HARTMUT SANDNER. Zusammenfassung. Summary

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HARTMUT SANDNER Entwicklung des Leistungssportsystems in Großbritannien: Nachhaltige Investitionen + Weltspitzenathleten + Unterstützung auf Weltspitzenniveau = Medaillen 1 Zusammenfassung Die Entwicklung des britischen Leistungssports in den letzten 10 Jahren, aber insbesondere seit der Vergabe der Olympischen Spiele 2012 an London, ist durch viele wichtige Änderungen geprägt. Ausgehend von klaren, sehr anspruchsvollen sportlichen Zielen wurden die notwendigen strukturellen und organisatorischen Konsequenzen sowohl auf staatlicher Ebene als auch innerhalb der Leistungssportorganisationen gezogen. Die für die Leistungssportförderung zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel sind seit 1997 kontinuierlich und teilweise sprunghaft gestiegen. Die Förderung folgt dem Prinzip keiner Kompromisse bei der Gestaltung optimaler Förderprogramme für britische Spitzensportlerinnen und Spitzensportler. Dazu wurden entsprechende Förderinstrumente entwickelt, die sichern, dass aktuelle und perspektivische Olympiastarter unter professionellen Bedingungen trainieren und von hoch qualifizierten Expertenteams begleitet werden. Dazu zählten u. a. die inhaltliche und organisatorische Profilierung des English Institute of Sport sowie die Einbeziehung von Wissenschaftskapazitäten aus dem akademischen und kommerziellen Spitzenbereich für die Durchführung von sportartspezifischen Forschungsvorhaben. Summary The development of British high-performance sport during the last 10 years, but especially since London was awarded the 2012 Olympic Games, has been characterized by many important changes. Based on clear and very ambitious goals the necessary structural and organization consequences were drawn, on state level as well as within high-performance sport organizations. Since 1997 the financial funds that have been made available for the development of high-performance sport have increased continuously and sometimes even by leaps and bounds. The design of support programmes follows a no compromise approach to create optimum developmental conditions for British elite athletes. Adequate support means have been developed to guarantee that actual as well as future Olympians can train un- 1 Der Beitrag wurde als Managementinformation im Rahmen der Analyse der Entwicklung nationaler Leistungssportsysteme führender Länder erarbeitet. Neben Großbritannien wurden außerdem China, die USA, Russland und Australien untersucht. Dem Charakter des Materials entsprechend wurde auf ein Literaturverzeichnis verzichtet. Bei Interesse an den verwendeten Quellen wenden Sie sich bitte unter Angabe des Verweises (Zahl in eckiger Klammer) an den Autor. Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 83

der professional conditions and that they are counselled by highly qualified teams of experts. As part of these programmes the English Institute of Sport has undergone a rapid development both with respect to the content of its programmes but also to its structure. In addition programmes have been developed to get access to excellent academic and commercial communities to carry out sport specific research projects. Zur Leistungssportstrategie Großbritanniens Drei Tage vor der Abschlussveranstaltung von Peking äußerte sich Olympiaministerin Jowell zur besten Leistung eines britischen Teams in den letzten 100 Jahren und formulierte fünf Haupterkenntnisse von Peking: - Investitionen lohnen sich aber nur, wenn sie geplant erfolgen, auf gut durchdachte Ziele und Anforderungen der Zukunft fokussiert sind und sich nicht an veralteten Mustern orientieren. - Das Talent des Einzelnen zählt, braucht aber ein Netzwerk von starken Institutionen, um erfolgreich zu sein. Öffentliche Einrichtungen müssen sich Veränderungen stellen und nicht vor ihnen weglaufen. UK Sport in alter Form hätte nie den Erfolg von 2008 erreicht. - Optimismus und hohe Ziele sind wichtig. Die Briten vergeben, wenn man alles versucht hat und dann doch unterliegt, sie werden aber nie vergeben, wenn man nicht bis zum Ende alles gibt. - Die Botschaft an alle Olympiastädte lautet bevor es besser wird, wird es erstmal schlechter. Die Politiker müssen die Rückschläge verkraften, sich am langfristigen Gewinn orientieren, nicht an aktuellen Schlagzeilen. - Nehmt Herausforderungen an, und sucht nicht so sehr das ruhige Leben Probleme lösen sich nicht in Luft auf, sie verschlimmern sich, bis knackige Entscheidungen getroffen werden. Die Stimmung der Nation zur Olympiade hat sich dramatisch gebessert. Das Wetter selbst zu machen ist besser, als den Regen zu ertragen. [22] Anfang April 2008 wurde von der Leistungssportorganisation Großbritanniens, UK Sport, die offizielle Zielstellung für Peking bekannt gegeben: Platz 8 in der Länderwertung [45]2. Diese Zielstellung erforderte eine Verbesserung um zwei Plätze im Vergleich zur Länderwertung von Athen 2004, als Großbritannien auf dem 10. Platz einkam. Damit sollte ein weiterer Schritt in Richtung auf die Erfüllung des 1999 durch das Ministerium für Kultur, Medien und Sport in seinem langfristigen Aufgabenkatalog formulierten Ziels für den nationalen Sport, bis zum Jahr 2010 einen Platz unter den besten fünf Nationen der Welt zu belegen, erreicht werden [11]. In Atlanta 1996, als nach dem Gewinn von nur einer Goldmedaille (sowie acht Silber- und sechs Bronzemedaillen) die Sportlerinnen und Sportler des Landes letztlich nur auf Platz 36 der Medaillenwertung endeten, wurden im Leistungssport spürbare Veränderungen gefordert und eingeleitet, die sich in besseren sportlichen Ergebnissen bei bedeutenden internationalen Meisterschaften wie Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften ausdrücken sollten. 2000 in Sydney ge- 2 Diese Zielstellung stimmt mit der überein, die bereits im Mai 2006 im Businessplan für UK Sport 2006-2009 definiert wurde. Dort wurden auch 35 Medaillen und 60 Finalplatzierungen als Ziel für 2008 genannt [46]. 84 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

