7 Stetige Funktionen. 7.1 Definition und Beispiele. 7.2 Kriterien für Stetigkeit

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Transkript:

37 7 Stetige Funktionen 7.1 Definition und Beispiele Eine Funktion f : D C heißt stetig in ξ D, falls zu jedem ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass z ξ < δ, z D f(z) f(ξ) < ε. Die Funktion f heißt stetig, falls sie in jedem Punkt von D stetig ist. Beispiele: 1. Die Funktion f(z) = az + b (a, b C) ist überall in C stetig. Zum Beweis wähle δ = ε/ a falls a 0 und δ = 1 falls a = 0. 2. Die Dirichletsche Funktion f(x) = { 1 x Q 0 x R\Q ist nirgendwo stetig. 3. Die Funktion f : R R definiert durch { x x Q f(x) = 0 x R\Q ist nur in x = 0 stetig. 7.2 Kriterien für Stetigkeit Theorem 7.2.1. Sei f : D C und ξ D. Dann sind äquivalent: (a) f ist stetig in ξ. (b) Für jede Folge (z n ) in D mit lim n z n = ξ gilt (f ist folgenstetig.) lim f(z n) = f(ξ). n Beweis. (a) (b). Sei f stetig in ξ und sei (z n ) eine Folge in D mit lim n z n = ξ. Ist ε > 0, dann existiert nach Voraussetzung ein δ > 0, so dass z ξ < δ, z D f(z) f(ξ) < ε. (8) Da lim n z n = ξ, gibt es ein N N, so dass z n ξ < δ für n N. Also, zusammen mit (8), n N f(z n ) f(ξ) < ε.

38 Dies beweist (b). (a) (b). Ist f nicht stetig in ξ dann existiert ein ε > 0 ohne passendes δ > 0. Insbesondere genügt δ = 1/n für kein n N. Also gibt es zu jedem n N ein z n D mit z n ξ < 1/n aber f(z n ) f(ξ) ε. D.h., lim n z n = ξ während lim n f(z n ) f(ξ). Somit ist (b) nicht wahr. Beispiele: Folgende Funktionen sind auf ganz C stetig. z Re(z), z Im(z) (Satz 5.4.4) z z (Satz 5.2.4) z e z (Satz 6.7.4) Die Abbildung x x ist auf [0, ) stetig (Satz 5.4.6). Für komplexwertige Funktionen f und g mit Definitionsbereichen D(f) und D(g) werden die neuen Funktionen f + g, fg, f/g und f definiert durch (f + g)(z) := f(z) + g(z) D(f + g) := D(f) D(g) (fg)(z) := f(z)g(z) D(fg) := D(f) D(g) (f/g)(z) := f(z)/g(z) D(f/g) := D(f) {z D(g) g(z) 0} f (z) := f(z) D( f ) := D(f). Analog zu f werden auch Re f, Im f und f auf D(f) definiert. Satz 7.2.2. Sind f und g stetig in ξ, so sind auch f + g, fg und, falls g(ξ) 0, f/g stetig in ξ. Beweis. Sei (z n ) eine Folge in D(f/g) mit lim n z n = ξ. Dann gilt, nach Theorem 7.2.1, f(z n ) f(ξ), g(z n ) g(ξ), (n ) und g(z n ) 0 nach Definition von D(f/g). Also, nach Satz 5.2.5, lim (f/g)(z f(z n ) n) = lim n n g(z n ) = f(ξ) g(ξ) = (f/g)(ξ). D.h., f/g ist stetig in ξ. Die anderen Behauptungen werden analog bewiesen. Polynome. Eine Funktion p : C C der Form p(z) := a n z n + a n 1 z n 1 +... + a 1 z + a 0 mit Koeffizienten a 0,..., a n C und a n 0 heißt Polynom vom Grad n. Ein Quotient p/q von zwei Polynomen p und q 0 heißt rationale Funktion. Satz 7.2.3. Jedes Polynom und jede rationale Funktion ist stetig.

39 Beweis. Die Behauptung folgt aus Beispiel 1, Abschnitt 7.1, per Induktion mit Hilfe von Satz 7.2.2. Satz 7.2.4. Seien A, B, C C. Ist f : A B stetig in ξ und g : B C stetig in η = f(ξ), dann ist g f : A C stetig in ξ. Beweis. Wir verwenden die Charakterisierung der Stetigkeit in ξ aus Theorem 7.2.1. Sei also (z n ) eine Folge in A mit lim n z n = ξ. Dann gilt da f stetig ist in ξ, und somit lim f(z n) = f(ξ) = η n lim g(f(z n)) = g(η) = g(f(ξ)), n da g stetig ist in η. Also ist g f stetig in ξ. Beispiele: Sei f stetig (in ξ). Aus Satz 7.2.4 und den Beispielen zu Theorem 7.2.1 folgt, dass auch Re f, Im f und f stetig sind (in ξ). Da ausserdem t e it stetig ist, folgt nun dass die Funktionen cos t = Re(e it ) und sin t = Im(e it ) auf ganz R stetig sind. Lipschitz-Bedingung. Eine Funktion f : D C heißt Lipschitz-stetig (genügt einer Lipschitz-Bedingung), wenn eine Konstante L existiert, so dass f(z) f(w) L z w für alle z, w D. Zum Beispiel ist die Funktion f(z) = z Lipschitz-stetig mit Konstante L = 1, denn z w z w. Satz 7.2.5. Genügt f einer Lipschitz-Bedingung, dann ist f stetig. Beweis. Aufgabenblatt 10. 7.3 Der Zwischenwertsatz Theorem 7.3.1. Ist f : [a, b] R stetig und f(a) < 0 < f(b) (oder f(a) > 0 > f(b)), dann existiert ein x (a, b) mit f(x) = 0. Proof. Sei f(a) < 0, f(b) > 0 und sei K := {x [a, b] f(x) 0}. Dann ist K denn a K, und K ist nach oben beschränkt. Also existiert ξ = sup K R

