Erläuterungen zu MC- und MS-Fragen aus Anleitung zur Erstellung von MC-Fragen und MC-Prüfungen für die Ärztliche Ausbildung von René Krebs: http://www.iawf.unibe.ch/aae/documents/methodik/mc_anl_allg.pdf MC-Fragen (Einfachwahl aus 5 Wahlantworten): Auf eine Frage oder unvollständige Aussage folgen 5 Wahlantworten oder Ergänzungen, aus welchen die einzig richtige/falsche oder die beste/am wenigsten zutreffende auszuwählen ist. MS-Fragen (Vierfache Entscheidung richtig/falsch): Auf eine Frage oder unvollständige Aussage folgen 4 Antworten oder Ergänzungen. Für jede muss entschieden werden, ob sie richtig oder falsch ist. Um 2 Punkte zu erhalten, müssen alle vier Beurteilungen korrekt sein, 1 Punkt erhält man, wenn drei Beurteilungen korrekt sind. Sind weniger als 3 Beurteilungen korrekt, erhält man keinen Punkt.
Beispiel: MC-Frage M1-Staatsexamen Herbst 2006: MHC-I-Komplexe (HLA-I-Komplexe) präsentieren zytotoxischen T-Lymphozyten antigene Peptide und sind aus einer α-kette und dem ß 2 -Mikroglobulin aufgebaut. Welche der Aussagen zur Struktur und Funktion der α-ketten ist richtig? (A) Die α-ketten der MHC-I-Komplexe eines Individuums sind identisch. (B) Die Peptidbindungstasche wird bei MHC-I-Komplexen nur von Domänen der α-kette gebildet. (C) Wenn zwei Peptide mit unterschiedlichen Aminosäuresequenzen an zwei α-ketten binden, so müssen auch deren Aminosäuresequenzen verschieden sein. (D) Die α-kette eines MHC-I-Komplexes ist über das ß 2 -Mikroglobulin in der Plasmamembran verankert. (E) Die α-ketten der MHC-I-Komplexe binden besser an CD4 als an CD8. Lösung: B ist richtig Ratewahrscheinlichkeit: von 5 Antwortmöglichkeiten ist nur 1 richtig. Bei reinem Raten hat man eine 20%ige Wahrscheinlichkeit, die richtige Lösung zu erraten. Die Ratewahrscheinlichkeit beträgt also 1/5 = 20%.
Beispiel: MS-Frage Biochemie-Klausur vom 27.3.2007: Welche Zellen präsentieren Antigene mittels MHC 2-Protein? Kreuzen Sie die richtige(n) Antwort(en) an! (A) (B) (C) (D) Makrophagen Neutrophile Granulozyten Natürliche Killerzellen B-Lymphozyten Lösung: A + D sind richtig, B + C sind falsch Ratewahrscheinlichkeit: von 16 Antwortmöglichkeiten ist nur 1 vollständig richtig und ergibt 2 Punkte. Die Wahrscheinlichkeit, dies zu erraten beträgt 1/16 = 6,25%. Weitere 4 Antwortmöglichkeiten ergeben die halbe Punktzahl; die Wahrscheinlichkeit, eine dieser 4 Antwortmöglichkeiten zu erraten, beträgt 4/16. Sie muss, da nur die halbe Punktzahl erreicht wird, mit 0,5 multipliziert werden (4/16 x 0,5 = 2/16 = 12,5%). Addiert man beide Werte, ergibt sich eine Ratewahrscheinlichkeit von 6,25% + 12,5% = 18,75%, oder von 0.375 von 2 Punkten. Die Ratewahrscheinlichkeit bei MS-Fragen ist also im Vergleich zu MC-Fragen nur um 1,25% geringer!
Gleitklausel für MS-Fragen In einer MS-Frage (s.o.) waren die Lösungen A + D richtig sowie B + C falsch. Summe aller erreichten Punkte: 110, Teilnehmer: 147 Jeder Teilnehmer erreichte also im Duirchschnitt 0,74829 Punkte in dieser Frage (110/147). Diese Frage haben etwa 20% der Studierenden vollständig richtig beantwortet und deshalb 2 Punkte erhalten, etwa 35% der Studierenden haben 3 Antwortmöglichkeiten zutreffend bewertet und 1 Punkt erhalten. Wer aber z.b. sowohl A + D als auch B + C für richtig hielt, erzielte keinen Punkt. Gleitklausel laut Studienordnung: Eine MS-Frage wird als zu schwer eingestuft, wenn die im Mittel durch die Teilnehmer erreichte Punktzahl unter der Punktzahl liegt, die bei reinem Raten (Ratequote) zuzüglich 10% der Ratequote erwartet wird. Die Ratequote für MS-Fragen beträgt 18,75%, zuzüglich 10% davon (1,875%) = 20.625%. Dies entspricht 0,4125 von 2 erreichbaren Punkten. Fragen, bei denen die Studierenden im Durchschnitt weniger als 0,4125 Punkte erreichen, werden daher als zu schwer eingestuft. Die Bestehensgrenze wird dann um 1,2 Punkte (60% von 2 Punkten) je zu schwer eingestufter Frage gesenkt.
Vergleich MC- / MS-Fragen 1.) MS-Fragen haben eine den MC-Fragen etwa vergleichbare Ratewahrscheinlichkeit (MS: 18,75%; MC: 20%). 2.) MS-Fragen haben im Vergleich zu MC-Fragen eine höhere Trennschärfe. Dies bedeutet, dass man Kandidaten mit guter und schlechter Leistung besser mittels MS- als mittels MC-Fragen trennen kann. 3.) MS-Fragen ermöglichen im Vergleich zu MC-Fragen eher das Abfragen von komplexem Wissen, da man sich nicht nur für 1 richtige Antwort entscheiden muss, sondern bei jeder Teilantwort entscheiden muss, ob diese richtig oder falsch ist. 4.) Die Schwere einer Klausur wird nicht durch den Fragentyp, sondern vor allem durch den Frageninhalt bestimmt. D.h., es gibt schwere MC-Fragen und leichte MS-Fragen und umgekehrt.