lang die Trendwende, als 11 Goldmedaillen gewonnen werden konnten und mit insgesamt 28 die Medaillenzahl nahezu verdoppelt wurde. Aus Athen kehrten die Sportlerinnen und Sportler Großbritanniens zwar mit weniger Goldmedaillen zurück, gewannen aber insgesamt 30 Medaillen und konnten die Zahl der Finalplatzierungen insgesamt von 74 (in Sydney) auf 87 spürbar steigern. Tab. 1. Ergebnis der Olympiamannschaften Großbritanniens bei den OS 1996-2008 Jahr Platz Gold Silber Bronze Medaillen 4. 5. 6. 7. 8. Platzierungen 1-8 1996 36. 1 8 6 15 8 11 2 7 6 49 2000 10. 11 10 7 28 12 9 10 7 8 74 2004 10. 9 9 12 30 11 14 9 17 6 87 2008 4. 19 13 15 47 9 8 18 13 14 109 Einen Monat vor dem Beginn der Olympischen Spiele 2008 wurde die generelle Zielstellung durch UK Sport hinsichtlich der erwarteten Medaillenzahl der olympischen Verbände konkretisiert. Vorliegende Materialien von UK Sport gehen davon aus, dass diese Zielstellung das Maximum der als möglich erscheinenden Medaillengewinne darstellt, realistisch aber zwischen 70-75 % dieser Medaillenzahl sind. Insgesamt wurden Medaillengewinne in 17 Sportarten erwartet. Aber nur 11 Verbände leisteten einen Beitrag zur Medaillenbilanz Großbritanniens. Tab. 2. Vergleich von Zielstellung und erreichter Medaillenzahl in den Sportarten 2008 und 2004 Sportart Soll 2008 Ist 2008 Soll 2004 Ist 2004 Badminton 1 1 Bogenschießen 2 1 1 Boxen 2 3 1 Gerätturnen 1 1 3 Judo 2 2-3 Kanusport 2 3 2 3 Leichtathletik 5 4 5-7 4 Moderner Fünfkampf 1 1 1 1 Radsport 6 14 5-6 4 Reiten 3 2 2 3 Rudern 4 6 3 4 Schießen 2 3 Schwimmen 3 6 2 2 Segeln 4 6 3 5 Taekwondo 1 1 2 Triathlon 1 2 Wasserspringen 1 2 1 Gesamt 41 47 38-42 30 Legt man die durch UK Sport vorgenommene Prioritätensetzung in der Finanzierung der nationalen Sportverbände zugrunde, ergibt sich folgendes Bild: Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 85

Tab. 3. Zahl der gewonnenen Medaillen durch Verbände nach UK Sport Förderstufen [18] Förderstufe Priorität 1 Priorität 2 Priorität 3 Priorität 4 Sportarten Leichtathletik, Radsport, Rudern, Segeln Schwimmen, Kanusport, Reiten, Judo, Schießen, Moderner Fünfkampf Gerätturnen, Triathlon, Wasserspringen Taekwondo, Bogenschießen, Gewichtheben Medaillen 2008 Anteil [%] 2008 Medaillen 2004 Anteil [%] 2004 30 63,8 17 60,7 12 25,5 9 32,1 1 2,1 1 2,6 1 2,1 1 3,6 Nach Abschluss der Olympischen Spiele erklärte NOK-Präsident Lord Moynihan, dass es eine Möglichkeit gibt, den 3. Platz in London 2012 zu erreichen. Es ist sicherlich kaum zu erwarten, dass wir mit China und den USA Schritt halten, aber wir haben die Russen erreicht und ich glaube, alle sind sehr motiviert, sie 2012 zu schlagen. 60 Medaillen werden für 2012 als realistisch erachtet [65]. Zur Organisationsstruktur des britischen Leistungssports Ab 1997 wurden in Großbritannien die Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Spitzensport neu geregelt. Auf staatlicher Ebene wird die Verantwortung für den Leistungssport seit 1997 durch das Ministerium für Kultur, Medien und Sport wahrgenommen. Im Ministerium arbeitet eine Abteilung Sport und Erholung mit drei Unterabteilungen, von denen wiederum eine für den Leistungssport zuständig ist. Die Grundlagen der mittel- und langfristigen Zusammenarbeit mit der 1997 gegründeten und für den nationalen Spitzensport verantwortlichen Organisation UK Sport sind Finanzierungsvereinbarungen [113, 114, 115], die das Ministerium jeweils für einen Olympiazyklus mit UK Sport abschließt. Diese basieren auf aktuellen Analysen der internationalen und nationalen Situation im Spitzensport, enthalten sowohl Festlegungen für die Gebiete mit höchster Priorität als auch Festlegungen zur Umsetzung in praktische Maßnahmen. Letztlich sind in ihnen die finanziellen Zuschüsse an UK Sport festgelegt sowie Rhythmen und Kennziffern einer Erfolgskontrolle. So besaßen für den Zeitraum 2005-2008 folgende Aufgaben höchste Priorität: 1. Erfolge bei internationalen Topevents durch Unterstützung der Sportler, Entwicklung und Einsatz hoch qualifizierten Personals in diesem Prozess und Aufbau eines nationalen Leistungssportsystems auf Weltspitzenniveau. 2. Verbesserung des weltweiten Einflusses im internationalen Sport durch die Entwicklung eines internationalen Förderprogramms und durch die Ausrichtung internationaler Topevents in Großbritannien.3 3 Im Rahmen der internationalen Aktivitäten von UK Sport wird auch das UK Sport International Leadership Programme (ILP) betrieben, mit dem die Übernahme von Führungspositionen britischer Vertreter in internationalen Sportorganisationen aktiv gefördert und unterstützt wird. 86 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

3. Sicherung internationalen Spitzenniveaus in der Anti-Doping-Arbeit und in der Arbeit mit Sportlern, damit sie die hohen moralischen und ethischen Standards in ihrem Verhalten umsetzen [114]. In den Finanzierungsvereinbarungen sind die Zuschüsse beschrieben, die UK Sport vom Ministerium für die Erfüllung seiner Aufgaben erhält. Ein Vergleich der Finanzierungsvereinbarungen der letzten beiden Olympiazyklen zeigt, dass die Verbindlichkeit für beide Seiten sowohl hinsichtlich der zu erwartenden Unterstützung, aber auch hinsichtlich der zu erreichenden Leistungsziele spürbar zugenommen hat. Dies wird damit begründet, dass UK Sport letztlich nicht weniger als 152 Mio. Euro verwaltet und verteilt. So beschreibt die aktuelle Finanzierungsvereinbarung die aktuelle Situation folgendermaßen: Mit Blick auf die Olympischen Spiele 2012 zu Hause ist die Verantwortung von UK Sport weiter gestiegen. Ziel ist es, dass jetzt in den Jahren 2006-2012 jährlich mehr als 125 Mio. Euro in 1.400 unserer besten Sportler investiert werden. Die Investitionen folgen dem Prinzip keiner Kompromisse zielgerichtete Finanzierung der Sportler und Sportarten, die die größte Erfolgswahrscheinlichkeit besitzen. [105] Tab. 4. Realisierte bzw. geplante Zuschüsse des Ministeriums für Kultur, Medien und Sport für UK Sport (in Mio. Euro) [113, 114, 115] Finanzjahr Lotteriemittel Mittel aus dem Staatshaushalt Gesamt 2004-2005 26,5 29,2 55,7 2005-2006 27,2 37,1 64,3 2006-2007 67,5 67,3 134,8 2007-2008 62,5 85,2 147,7 2008-2009 64,4 2009-2010 77,0 2010-2011 80,8 Von diesen Geldern wurden 2007/2008 ca. 85 % als finanzielle Unterstützung der Spitzenverbände im Leistungssportbereich ausgegeben. Im Businessplan 2006-2009 ist vorgesehen, dass der prozentuale Anteil der Ausgaben für das World Class Performance Programme im Jahr 2008/2009 bei 93 % liegen soll [120]. Dabei erhielten die Sportarten, denen UK Sport Priorität einräumt, die höchsten Zuschüsse und im Erfolgsfall auch die höchsten Zuwachsraten. Allerdings wurden die Gelder auch gekürzt, wenn die vereinbarten Leistungsziele nicht erreicht wurden. Eine Übersicht der Lotteriegelder, die an die Verbände Leichtathletik, Radsport, Rudern, Schwimmen und Segeln im Zeitraum 2004-2008 ausgereicht wurden, unterstreicht dies nachdrücklich. Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 87

