Alternative Risikoprämien Renditetreiber und Diversifikationsturbo? Prof. Dr. Arnd Wiedemann Lehrstuhl für Finanz- und Bankmanagement Universität Siegen 1
Risikomanagementstudie 2014 Prof. Dr. Arnd Wiedemann Hölderlinstraße 3 57076 Siegen wiedemann@bank.wiwi.uni-siegen.de Timo Six, M.Sc. Hölderlinstraße 3 57076 Siegen six@bank.wiwi.uni-siegen.de 2
Investoren sehen die Erreichung ihrer Anlageziele im Niedrigzinsumfeld kritisch Was schätzen Sie, wie viele Unternehmen Ihrer Branche ihre selbst gesteckten Anlageziele im kommenden Jahr NICHT erreichen werden? 12% 7% 19% 13% 22% 16% 12% Ø 43,5% 0-10% über 10-20% über 20-30% über 30-40% über 40-50% über 50-70% über 70% 3
Der Renditedruck steigt Welcher der folgenden Anlage-Aspekte ist für Ihr Haus bei den aktuellen Anlageentscheidungen generell am wichtigsten? Sicherheit Liquidität Rendite 2013 79% 14% 8% 2014 64% 17% 19% 4
Alternative Risikoprämien versprechen einen Ausweg Anleihenmärkte: Anhaltender Niedrigzins oder Zinsanstieg Aktienmärkte: weit gelaufen und nicht mehr billig Ertragslosigkeit oder Kursverluste durch Renditeanstiege werden zur Realität Alternative Risikoprämien? Nachhaltige Rücksetzer sind wahrscheinlich 5
Alternative Risikoprämien nur eine Modeerscheinung? Strategien bereits seit langer Zeit bekannt (insbesondere für den Aktienmarkt) Neubelebung spätestens seit der Publikation von Bambaci et al. (2013): Harvesting Risk Premia for Large Scale Portfolios Analysis of Risk Premia Indices for the Ministry of Finance, Norway Zielsetzung der Studie: (1) Gibt es belastbare Theorien für alternative Risikoprämien (ARP)? (2) Lässt sich eine empirische Evidenz für ARP feststellen? 6
Alternative Risikoprämien erweitern das Spektrum der Anlagemöglichkeiten Klassische Risikoprämien Alternative Risikoprämien Aktienrisikoprämie Zinsrisikoprämie Währungsrisikoprämie Rohstoffpreisrisikoprämie Immobilienpreisrisikoprämie Value-Prämie Size-Prämie Momentum-Prämie Low Risk-Prämie Quality-Prämie Volatility-Prämie 7
Wofür werden Investoren entlohnt? Erwartete Rendite Risikoloser Zins Risikoprämie Das CAPM liefert einen der ersten modelltheoretischen Erklärungsansätze über die Zusammensetzung der Rendite: Die Höhe der Risikoprämie steigt mit der Höhe des systematischen Risikos einer Aktie Fama/French (1993) nehmen eine detailliertere Beschreibung der Risikoprämie durch die Hinzunahme der Faktoren Size und Value vor Carhart (1997) ergänzt das Fama/French-Modell um den Faktor Momentum 8
Value-Prämie: Unterbewertete Aktien outperformen überbewertete Erklärungsansatz Erwartung der Marktteilnehmer Studien Chan/Chen (1991) Fama/French (1992) Geringe Flexibilität Zhang (2005) Behavioral Finance Barberis/Huang (2001) 9
Die Value-Prämie führte in der jüngsten Vergangenheit zu stark schwankenden Ergebnissen 150 Value-Prämie 130 110 90 70 10 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 370 320 MSCI Europe Value MSCI Europe 270 220 170 120 70 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
Size-Prämie: Kleine Unternehmen outperformen große Unternehmen Erklärungsansatz Höheres systematisches Risiko Studien Fama/French (1993) Informationsasymmetrien Zhang (2006) Geringere Liquidität Amihud (2002) 11
Die Size-Prämie verspricht einen nachhaltigen Wertzuwachs 370 320 DJ Stoxx Small Caps DJ Stoxx Large Caps 170 150 270 220 170 120 130 110 90 70 70 12 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 Size-Prämie
