Orientierungsatz: Beihilfe; Analogabrechnung; therapeutisches Gespräch; umweltmedizinische Erstanamnese

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Transkript:

VG Augsburg, Urteil v. 18.12.2012 2 K 12.607 Titel: Normenketten: 6 Abs. 2 GOÄ 6 Abs. 2 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 6 Abs. 2 GOÄ 6 Abs. 2 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) Orientierungsatz: Beihilfe; Analogabrechnung; therapeutisches Gespräch; umweltmedizinische Erstanamnese Schlagworte: Beihilfe, Analogabrechnung, umweltmedizinische Erstanamnese, therapeutisches Gespräch Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin eine weitere Beihilfe in Höhe von 54,97 EUR zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2010 wird insoweit aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. II. Von den Kosten des Verfahrens hat die Klägerin 2/5 und die Beklagte 3/5 zu tragen. III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Klägerin ist beihilfeberechtigte Beamtin der Beklagten und begehrt die Gewährung von Beihilfe für eine umweltmedizinische Erstanamnese und zwei therapeutische Gespräche. 2 Mit Antrag vom 6. April 2010 hat die Klägerin unter anderem die Kosten für eine am 10. März 2010 durchgeführte umweltmedizinische Erstanamnese durch Dr.... in Höhe von 120,65 EUR (GOÄ-Ziffer 30 analog) und für zwei therapeutische Gespräche am 13. Januar 2010 und 24. Februar 2010 bei Prof. Dr. Dr.... in Höhe von insgesamt 112,22 EUR (GOÄ-Ziffer 806 analog und GOÄ-Ziffer 34 analog) geltend gemacht. 3 Mit Bescheid vom 22. April 2010 gewährte die Beklagte Beihilfe lediglich in Höhe von 28,81 EUR zu den Kosten für die Behandlungen. Für die umweltmedizinische Erstanamnese seien Aufwendungen nur in Höhe von 10,72 EUR (GOÄ-Ziffer 1) und für die therapeutischen Gespräche nur in Höhe von 46,98 EUR (GOÄ- Ziffer 1 und GOÄ-Ziffer 3) angemessen.

4 Mit Schreiben vom 25. April 2010 legte die Klägerin Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2010 zurückgewiesen wurde. 5 Die Klägerin erhob am 2. August 2010 Klage und beantragte zuletzt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 22. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2010 zu verurteilen, der Klägerin entsprechend ihres Antrags vom 14. April 2010 Beihilfe zu gewähren. 6 Gemäß 6 Abs. 2 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) seien Leistungen der GOÄ analogiefähig, soweit sie nach Art, Kosten- und Zeitaufwand eine gleichwertige Leistung darstellten. Die umweltmedizinische Erstanamnese, die über eine Stunde dauere, sei sowohl von der Art der Vorgehensweise als auch hinsichtlich Zeit- und Kostenaufwand mit der homöopathischen Erstanamnese vergleichbar. 7 Die therapeutischen Gespräche seien ebenfalls notwendig gewesen, da es in ihnen um den unerfüllten Kinderwunsch der Klägerin gegangen sei. Die der Sterilität zugrunde liegende Erkrankung sei lebensverändernd, da sie ein über eine einfache Beratungsleistung hinausgehendes Gespräch erfordere. 8 Mit Schreiben vom 11. Oktober 2010 nahm Prof. Dr. Dr.... zu seiner Abrechnung Stellung und führte aus, bei dem Gespräch am 13. Januar 2010 sei durchgesprochen worden, welche Möglichkeiten der Diagnostik und Therapie es gebe, welchen Zeitraum dies benötige, welche Chancen bestünden und welche Befunde dringend erforderlich seien. Am 24. Februar 2010 sei eine Fülle von Befunden zu besprechen gewesen. Da bei der Klägerin eine Situation vorliege, die nicht mit dem Standardrepertoire eines reproduktionsmedizinischen Zentrums zu lösen gewesen sei und auch der Einsatz eines neuen Medikaments erläutert habe werden müssen, habe dies entsprechend Zeit in Anspruch genommen. Nur so habe die Klägerin in die Lage versetzt werden können, sich für oder gegen die Therapie mit ihren Konsequenzen zu entscheiden. 9 Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 16. November 2010, die Klage abzuweisen. 10 Die Abrechnung einer umweltmedizinischen Erstanamnese analog GOÄ-Ziffer 30 sei nicht möglich, da jede ärztliche Behandlung mit einer Anamnese beginne, die unter GOÄ-Ziffer 1 zu subsumieren sei. Nur in gesondert aufgezählten Ausnahmen - z. B. den GOÄ-Ziffern 30, 31, 807, 860 - sei die Anamneseleistung anders abzurechnen. Alle übrigen Anamnesen fielen unter Ziffer 1. Entsprechend habe die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern mit Stellungnahme vom 20. Juli 2010 eine Analogie der GOÄ-Ziffern 30 und 31 für umweltmedizinische Anamnesen als nicht gerechtfertigt angesehen. 11 Auch eine Abrechnung der therapeutischen Gespräche in analoger Anwendung der GOÄ-Ziffern 806 und 34 sei nicht möglich. Das erste Gespräch habe Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten zum Inhalt gehabt. Es habe nicht auf eine psychiatrische Behandlung abgezielt. Das zweite Gespräch habe der Besprechung von Untersuchungsbefunden gedient. Die Sterilität der Klägerin sei dabei aber weder als nachhaltig lebensverändernde noch als negativ lebensverändernde Erkrankung einzustufen. 12 Mit Beschluss vom 1. Oktober 2012 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

