Kündigung Außerordentliche Kündigung, 648a BGB - Institut seit jeher anerkannt - 314 BGB passt nicht mangels Dauerschuldverhältnis - Bislang einschlägig 323 IV, II Nr. 3 BGB (BGHZ 193, 315) Freie Kündigung des Bestellers ( 648) - Bezeichnung unpassend, weil Besteller nicht frei wird. - vgl. 326 II BGB Wirkung ist Vertragsteilung Folie 99
648 BGB im Überblick 648 gestattet es dem Besteller, den Werkvertrag jederzeit bis hin zur Vollendung des Werkes zu kündigen, ohne dass er dafür irgendwelche sachlichen Gründe zu benennen hätte. Zu einer solchen Kündigung kommt es insbesondere, wenn entweder der Besteller das Interesse an der Leistung verloren hat oder aber er dem Unternehmer nicht mehr vertraut, ohne dass ein Grund zur außerordentlichen Kündigung nach 648a gegeben ist. Die Kündigung beendet den Vertrag nur für die Zukunft. Es sind daher der bereits erfüllte Teil des Vertrags und der von der Kündigung erfasste Teil zu unterscheiden. - Für den erfüllten Teil gelten dann die allgemeinen Regelungen, so dass der Werklohn erst nach Abnahme fällig wird ( 641, 650g IV), der Werkunternehmer entsprechend 634 ff für Mängel einzustehen hat (BGH NJW 2006, 1475 Nr 23). - Für den gekündigten Teil stellt S 2 durch eine 326 II 2 entsprechende Regelung sicher, dass der Unternehmer jedenfalls seinen Gewinn erhält. Für diesen Gewinn vermutet S 3 eine Höhe von 5 % der vereinbarten Vergütung. Folie 100
648a BGB im Überblick Die Vorschrift räumt beiden Parteien ausdrücklich das Recht ein, den Vertrag aus wichtigem Grund zu kündigen. Diese Möglichkeit war zuvor auch anerkannt (BGHZ 45, 372, 375), aber abgesehen von Einzelfällen wie 643 oder 650f V nicht eigens geregelt. Wie in den sonstigen Fällen einer Kündigung aus wichtigem Grund ist ein Vertragsteil nach Abs 1 dazu berechtigt, wenn die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar ist. 314 ist nicht direkt einschlägig, weil der Werkvertrag mit seinem sich ständig ändernden Leistungsprogramm und mit seiner Ausrichtung auf den Leistungsaustausch bei Abnahme kein Dauerschuldverhältnis darstellt. Freilich verweist Abs 3 auf die besonderen Voraussetzungen von 314 II u III zu Abmahnung und Frist. Vielfach wird die Kündigung während der Ausführung der Werkleistung erfolgen. Dann steht nach Abs 5 dem Unternehmer, gleich wer gekündigt hat, für den bereits errichteten Werkteil seine Vergütung nach den vertraglichen Sätzen zu. Abs 4 verpflichtet beide Vertragsparteien darauf, den zur Berechnung der Vergütung maßgeblichen Leistungs-stand festzustellen. Folie 101
Beispiel: Kündigung ohne/mit Grund Es bestand eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen GmbH und Vertragspartnerin über Lieferung von Metallgussteilen. GmbH stellte Insolvenzantrag. Ungeachtet dessen bestellte Vertragspartnerin Metallgussteile bei GmbH zu höheren Preisen als bislang. Dann kam es zu Spannungen zwischen dem vorläufigen Insolvenzverwalter der GmbH und der Vertragspartnerin. Vorläufiger Insolvenzverwalter wies auf die in 103 InsO geregelten Folgen der Insolvenzeröffnung hin, dass Vertrag nur durchgeführt werde, wenn Insolvenzverwalter nach Insolvenzeröffnung Erfüllung wählt. Er werde das nur tun, wenn der Preis weiter erhöht werde. Nach Insolvenzeröffnung lehnt Vertragspartner die Fortführung der Geschäftsbeziehung wegen Druck des vorläufigen Verwalters ab. Insolvenzeröffnung berechtige zur außerordentlichen Kündigung. Insolvenzverwalter verlangt für GmbH indessen aus 648 S. 2 BGB 1.106.000,61. Folie 102