Momentum-Prämie: Outperformer bleiben Outperformer Erklärungsansatz Studien Behavioral Finance Barberis/Shleifer/Vishny (1998) Ausgelöste Zahlungsflüsse von Fonds Vayanos/Woolley (2011) 13
Auch die Momentum-Prämie weist langfristig eine positive Performance auf 370 320 270 220 170 120 70 MSCI Europe Momentum MSCI Europe 150 Momentum-Prämie 140 130 120 110 100 90 80 70 14 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
Low Risk-Prämie: Aktien mit niedriger Volatilität schlagen Aktien mit höherem Risiko ein Paradoxon? Erklärungsansatz Präferenz für Lotterien Übermäßiges Selbstbewusstsein Studien Kahneman/Tversky (1979) Mitton/Vorkink (2007) Cornell (2009) Amihud (2002) 15
Die Low Risk-Prämie verzeichnete insbesondere in Krisenzeiten deutliche Zuwächse 370 320 270 MSCI Europe Low Volatility MSCI Europe 130 Low Risk-Prämie 120 110 220 100 170 90 120 80 70 70 16 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14
Alle alternativen Risikoprämien liefern positive Ergebnisse 160 140 Value-Prämie Momentum-Prämie Low Risk-Prämie Size-Prämie Indexierte Wertentwicklung ohne risikolose Verzinsung 120 100 80 60 Momentum- Prämie Size- Prämie Low Risk- Prämie Value- Prämie Rendite in % p.a. 4,84 5,79 3,30 3,88 Exzessrendite in % p.a. 2,66 3,61 1,12 1,70 Volatilität in % p.a. 4,34 7,68 6,38 11,45 Sharpe Ratio 0,61 0,47 0,18 0,15 40 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 17
Zur Stabilisierung der Ergebnisse kann ein gleichgewichtetes Portfolio gebildet werden 4,0% 3,5% Size-Prämie Exzessrendite 3,0% 2,5% 2,0% Momentum- Prämie ARP-Portfolio (gleichgewichtet ohne Korrelationen) Value- Prämie 1,5% 1,0% Low Risk- Prämie 0,5% 2% 4% 6% 8% 10% 12% Volatilität 18
Darüber hinaus bieten die Korrelationen ein erhebliches Diversifikationspotenzial Korrelation Value- Prämie Momentum- Prämie Low Risk- Prämie Size- Prämie Value-Prämie 1,00-0,19-0,42 0,05 Momentum-Prämie 1,00 0,11 0,15 Low Risk-Prämie 1,00-0,01 Size-Prämie 1,00 19
Das Rendite-/Risiko-Profil des ARP-Portfolios verschiebt sich deutlich nach links 4,0% 3,5% Size-Prämie Exzessrendite 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% ARP-Portfolio (gleichgewichtet) Momentum- Prämie Diversifikationseffekt Low Risk- Prämie ARP-Portfolio (gleichgewichtet ohne Korrelationen) Value- Prämie 0,5% 2% 4% 6% 8% 10% 12% Volatilität 20
Allerdings schwankt die Volatilität der alternativen Risikoprämien im Zeitablauf stark 30% Volatilität * 25% 20% 15% 10% 5% Value-Prämie Momentum-Prämie Low Risk-Prämie Size-Prämie 0% 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 * Die Volatilität wurde mittels EWMA (λ=0,975) bestimmt 21
Eine statische Gleichgewichtung der Risikoprämien kann zu starken Verschiebungen im Portfolio führen Volatilität 30% 25% 20% 15% 10% 5% annähernd ausgeglichene Risikostruktur starke Dysbalance der Risikostruktur Value-Prämie Momentum-Prämie Low Risk-Prämie Size-Prämie 0% 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 13 14 22
Dem kann mit risikogesteuerten Allokationstechniken entgegengewirkt werden Ziel: Gleichverteilung des Risikos auf alle alternativen Risikoprämien Keine Schätzung der erwarteten Renditen der Assets erforderlich (oft mit großer Unsicherheit verbunden!) Allokation von Risiko und nicht von Kapital Im Fokus steht das Portfoliorisiko resp. die Diversifikation des Portfolios Ziel ist eine ausgeglichene Risikostruktur 23