13 Am 13. Dezember 2012 fand mündliche Verhandlung statt. Die Parteien wiederholten ihre schriftsätzlich gestellten Anträge. 14 Bezüglich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die vorliegenden Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen. Entscheidungsgründe 15 Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Gewährung einer weiteren Beihilfeleistung in Höhe von 54,97 EUR zu den Aufwendungen für die umweltmedizinische Erstanamnese. Der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2010 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfeleistungen zu den beiden therapeutischen Gesprächen hat ( 113 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). 16 Nach 7 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind und die Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Die medizinische Notwendigkeit der Aufwendung dem Grunde nach wird von Beklagtenseite nicht bestritten. Einwände wurden nur gegen die Angemessenheit erhoben. 17 Gemäß 7 Abs. 1 Satz 2 BayBhV beurteilt sich die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Ärzte. Soweit keine begründeten besonderen Umstände vorliegen, kann nur eine Gebühr, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreitet, als angemessen angesehen werden. Danach verzichten die Beihilfevorschriften auf eine eigenständige Konkretisierung des Begriffs angemessen und begrenzen die Kostenerstattung grundsätzlich auf die Gebühren, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreiten. Somit knüpft die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen für ärztliche Leistungen grundsätzlich an den Leistungsanspruch des Arztes an und setzt voraus, dass dieser seine Leistungen bei zutreffender Auslegung der Gebührenordnung in Rechnung gestellt hat (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.2004-2 C 34/03 - NVwZ 2005, 710). 18 Ob der Arzt seine Forderung zu Recht geltend macht, ist eine der Beihilfegewährung vorgreifliche Rechtsfrage, die nach der Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Arzt und (Privat-)Patient dem Zivilrecht zuzuordnen ist. Den Streit über die Berechtigung einer ärztlichen Liquidation entscheiden letztverbindlich die Zivilgerichte. Deren Beurteilung präjudiziert die Angemessenheit der Aufwendungen für ärztliche Leistungen im beihilferechtlichen Sinne. Aufgrund seiner Fürsorgepflicht hat der Dienstherr die Beihilfe nach den Aufwendungen zu bemessen, die dem Beamten wegen der notwendigen Inanspruchnahme eines Arztes in Übereinstimmung mit der Rechtslage tatsächlich entstehen. Ist eine Entscheidung im ordentlichen Rechtsweg nicht ergangen, hat der Dienstherr zu prüfen, ob die Abrechnung des Arztes den Vorgaben des Beihilferechts entspricht, insbesondere ob die vom Arzt geltend gemachten Ansprüche nach materiellem Recht begründet sind. Die behördliche Entscheidung darüber, ob die Aufwendungen notwendig und angemessen sind, ist keine Ermessensentscheidung und unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.2004-2 C 34/03 - NVwZ 2005, 710). 19 1. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe zu ihren Aufwendungen in Höhe von 54,97 EUR für die am 10. März 2010 durchgeführte umweltmedizinische Erstanamnese.

