshops durchgeführt wurden, sind den Teilnehmern die Methoden und Tools der DMAIC vermittelt worden. Schon während der ersten Workshopphase wurden viele Verbesserungspotenziale mit Kosteneinsparung durch die Telnehmer identifiziert. Dadurch konnten noch in der Trainingsphase Quick Wins realisiert werden. Die Define-Phase In der Define-Phase wurden vorab die wichtigen Projekteckdaten wie Ziele, zeitlicher Rahmen usw. festgehalten. Um sämtliche Beteiligten am behandelten Prozess zu ermitteln, wurde eine Prozessabbildung höherer Ebene erstellt, ein Prozessmodell. Zusätzlich wurde der Ablauf des Prozesses in einem Flussdiagramm abgebildet. In einem CTQ-Baum (CTQ = Critical to Quality) wurden ausgehend von den Anforderungen des Kunden (VOC = Voice of the Customer) die Treiber, Messgrößen und Spezifikationen des Prozesses analytisch ermittelt. Die Measure-Phase In der Measure-Phase wurden Daten zu den in der Define-Phase ermittelten Treibern und Messgrößen erhoben. Das System zur Erhebung der Messgrößen wurde hinsichtlich seiner Zuverlässigkeit analysiert. Bei der Datenerhebung wurden eigens für das Projekt erstellte Fragebogen und Kennzahlen verwendet. Abgefragt und gemessen wurden dabei qualitative und quantitative Merkmale. Die Analyse in dieser Phase deckte Handlungsbedarfe auf. Abb. 5: Six-Sigma-Einführung mittels Pilotprojekt (Eichelmann 2006) Individuelle Anpassung an Unternehmensspezifika Screening Auswahl Projektphase Entscheidung Implementierung Champions Briefing (eintägig) Identifizierung von Erfolg versprechenden Bereichen bzw. Projektthemen zur Realisierung von Quick Wins Aufstellung des Projektteams und Bereitstellung weiterer Ressourcen Green Belt Training Define Measure Analyse Improve Control Six-Sigma-Projektablaufstruktur DMAIC 1 bis 2 Monate 3 bis 4 Monate Auswahl weiterer Bereiche Sukzessive Nutzung von Six Sigma als ganzheitliches Konzept 32 Performance Deutschland - Österreich - Schweiz

Die Analyse-Phase In der Analyse-Phase wurden mittels Hypothesentests, Korrelationsanalysen, Regressionsanalysen, deskriptiven Statistiken, Pareto-Analysen, Prozessfähigkeitsanalysen, Prozessmapping /-modellierung und Ursache-Wirkungs-Diagrammen weitere potenzielle Einflussfaktoren zusammengetragen und deren Wirkung überprüft. Über die Erkenntnisse aus der Datenanalyse hinaus entschied sich das Projektteam, sich auf bestimmte Hauptfehler zu konzentrieren. Die Improve-Phase Über die gewonnenen Erkenntnisse aus der Analyse-Phase sind Lösungsansätze in der Improve-Phase entwickelt und umgesetzt worden. Es wurden Maßnahmen bei den identifizierten und relevanten Einflussparametern eingeleitet, um beispielsweise zukünftig die Auftragsbearbeitungszeit erheblich zu verbessern. Eine Vorhernachher-Analyse belegte die Wirksamkeit der eingeleiteten Maßnahmen. Control-Phase In der Control-Phase wurden die (finanziellen) Effekte und der Fortbestand der eingeleiteten Verbesserungsmaßnahmen mittels eigens für das Projekt entwickelter Datenbank samt Kennzahlen überwacht. Nachhaltige Überwachungs- und Reportingsysteme wurden implementiert. Resümee und Ausblick Die Six-Sigma-Methodik mit dem Ziel, die Kundenanforderungen und Bedürfnisse vollständig und wirtschaftlich zu erfüllen, d. h. schlanke, auf die Kundenanforderungen optimierte Prozesse zu gestalten, hilft nachhaltig Unternehmen bei Kosteneinsparung und gleichzeitiger Erhöhung der Kundenzufriedenheit. Insbesondere in der jetzigen wirtschaftlichen Lage können Six-Sigma-Initiativen einen umfassenden Beitrag im Rahmen von Restrukturierungsprojekten und Gestaltung von (flexiblen, schlanken und vollständig auf die Kundenanforderungen gerichteten) Prozessen leisten. Es ist festzustellen, dass in der europäischen Finanzbranche diese Methodik noch am Anfang steht. Viele Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen beginnen, Six-Sigma-Initiativen einzuführen und Erfahrungen zu sammeln; die operative Exzellenz stellt eine künftige Herausforderung der Kreditinstitute dar (Achenbach 2006). Angesichts der sich verändernden Kundenanforderungen hinsichtlich der Produkte (als Lessons learned aus der jetzigen globalen angespannten wirtschaftlichen Situation) werden sich viele Unternehmen (aus allen Branchen) in naher Zukunft gezwungen sehen, sich am Markt mit Innovationen zu behaupten; gerade hierbei kann eine andere effiziente Methode, die auf Six Sigma basiert, wirkungsvoll eingesetzt werden: die DFSS (Design for Six Sigma). Auch die IT kann die Six-Sigma-Methodik erfolgreich einsetzen, um die Abläufe im Rahmen von Softwareentwicklungen transparent zu gestalten, kundenfreundliche Software zu kreieren, die Entwicklungszeiten drastisch zu verkürzen und die IT-Projektkosten zu senken. Stolpersteine des Six-Sigma-Konzepts liegen zum einen im Bereich der Strategie und zum anderen in der organisatorischen Umsetzung. Wenn bestimmte kulturelle Voraussetzungen wie etwa Mut zur Veränderung im Unternehmen fehlen, kann Six Sigma seine Wirkung nicht vollständig entfalten. Vielen Unternehmen ist im Vorfeld der Einführung von Six Sigma nicht bewusst, wie stark diese Konzeption des toolgestützten Projektmanagements sich positiv auf die Kultur des eigenen Unternehmens auswirkt und wie groß damit zugleich die Anforderungen an eine entsprechende Veränderung sind (Töpfer 2003). Autor Edouard Toukam, Six Sigma Black Belt und Berater im Bereich Advisory Services, Ernst & Young Deutschland Performance Deutschland - Österreich - Schweiz 33