Stark volatile Prämien werden geringer und stabile Prämien stärker gewichtet 60% Portfolioanteil 50% 40% 30% 20% 10% Value-Prämie Momentum-Prämie Low Risk-Prämie Size-Prämie 0% Juni 03 Juni 04 Juni 05 Juni 06 Juni 07 Juni 08 Juni 09 Juni 10 Juni 11 Juni 12 Juni 13 Juni 14 24
Herausragendes Rendite-/Risiko-Profil des ARP-Portfolios 4,0% Exzessrendite 3,5% 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% ARP-Portfolio (risikogewichtet) ARP-Portfolio (gleichgewichtet) Momentum- Prämie Size-Prämie ARP-Portfolio (gleichgewichtet ohne Korrelationen) Value- Prämie 1,0% Low Risk- Prämie 0,5% 2% 4% 6% 8% 10% 12% Volatilität 25
Die Performance des ARP-Portfolios ist deutlich stabiler als die klassischer Asset-Klassen 205 Indexierte Wertentwicklung ohne risikolose Verzinsung 185 165 145 125 105 85 65 03 05 07 09 11 13 Staatsanleihen EWU Kern Staatsanleihen Peripherie Staatsanleihen EM Aktien Industrieländer ARP -Portfolio Risk Parity (risikogewichtet) 26
Das risikogewichtete ARP-Portfolio korreliert nur schwach mit den klassischen Asset-Klassen Korrelation 0,11 0,17 0,17 0,17 0,18-0,04-0,02-0,01 0,04-0,19-0,43 27
Aufbau eines klassischen Multi-Asset-Portfolios Bonds Aktien Commodities 10% 30% 60% Staatsanleihen EWU Kern Pfandbriefe Staatsanleihen Peripherie Corp. High Yield Corp. Investment Grade Staatsanleihen EM Aktien Industrieländer Aktien Schwellenländer Edelmetalle Industriemetalle Exzessrendite in % p.a. 2,36 2,09 2,21 2,16 3,55 6,08 5,73 11,07 11,51 9,04 8,48 Volatilität in % p.a. 3,77 2,47 5,56 2,59 12,10 6,02 15,26 19,26 22,38 25,49 31,49 Sharpe Ratio 0,63 0,84 0,39 0,83 0,29 1,01 0,38 0,57 0,51 0,35 0,27 Energie 28
Auch das diversifizierte Multi-Asset-Portfolio weist phasenweise deutliche Verluste auf 160 ARP -Portfolio Risk Parity Indexierte Wertentwicklung ohne risikolose Verzinsung 140 120 100 Multi -Asset-Portfolio Multi-Asset-Portfolio ARP-Portfolio Exzessrendite p.a. 4,56% 2,51% 80 Volatilität p.a. 5,01% 2,88% Sharpe Ratio 0,91 0,87 Max. Drawdown -27,89% -6,47% 60. 03. 05. 07. 09. 11. 13 29 29
Die alternativen Risikoprämien und die klassischen Risikoprämien zapfen unabhängige Risikoquellen an 3,0% 2,0% 1,0% ARP-Portfolio Korrelation = -0,32 0,0% Multi-Asset-Portfolio -1,5% -1,0% -0,5% 0,0% 0,5% 1,0% 1,5% -1,0% -2,0% -3,0% 30 30
Eine Beimischung des ARP-Portfolios zum Multi-Asset-Portfolio reduziert den max. Drawdown 0% ARP-Portfolio Multi -Asset- Portfolio 10% 20% 30% -5% -10% -6,47% -15% -20% -20,37% -25% -25,45% -22,95% -30% -27,89% 31 31
und verbessert die Sharpe Ratio des Gesamtportfolios 1,3 1,2 1,17 1,1 1,06 Sharpe Ratio 1 0,9 0,8 0,86 0,89 0,97 0,7 0,6 ARP-Portfolio - - Multi Asset Portfolio 10% 20% 30% 32 32
Fazit (1) Die Suche nach Rendite im Niedrigzinsumfeld führt zu alternativen Risikoprämien (2) Alternative Risikoprämien sind keine kurzfristige Modeerscheinung und akademisch (zumindest für den Aktienmarkt) fundiert erforscht (3) Empirische Analysen (auch unsere!) zeigen erstaunlich stabile Renditeergebnisse (auch und gerade in Krisenzeiten!) (4) Investitionen in alternative Risikoprämien können die Diversifikation traditioneller Multi-Asset-Portfolios wirkungsvoll unterstützen (5) Alternative Risikoprämien bieten zudem den Vorteil einer Investition in liquide Märkte und können im Risikomanagement gut abgebildet werden 33 33
Eine letzte Frage zum Schluss: Hätte es funktioniert? Indexierte Wertentwicklung 104% 102% 100% 98% 96% 94% 92% ARP-Portfolio MSCI Europe 90% 02.06.2014 02.07.2014 02.08.2014 02.09.2014 02.10.2014 34 34