20 Die umweltmedizinische Erstanamnese ist als solche nicht im Gebührenverzeichnis aufgenommen. Nach 6 Abs. 2 GOÄ können selbstständige ärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Die Frage, ob eine umweltmedizinische Erstanamnese analog GOÄ-Ziffer 30 abgerechnet werden kann oder von GOÄ-Ziffer 1 erfasst ist, ist umstritten. Grundsätzlich ist GOÄ-Ziffer 30 - wie alle Gebührentatbestände - analogiefähig, auch wenn die wenigsten Anamneseleistungen vergleichbar sind (Brück/Klakow-Frank, Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, Stand 1.6.2012, GOÄ-Ziffer 30 Rn. 2). Die Beklagtenseite verneint die Vergleichbarkeit ebenfalls unter Verweis auf eine Stellungnahme der Landesärztekammer Mecklenburg-Vorpommern. Auf der anderen Seite wird diese Abrechnungsmethode für individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) als zulässig angesehen, wenn die Anamnese länger als eine Stunde dauert (vgl. Brück/Klakow-Franck, a. a. O., IGEL B. V., Rn. 1). Eine Klärung durch die Zivilgerichte ist bisher nicht erfolgt. 21 In derartigen Fällen ernsthafter Meinungsunterschiede bei der Auslegung gebührenrechtlicher Bestimmungen sind die Aufwendung eines vom Arzt berechneten Betrages schon dann unter Zugrundelegen der Gebührenordnung beihilferechtlich als angemessen anzusehen, wenn sie einer vertretbaren Auslegung der Gebührenordnung entspricht. Denn die Fürsorgepflicht des Dienstherrn lässt es nicht zu, Unklarheiten der Gebührenordnung zulasten des Beihilfeberechtigten gehen zu lassen, indem dieser vor die Wahl gestellt wird, entweder auf sein Risiko eine rechtliche Auseinandersetzung über die zweifelhafte Rechtsposition zu führen oder den an sich auf die Beihilfe entfallenden Anteil des zweifelhaften Rechnungsbetrages - nach materiellem Recht unbegründet - selbst zu tragen (BVerwG, U. v. 28.10.2004-2 C 34/03 - NVwZ 2005, 710; U. v. 17.2.1994-2 C 10/92 - BVerwGE 95, 117). Dem Dienstherrn steht es zwar frei, diese Unklarheiten auszuräumen, indem er die streitige Abrechnungsmethode explizit ausschließt. Eine derartige Klarstellung ist jedoch vorliegend nicht erfolgt. 22 Damit waren die Aufwendungen der Klägerin für die umweltmedizinische Erstanamnese in Höhe von 120,65 EUR angemessen. 23 Die Beklagte hat damit 54,97 EUR - die Hälfte der Differenz zwischen dem Rechnungsbetrag (120,65 EUR) und dem von ihr zugrunde gelegten Betrag (10,72 EUR) - als weitere Beihilfe zu erstatten. 24 2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf weitere Beihilfe für die therapeutischen Gespräche bei Prof. Dr. Dr...., da die Voraussetzungen der abgerechneten Gebührentatbestände nicht vorliegen. 25 Eine Abrechnung nach der GOÄ-Ziffer 34 setzt die Erörterung der Auswirkungen einer Krankheit auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden oder lebensbedrohenden Erkrankung mit einer Dauer von mindestens 20 Minuten voraus. Dieser Gebührentatbestand ist direkt nicht einschlägig. Denn selbst wenn man unterstellt, dass die Sterilität der Klägerin als lebensverändernd einzustufen ist, so fehlt es doch an dem unmittelbaren Zusammenhang mit der Feststellung der Erkrankung. Ausweislich des Schreibens von Prof. Dr. Dr.... vom 11. Oktober 2010 war die Sterilität als solche der Klägerin bereits bekannt, weswegen sie sich gerade an Prof. Dr. Dr.... wandte. Er hat sie also nicht erstmalig mit der Tatsache konfrontiert, dass ihr Kinderwunsch möglicherweise nicht erfüllbar ist. In dem Gespräch ging es vielmehr um die Ursachen der Sterilität und deren Behandlung. 26 Der Gebührentatbestand GOÄ-Ziffer 806 umfasst eine psychiatrische Behandlung durch gezielte Exploration und eingehendes therapeutisches Gespräch, auch in akuter Konfliktsituation, mit einer

Mindestdauer von 20 Minuten. Eine solche Behandlung fand vorliegend nicht statt. Zum einen setzt eine psychiatrische Behandlung eine psychische Erkrankung voraus (vgl. Brück/Klakow-Franck, Kommentar zur Gebührenordnung für Ärzte, Stand 1.6.2012, GOÄ-Ziffer 804, Rn. 1), die ausweislich der Unterlagen nicht im Raum stand. Zum anderen ging es in dem Gespräch laut dem Schreiben von Prof. Dr. Dr.... vom 11. Oktober 2010 um die Optionen der Klägerin zur Erfüllung ihres Kinderwunsches. Dass das Gespräch hauptsächlich einen psychiatrischen oder psychologischen Charakter hatte, ist nicht erkennbar. 27 Eine analoge Anwendung der beiden Gebührentatbestände scheidet ebenfalls aus. Die von Prof. Dr. Dr.... erbrachten Leistungen stellen klassische Beratungsgespräche dar: die Klägerin kam mit einem medizinischen Anliegen zu Prof. Dr. Dr...., der nach einer Anamnese und einer Durchsicht der Befunde eine Behandlung vorschlug und besprach. Diese Beratungsleistung ist in den GOÄ-Ziffern 1 und 3 erfasst. Damit fehlt es an der Voraussetzung des 6 Abs. 2 GOÄ, dass die Leistung nicht in das Gebührenverzeichnis aufgenommen worden sein darf. Allein der höhere Aufwand der Beratungsleistung rechtfertigt keine Analogie. Ihm ist vielmehr durch Erhöhung des Gebührensatzes nach 5 Abs. 2 GOÄ Rechnung zu tragen. Im Übrigen entfaltet ein Gebührentatbestand auch dann Bindungswirkung, wenn er für zu niedrig erachtet wird (vgl. OLG Köln, B. v. 12.1.2009-5 U 163/08 - juris Rn. 4). 28 Damit waren die Aufwendungen nur in der von der Beklagten angenommenen Höhe angemessen, so dass ein weiterer Beihilfeanspruch nicht besteht. 29 Die Entscheidung über die Kosten folgt aus 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. 30 Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, 708 ff ZPO. 31 Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen ( 124, 124a VwGO).