40 nach dem Vollständigkeitsaxiom. Offenbar gilt ξ [a, b]. Wir zeigen dass f(ξ) = 0. Nach Definition von ξ ist ξ 1/n keine obere Schrank von K. D.h., es existiert ein x n K mit x n > ξ 1/n. Nach Definition von ξ und K gilt ausserdem Also lim n x n = ξ und, da f stetig ist, ξ 1/n < x n ξ, und f(x n ) 0. f(ξ) = lim n f(x n ) 0. (9) Nach (9) ist ξ < b und somit ξ + 1/n b für n N gross genug. Aber ξ + 1/n K, nach Definition von ξ, also f(ξ + 1/n) > 0. Da f stetig ist folgt f(ξ) = lim n f(ξ + 1/n) 0. (10) Nach (9) und (10) muss f(ξ) = 0, und insbesondere ξ {a, b}. Beispiel. Jedes reelle Polynom p(x) = x n + a n 1 x n 1 +... + a 0 mit n ungerade hat mindestens eine reelle Nullstelle. Korollar 7.3.2. Ist f : [a, b] R stetig und f(a) < c < f(b) (oder f(a) > c > f(b)), dann existiert ein x (a, b) mit f(x) = c. Beweis. Satz 7.3.1 anwenden auf die Funktion g(x) = f(x) c. Korollar 7.3.3. Ist I R ein beliebiges Intervall und f : I R stetig, dann ist auch f(i) ein Intervall und (α, β) f(i) wobei α = inf x I f(x) und β = sup x I f(x). Beweis. Wenn α = β dann ist f konstant und die Aussage trivial. Sei also α < β und η (α, β). Dann existieren a 1, a 2 I mit f(a 1 ) < η < f(a 2 ). Nach Korollar 7.3.2 existiert ein ξ zwischen a 1 und a 2 mit f(ξ) = η. Dies zeigt, dass (α, β) f(i). Eine reelle Zahl y mit y < α oder y > β kann, nach Definition von α und β, nicht zu f(i) gehoeren. Also ist f(i) eines der vier Intervalle (α, β), (α, β], [α, β), [α, β]. Monotonie. Sei D R und f : D R. Dann heißt f (streng) monoton wachsend, wenn für alle x, y D x < y f(x) f(y) (bzw. f(x) < f(y)). (Streng) monoton fallend ist analog definiert. Die Funktion f heißt streng monoton wenn sie entweder streng monoton fallend oder streng monoton wachsend ist.

41 Satz 7.3.4. Ist f : D R streng monoton wachsend (fallend), dann bildet f die Menge D bijektiv auf f(d) ab und f 1 : f(d) D ist ebenfalls streng monoton wachsend (fallend). Wurzel. Sei k N und k 2. Die Funktion f : [0, ) R mit f(x) = x k ist (als Polynom) stetig und inf f(x) = 0 = f(0), sup x 0 f(x) =. x 0 Also f([0, )) = [0, ), nach Korollar 7.3.3. Da f ausserdem streng monoton wachsend ist, folgt mit Satz 7.3.4, dass f : [0, ) [0, ) bijektiv und die Inverse f 1 : [0, ) [0, ) wieder streng monoton wachsend ist. Wegen x = f(f 1 (x)) = f 1 (x) k ist f 1 (x) die kte Wurzel von x. Damit ist die Existenz und Eindeutigkeit der kten Wurzel zum zweiten Mal nachgewiesen. Logarithmus. exp : R R ist stetig und inf x R ex = 0, sup e x =, x R wobei e x > 0 für alle x. Also gilt exp(r) = (0, ). Weiter ist exp streng monoton wachsend, denn für h > 0 gilt e h > 1 + h > 1 und somit e x+h e x = e x (e h 1) > 0. Die Abbildung exp : R (0, ) ist also bijektiv nach Satz 7.3.4. Die Umkehrabbildung heißt Logarithmusfunktion. log := exp 1 : (0, ) R 7.4 Stetige Funktionen auf kompakten Mengen Man nennt eine Menge U C offen, wenn zu jedem z U ein ε > 0 existiert, so dass B ε (z) U. Die Menge U heißt abgeschlossen wenn C\U offen ist. Falls eine Zahl R existiert sodass z U z R. dann ist U beschränkt. Eine Menge die beschränkt und abgeschlossen ist heißt kompakt. Satz 7.4.1. Folgende Aussagen über K C sind äquivalent.