Tab. 5. Lotteriegelder für ausgewählte Sportverbände 2004-2008 (in Euro) [74] Sportart 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 Leichtathletik.979.000 727.000 3.605.000 1.997.000 Radsport.579.000 696.000.938.500 1.226.000 Rudern.994.000 796.000 1.085.000 1.403.000 Schwimmen 1.274.000 785.000 1.389.000 2.096.000 Segeln.598.000 764.000 1.040.000 1.064.000 Für den Zeitraum bis 2012/13 liegt eine Finanzplanung für den Einnahmen- und Ausgabenbereich von UK Sport vor, die deutliche Zuwächse vorsieht. Diese sollen wiederum primär in die Förderung des Hochleistungssports über das World Class Performance Programme investiert werden. Die Zahlen des Businessplans von UK Sport4 gehen insgesamt davon aus, dass im Zeitraum 2007-2012 eine Gesamtsumme von 354 Mio. Euro aus dem Sports Lottery Fund und 582 Mio. Euro aus dem Staatshaushalt zur Verfügung stehen werden. Aus dem Staatshaushalt werden als Basisfinanzierung gegenwärtig bis 2012 pro Jahr 91 Mio. Euro veranschlagt. Ende der 90er-Jahre wurde in Großbritannien ein Prozess eingehender analytischer Arbeiten eingeleitet, der den aktuellen Zustand aller Teilbereiche des nationalen Sportsystems (und dabei insbesondere des Spitzensports) umfasste. Im Ergebnis wurden grundlegende Berichte vorgelegt, die wiederum Grundlagen organisatorischer und struktureller Veränderungen im britischen Spitzensport lieferten: der Cunningham Report (2001) zur Finanzierung des Spitzensports [1], der Abschlussbericht der Coaching Task Force (2002) [2], der Game Plan, der eine Strategie für die Realisierung der Ziele der Regierung im Bereich Sport entwickelte (2002) [3], der Investitionen für Veränderungen -Bericht von Deloitte & Touche zu notwendigen Modernisierungsprogrammen in den Sportverbänden (2003) [4], die United Kingdom s Sporting Preferences Analysen, die die Sportarten ermittelten, in denen die Briten Erfolge bei Olympischen Spielen und Commonwealth Games erwarten (2000, 2002, 2004) [5] sowie der Carter Report (2005) [6], der einen Überblick zu den nationalen Sportentwicklungen und eingesetzten Mitteln gab. Insbesondere der Bericht und die Empfehlungen von Deloitte & Touche nach einer eingehenden Analyse der Struktur und Arbeitsweisen britischer Sportverbände im Rahmen des 2001 von UK Sport aufgelegten und mit den regionalen Sports Councils und den Sportverbänden durchgeführten Modernisierungsprogramms der 4 UK Sport ist auf die staatlichen Gelder angewiesen, da die Organisation im Unterschied zum NOK des Landes und zu den Verbänden über keine eigenen Produkte, Verwertungsrechte etc. verfügt, die beispielsweise für Sponsoren interessant sein könnten. Allerdings wird mithilfe einer Agentur daran gearbeitet, die Marke UK Sport so zu entwickeln, dass zukünftig darüber auch finanzielle Mittel eingeworben werden können. 88 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

Sportverbände wurden zur Initialzündung für spürbare Veränderungen. Empfehlungen thematisieren die Bereiche: effektive Leitungsstrukturen und Leitungsprozesse (u. a. Bedeutung einer strategischen Verbandsplanung), Effektivität der sportlichen Führung und des administrativen Managements (u. a. Managementstrukturen), Finanzmanagement (u. a. Verhältnis der staatlichen Zuschüsse zum Gesamthaushalt), Leistungsmanagement (u. a. klare Zielsetzung und Kontrolle der Zielerreichung, Definition von Schlüsselfaktoren der Leistung des Verbands), Talentidentifizierung und -entwicklung, Leistungssportprogramme, Trainerausbildung und nachfolgende Entwicklungsmaßnahmen, Veranstaltungsmanagement, Partnerschaften mit Bildungseinrichtungen, lokalen Behörden und dem kommerziellen Sektor, Struktur der Sportart in Großbritannien (in England, Schottland, Wales und Nordirland sollte für jede Sportart eine verantwortliche Organisation existieren, außerdem sollte es einen Verband geben, der die Sportart als britischer Verband international vertritt, wenn das durch den internationalen Verband gefordert wird). Für die Entwicklung eines erfolgreichen Fördersystems im Nachwuchsleistungsund Hochleistungssport wurde u. a. empfohlen: einen klar definierten Rahmen für die sportliche Entwicklung unter sportartspezifischer Sicht von der Schule bzw. dem Verein über die lokalen und regionalen Ebenen bis hin zur nationalen Ebene zu schaffen, ein progressives, zentral koordiniertes Wettkampfsystem für alle Altersklassen und Leistungsebenen aufzubauen, klare Auswahlkriterien und Auswahlprozesse für Nationalmannschaften aller Altersklassen zu definieren, ein System der Förderung und Unterstützung talentierter Sportler, basierend auf den definierten Leistungsanforderungen in Training und Wettkampf, auf dem jeweiligen Leistungsniveau zu entwickeln, einen Plan für die Talenterkennung bis zum Hochleistungsbereich zu erarbeiten, in dem die Leistungsebenen talentierter Sportler von der Talenterkennung bis zum internationalen Hochleistungsbereich, alle Serviceleistungen, Programme und Finanzierungsmöglichkeiten für Sportler unterschiedlichen Leistungsniveaus, die Auswahlkriterien, die Wettkampf- bzw. Leistungsziele und die Organisationsziele beschrieben sind, eine Strategie für die Entwicklung nationaler und regionaler Leistungszentren zu entwerfen, eine Strategie der Traineraus- und -fortbildung zu entwickeln [4]. Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 89

