Allgemeine Mehanik Musterlo sung 3. U bung. HS 23 Prof. R. Renner Beshleunigte Bewegung Im Rahmen der speziellen Relativita tstheorie lassen sih auh beshleunigte Bewegungen behandeln. Vorraussetzung ist lediglih, dass die Bezugssysteme, in denen die Berehnungen gemaht werden, Intertialsysteme sind. In dieser Aufgabe soll die Reise eines Raumshiffes berehnet werden, welhes sih gleihma ssig beshleunigt in -Rihtung bewegt. Das Raumshiff soll mit dem S -System verbunden sein, der auf der Erde zuru kbleibende Beobahter mit dem S-System. Was heisst nun gleihma ssig beshleunigt? Eine gleihfo rmige Beshleunigung im S-System wu rde nah endliher Zeit zu U berlihtgeshwindigkeit fu hren. Es kann sih also nur um eine geihfo rmige Beshleunigung im sogenannten momentanen Ruhesystem des Raumshiffs handeln. Man nennt sie die Eigenbeshleunigung α. Das momentane Ruhesystem ist ein Bezugssystem, welhes momentan die Geshwindigkeit des Raumshiffes hat, dabei aber unbeshleunigt ist. In diesem momentanen Intertialsystem S soll fu r die infinitesimale Zeitdauer die Geshwindigkeit des Raumshiffs vershwinden u (,, ). (i) Nehme an, dass sih das S -System mit konstanter Geshwindigkeit v (v,, ) relativ zum S-System bewegt. Im S -System bewege sih ein Ko rper mit der konstanten Beshleunigung du a (a,, ),,. Zeige, dass seine Beshleunigung in -Rihtung im S-System gleih a γ3 + u v 2 3 a ist. (ii) Benutze das Resultat aus (i) um das relativistishe Geshwindigkeit-Zeit-Gesetz fu r die beshleunigte Rakete αt () u q αt 2 + herzuleiten. (iii) Unterwerfe das obige Ergebnis Konsistenztests fu r kurze und lange Zeiten. Lo sung.
(i) Mit dem Additionsgesetz für Geshwindigkeiten und der Lorentz-Transformation folgt ] a du du [ d u +v + u v d [γ(t + β )] ( du ( ) v2 a 2 ( ) 2 ( ) ( ) 3 a. + u v γ + u 2 v γ 3 + u 2 v + u v (u + v) v du ( ) 2 + u v ( γ 2 + β ) d (ii) Da die Geshwindigkeit u (,, ) des Raumshiffes vershwindet, folgt mit (i) ( ) a (a,, ) α,,. γ3 In diesem Moment ist die Relativgeshwindigkeit zwishen S und S gleih der Raumshiffgeshwindigkeit im S-System v u, also folgt a du ) ( ) 3/2 u2 α. (L.) Während der infinitesimalen Zeitdauer /γ nimmt also die Geshwindigkeit des Raumshiffs im S-System um ( ) 3/2 du u2 α zu. Für vergangene oder die nähste infinitesimale Zeitdauer gilt natürlih dasselbe, also können wir integrieren u du ( u 2 ) α t 3/2 3. Das Ergebnis der Integration ist u ( u 2 ) α /2 3 t ( ) 2 αt u 2 ( u 2 ) [ ( ) ] 2 αt + (αt) 2 u 2 (iii) was shliesslih auf das relativistishe Geshwindigkeits-Zeit-Gesetz () führt. Für sehr kurze Zeiten t gilt αt. Damit strebt die Wurzel in erster Ordnung gegen und es verbleibt u αt. Da dann aber auh γ in (L.) in erster Ordnung gegen strebt, ist α a und damit u a t. Das ist das bekannte niht-relativistishe Ergebnis. Für sehr lange Zeiten t ist der zweite Summand unter der Wurzel viel grösser als der erste, also u αt/(αt/). Die Lihtgeshwindigkeit wird also erreiht, aber nie übershritten. 2
Übung 2. Relativistishe Rakete Eine Rakete der Masse m befindet sih zunähst in Ruhe bezgl. eines Inertialsystems. Sie beshleunigt dann geradlinig durh Ausstoss von Masse nah hinten mit konstanter Geshwindigkeit w in ihrem instantanen Ruhesystem. Die Bewegung ist relativistish zu behandeln. (i) Zeige, dass eine Veränderung dm (< ) der Masse der Rakete ihr im instantanen Ruhesystem die Geshwindigkeit dv (w/m)dm erteilt. Benutze dabei, dass w 2, (dv ) 2 und dm, dv klein. t t + m w dm m + dm dv (ii) Finde die verbliebene Masse m als Funktion der erzielten Geshwindigkeit v im Startsystem. Teste das Resultat anhand des nihtrelativistishen Grenzfalls m m e v/w. Hinweis: Wie gross ist in (i) der Zuwahs dv im Startsystem? Lösung. (i) Niht die Masse, sondern der 4-er Impuls p (p, p,, ) (p, p ) ist beim Ausstoss der Masse dµ dm erhalten. Bzgl. des instantanen Ruhesystems vor dem Ausstoss ist vorher p in (m, ); und nahher p fin ( ) dµ + w2 / w Da w 2, (dv ) 2 und dm, dv klein, folgt ( ) m + dm (dv ) 2 / dv. (L.2) wdm mdv. (L.3) (ii) Das instantante Ruhesystem der Rakete bewegt sih zum Zeitpunkt t (im Startsystem) mit Geshwindigkeit v bezüglih diesem Systems. Zum Zeitpunkt t + hat sie im Ruhesystem die Geshwindigkeit dv. Wegen dem Additionsgesetz der Geshwindigkeiten ist bzgl. des Startsystems ihre Geshwindigkeit zum diesem Zeitpunkt gegeben durh v + dv v + dv + vdv v + ( v2 ) dv + O((dv ) 2 ), (L.4) also w dm m dv v2 (L.5) 3