42 (i) K ist kompakt (ii) Jede Folge in K hat eine in K konvergente Teilfolge. (K ist folgenkompakt.) Beweis. (i) (ii). Sei (z n ) eine Folge in K. Da K beschränkt ist, ist auch die Folge (z n ) beschränkt und hat daher, nach Satz 5.6.1, eine konvergente Teilfolge (z nk ). Sei z := lim k z nk. Versuchweise nehmen wir an z C\K. Da C\K offen ist gibt es dann es eine ε Umgebung B ε (z) mit B ε (z) C\K. Wegen z nk z folgt z nk B ε (z) und somit z nk K, für k gross genug. Ein Widerspruch! Also z K. (i) (ii). Ist K nicht kompakt, dann ist K nicht beschränkt oder K ist nicht abgeschlossen. Im ersten Fall ist K in keiner noch so großen Kugel B n (0), n N, enthalten. Also gibt es zu jedem n N ein z n K mit z n n. Diese Folge hat keine konvergente Teilfolge da jede Teilfolge, wie (z n ), auch unbeschränkt ist. Sei nun K nicht abgeschlossen. Dann ist C\K nicht offen. Also gibt es ein z C\K ohne passende ε Umgebung in C\K. Das heisst, B ε (z) K für alle ε 0. Insbesondere B 1/n (z) K für alle n N. Wähle z n B 1/n (z) K. Dann ist (z n ) eine Folge in K mit lim n z n = z. Also gilt auch lim k z n k = z für jede Teilfolge (z nk ). Da z K ist somit (ii) falsch. Theorem 7.4.2. Sei K C kompakt und f : K R stetig. Dann nimmt die Funktion f auf K ihr Maximum und ihr Minimum an. D.h., es existieren z min, z max K, so dass für alle z K. f(z min ) f(z) f(z max ) Proof. Sei β := sup{f(z) z K}. Dann gibt es eine Folge (z n ) K mit lim f(z n) = β. (11) n Da K kompakt ist, gibt es, nach Satz 7.4.1, eine in K konvergente Teilfolge (z nk ). Sei z max := lim k z nk K. Da f stetig ist und wegen (11) folgt f(z max ) = lim k f(z nk ) = β. Also f(w) β = f(z max ) < für alle w K. Da auch g = f stetig ist gibt es auch ein z min K mit g(w) g(z min ) für alle w K. Also f(w) f(z min ) für alle w K.

43 Beschränkte Funktionen. Eine Funktion f : D C C heißt beschränkt, falls die Menge f(d) beschränkt ist. D.h., falls sup f(z) <. z D Korollar 7.4.3. Ist f : K C stetig und K C kompakt, dann ist f beschränkt. Beweis. Da die Funktion f : K R stetig ist, gibt es nach Theorem 7.4.2 ein z max in K mit f(z) f(z max ) für alle z K. Somit ist f beschränkt. Satz 7.4.4. Ist K C kompakt und f : K C stetig, so ist auch f(k) kompakt. Der Beweis dieses Satzes sei dem Leser als Übungsaugabe überlassen. Gleichmäßige Stetigkeit. Eine Funktion f : D C C heißt gleichmäßig stetig, falls zu jedem ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass für alle z, w D gilt: z w < δ f(z) f(w) < ε. Ist f gleichmäßig stetig, so ist f auch stetig. Umgekehrt braucht eine stetige Funktion nicht gleichmäßig stetig zu sein! Z.B., ist f(x) = 1/x stetig in (0, ) aber nicht gleichmäßig stetig. Theorem 7.4.5. Ist f : K C stetig und K C kompakt, dann ist f gleichmäßig stetig. Beweis. Sei K C kompakt und f : K C stetig, aber nicht gleichmäßig stetig. Dann gibt es ein ε > 0 ohne passendes δ > 0. Insbesondere genügt δ = 1/n für kein n N. D.h., zu jedem n N gibt es z n, w n K mit z n w n < 1/n (12) aber f(z n ) f(w n ) ε. (13) Da K kompakt ist, hat (z n ), nach Satz 7.4.1, eine in K konvergente Teilfolge (z nk ). Sei z K der Grenzwert dieser Teilfolge. Dann gilt wegen (12) auch w nk z, (k ). Da f stetig ist folgt lim k f(z nk ) = f(z) = lim k f(w nk ), also f(z nk ) f(w nk ) 0, (k ), im Widerspruch zu (13).

44 7.5 Grenzwerte einer Funktion Wir definieren die ε-umgebungen von, und ξ C durch U ε ( ) = (1/ε, ) U ε ( ) = (, 1/ε) U ε (ξ) = B ε (ξ). Die Menge U ε (ξ) = U ε (ξ)\{ξ} heißt punktierte ε Umgebung von ξ. Sei D C. Einen Punkt ξ C nennt man Häufungspunkt von D, falls für jedes ε > 0 U ε (ξ) D. Ist D R und U ε (± ) D für jedes ε > 0, dann nennt man ± einen uneigentlichen Häufungspunkt von D. Ein Punkt ξ D welcher kein Häufungspunkt von D ist heißt isolierter Punkt von D. Satz 7.5.1. Ist ξ ein (uneigentlicher) Häufungspunkt der Menge D C, dann enthält jede Umgebung U ε (ξ) unendlich viele Punkte von D. Beweis. Wir beweisen die Kontraposition. Sei ξ C und sei U ε (ξ) D endlich für ein ε > 0. Dann ist auch U ε (ξ) D endlich. Also ε := min{ z ξ : z U ε (ξ) D} > 0 und U ε (ξ) D =. Somit ist ξ kein Häufungspunkt von D. Der Beweis für uneigentliche Häufungspunkte wird analog geführt. Grenzwert einer Funktion. Sei f : D C und sei ξ ein (uneigentlicher) Häufungspunkt von D. Dann hat f für z ξ den Grenzwert η, in Zeichen f(z) η, (z ξ), falls für jedes ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass z U δ (ξ) D f(z) U ε (η). Der Grenzwert η ist eindeutig und wird mit lim z ξ f(z) bezeichnet. Bemerkungen. 1. Für η sind auch die Werte ± zulässig, wenn f reellwertig ist. 2. Man beachte, dass lim z ξ f(z) nur von f in D\{ξ} abhängt und nicht f(ξ).