Im Carter Report vom April 2005 werden diese Themen aufgegriffen und der Intention der britischen Regierung zur Straffung der Organisationsstrukturen im Sport Rechnung getragen. Er fordert u. a. die Bildung einer für den Sport zuständigen Organisation (bei der Profilierung dieser Organisation sollte die Regierung die klare Führung übernehmen). Eines der damit verbundenen Ziele war der Abbau von Doppelarbeit im administrativen Bereich, um mehr Mittel für die sportpraktische Arbeit freizusetzen [6]. Nachdem 2005 London den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2012 erhielt, wurde in dreiseitigen Gesprächen zwischen der britischen Regierung, Sport England und UK Sport Einigkeit über die zukünftige Verteilung der Aufgaben und Verantwortung erzielt. Sport England wie auch die anderen regionalen Sportorganisationen behielten die Verantwortung für Programme im Bereich des Massen- sowie des Kinder- und Jugendsports. Konkret bedeutete dies beispielsweise für Sport England, dass u. a. folgende strategische Ziele im Zeitraum 2009-2013 erreicht werden sollten, die wiederum Einfluss auf Entwicklungsprozesse im Leistungssport haben (können): Eine Million Engländer mehr sollen aktiv Sport treiben. Die Drop-out-Quote soll um 25 % gesenkt werden. Die Talentfördersysteme in mindestens 25 Sportarten sollen verbessert werden. Um diese Ziele zu erreichen, werden 15 % der Investitionen von Sport England in die Förderung des aktiven Sporttreibens gelenkt. 60 % der Investitionen werden dafür verwandt, durch qualitativ hochwertige Sportangebote zu verhindern, dass Leute mit dem aktiven Sport aufhören, hier ist der Altersbereich 16-18 Jahre die Hauptzielgruppe. 25 % der Investitionen werden in Talentförderprogramme innerhalb eines langfristigen Leistungsaufbaus gelenkt [8]. UK Sport erhielt ab dem 1.4.2006 die komplette Verantwortung für die strategische Entwicklung eines nationalen Spitzensports auf Weltspitzenniveau und hatte mit dem 1.1.2007 seine volle Arbeitsfähigkeit für die neuen Verantwortungsbereiche erlangt. Zu diesen Veränderungen äußerte sich der Vorsitzende von Sport England, Lord Carter: Mir war klar, dass wir eine Aufteilung der Verantwortungen für Massensport und Spitzensport brauchten Wir können uns jetzt auf die Entwicklung des Sports an der Basis konzentrieren und dadurch eine höhere Beteiligung an sportlichen Aktivitäten insgesamt erreichen. [16] Die Vorsitzende von UK Sport, Sue Campbell, erklärte hierzu: Unserem bisherigen System wurde oftmals fehlende Nachhaltigkeit und Doppelarbeit vorgeworfen. Viele von uns haben Änderungen eingefordert, der Sport selbst hat eine Einrichtung gefordert, die Führungsverantwortung für alle Bereiche des Spitzensports hat. Mit den Veränderungen haben wir jetzt eine effektive und integrierte Lösung. Das ist ein lebenswichtiger Schritt vorwärts, der es uns gestattet, das öffentliche Geld, das den olympischen und paralympischen 90 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

Sportarten zur Verfügung gestellt wird, tatsächlich dorthin zu leiten, wo es am meisten gebraucht wird. [15] Wichtige Veränderungen der Vereinbarung bestanden darin, UK Sport neben dem World Class Programme die Verantwortung für das World Class Potential Programme in olympischen und paralympischen Sportarten, das Talented Athlete Scholarship Scheme (TASS), das TASS 2012 Scholarship Programme und die Finanzierung und Steuerung des English Institute of Sport zu übertragen. Parallel dazu wird in der Finanzierungsvereinbarung 2008-2011 die Verantwortung von UK Sport, und damit die Grundlage der Vergabe entsprechender finanzieller Mittel, für die Entwicklung aller der Organisationen, Institutionen und Personen festgeschrieben, die einen Beitrag zur Leistungssportentwicklung leisten Trainer, Wissenschaftler, Mediziner, Laufbahnberater. Ergänzend hierzu trägt UK Sport nunmehr die Verantwortung für technologische Partnerschaften und Entwicklungen, um auch hier den notwendigen Vorsprung gegenüber sportlichen Konkurrenten zu erzielen. Dazu Olympiaministerin Jowell: Die angekündigten Veränderungen werden eine klare organisatorische Unterscheidung zwischen Massensport und Spitzensport bewirken UK Sport kann sich um die Förderung der Sportler von dem Zeitpunkt an kümmern, da deren Potenzial für Medaillengewinne erkannt wurde, bis zu dem Zeitpunkt, da sie 2012 und darüber hinaus auf dem Siegerpodest stehen. Diese Reformen lassen im Sport eine Struktur entstehen, die ihn fit für die ihm übertragenen Aufgaben macht d. h. tausende Menschen für eine aktive sportliche Beteiligung zu gewinnen und die Chancen unserer jungen Stars zu verbessern, im vor uns liegenden Jahrzehnt Medaillen zu gewinnen. [16] Parallel dazu wurden in vielen Sportarten Programme entwickelt, um die Rolle nationaler Sportverbände im Vergleich zu den regionalen Sportverbänden zu stärken und die Verantwortlichkeiten in wichtigen Bereichen zu bündeln. Im Carter Report wird dieses Projekt als die Einzelmaßnahme mit der größten Bedeutung bezeichnet, da damit die Verbände selbst analysieren und definieren konnten, was sie benötigen, um vom Anfängertraining bis zum Hochleistungsbereich effektive Systeme aufbauen zu können. Derartige One-Stop-Pläne wurden in der Leichtathletik, im Judo, Schwimmen, Segeln, Rudern, Turnen, Kanusport, Reiten, Triathlon und Radsport erarbeitet. Bei UK Sport arbeiten gegenwärtig ca. 100 Mitarbeiter in einer fünf Direktorate umfassenden Struktur. Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 91

UK Sport Board Sue Campbell Vorsitzende John Steele Geschäftsführer Tim Hollingsworth Direktor Strategie & Kommunikation John Scott Direktor int. Einfluss, Antidoping Liz Nicholl Direktor Leistungssport David Cole Direktor Serviceleistungen Trudy Thom Personalentwicklung Simon LeFevre Leiter Operations Performance Peter Keen Leiter Performance Alex Newton Performance Manager Janet Carter Investment Manager Jane Swan Performance Programm Unterstützung Abb. 1. Organigramm von UK Sport Der Vorstand, der sich jährlich 4-6 x trifft, ist das entscheidende Leitungsgremium von UK Sport, dem u. a. folgende Aufgaben gestellt sind: Realisierung eines kontinuierlichen Prozesses der Strategieentwicklung und Modernisierung von UK Sport. Bestätigung des jährlichen Budgets und einer mittelfristigen Vier-Jahres- Planung in Übereinstimmung mit den strategischen Entwicklungslinien. Überwachung der Leistung der Organisation (auch finanziell und hinsichtlich der getätigten Investitionen) im Vergleich zu den geltenden strategischen Orientierungen. Gewährleistung eines unabhängigen Überwachungsprozesses. Unterstützung der hauptamtlichen Führung bei der Entwicklung von Weltspitzenleistungen (in Übereinstimmung mit der staatlichen Sportpolitik), dazu gehört auch ein Beitrag in der Vorbereitung der Finanzierungsabkommen zwischen UK Sport und dem Ministerium für Kultur, Medien und Sport [24]. Die UK Sport über die Finanzierungsvereinbarungen zur Verfügung gestellten Summen sind in den letzten Jahren sprunghaft angewachsen (vgl. Tab. 4). Die Vereinbarungen enthalten Festlegungen sowohl zu Gebieten mit höchster Priorität als auch zur Umsetzung in praktische Maßnahmen. Letztlich sind in ihnen Rhythmen und Kennziffern einer Erfolgskontrolle definiert. So besaßen Erfolge bei internationalen Topevents durch die direkte Unterstützung der Sportler, die Entwicklung und den Einsatz hoch qualifizierten Personals im Leistungssport sowie den Aufbau eines nationalen Leistungssportsystems auf Weltspitzenniveau höchste Priorität für den Zeitraum 2005-2008 [114]. 92 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