und nah Integration von v nah v w log m m log + v v, (L.6) d.h. Die rehte Seite ist m m ( + v ) /2w. (L.7) v ( ep ) 2w log [( + v)/( v)] und strebt im nihtrelativistishen Limes v/ gegen ep ( v/w). (L.8) Übung 3. Auto-Paradoon Ein 4 m langes Auto fährt mit grosser Geshwindigkeit (mit Lorentzfaktor γ 2), in eine Garage der Länge 3 m. Die Garage habe an ihren beiden Enden Tore, die zunähst geöffnet seien. Für einen Garagenwärter ist das Auto 2 m lang. Er urteilt, dass das Auto zwishenzeitlih mit seiner vollen Länge in die Garage passt. Aus Siht des Autofahrers ist die Garage nur.5 m lang. Folglih urteilt er, dass sein Auto zu keinem Zeitpunkt in die Garage passt.. Erkläre, warum die Sihtweisen der beiden Beobahter kein Parado darstellen. Zeihne dazu das Minkowski-Diagramm, in dem der Autofahrer über den Vorderrädern sitzt und sein Inertialsystem durh die (t, )-Ahsen gegeben ist. Das (t, )-Bezugssystem ist das des Garagenwärters. 2. Der Garagenwärter urteilt, dass das Auto, nahdem es vollständig in der Garage vershwunden ist, m Bremsweg hat bevor es an die Wand stösst. Sobald das Auto vollständig innerhalb der Garage vershwunden ist, werde deshalb in der Garage ein Bremsmehanismus ausgelöst, der auf die Vorder- und Hinterräder des Autos gleihermassen einwirkt und das Auto so zum Stehen bringt. Gleihzeitig wird das hintere Garagentor geshlossen. Das Auto befindet sih dann für alle Zukunft vollständig in der Garage. Der Autofahrer ist verwirrt über diesen Umstand, weil nah seinem Urteil das Auto bis zum Bremsmanöver mindestens 2.5 m aus der Garage herausragen muss. Er fürhtet, dass ihm das Garagentor das Hek zerstören könnte. Erkläre, warum diese Furht unbegründet ist. Warum sollte sih der Autofahrer trotzdem Sorgen mahen? Zeihne dafür ein weiteres Minkowski-Diagramm mit den Weltlinien des abgebremsten Heks und der Front. Überlege dir, wann das Hek relativ zur Front aus der Siht des Fahrers abgebremst wird. 3. Wie muss das Auto abgebremst werden, um eine Kompression zu vermeiden? Überlege dir zuerst, was passiert, wenn Hek und Front aus der Siht des Fahrers gleihzeitig abgebremst werden. Warum funktioniert das niht? Damit die Länge L 4m erhalten bleibt, muss also Hek und Front zu untershiedlihen Zeitpunkten abgebremst werden. Um diesen Untershied zu berehnen, lege den Koordinatenursprung in das abgebremste Hek und betrahte die Weltlinie der (ungebremsten) Front. 4
Lösung. t t F 3 ϕ H 3 F H H F Garage Abbildung : Mikowski-Digramm für Autoparadoon (i) Ausgedehnte Körper sind durh ein Kontinuum von gleihzeitigen Ereignissen definiert. Da Gleihzeitigkeit aber vom Bezugssystem abhängt, hängt auh die Auffassung darüber, welhe Gestalt ein ausgedehnter Körper (z.b. das Auto) hat, vom Bezugssystem ab. Das Auto-Paradoon wirkt nur dann parado, wenn man den Begriff das Auto passt für etwas Absolutes hält. Das ist auf Grund der Relativität der Gleihzeitigkeit niht der Fall. Abbildung verdeutliht dies. Sie zeigt die Weltlinien der Hinterräder (Hek H) und der Vorderräder (Front F ). Der Autofahrer sitze über den Vorderrädern und sein Inertialsystem sei durh die (t, )-Ahsen gegeben. Das (t, )-Bezugssystem ist das des Garagenwärters. Die vertikalen Linien stellen beide Garagentore dar. Die horizontale fette rote Linie stellt das Auto aus Siht des Garagenwärters im Moment dar, wo es ganz in der Garage vershwindet. Für den Autofahrer in F besteht sein Auto aber