45 Satz 7.5.2. Sei ξ D ein Häufungspunkt von D und sei f : D C. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (i) f ist stetig in ξ. (ii) lim z ξ f(z) = f(ξ). Bemerkung. In einem isolierten Punkt ξ D ist jede Funktion f : D C stetig. Beweis. Ist f stetig in ξ, dann gibt es zu jedem ε > 0 ein δ > 0, so dass Insbesondere gilt z U δ (ξ) D f(z) U ε (f(ξ)). (14) z U δ (ξ) D f(z) U ε (f(ξ)). (15) Also gilt (ii). Sei nun umgekehrt (ii) erfüllt. Dann gibt es zu jedem ε > 0 ein δ > 0, so dass (15) gilt. Da trivialerweise f(ξ) U ε (f(ξ)), gilt auch (14), d.h., f ist stetig in ξ. Satz 7.5.3. Sei ξ ein (uneigentlicher) Häufungspunkt von D und sei f : D C. Dann sind folgende Aussagen äquivalent: (i) lim z ξ f(z) = η. (ii) Für jede Folge (z n ) in D\{ξ} mit lim n z n = ξ gilt lim f(z n) = η. n Beweis. (i) (ii). Sei lim z ξ f(z) = η und sei (z n ) eine Folge in D\{ξ} mit z n ξ für n. Zu gegebenem ε > 0 existiert dann ein δ > 0, so dass z U δ (ξ) D f(z) U ε (η). (16) Wegen lim n z n ξ gibt es ein N N, so dass z n U δ (ξ) D fuer n N. Also, zusammen mit (16) n N f(z n ) U ε (η), d.h., lim n f(z n ) = η. (i) (ii). Sei lim z ξ f(z) η. Dann gibt es ein ε > 0, so dass δ = 1/n für kein n N klein genug ist. Also gibt es zu jedem n N ein z n U 1/n (ξ) D mit f(z n ) U ε (η). Damit ist eine Folge (z n ) D\{ξ} gefunden mit lim n z n = ξ, aber lim n f(z n ) η. D.h., (ii) ist falsch.

46 Satz 7.5.4 (Rechenregeln). Sei ξ ein (uneigentlicher) Häufungspunkt von D, sei δ > 0 und seien alle auftretenden Funktionen definiert auf D C. Dann gilt: (a) lim z ξ f(z) = 0 lim z ξ f(z) = 0. (b) Falls f(z) p(z) in U δ (ξ) D und lim z ξ p(z) = 0, dann lim f(z) = 0. z ξ (c) Ist lim z ξ f(z) = α und lim z ξ g(z) = β, wobei α, β C, dann gilt ( ) lim f(z) + g(z) = α + β z ξ lim f(z)g(z) z ξ = αβ lim z ξ f(z) g(z) = α β (falls β 0) (d) Falls, zusätzlich zu (c), f(z) g(z) für z U δ (ξ) D, dann gilt α β. (e) Falls f 1 (z) g(z) f 2 (z) für z U δ (ξ) und lim z ξ f 1 (z) = lim z ξ f 2 (z) = α, dann ist auch lim g(z) = α. z ξ Beweis. Die Aussagen des Satzes folgen aus Satz 7.5.3 und den entsprechenden Sätzen für Folgen: Satz 5.4.1, Satz 5.4.2 und Satz 5.2.5. Zusätzlich muss man für (c) wissen, dass ξ ein Häufungspunkt von D(f/g) = {z D g(z) 0} ist. In der Tat, wäre ξ kein Häufungspunkt von D(f/g), dann gäbe es ein ε > 0, so dass U ε (ξ) D(f/g) =, also g(z) = 0, für z U ε (ξ) D. Daraus würde β = lim z ξ g(z) = 0 folgen, im Widerspruch zur Annahme β 0. Satz 7.5.5. (a) e z 1 lim z 0 z = 1, (b) lim x x n = 0 für alle n N. ex Bemerkung: Nach Teil (b) wächst e x schneller als jede Potenz von x. Beweis. (a) Nach Satz 6.7.4 ist e z = 1 + z + R(z), wobei R(z) z 2 e z /2. Also e z 1 = 1 + R(z), und R(z) z z z z 2 e z. (17)

47 Da z z e z /2 stetig ist gilt, nach Satz 7.5.2, Aus (17) und (18) folgt mit Satz 7.5.4 die Behauptung (a). (b) Für x > 0 gilt e x x k = k! xn+1 (n + 1)!. Daraus folgt, wegen e x > 0, dass z lim z 0 2 e z = 0 2 e 0 = 0. (18) k=0 0 xn (n + 1)!. ex x Da lim x x 1 = 0, folgt daraus mit Satz 7.5.4, die Behauptung (b). Satz 7.5.6. Existieren für f : A B und g : B C die Grenzwerte lim f(z) = η, lim z ξ g(w) w η und ist g stetig in η, oder f(z) η für alle z, dann gilt lim g(f(z)) = lim g(w). z ξ w η Proof. Wir nehmen an f(z) η für alle z und verwenden die Charakterisierung von Grenzwerten aus Satz 7.5.3. Sei also (z n ) eine Folge in A\{ξ} mit lim n z n = ξ und sei w n = f(z n ). Dann gilt lim w n = lim f(z n ) = η. (19) n n wobei die Folge (w n ) in B\{η} liegt. Also lim g(f(z n)) = lim g(w n ) = lim g(w), n n w η womit die Behauptung im Fall f(z) η bewiesen ist. Ist g stetig in η, dann folgt aus (19) sofort, dass lim g(f(z n)) = g(η) = lim g(w), n w η und die Annahme f(z) η wird nicht gebraucht. Beispiel. lim sin(1/x) = lim sin(y) = sin 0 = 0. x y 0