Die offizielle Zielstellung, die mit der Vergabe der Mittel verbunden ist, lautet: direkte Investitionen in Training und Wettkampf zur Unterstützung von Weltspitzenathleten, Förderung der nationalen Sportverbände bei der Umsetzung ihrer Leistungssportprogramme und bei der Entwicklung von sportlerzentrierten Strukturen, Investitionen für Organisationen, die sich um die Ausrichtung von internationalen Sportevents innerhalb des World Class Events Programme bewerben [26]. Im Businessplan 2006-2009 ist ein Anteil der Ausgaben von UK Sport für Leistungssportprogramme im Jahr 2008-2009 von 93 % vorgesehen [120]. Die von UK Sport geführten Programme spiegeln die aktuelle Leistungssportstrategie Großbritanniens wider. Diese sind so gestaltet, dass für die Entwicklung von Weltspitzenleistungen bei keinem Element des Trainings und der Vorbereitung der Sportler, die das Potenzial zum Gewinn von Medaillen bei internationalen Multisport- Veranstaltungen [wie den Olympischen Spielen, H.S.] besitzen, Kompromisse eingegangen werden dürfen, wenn am Ende tatsächlich der sportliche Erfolg stehen soll. UK Sport wird die Besten stärken, die sich Entwickelnden fördern und bei denen Veränderungen provozieren, die unter ihren sportlichen Möglichkeiten bleiben. [7] Die Mittel werden in der Leistungssportförderung primär in zwei Projektbereiche investiert: ca. 73 % gehen in das World Class Performance Programme zur Förderung der Sportverbände und 27 % in das Athlete Personal Awards Programme zur direkten finanziellen Unterstützung der Sportlerinnen und Sportler. 2006 wurde von Ministerpräsident Brown erklärt, dass für die Vorbereitung auf 2012 zusätzlich insgesamt 375 Mio. Euro zur Verfügung stehen [92]. Aus diesen Mitteln erhielten 27 Sportverbände im Zeitraum 2006-2009 zusätzlich 81,3 Mio. Euro mehr an Fördergeldern, die sich wie folgt auf die einzelnen Jahre verteilten: 2006-2007 21,2 Mio. Euro 2007-2008 28,9 Mio. Euro 2008-2009 31,3 Mio. Euro [97]. Tab. 6. Fördergelder von UK Sport für Sportverbände 2001-2009 insgesamt sowie für die einzelnen Bereiche 2006-2009 aufgeschlüsselt (in Mio. Euro) [108] Sportart 2001-2006- 2006-2009 mit Hochleistungs- Entwicklungs- Talent- 2005 2009 Zusatzmitteln bereich bereich programm Badminton 8,7 10,99 4,63 5,71 0,65 Boxen 5,8 6,28 2,52 2,85 0,46 Gerätturnen 4,5 9,0 11,36 2,54 7,89 0,93 Hockey 10,7 12,42 11,72 0,70 Judo 3,6 6,8 8,73 2,97 5,15 0,61 Kanusport 4,3 13,4 17,12 6,73 9,33 1,05 Leichtathletik 10,3 23,4 33,24 14,01 13,46 5,77 Radsport 8,5 21,8 27,86 14,65 11,75 1,47 Reiten 3,4 12,0 14,75 7,81 6,26 0,79 Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 93

Sportart 2001-2006- 2006-2009 mit Hochleistungs- Entwicklungs- Talent- 2005 2009 Zusatzmitteln bereich bereich programm Rudern 9,1 25,0 32,74 16,10 14,95 1,68 Schwimmen 6,1 20,8 25,98 11,11 11,27 3,60 Segeln 6,7 21,8 28,02 13,74 12,95 1,34 Triathlon 2,3 4,9 6,43 2,72 3,33 0,38 Wasserspringen 1,1 5,7 7,38 3,73 3,18 0,46 Alle Verbände 63,86 233,55 295,40 114,30 156,79 23,95 Förderprogramme Oberstes Ziel von UK Sport ist es, ein erfolgreiches Abschneiden bei Olympischen Spielen und den Paralympics zu organisieren. Dazu werden Ressourcen primär in Sportarten und Sportler investiert, die Medaillen erkämpfen können. Seit 2006 werden mit allen Verbänden Zielvereinbarungen abgeschlossen, deren entscheidende Orientierungsgröße die Zahl der Medaillen ist, die bei vereinbarten internationalen Events (dazu zählen OS, WM, EM) gewonnen werden. Die mit den Sportverbänden entwickelten Programme umfassen sechs Teilbereiche: Training und Trainerarbeit, Talenterkennung und -förderung, Forschung und Innovation, Sportwissenschaft und Sportmedizin, Laufbahnberatung und leistungssportgerechte Lebensführung, Finanzierung von Training und Wettkampf sowie soziale Absicherung [29]. Tab. 7. Erreichte sportliche Leistungen im Vergleich zu den vereinbarten Zielen 2006/07 und 2007/08 Zahl der Medaillen von geförderten Sportlern bei vereinbarten Veranstaltungen Zahl der Finalplätze (1-8) von geförderten Sportlern bei vereinbarten Veranstaltungen 2006-2007 2007-2008 Ziel Ziel Summe der Im Abkommen Erreichter Summe der Im Abkommen mit den Sportverbänden vereinbarten Medaillen UK Sport Ministerium vereinbarte Zahl Ist- Zustand mit den Sportverbänden vereinbarten Medaillen UK Sport Ministerium vereinbarte Zahl Erreichter Ist- Zustand 40 30 51 40 30 45 76 57 85 76 56 65 94 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

Die primär finanzierten UK Sport-Förderprogramme im Leistungssportbereich sind: Das World Class Performance Programme (bestehend aus dem World Class Podium, dem World Class Development und dem World Class Talent Programme) sichert den Sportverbänden eine ausreichende finanzielle Ausstattung, um Maßnahmen im Hochleistungs- und Nachwuchsleistungssport zu realisieren. Die Integration des im Nachwuchsleistungssport angesiedelten World Class Potential Programme ab 2006 stellt eine vollkommen neue Möglichkeit für UK Sport dar, sportliche Entwicklungsprozesse langfristig zu begleiten und zu steuern. Das Athlete Personal Awards Programme (APA) richtet sich direkt an Sportler (gegenwärtig sind es ca. 1.500 Sportler aus 24 olympischen und 19 paralympischen Sportverbänden) und sichert ihnen eine ausreichende finanzielle Grundlage. Bis zu einem Jahreseinkommen von insgesamt 75.223 Euro (einschließlich APA) erfolgt die Förderung [84]. Tab. 8. Maximale APA-Förderung pro Jahr für die einzelnen Sportlerkategorien (in Euro) [84] Sportlerkategorie APA gesamt Lebenshaltungskosten Kosten für sportliche Maßnahmen Podium-A 31.981 17.274 14.695 Podium-B 23.986 12.956 11.021 Podium-C 15.990 8.636 7.348 Für die Zuordnung der Sportler zu einer Kategorie ist die sportliche Leistung entscheidend: A-Kategorie Medaillengewinner bei OS und WM, B-Kategorie Finalisten bei diesen Veranstaltungen und C-Kategorie potenzielle Finalisten. Zwischen dem Sportverband und jedem Sportler wird seit April 2006 für den Zeitraum der finanziellen Förderung durch UK Sport ein Abkommen (das 20 Seiten umfasst!) geschlossen, in dem die Verantwortlichkeiten und Aufgaben beider Seiten klar geregelt sind, was aber kein Anstellungsverhältnis begründet. In diesem Abkommen verpflichten sich die Sportler u. a. zu einer langfristigen, mit dem Sportverband abgestimmten Trainings- und Wettkampfplanung, zur Zusammenarbeit mit Trainern, die entweder dem World Class Programme angehören oder bereit sind, mit dem Leistungssportdirektor des Verbands zusammenzuarbeiten, sowie zur Trainingsprotokollierung. Diese ist dem Leistungssportdirektor in regelmäßigen Abständen vorzulegen [85]. Durchschnittlich werden ca. 23.500 Euro an Sportler der Kategorien A-C ausgezahlt, die durchschnittliche Summe pro Jahr für Sportler aus dem Entwicklungspool beträgt aktuell ca. 8.850 Euro. Von den geförderten Sportlern nahmen 230 aus dem Podiumsbereich und 45 aus dem Entwicklungspool an den Olympischen Spielen in Peking teil. Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 95