aus Ereignissen entlang der geneigten fetten grünen Linie zwishen H und F. Dies wiederum sind für den Garagenwärter Ereignisse, die zu völlig vershiedenen Zeiten stattfinden. Der Moment, in dem das Hek des Autos für den Autofahrer bei H 3 in der Garage vershwindet, ist für ihn gleihzeitig mit dem Ereignis F 3, wo Vorderräder die Garage längst wieder verlassen haben, falls das vordere Tor offen geblieben ist. (ii) Das in der Aufgabe beshriebene Bremsmanöver werde beim Erreihen des Ereignisses F eingeleitet. Abbildung 2 zeigt in blau die entsprehenden Weltlinien von Hek und Front. Nur für den Garagenwärter wird gleihzeitig das Vorder- und das Hinterrad abgebremst. Für den Autofahrer liegt das Hek im für ihn gleihzeitigen Ereignis H. Das Hek bleibt für ihn ungeberemst, aber dafür shliesst das Garagentor auh niht, bis sein Hek den Punkt H 3 erreiht hat. Der Autofahrer könnte hoffen, dass ihm die Stabilität des Autos hilft. Allerdings kann sih die Tatsahe, dass die Vorderräder abgebremst werden, frühestens bei H 4 auf das Hek auswirken, da sih diese Wirkung maimal mit Lihtgeshwindigkeit ausbreiten kann, unabhängig vom Material. Das Hek bewegt sih also auh für den Autofahrer ungebremst bis zum Ereignis H 3. Um die entsprehende Zeit zu berehnen, bemerken wir, dass im System des Fahrers H 3 zum Zeitpunkt t stattfindet. Die Zeit von F erhält man durh die Koordinatentransformation 9.4.8 im 5
t t H 4 H 3 F H Garage Abbildung 2: Weltlinien für gebremstes Hek und Front Skript: t t v v2 v2 2 γt v γ. Die Geshwindigkeit des Autos ergibt sih durh Auflösen von 3 γ v 2. v2 Weiter ist das Ereignis F im Garagensystem gegeben durh (t, 2m). Einsetzen in die obige Formel ergibt t.5ns: dies ist die Zeit während der sih das Hek aus der Siht des Autofahrers ungebremst bewegt. (iii) Eine naheliegende Idee, um das Stauhen des Autos bei der Bremsung zu verhindern, ist, dass die Bremsung aus Siht des Autofahrers an allen Teilen des Autos gleihzeitig erfolgen sollte. Dem ist niht so, wie das in fett blau gezeihnete Bremsmanöver in Abbildung 3 veranshauliht. Bei gleihzeitiger und gleihförmiger Bremsung der Vorder- und Hinterräder ist das Auto, nahdem es relativ zur Garage zur Ruhe gekommen ist, auf γl 8 m gestrekt ist, wenn es ursprünglih (aus Siht des Autofahrers) die Länge L hatte. Stattdessen muss der Autofahrer aus seiner Siht die Hinterräder nah den Vorderrädern im Punkt H 2 abbremsen gemäss dem blau gestrihelten Bremsmanöver. Wir wollen nun die dafür notwendige Bremsverzögerung berehnen. Dazu legen den Koordinatenursprung des Garagenwärters und des Autofahrers in das Ereignis H 2, wo das Hinterrad gebremst wird. In diesem System ergibt sih Weltlinie der (ungebremsten) Vorderräder durh der Transformation von L (Weltlinie der Front im Ruhesystem des Autos) mit 9.4.8 vt v2 v2 γ γvt. 6
t t H 2 F H Garage Abbildung 3: Weltlinien für gebremstes Hek und Front wenn entweder gleihzeitig aus der Siht des Fahrers gebremst wird (fett blau), oder so gebremst wird, dass der Abstand (4m) erhalten bleibt (gestrihelt). Also ist die Weltlinie der Front im Ruhesystem des Heks gegeben durh F (t) γ + vt γ L + vt. Die Bremsung der Vorderräder muss eingeleitet werden, sobald F (t B ) L, damit das Auto auh nah der Bremsung die Länge L hat. Daraus folgt t B L v γ. γ Damit der Autofahrer weiss, wann die Bremsung der Front einzuleiten ist, müssen wir wieder in das bewegte System transformieren. t B L v γ γ t B γ(t B v F ) 7.6ns, (L.9) wobei man v 3 2 durh Auflösen aus γ 2 erhält. Das hält aber zunähst nur Vorder- und Hinterräder im gleihen Abstand. Will man erreihen, dass die gesamte Karosserie keinerlei (lokale) Deformationen erleidet, dann muss man aus Siht des Autofahrers gemäss () jeden einzelnen Teil der Karosserie um die individuelle Zeitspanne t B (δl) vor den Hinterrädern abbremsen. Dabei ist δl der Abstand des Karosserieteils zum Hek im Ruhesystem des Autos. 7