48 Satz 7.5.7 (Cauchy-Kriterium für Funktionen). Sei f : D C und sei ξ ein (uneigentlicher) Häufungspunkt von D. Dann sind äquivalent: (i) lim z ξ f(z) existiert (in C). (ii) Für jedes ε > 0 gibt es ein δ > 0, so dass z, w U δ (ξ) D f(z) f(w) < ε. Beweis. (i) (ii). Sei lim z ξ f(z) = η und sei ε > 0. Dann existiert ein δ > 0 für welches z U δ (ξ) D f(z ) η < ε/2. Angewandt auf z = z und z = w erhalten wir z, w U δ (ξ) D f(z) f(w) f(z) η + η f(w) < ε. (ii) (i). Sei (ii) erfüllt und sei (z n ) eine Folge in D\{ξ} mit lim n z n = ξ. Nach Satz 7.5.3 genügt es zu zeigen, dass lim n f(z n ) existiert und unabhängig von der Wahl der Folge ist. Wegen lim n z n = ξ gibt es ein n N mit Dies impliziert, nach Annahme (ii), dass n N z n U δ (ξ) D. n, m N f(z n ) f(z m ) < ε. Also ist (f(z n )) n N eine Cauchy-Folge, und damit konvergent. Es bleibt noch zu zeigen, dass der Limes η := lim n f(z n ) nicht von der Wahl der Folge (z n ) abhängt. Sei also (w n ) eine andere Folge in D\{ξ} mit lim n w n = ξ und sei η := lim n f(w n ). Sei ε > 0 und sei δ > 0 wie in Annahme (ii). Dann gibt es, nach Annahme über die Folgen (z n ) und (w n ) ein N N mit Nach Annahme (ii) folgt daraus, dass n N z n, w n U δ (ξ) D. n N f(z n ) f(w n ) < ε. Also η η = lim n f(z n ) f(w n ) ε. Da ε > 0 beliebig war, folgt η = η.

49 Einseitige Grenzwerte. Sei f : (ξ, ξ + h) C mit ξ R und h > 0. Dann hat f in ξ den rechtsseitigen Grenzwert η, in Zeichen f(x) η (x ξ+), falls für jedes ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass Man schreibt dann x (ξ, ξ + δ) f(x) U ε (η). η = lim f(x) oder η = f(x+). x ξ+ Sei f : [ξ, ξ + h) C für ein ξ R, h > 0. Dann heißt f rechtsseitig stetig in ξ, falls lim f(x) = f(ξ). x ξ+ Linksseitiger Grenzwert und linksseitige Stetigkeit sind analog definiert. Lemma 7.5.8. Sei f : (ξ h, ξ + h) C mit ξ R und h > 0. Dann gilt lim f(x) = η f(ξ ) = η = f(ξ+). x ξ Der einfache Beweis dieses Lemmas ist dem Leser als Übungsaufgabe überlassen. Zusammen mit Satz 7.5.2 folgt nun sofort der nächste Satz: Satz 7.5.9. Die Funktion f : (ξ h, ξ + h) C ist genau dann stetig in ξ R, wenn lim f(x) = f(ξ) = lim f(x), x ξ x ξ+ d.h. wenn sie in ξ linksseitig- und rechtsseitig stetig ist. Art der Unstetigkeit. Wenn f nicht stetig ist in ξ, aber wenigstens die einseitigen Grenzwerte f(ξ ) und f(ξ+) existieren, dann heißt ξ Unstetigkeitsstelle von erster Art. Ansonsten heißt ξ Unstetigkeitsstelle von zweiter Art. Wenn f(ξ ) und f(ξ+) existieren und f(ξ ) f(ξ+) dann nennt man ξ eine Sprungstelle von f. Beispiel: Die Funktion f(x) = [x] ([ ] = Gaussklammer) hat in jedem Punkt n Z eine Sprungstelle. Sie ist in diesen Punkten noch rechtsseitig- aber nicht linksseitig stetig. 7.6 Monotone Funktionen Lemma 7.6.1. Ist f : (a, b) R monoton wachsend, bzw. fallend, dann existiert lim x b f(x) und es gilt bzw. lim f(x) = sup{f(x) x (a, b)}, x b lim f(x) = inf{f(x) x (a, b)}. x b

50 Bemerkung. Analoge Aussagen gelten für lim x a+ f(x). Beweis. Sei f monoton wachsend und β := sup f(x). Dann gibt es zu jedem ε > 0 ein x ε (a, b) mit β ε < f(x ε ) β (bzw. f(x ε ) > 1/ε wenn β = ). Wegen der Monotonie von f folgt f(x) U ε (β), for all x (x ε, b). D.h., lim x b f(x) = β. Theorem 7.6.2. Ist f : (a, b) R monoton wachsend (fallend) und ξ (a, b), dann existieren (in R) η := lim f(x), η + := lim f(x) x ξ x ξ+ und es gilt η f(ξ) η + (bzw. η + f(ξ) η ). Beweis. Sei f monoton wachsend. Nach Lemma 7.6.1 und der anschliessenden Bemerkung gilt η = lim f(x) = sup f(x) f(ξ), x ξ x<ξ η + = lim f(x) = inf f(x) f(ξ). x ξ+ x>ξ Korollar 7.6.3. Jede monotone Funktion f : (a, b) R ist stetig bis auf abzählbar viele Sprungstellen. Beweis. Sei f unstetig im Punkt ξ (a, b). Dann gilt f(ξ ) < f(ξ+), denn sonst wäre f(ξ ) = f(ξ) = f(ξ+), nach Theorem 7.6.2, und somit f stetig in ξ. Also gibt es eine rationale Zahl r(ξ) mit f(ξ ) < r(ξ) < f(ξ+). Wegen der Monotonie von f ist ξ r(ξ) eine injektive Abbildung von der Menge der Sprungstellen nach Q. Erstere ist somit gleichmächtig wie eine Teilmenge von Q, also abzählbar. Bemerkung. Die Sprungstellen einer monotonen Funktion brauchen nicht isoliert zu sein! Ist ϕ : N Q bijektiv und f(x) := 2 n, n:ϕ(n) x dann ist f monoton wachsend und hat in jedem rationalen Punkt eine Sprungstelle. Satz 7.6.4. Ist f : I R streng monoton wachsend (fallend) und ist I ein Intervall, dann ist f 1 : f(i) I stetig.