Tab 9. Zahl der im World Class Programme geförderten Sportler in ausgewählten Sportarten sowie insgesamt (2007) [83] Sportart Hochleistungsbereich Entwicklungsbereich Sportart Hochleistungsbereich Entwicklungsbereich Badminton 18 20 Radsport 24 49 Basketball 0 77 Reiten 25 36 Bogenschießen 7 7 Rudern 52 49 Boxen 11 13 Schwimmen 37 70 Gerätturnen 3 42 Segeln 31 34 Trampolin 3 15 Hockey 0 68 Triathlon 8 13 Judo 9 19 Wasserspringen 13 15 Kanusport 17 47 Leichtathletik 43 66 Gesamtzahl 326 871 Mitte 2008 beläuft sich die Zahl der geförderten Athleten im Podiumsprogramm auf 465, im World Class Performance Programme insgesamt sind es 1.466 Sportler. Neben diesem Programm gibt es das Talented Athlete Scholarship Scheme (TASS) als Kooperation des Ministeriums für Kultur, Sport und Medien mit 50 Sportverbänden, 80 Bildungseinrichtungen und der privaten Wirtschaft. Sportler im Alter von 16-24 Jahren, die nicht durch das World Class Programme gefördert werden, können hier eine maßgeschneiderte Unterstützung erhalten. In Peking gingen 38 Athleten dieses Programms an den Start. Das Programm wird gemeinsam von UK Sport mit ca. 10 Mio. Euro und SportsAid mit ca. 15 Mio. Euro finanziert [30]. Nachwuchsleistungssport Die Verantwortung für die Entwicklung sportlicher Talente lag über viele Jahre bei den nationalen und regionalen Sportverbänden. Dies ist nach den strukturellen Veränderungen nicht grundsätzlich verändert worden, allerdings wurden neue Elemente auf nationaler Ebene hinzugefügt. Außerdem wurden sowohl von staatlicher Seite als auch durch UK Sport Orientierungen für den Nachwuchs- und den Nachwuchsleistungssport entwickelt, die zunehmend verbindlichen (über die Vergabe finanzieller Mittel gesteuerten) Charakter erhalten. Im Carter Report von 2005 wurde zum Nachwuchssport festgestellt, dass das fehlende integrierte System das Hauptproblem darstellt, das die Entwicklung talentierter Sportler in allen Sportarten behindert. Es ist dringend notwendig, dass der gegenwärtig fragmentarische Denk- und Realisierungsansatz durch ein Entwicklungssystem und Förderprogramme ersetzt wird, die von allen anerkannt und geschätzt werden, die an der Talententwicklung teilhaben egal ob das Lehrer, Trainer, Eltern oder andere, diesen Prozess Unterstützende, sind Da es neben den beschränkten, engen Strukturen der Sportvereine keinen Prozess zur Talenterkennung gibt, wurde verhindert, dass Talente überhaupt gefunden wurden, insbesondere in benachteiligten Regionen, in denen die Vereinsstrukturen in den meisten Sportarten schwach entwickelt sind. Die gegenwärtig sich widersprechenden Anforderungen an junge Athleten von Schulen und Vereinen mit der Folge zu vieler Wettkämpfe für diese, nicht abgestimmte Trainingsprogramme und frühzeitiges Burn-out sind alle wohlbekannt. Wenn Sportverbände 96 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

die Beziehungen und Übergänge zwischen Vereins-, Lokal- und Regionalebene nicht beherrschen, erreichen junge Talente nicht die Nationalmannschaft Viele Sportler haben das Gefühl, dass es kein starkes systematisches System der Talenterkennung gibt wie auch entsprechende Förderprogramme fehlen. Der Erfolg anderer Länder, in denen es bessere Systeme gibt, verstärkt die Notwendigkeit von Änderungen. [6] Der Carter Report befasst sich mit dem Thema des Nachwuchsleistungssports auch aus anderer Perspektive und formuliert, dass viele Verbände das Konzept des langfristigen Leistungsaufbaus übernommen haben und damit angefangen haben, die Entwicklungsstufen zu bestimmen, die für die jeweilige Sportart notwendig sind. Dabei wird in nahezu allen Fällen das vierstufige Modell Grundlagentraining Training lernen Wettkampf beherrschen Siegen lernen eingesetzt, das von den einzelnen Verbänden den sportartspezifischen Anforderungen entsprechend, und hier insbesondere mit Bezug zwischen dem Trainings- und Wettkampfniveau, angepasst wurde. [6] In den letzten Jahren ist darauf gedrungen worden, dass die Nachwuchsarbeit der Sportverbände längerfristig orientiert und auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt wird. Dazu wurde die Zusammenarbeit zwischen UK Sport und dem English Institute of Sport (EIS) spürbar ausgebaut. Es wurden Koordinatoren für Sportarten bzw. Sportartengruppen eingesetzt, deren Hauptaufgabe die Entwicklung von Programmen für die Talentauswahl und -entwicklung zusammen mit Sportverbänden ist. In verschiedenen Verbänden (wie zum Beispiel Schwimmen) wurden Regional Talent Development Trainer angestellt, die entscheidende Verantwortung für eine qualitativ ansprechende Trainingsarbeit im Kinder- und Jugendbereich übernehmen. Sie sollen auch Ansprechpartner für Schulsportlehrer sein und in die Talentauswahl und -förderung integriert werden. Ein weiteres nationales Projekt ist das Sporting Giants Projekt, das gemeinsam von UK Sport und dem EIS entwickelt worden ist und groß gewachsene Jugendliche (Mädchen mind. 1,80 m und Jungen mind. 1,90 m, Altersbereich 16-25 Jahre) gezielt für die Sportarten Rudern, Handball und Volleyball werben will [48]. Von EIS- Wissenschaftlern und Trainern wurden sportartspezifische Eignungskriterien entwickelt. 2007 wurde eine öffentliche Werbekampagne durchgeführt. Insgesamt bewarben sich 4.000 Nachwuchssportler, von denen 2.000 getestet und 65 in die Nachwuchsförderprogramme aufgenommen wurden. Neben diesen unmittelbar auf den Nachwuchsleistungssport gerichteten Aktivitäten und Konzeptionen kann in den letzten 8-10 Jahren in Großbritannien insgesamt eine Zunahme der Maßnahmen und Organisationen im Kinder- und Jugendsport konstatiert werden. Dabei ist immer wieder eine sehr enge Verzahnung der Diskussion von breiter Massenbasis, Talenterkennung und -förderung sowie Nachwuchsleistungssport festzustellen. Der 1994 gegründete Youth Sport Trust hat auf diesem Gebiet eine entscheidende Bedeutung. Er wird sowohl vom Ministerium für Kultur, Medien und Sport als auch von UK Sport unterstützt und entwickelt für alle Altersund Leistungsbereiche wissenschaftlich begründete Konzepte und Pläne. Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 97