BGH v. 14.9.2017 IX ZR 261/15 Anspruch aus 648 S. 2 BGB 1. Kündigungserklärung (Tatfrage) 2. Anwendbarkeit des 648 BGB nach Insolvenzeröffnung 3. Kein Grund zur außerordentlichen Kündigung a) Verhalten des (vorläufigen) Insolvenzverwalters nicht unzumutbar, b) Gesetzliche Folgen der Insolvenzeröffnung (inkl. Überlegungsfrist über Erfüllungswahl) ist grds. hinzunehmen, trägt keinen wichtigen Grund. 4. Anspruchsumfang ist Tatfrage. Folie 103
Sicherheiten KFZ-Reparatur - 647 BGB (gesetzliches Pfandrecht). Bauhandwerker - 648 Abs 1 BGB wurde zu 650e BGB, - 648a BGB wurde zu 650f BGB. Folie 104
Beispiel zu 650f BGB U und B schlossen Bauvertrag über Sanierung der Badezimmer eines Hotels. B saniert und stellt Schlussrechnung über 500.000 EUR Badewannen haben falsche Farbe, Austausch kostet 75.000 EUR. B nimmt unter Vorbehalt von Mängelrechten ab, zahlt 350.000 EUR. U fordert von B unter Fristsetzung, vor Beginn der Mängelbeseitigung nach 650f BGB eine Sicherheit in Höhe des Restwerklohns zu erbringen. B erbringt keine Sicherheit, U verlangt von B den Restwerklohn, mit Recht? Folie 105
Lösung Anspruch aus 631, 650g IV BGB 1. Wirksamer Werkvertrag 2. Abnahme und Schlussrechnung 650g IV BGB 3. Einrede nach 641 III BGB? Lässt berechtigtes Sicherungsverlangen ( 650f BGB) Einrede entfallen? Anwendbarkeit des 650f BGB nach Abnahme (siehe I 3) Voraussetzungen des 650f BGB Rechtsfolge - Führt 650f BGB zur Unbeachtlichkeit der Mängeleinrede und Fälligkeit des Werklohnanspruchs? - Nein, 650f V BGB benennt Rechtsfolgen mit Leistungsverweigerung (Schwebephase) und Kündigungsrecht abschließend. 4. Ergebnis: Anspruch nicht durchsetzbar Folie 106
Beispiel- Abwandlung U kündigt den Vertrag nach 650f V BGB, Hat er jetzt einen Anspruch auf Werklohn? Folie 107
Lösung - Abwandlung Anspruch aus 631, 650f V BGB i.h.v. 150.000? 1. Werkvertrag und Abnahme 2. Wirksame Kündigung i.s.v. 650f V 2 BGB 3. Keine Einrede der B? Kündigung lässt Leistungsanspruch entfallen, dann muss auch das Leistungsverweigerungsrecht entfallen! 4. Umfang des Anspruchs Anrechnung der ersparten Aufwendungen, 650f V BGB 5. Ergebnis: Anspruch U gegen B i.h.v. 75.000 Folie 108
Schadensersatz und außerordentliche Kündigung Der zur Kündigung berechtigende Grund wird vielfach auch eine schuldhafte Pflichtverletzung darstellen, die nach Maßgabe von 280 ff zum Schadensersatz verpflichtet. Dass diese Ansprüche neben der Kündigung stehen, stellt 648a VI klar. Typische Schadenspositionen des Bestellers können darauf beruhen, dass das Werk sich verzögert, ferner sind es die Mehrkosten für die Fertigstellung des Werks durch einen anderen Unternehmer. Der kündigende Unternehmer wird als Schaden insbesondere seine Vergütung für den nicht mehr ausgeführten Werkteil geltend machen. Sein Anspruch muss sich insoweit nach 648 S 2 bemessen. Für den Sonderfall der Kündigung des Unternehmers nach 650f V 1 ist das in dem dortigen S 2 vorgesehen. Bedenken weckt indessen 643. Diese Bestimmung sieht eine Kündigung des Unternehmers aus wichtigem Grund dann vor, wenn der Besteller notwendige Mitwirkungshandlungen beharrlich verweigert. Misslungen ist, dass der sich aus 645 I 2 ergebende Vergütungsanspruch für den noch offenen Vertragsteil auf Auslagenersatz beschränkt ist. Folie 109
Leistungskette Fenster undicht Bauherr Unternehmer Lieferant 631 BGB: Beschaffung + Einbau von Fenstern 651, 433 BGB: Herstellung + Lieferung von Fenstern 634 Nr. 4, 636, 281 BGB: Schadensersatz statt Leistung 437 Nr. 3, 440, 281 BGB: Schadensersatz statt Leistung Folie 110
BGH v. 28.6.2007 VII ZR 81/06 Steht im Rahmen einer werkvertraglichen Leistungskette fest, dass der Nachunternehmer von seinem Auftraggeber wegen Mängeln am Werk nicht mehr in Anspruch genommen wird, so kann er nach dem Rechtsgedanken der Vorteilsausgleichung gehindert sein, seinerseits Ansprüche wegen dieser Mängel gegen seinen Auftragnehmer geltend zu machen. Folie 111