51 Beweis. Die Idee ist dass f 1 als streng monotone Funktion eine Sprungstelle hätte, wenn sie nicht stetig wäre. Aber dann wäre I = f 1 (f(i)) unterbrochen durch eine Lücke, und somit kein Intervall. Sei f streng monoton wachsend und g := f 1 nicht stetig im Punkt η f(i). Dann gibt es ein ε > 0, so dass kein δ > 0 genügt. Insbesondere genügt δ = 1/n für kein n N. Also gibt es zu jedem n N ein y n, so dass y n η < 1 n (20) während g(y n ) g(η) η. Entweder ist dann g(y n ) g(η) + ε für unendlich viele n N, oder g(y n ) g(η) ε für unendlich viele n N. Im ersten Fall gibt es eine Teilfolge (y nk ) mit g(y nk ) g(η) + ε > g(η), für k N. Insbesondere ist das Intervall J := (g(η), inf k N g(y nk )) nicht leer und es liegt zwischen g(η) I und g(y nk ) I. Sei x J. Dann ist x I, denn sonst würde aus der strengen Monotonie von f folgen, dass η = f(g(η)) < f(x) < f(g(y nk )) = y nk, für alle k N, im Widerspruch zu (20). Also hat I die Lücke J und ist somit kein Intervall. Das folgende Theorem fasst die Resultate von Korollar 7.3.3, Satz 7.3.4 und Satz 7.6.4 zusammen. Theorem 7.6.5. Ist I ein Intervall und f : I R streng monoton wachsend (fallend) und stetig, dann ist f : I f(i) bijektiv, f(i) ein Intervall, und f 1 : f(i) I ist ebenfalls streng monoton wachsend (fallend) und stetig. 7.7 Die Logarithmusfunktion Nach Kapitel 6.7 und 7.3 ist exp : R R stetig, streng monoton wachsend und exp(r) = (0, ). Nach Theorem 7.6.5 ist log = exp 1 : (0, ) R wieder stetig und streng monoton wachsend. Auf Grund der Definition von log als Inverse von exp e log(x) = x, x > 0, log(e x ) = x, x R,

52 und nach Satz 7.5.6 lim log(y) = lim y 0 x log(ex ) = lim log(y) = lim y x log(ex ) =. wobei die Existenz der Grenzwerte lim y 0 log(y) und lim y log(y) aus der Monotonie des Logarithmus folgt. Satz 7.7.1. Für alle u, v > 0 gilt (a) (b) log(uv) = log(u) + log(v), log(u/v) = log(u) log(v). Beweis. Sei x = log u und y = log v. Dann gilt log(uv) = log(e x e y ) = log(e x+y ) = x + y = log u + log v. Satz 7.7.2. Für alle a > 0 und alle p/q Q (p Z, q N\{0}) gilt log(a p/q ) := p q log(a), wobei a p/q := q a p. Beweis. Für n N folgt aus Satz 7.7.1 durch Induktion, dass log(a n ) = n log(a), und somit log(a n ) = log(1/a n ) = log 1 log a n = n log a. Also gilt log(a p ) = p log a für alle p Z. Daraus wiederum ergibt sich, wegen (a p/q ) q = a p, dass q log(a p/q ) = log(a p ) = p log(a), woraus die Aussage des Satzes folgt. Definition. Sei a > 0 und x R. Dann a x := e log(a)x. Satz 7.7.3. Für alle a, b > 0 und alle x, y R gilt (a) (b) (c) log(a x ) = x log(a) a x+y = a x a y (a x ) y = a xy (d) a x b x = (ab) x.

53 Beweis. (a) ist äquivalent zur Definition von a x. Wir beweisen noch (c); es gilt (a x ) y = exp(log(a x )y) = exp(log(a)xy) = a xy. Satz 7.7.4. Für jedes α > 0 gilt (a) Beweis. Nach Satz 7.5.6 und Satz 7.5.5 log x lim x x α log x lim = 0, (b) lim x xα x 0+ xα log x = 0. = lim x Aussage (b) führen wir auf (a) zurück: lim x 0+ xα log x = lim log x e = 1 α log x α lim αy y e = 1 αy α lim t y 1 log(1/y) = lim yα y t e t = 0. log y y α = 0. 7.8 Hyperbolische Funktionen Eine Funktion f : D C mit D := { x x D} = D nennt man gerade, wenn und ungerade, wenn f( x) = f(x) für alle x D; f( x) = f(x) für alle x D. Jede Funktion f mit symmetrischem Definitionsbereich D = D lässt sich zerlegen in die Summe f(x) + f( x) f(x) f( x) f = + 2 2 einer geraden und einer ungeraden Funktion. Zum Beispiel sind cosh x = ex + e x 2 und sinh x = ex e x der gerade und der ungerade Anteil von e x. Man rechnet leicht nach, dass für alle x R. (cosh x) 2 (sinh x) 2 = 1 Hyperbolischer Sinus und Areasinus. Der hyperbolische Sinus sinh x = ex e x 2 2