So steht er wesentlich hinter dem in den letzten Jahren umfassend ausgebauten nationalen Wettkampfsystem zwischen Schulen, an dem sich inzwischen bereits 16 Spitzenverbände beteiligen. Ein weiteres landesweites Projekt sind die Specialist Sports Colleges das erste wurde 1997 bestätigt, inzwischen gibt es fast 450 von ihnen. Diese Colleges sollen das Herz eines dreistufigen Schulsportsystems darstellen, müssen sie doch mit mindestens vier Secondary Schools (nach 2-3 Jahren acht Secondary Schools) im Sport zusammenarbeiten. Diese wiederum müssen jeweils mit durchschnittlich fünf Grundschulen im Sport kooperieren. Die Sports Colleges müssen sowohl ein erweitertes Sportangebot für die Schüler besitzen, gleichzeitig aber auch, um den Status zu erlangen, intensiv an der Weiterbildung ihrer Sportlehrer arbeiten, Eltern, Lehrern und Übungsleitern aus der Umgebung Aus- und Weiterbildungskurse anbieten und die Beziehungen zu lokalen und regionalen Sportorganisationen und Vereinen ausbauen. Übergreifendes Ziel ist es, das Bewusstsein für die Bedeutung des Sports im Rahmen der Stundentafel (alle Schüler haben inzwischen zwei Stunden Sport pro Woche) zu verbessern. Darüber hinaus sollen an Secondary Schools 3.200 Sportkoordinatoren arbeiten, die wiederum mit 18.000 sog. Verbindungslehrern an Grundschulen zusammenarbeiten sollen. Letztere werden pro Schuljahr 12 Tage vom Schulunterricht freigestellt, um spezielle Maßnahmen innerhalb dieses Netzwerks zu organisieren. Zwischen 2006-2008 investierte die britische Regierung in dieses Programm 650 Mio. Euro [49]. Tab. 10. Der aktuelle Stand dieses Schulsport-Netzwerkprojekts (September 2008) [50] Anzahl Sports Colleges.448 Schulsportpartnerschaften (Gruppen mit jeweils sechs Schulen).450 Schulsportkoordinatoren 3.200 Wettkampfmanager.225 Prozentsatz der Schüler, die wöchentlich zwei Stunden Sportunterricht haben. 86 Aufbauend auf diesen Programmen und in deren Ergänzung, bietet der Youth Sport Trust auch Konzeptionen (Talent matters) für die Talenterkennung und -förderung an den beteiligten Schulen. Dabei geht es dem Trust offensichtlich darum, derartige Programme anzuregen und dabei darauf zu achten, dass sowohl methodische als auch organisatorische Qualitätsstandards eingehalten werden. Traineraus- und -fortbildung Zu den Fortschritten in der Traineraus- und -fortbildung zählt die Schaffung des Coaching Framework (2005) als Nachfolger des UK-Aktionsplans für Trainerarbeit und als Fachorganisation für Trainer. Eines der Ziele ist es, bis 2012 eine Traineraus- und -fortbildung auf Weltspitzenniveau zu entwickeln [41]. Ende Juni 2008 wurde zwischen UK Sport, Sport England und der Leeds Metropolitan Universität die Gründung des UK Centre for Coaching Excellence vereinbart. Die Sportorganisationen stellen je 750.000 Euro Anschubfinanzierung zur Verfü- 98 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

gung. Die Ausbildung wird u. a. für 19 olympische Sportarten (darunter alle der höchsten Förderkategorie) angeboten und konzentriert sich auf vier Schwerpunkte: 1. Hochleistungssport, 2. Nachwuchsleistungssport (Talentfindung und Training im Nachwuchsbereich), 3. Training in kommunaler Umgebung (um mehr Kinder und Jugendliche zum aktiven Sporttreiben zu motivieren), 4. Kindertraining (für das Training von Kindern in frühen Entwicklungsphasen) [42]. Zur Gründung der Einrichtung bemerkte Sportminister Gerry Suttcliffe: Hinter jedem großartigen Sportler steht ein großartiger Trainer, und wir wollen sichern, dass wir die besten Trainer und das beste Coachingsystem der Welt sowohl für den Spitzenbereich als auch an der sportlichen Basis haben. Das UK Centre of Coaching Excellence wird uns eine extrem wichtige Hilfe sein, um diesen Anspruch in die Tat umzusetzen. Wir wollen mit dem Trainerberuf zukünftig professioneller umgehen und ihn zu einer wirklichen Karriereoption machen, wie das bereits in den USA geschehen ist. [43] Nach 2004 wurde durch UK Sport außerdem eine Elite Coach Initiative entwickelt, die aus drei Komponenten besteht: 1. Elite Coach jährlich werden 10 Trainer (bis 2012 insgesamt 60) auf die Übernahme von Nationalmannschaften vorbereitet. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Das Programm kostet jährlich 1,5 Mio. Euro. 2. World Class Coaching Konferenzen seit 2001 jährlich durchgeführt, um aktuelle Tendenzen in Training und Wissenschaft zu diskutieren. 3. Winning Coaches übergreifende Workshops für Trainer, sportartspezifische Workshops zur Präsentation neuer Forschungsergebnisse und deren Umsetzung in die Trainingspraxis sowie Veranstaltungen für zukünftige Olympiatrainer [44]. Zur sportwissenschaftlichen Unterstützung Making the best better Der Umfang der wissenschaftlichen Unterstützung für den nationalen Spitzensport, die thematische Breite wie auch die Zahl der einbezogenen Sportarten und wissenschaftlichen Einrichtungen sind in den letzten Jahren massiv gewachsen. Sie steht unter dem Motto: Making the best better. Geführt werden die Projekte durch die Abteilung für Forschung und Entwicklung von UK Sport unter Leitung von Dr. Scott Drawer. Die Philosophie der Abteilung wird mit der der Formel 1 verglichen: Die Ansätze stammen nicht aus dem universitären, akademischen Umfeld, sie entstehen aus der Notwendigkeit, schnell zu sein und dafür Lösungen zu finden [116]. Sehr umfangreiche Aktivitäten sind von diesem Bereich in der Entwicklung von Sportausrüstungen und neuen Technologien für den Einsatz im Training entwickelt worden. So wurde zum Beispiel im Radsport in Zusammenarbeit mit Impsport Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 99