54 ist streng monoton wachsend und stetig als Summe der streng monotone wachsenden und stetigen Funktionen e x und e x. Es gilt 1 lim sinh x = lim (e x 1 ) = x x 2 e x 1 lim sinh x = lim (e x 1 ) =. x x 2 e x Somit ist sinh(r) = R, nach dem Zwischenwertsatz, und aus Theorem 7.6.5 folgt, dass die Umkehrfunktion sinh 1 : R R (Areasinus) wieder streng monoton wachsend und stetig ist. Durch Auflösen der Gleichung y = 1 2( e x e x) nach x, - nach Multiplikation mit e x ist sie eine quadratische Gleichung in e x - erhält man sinh 1 (y) = log(y + y 2 + 1). Hyperbolischer Cosinus und Areacosinus. Der hyperbolische Cosinus cosh(x) = ex + e x ist streng monoton wachsend auf [0, ) (streng monoton fallend auf (, 0]) und stetig. Ersteres folgt aus cosh(x) = 1 + sinh(x) 2 weil sinh nicht-negativ und streng monoton wachsend ist auf [0, ). Weiter gilt 2 cosh(0) = 1, lim cosh x =. x Also bildet cosh das Intervall [0, ) bijektiv auf das Intervall [1, ) ab und die Umkehrfunktion cosh 1 : [1, ) [0, ) (Areacosinus) ist wieder streng monoton wachsend und stetig. Ähnlich wie im Fall der Funktion sinh findet man cosh 1 (y) = log(y + y 2 1). Hyperbolischer Tangens und Areatangens. Der hyperbolische Tangens tanh x = sinh x cosh x = ex e x e x + e x (21) ist ungerade, stetig und 1 < tanh x < 1 für alle x R. Da ausserdem lim x = 1 tanh x = 1, lim x

55 ist tanh(r) = ( 1, 1). Weiter ist tanh streng monoton wachsend, denn tanh x = ( ) 1/2 1 1 für x 0, (cosh x) 2 die Funktion cosh ist streng monoton wachsend und positiv auf [0, ), und tanh ist ungerade. Also ist auch die Umkehrfunktion tanh 1 : ( 1, 1) R streng monoton wachsend und stetig. Durch Auflösen von (21) nach x bekommt man tanh 1 (y) = 1 ( ) 1 + y 2 log. 1 y 7.9 Trigonometrische Funktionen Nach Kapitel 6.7 gilt e ix = cos x + i sin x. Die Funktion cos ist gerade, sin ist ungerade. Das folgt aus e ix = e ix und obiger Formel. Satz 7.9.1. Für alle x, y R gilt (a) (b) (c) (d) Beweis. Aussagen (a) und (b) folgen aus cos(x + y) = cos x cos y sin x sin y sin(x + y) = sin x cos y + cos x sin y ( x + y ) ( x y ) cos x cos y = 2 sin sin ( 2 2 x + y ) ( x y ) sin x sin y = 2 cos sin 2 2 cos(x + y) + i sin(x + y) = e i(x+y) = e ix e iy = (cos x + i sin x)(cos y + i sin y) = (cos x cos y sin x sin y) + i(sin x cos y + cos x sin y). Zum Beweis von (c) und (d) setzt man u = (x + y)/2, v = (x y)/2 sodass x = u + v und y = u v. (c) und (d) folgen nun aus (a) und (b). Lemma 7.9.2. (a) (b) cos x 1 x2 2 + x4 4! sin x x x3 3! für alle x, für alle x 0.

56 Beweis. (a) Nach Satz 6.7.7 ist wobei cos x = 1 x2 2 + x4 4! + R(x) R(x) = x6 6! + x8 8!... die Summe einer alternierenden Reihe ist deren Glieder für x 7 dem Betrage nach monoton fallend sind. Natürlich konvergieren sie gegen 0. Also ist R(x) 0 für x 7, nach Satz 6.4.1, denn das erst Glied von R(x) ist negativ. Für x > 7 gilt Aussage (b) beweist man analog. Lemma 7.9.3. 1 x2 2 + x4 4! (a) sin x > 0 für x (0, 2], 1 cos x. (b) Die Funktion cos ist streng monoton fallend in [0, 2] Beweis. (a) Nach Lemma 7.9.2 gilt für x (0, 2] ) ( sin x x (1 x2 x 1 4 ) 3! 3! = x 3 > 0. (b) Nach Satz 7.9.1 und Teil (a) gilt für 2 x > y 0 ( ) ( ) x + y x y cos x cos y = 2 sin sin < 0. 2 2 Satz 7.9.4. Die Funktion cos hat im Interval (0, 2) genau eine Nullstelle. Beweis. cos 0 = 1 und nach Lemma 7.9.2 cos 2 1 4 2 + 16 4! = 1 3. Da cos stetig ist folgt aus dem Zwischenwertsatz die Existenz einer Nullstelle im Intervall (0, 2). Da cos in (0, 2) nach Lemma 7.9.3 streng monoton fallend ist, kann es keine zweite Nullstelle geben. Definition von π. Die Zahl π/2 ist die (eindeutig bestimmte) Nullstelle der Funktion cos im Intervall (0, 2).