maßgeschneiderte Wettkampfbekleidung und gemeinsam mit Frazer-Nash Consultancy ein Trainingsergometer für das Olympiateam entwickelt. Aber auch im Segeln, Kanusport, Wasserspringen und Rudern gab es ähnliche Projekte: Beispielsweise wurde für die Ruderer ein Gerät entwickelt, um Kraft und Geschwindigkeit am Boot zu messen und die Werte unmittelbar aus dem Trainingsprozess an die Trainer zu übertragen. Im Schwimmen wurde in eine neue Analysesoftware investiert, mit der Wettkampfanalysedaten aus Videoaufnahmen generiert werden können. In der Leichtathletik wurde ein Gerät entwickelt, mit dem der Verlauf der Bahn des Sportgeräts in den Wurf- und Stoßdisziplinen aufgezeichnet und ausgewertet werden kann. Ein weiterer thematischer Schwerpunkt wird in der Trainingswissenschaft gesehen, um das Verständnis dafür zu verbessern, wie Trainingsbelastung wirkt und wann Wiederherstellung einsetzen muss. UK Sport hat 2006 die volle Verantwortung für das 2002 gegründete English Institute of Sport (EIS) übernommen. Für die Bestimmung seiner grundlegenden Entwicklungsrichtungen ist das National Board zuständig, das vom Olympiamedaillengewinner im Mittelstreckenlauf, Steve Cram, geleitet wird. Seit Oktober 2007 gibt es eine gemeinsame Kommission EIS und UK Sport, der die Leiter beider Einrichtungen sowie jeweils zwei weitere Mitglieder angehören. Dazu Sue Campbell: Die Herausforderung für UK Sport besteht in London 2012 nicht nur darin, Medaillen zu gewinnen, sondern auch sicherzustellen, dass wir bis dahin ein nachhaltiges, wirkliches Weltklasse- Leistungssportsystem in diesem Land aufgebaut haben. Für das EIS gilt es, die Leistungen aus der Sportwissenschaft und Sportmedizin in England zu verbessern, damit die Leistungen maximal mit den Bedürfnissen der Verbände übereinstimmen. Für beide Organisationen gibt es aber ein gemeinsames Ziel: Die Maximierung der Chancen unserer Sportler Deshalb haben wir mit den Konsultationen begonnen und wir wissen, dass wir die richtigen Antworten finden müssen. [118] Zum gleichen Thema bemerkte Steve Cram: Wir werden keine zweite Chance haben. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in den Jahren bis London 2012 die richtigen Dinge aufbauen. Wir müssen ein System installieren, das das Beste für die Sportler und Trainer wie auch für den Sport ist. Es muss all das nutzen, was das EIS anbieten kann. Wir haben in den letzten fünf Jahren signifikante Fortschritte bei der Entwicklung der sportwissenschaftlichen und sportmedizinischen Unterstützung des Hochleistungssports erzielt. Es ist der richtige Zeitpunkt, die nächste Stufe zu erklimmen. Hier geht es vor allem darum, die Hindernisse anzusprechen und zu beseitigen, die jetzt noch weiteren Entwicklungen im Wege stehen. Dadurch wird der Aufbau eines wirklichen Weltspitzensystems der Sportwissenschaft und Sportmedizin zur Unterstützung unserer Spitzenathleten möglich. [119] Für die Wissenschaftsentwicklung am EIS ist Prof. G. Whyte zuständig, der die Aufgaben des EIS folgendermaßen beschreibt: Als das EIS seine Arbeit aufnahm, haben die Mitarbeiter einen generischen wissenschaftlichen Support geleistet. Inzwischen ist daraus ein sportartspezifischer Arbeitsansatz geworden, der sich in den kommenden Olympiazyklen hin zu einer sportlerbezogenen Unterstützung wandeln wird. Wenn wir in der Zukunft unsere Aufgabe weiterhin erfolgreich erfüllen und international top bleiben wollen, müssen wir die von uns angebotenen wissenschaftlichen Serviceleistungen mit Forschungsprojekten untersetzen. Forschung ist genauso wichtig wie Wissenstransfer. Wir müssen Entwicklungen und Innovationen vorantreiben, wie wir auch in der unmittelbaren Leistungssportpraxis tätig sein müssen. Die angewandte Forschung des EIS ist irgendwo zwischen 100 SANDNER: Leistungssportsystem Großbritannien

der akademischen Forschung und dem reinen Erbringen von Serviceleistungen angesiedelt. Alle Leistungen für die Spitzensportler müssen einen Einfluss auf die Leistung haben, und da bildet die Sportwissenschaft keine Ausnahme Sportler und Trainer stehen im Zentrum aller Arbeiten wir müssen sie durch den wissenschaftlichen Prozess ansprechen, sie dürfen nicht außerhalb dieses Prozesses stehen. [122] Die am EIS vertretene Philosophie beruht auf folgenden Eckpunkten bzw. Zielen: - Entwicklung einer Generation von Trainern und Sportlern, die Haltungen und Fähigkeiten besitzen, mit denen Weltspitzenleistungen erreicht werden können. - Konzentration auf die fachliche Entwicklung von wissenschaftlichem Weltspitzenpersonal. - Innovative Arbeitsansätze für Sportarten, die ihre sportlichen Möglichkeiten/ Potenziale nicht ausschöpfen. - Entwicklung von innovativen Programmen im Bereich Talent/Eignung/Auswahl. - Entwicklung und Nutzung werthaltigen Wissens, dessen Zentralisierung und Verbreitung. - Kenntnis des internationalen Höchststands. - Ständiges sich selbst in Frage stellen. - Kontinuierliche Entwicklung von Strukturen mit politischer und intellektueller Glaubwürdigkeit. - Zugang zu Ressourcen, die für den Erfolg notwendig sind. - Entwicklung eines Verständnisses dafür, dass es für Medaillen finanzieller Mittel bedarf ( Medals means money ). Dazu äußerte sich der EIS-Manager für Partner-Programme, H. Brierley: Wir stellen Spitzensportlern Unterstützung auf Weltspitzenniveau zur Verfügung. Dabei müssen wir immer daran denken, dass die Interessen der Sportler und die an sie gestellten Forderungen im Mittelpunkt stehen und dass wir uns stets Spitzenleistungen verpflichtet fühlen. [129] Das EIS wird aus dem Sports Lottery Fund finanziert. In den ersten drei Jahren seit Gründung wurden 33,4 Mio. Euro investiert. In der Finanzierungsvereinbarung 2005-2008 war die jährliche Grundförderung mit 13,2 Mio. Euro festgeschrieben. 2007 standen 15,5 Mio. Euro für das EIS direkt zur Verfügung und weitere, fast 3 Mio. Euro für gemeinsame Projekte mit ausgewählten Spitzenverbänden. Das EIS wird als unabhängiges Strukturelement von UK Sport betrachtet. Es verfügt über eine strategische Partnerschaft mit dem NOK, dem Strategieausschuss und der Kommission Sport und Leistung der British Association of Sport and Exercise Sciences. Der Minister für Sport, R. Caborn, sagte dazu: Wir haben dem Sport zugehört den Sportlern, Trainern und Leistungssportdirektoren und wir haben ihnen das gegeben, was sie wollen. Ein einfaches, flexibles Netzwerk, in dem Innovation gefördert wird und das Partnerschaften entwickelt Das EIS produziert mit seinen regionalen multidisziplinären Teams großartige Ergebnisse. Sie helfen den Sportlern und Trainern auf dem Weg zur Leistung. Zusammen sind sie stärker. [127] Z. Angew. Trainingswissenschaft 15 (2008) 2 101