57 Theorem 7.9.5. e iπ/2 = i, e iπ = 1, e i3π/2 = i, e 2π = 1. Beweis. Aus cos 2 (π/2) + sin 2 (π/2) = 1 und cos(π/2) = 0 folgt sin(π/2) = ±1. Wegen π/2 (0, 2) folgt aus Lemma 7.9.3 dass sin(π/2) = 1. Also e iπ/2 = cos(π/2) + i sin(π/2) = i. Die übrigen Identitäten ergeben sich durch potenzieren beider Seiten dieser Gleichung. Korollar 7.9.6. Korollar 7.9.7. (a) cos(x + 2π) = cos x, sin(x + 2π) = sin x (b) cos(x + π) = cos x, sin(x + π) = sin x (c) cos(π/2 x) = sin x, sin(π/2 x) = cos x (a) sin x = 0 x = kπ (k Z) (b) cos x = 0 x = kπ + π/2 (k Z) (c) e ix = 1 x = k2π (k Z). Nun können wir den Zusammenhang herstellen zwischen der analytischen Definition von Cosinus und Sinus aus Kapitel 6.7 und der geometrischen. Nach Korollar 7.9.7 ist die Abbildung t e it injektiv in [0, 2π). Für t [0, 2π) sind e itk/n, k = 0,..., n also n + 1 verscchiedene Punkte auf dem Einheitskreis S 1 = {z C : z = 1}. Es sind die Endpunkte eines Steckenzuges γ t,n bestehend aus n Seiten gleicher Länge e it(k+1)/n e itk/n = e it/n 1. Die Länge von γ t,n ist somit n e it/n 1. Man definiert die Länge L(γ t ) des Kreissegments γ t := {e is s [0, t]} als den Grenzwert der Länge von γ t,n für n. Also gilt, nach den Sätzen 7.5.3 und 7.5.5 L(γ t ) = lim n e it/n 1 = lim e it/n 1 n n it/n t = t, wie erwartet.

58 Die Funktionen Tangens, Cotangens, Secant und Cosecant sind aus Cosinus und Sinus zusammengesetzt und wie folgt definiert: tan x = sin x cos x sec x = 1 cos x cot x = cos x sin x csc x = 1 sin x Die Umkehrfunktionen. Die Funktion cos ist stetig, streng monoton fallend auf [0, π], cos(0) = 1 und cos(π) = 1. Also bildet Cosinus, nach Theorem 7.6.5 das Intervall [0, π] bijektiv auf das Intervall [ 1, 1] ab und die Umkehrfunktion arccos : [ 1, 1] [0, π] ist wieder streng monoton fallend und stetig. Die Funktion sin ist stetig, streng monoton wachsend auf [ π/2, π/2], sin( π/2) = 1 und sin(π/2) = 1. Also bildet Sinus das Intervall [ π/2, π/2] bijektiv auf das Intervall [ 1, 1] ab und die Umkehrfunktion arcsin : [ 1, 1] [ π/2, π/2] ist wieder streng monoton wachsend und stetig. Die Funktion tan ist auf ( π/2, π/2) stetig und streng monoton wachsend. Letzteres folgt aus der Spiegelungssymmetrie bezüglich dem Ursprung, tan( x) = tan(x), und aus der Tatsache dass sin und 1/ cos auf dem Intervall [0, π/2) streng monoton wachsend und nicht-negativ sind. Weiter gilt lim tan x = x π/2 lim tan x =. x π/2+ Also bildet Tangens das Intervall ( π/2, π/2) bijektiv auf R ab und die Umkehrfunktion arctan : R ( π/2, π/2) ist wieder streng monoton wachsend und stetig. Polardarstellung und Argumentfunktion Satz 7.9.8. Die Funktion t e it bildet das Intervall [0, 2π) bijektiv auf den Einheitskreis S 1 ab. Beweis. Siehe Aufgabenblatt 13.

59 Nach Satz 7.9.8 lässt sich jede komplexe Zahl z schreiben als z = re iϕ (Polardarstellung) wobei der Betrag r = z durch z eindeutig bestimmt ist und das Argument ϕ R bis auf ein Vielfaches von 2π eindeutig ist. (eindeutig wenn man verlangt, dass ϕ [0, 2π).) Bei der Multiplikation von zwei komplexen Zahlen z 1 z 2 = (r 1 e iϕ 1 )(r 2 e iϕ 2 ) = r 1 r 2 e i(ϕ 1+ϕ 2 ) werden die Beträge multipliziert und die Argumente addiert. Um eine genaue Definition der Argumentfunktion zu geben führt man auf R die Äquivalenzrelation ϕ 1 ϕ 2 e iϕ 1 = e iϕ 2 ein. Nach Satz 7.9.7 ist die Äquivalenzklasse von ϕ [ϕ] = {α R α ϕ 2πZ}. Die Menge der Äquivalenzklassen wird mit R/2π (R modulo 2π) bezeichnet. Die Abbildung R/2π S 1, [ϕ] e iϕ ist wohldefiniert und injektiv (Aufgabenblatt 2), also nach Satz 7.9.8 sogar bijektiv. Die Umkehrabbildung arg : S 1 R/2π heißt Argumentfunktion. Sie wird auf C\{0} fortgesetzt durch die Definition arg(z) = arg(z/ z ). Führt man auf R/2π noch die Addition [ϕ 1 ] + [ϕ 2 ] := [ϕ 1 + ϕ 2 ] ein, dann folgt, dass für alle komplexen Zahlen z 1, z 2 C\{0} arg(z 1 z 2 ) = arg z 1 + arg z 2. Polarkoordinaten der Ebene. Jeder Punkt (x, y) R 2 \{(0, 0)} entspricht einer komplexen Zahl z = x+iy C\{0} und lässt sich somit im wesentlichen eindeutig darstellen in der Form (x, y) = (r cos ϕ, r sin ϕ) wobei r = z = x 2 + y 2 und [ϕ] = arg z. Die Elemente r und [ϕ] heißen Polarkoordinaten von (x, y). Ist ein Intervall vereinbart aus welchem ϕ genommen werden soll, z.b., [0, 2π), dann kann man die Klammern [,] weglassen.